Grundsätzlich begrüßen wir diesen Antrag; denn er bietet uns Gelegenheit, die Öffentlichkeit darauf hinzuweisen, was in dem Bereich der Regulierung der Finanzmärkte bereits passiert ist. Hierzu werden in der Diskussion von allen Teilnehmern - das haben viele Parteien mit beschlossen - einige Punkte angeschnitten, die ich nennen möchte. Wir wollen nicht, dass sich die schweren Fehler aus der Finanzkrise 2008/2009 wiederholen.
Da die Vorredner schon auf die Maßnahmen eingegangen sind, mache ich es recht kurz. Es sind das Restrukturierungsgesetz und die Bankenabgabe, mit der sich die Banken an den Kosten einer möglichen Bankpleite beteiligen. Die Genossenschaften und Sparkassen weisen darauf hin, dass sie in ihren Reihen schon entsprechende Mechanismen haben, und sind deshalb über diese Bankenabgabe verständlicherweise nicht glücklich. Basel III haben wir mit höheren Eigenkapitalanforderungen an die Banken umgesetzt. Hier müssen die großen Verfechter der Finanztransaktionssteuer natürlich auch erklären, wie sie durch zusätzliche Steuern - auch Vermögensteuer - das Ziel eines erhöhten Eigenkapitals bei den Banken nicht konterkarieren wollen.
Es gibt das Bankentestament, die Europäische Bankenaufsicht. Es gibt Abwicklungsvorschriften, und wir sind auf dem Weg, das Trennbankensystem einzuführen. Mehr Haftung, mehr Systemstabilität, Transparenz, Gerechtigkeit, indem die Verursacher an einer möglichen Krise beteiligt werden, und eine stärkere Aufsicht haben wir bereits umgesetzt, damit die schweren Fehler aus der Vergangenheit hoffentlich nicht wiederholt werden.
Sind dieser Maßnahmen ausreichend? - Die FDP meint das wohl. Ich bin nicht ganz dieser Überzeugung. Der Hochfrequenzhandel ist schon genannt worden, auf den ich mit ein paar Zahlen noch einmal eingehen möchte. In den Vereinigten Staaten macht der Hochfrequenzhandel mittlerweise 50 % des Geschäfts im Wertpapierhandel aus. Auch in Europa und auch in Deutschland ist er auf dem Vormarsch.
Wollte er zum Hochfrequenzhandel fragen? Sonst kann er ja gleich noch eine Kurzintervention machen. Danke.
Bei dieser Art Wertpapierhandel bieten Marktteilnehmer Wertpapiere innerhalb von Bruchteilen von Sekunden an und versuchen, an kleinsten Preisunterschieden Geld zu verdienen. Die Dauer solcher Transaktionen lag in 2006 - ich bitte, genau zuzuhören - bei 0,021 Sekunden. Laut einer in der FAZ genannten Quelle betrug die Dauer solcher Transaktionen in 2012 0,00025 Sekunden und sinkt weiter. Das heißt, während der Dauer meiner Rede, wenn sie denn sieben Minuten dauert, würde ein Marktteilnehmer rein theoretisch 1,7 Millionen Transaktionen abwickeln können. Für mich sind dieser Umfang und auch die Ersinnung solcher Transaktionen nicht unmittelbar nachvollziehbar bis überhaupt gar nicht nachvollziehbar.
Der Hochfrequenzhandel ist real hoch gefährlich; das muss man in aller Objektivität sagen. Am 6. Mai 2010 brach ohne erkennbaren Grund der amerikanische Aktienindex Dow Jones in einem sogenannten Flash Crash zusammen. Wir haben ja schon von Klimakeksen und Ähnlichem gehört. Da gab es also diesen Flash Crash, der durch den automatisierten Computerhandel verstärkt worden sein soll. Der Wall-Street-Händler Knight Capital hat aufgrund eines Rechenfehlers in einem solchen Hochfrequenzcomputerprogramm innerhalb von 45 Minuten 440 Millionen Dollar versenkt und sich als Unternehmen gleich mit. Ich verweise auf die aktuelle Presseberichterstattung. Top-Profis an der Wall Street sind gegen solche Fehler nicht gefeit. Goldman Sachs hat ebenfalls eine Computerpanne gehabt. Ich habe einen Verlust von mehr als 100 Millionen Euro in Erinnerung. Goldmann Sachs spricht zurzeit von wenigen zehn Millionen Euro.
Jetzt noch ein wichtiger Hinweis: Forscher arbeiten gerade an Quantenrechnern, die auf den Erkenntnissen der Quantