Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das habe ich in meinem Leben zum ersten Mal gehört, Herr Bajus, dass ein Grüner den Spiegel kritisiert. Das muss man wirklich einmal zu Protokoll geben und sich vergegenwärtigen, was Sie gesagt haben. Das höre ich wirklich zum ersten Mal.
Auf jeden Fall, meine sehr verehrten Damen und Herren, wollen SPD und Grüne die Welt retten. Das wollte Rot-Grün in Nordrhein-Westfalen auch. SPD und Grüne rühmten sich in Nordrhein-Westfalen mit dem bundesweit ersten Klimaschutzgesetz. Und jetzt? - SPD-Mann Garrelt Duin - vor ein paar Jahren noch Landesvorsitzender der SPD in Niedersachsen -
verkündet nun im Interview mit der Wirtschaftswoche, Ausgabe 21. Oktober - das ist noch gar nicht so lange her; hören Sie einmal ganz gut zu -: „Wir dürfen nicht alles dem Klimaschutz unterordnen.“ Stattdessen die 180-Grad-Kehrtwende: „Wir brauchen statt mehr erneuerbarer Energien mehr Kohlekraftwerke.“ So der ehemalige SPD-Landesvorsitzende in Niedersachsen.
Mein lieber Mann, was war das für eine Rede, Herr Brammer? Wer hat Ihnen die denn aufgeschrieben? - Sie hätten mal lieber Herrn Duin fragen sollen.
Auch der jetzige Landesvorsitzende, Ministerpräsident Stephan Weil, nimmt langsam, aber sicher Abschied von den Ausbauzielen seiner SPD. Er sieht sich genötigt - so war zu lesen -, für seinen nordrhein-westfälischen Parteifreund in die Bresche zu springen. Das ist genau das, was Sie gesagt haben, Herr Brammer: Auf die Bremse treten!
Dazu passt übrigens auch ganz aktuell der Kommentar in der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung von heute auf der Seite 2, Herr Brammer: „SPD
Da wir gerade beim Thema sind: Schauen wir einmal in die Oktober-Ausgabe dieses Jahres der neue energie auf Seite 41: Auch im Juli 2013 - das ist nicht der einzige Monat;
das lässt sich auch für April, Mai und Juni 2013 feststellen - wurde im ganzen Bundesland BadenWürttemberg nicht eine einzige Windkraftanlage gebaut und an das Netz angeschlossen. - Welche Glanzleistung einer grün-roten Landesregierung!
Kommen wir aber zurück zu Ihrem Antrag. Sie wollen in Niedersachsen mit neuen Agenturen, mit immer mehr Gesetzen, mit immer mehr Vorschriften und mit immer mehr Beschäftigten im öffentlichen Dienst das Weltklima retten. Das ist reiner Aktionismus. Passen Sie bloß auf, dass Sie sich dabei nicht verheben!
Und zum Thema, Herr Bosse: Sie sprachen eben über Fachzeitschriften. In der aktuellen Ausgabe des WirtschaftsKurier - das ist wahrscheinlich für Sie keine Fachzeitschrift - können wir auf jeden Fall lesen: Seit 15 Jahren gibt es keine Erderwärmung mehr, obwohl die Staaten fleißig weiter CO2 produzieren.
Wenn Ihnen vonseiten der SPD und der Grünen der Klimaschutz in Niedersachsen wirklich wichtig ist, dann hören Sie endlich auf mit Kürzungen im Radwegebau an Landesstraßen und hören Sie auf mit Kürzungen im kommunalen Radwegebau! Das haben wir gestern gerade hier beraten. Dann hören Sie auch auf mit Ihrer Blockade im Bundesrat, wenn es darum geht, die energetische Gebäudesanierung zu fördern!
Wer wirklich Klimaschutz will, der muss zu Hause anfangen. Das heißt hier im Land Niedersachsen: Fördern Sie das Radfahren und die Elektromobilität! Beseitigen Sie die Staus auf unseren Straßen! Fördern Sie die Energieeffizienz! Fördern Sie die energetische Gebäudesanierung und verhindern Sie diese nicht! Fördern Sie den technischen Fortschritt und behindern Sie diesen nicht!
Und denken Sie daran: Deutschland ist im Klimaschutz schon lange Vorbild in der Welt. In einem Schaubild, auf dem die weltweit 15 größten Treibhaussünder aufgeführt sind - siehe Kreiszeitung vom 26. November letzten Jahres -, kommt Deutschland und damit Niedersachsen im ProKopf-Vergleich, Herr Bajus und Herr Brammer, überhaupt nicht vor.
Behindern Sie also nicht den technischen Fortschritt! Denn nur der lässt sich in die Länder exportieren, die kräftig zu tun haben, um überhaupt ihre eigenen Klimaziele zu erreichen. Klimaschutz schaffen Sie nur mit mehr Technik und nicht mit immer mehr Verboten, immer mehr Anträgen, immer mehr Agenturen und immer mehr Beschäftigten im öffentlichen Dienst. Kommen Sie endlich zur Sache und setzen Sie die Dinge um, die wir hier auf den Weg gebracht haben!
Nichtsdestotrotz - das haben Sie mitbekommen - ist Klimaschutz ein wichtiges Thema. Das zeigen auch die Aktivitäten der vorherigen CDU-geführten Landesregierung. Wir sollten uns dieses Themas im Ausschuss annehmen. Wir schlagen vor, hierzu eine Anhörung mit namhaften Wissenschaftlern durchzuführen, die sich mit diesem Thema beschäftigen, damit wir auch unterschiedliche Meinungen hören, um uns selbst ein Bild davon machen zu können, wie wir in diesem Bereich weiterkommen können. Das ist unser Vorschlag für die Beratung im Ausschuss.
Vielen Dank, Herr Kollege Miesner. - Zu einer Kurzintervention hat sich nun Herr Kollege Brammer gemeldet. Bitte schön!
Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Herr Miesner, dann frage ich mich, wer Ihre Rede geschrieben hat. Ich habe meine selbst geschrieben. Sie sollten vielleicht nach Nordrhein-Westfalen aussiedeln und sollten sich dort mit Herrn Duin streiten. Aber mit mir müssen Sie sich doch nicht streiten. Ich habe zum Umwelt- und Klimaschutz klare Ziele.
Sie machen hier alles herunter und sagen: Das kommt ja sowieso nicht, es ist alles nicht so schlimm. - Ich möchte noch einmal daran erinnern, dass wir diese Debatte bereits im Oktober 2010
hatten, als es um die Laufzeitverlängerung ging. Schauen Sie sich in den Protokollen an, was CDU und FDP seinerzeit erzählt haben! Nicht einmal ein halbes Jahr später kam Fukushima. Dann war die Debatte auf einmal andersherum.
Sie reden zurzeit etwas weg, was uns schneller ereilen kann, als wir glauben. Deshalb wird es Zeit, dass wir jetzt endlich handeln.
Herr Kollege Brammer, ich weiß nicht, was Sie mit Ihrem Wortbeitrag sagen wollten. Sie wollten eigentlich ablenken und zum Ausdruck bringen, dass Sie Herrn Duin nicht mehr kennen und nichts mehr mit ihm zu tun haben wollen.
Fest steht jedenfalls, dass wir zusammen mit unserer CDU-geführten Landesregierung und mit gesellschaftlichen Akteuren dieses Buch „Empfehlungen für eine niedersächsische Strategie zur Anpassung an die Folgen des Klimawandels“ erarbeitet haben.
Das ist ein gutes Werk mit namhaften Akteuren und gesellschaftlichen Gruppen, die sich dieses Themas angenommen haben.
220 Seiten sind hier damals zu Zeiten der Regierung von CDU und FDP formuliert worden. Von daher ist der Punkt 3 Ihres Antrag schon lange überholt, in dem Sie fordern, dass genau das erarbeitet werden soll, Herr Brammer. Setzen Sie die Dinge bitte fort!
Vielen Dank. - Für die Landesregierung hat nun Herr Umweltminister Wenzel das Wort. Bitte, Herr Minister!
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Wer diese Diskussion hier heute Morgen hört, der bekommt das Gefühl, dass wir es hier mit einer hochstrittigen Debatte zu tun haben und sich die unterschiedlichen Gruppierungen hier im Parlament völlig uneinig sind. Das gilt, wenn man sich die Fakten ansieht und feststellt, wie sich die Vertreter der unterschiedlichen Parteien in Berlin einlassen, nur bedingt. Wenn man z. B. die Zusammenfassung des IPCC-Klimaberichts liest, dann stellt man fest, dass dieser von 830 Autoren erstellt worden ist, davon 40 Wissenschaftler aus Deutschland. Er ist von 195 Regierungen Wort für Wort gebilligt worden, darunter auch Ihre Bundesregierung, in der auch noch immer Vertreter der FDP-Regierung sind. Das ist mittlerweile weltweit Stand von Wissenschaft und Technik. Das ist in einem ganz breiten Kreis anerkannt, und für uns ist das eine Grundlage für unser weiteres Handeln.
Herr Hocker, der Landtag ist ja ein Haus der freien Rede. Man darf hier alles sagen, aber man darf nicht glauben, dass man uns zwingen kann, das auch ernst zu nehmen. Das ist der Unterschied.
(Zustimmung bei den GRÜNEN und bei der SPD - Dr. Gero Hocker [FDP]: Wenn Sie diese Arroganz an den Tag legen, ist das Ihr Problem!)
Wenn ich mir Ihre Rede so vor Augen führe, dann muss ich feststellen: Der Koalitionsvertrag war wohl eine Zwangsjacke, die Ihre Freiheit ganz erheblich eingeschränkt hat. Denn solche Reden wie heute habe ich zu Zeiten der letzten Landesregierung nicht gehört.
Und wenn man die Frage stellt, was denn eigentlich vordringlich ist, dann muss man dazu sagen: Natürlich ist Deichbau kurz- und mittelfristig unabdingbar. Das ist eine ganz klare Priorität.
(Dr. Gero Hocker [FDP]: Dann glei- chen Sie doch die Mittel aus! Warum steht denn weniger Geld dafür im Haushalt?)
Aber natürlich ist Klimaschutz mittel- und langfristig für die Vorsorge unabdingbar. Beides gehört zusammen, keines darf man vernachlässigen.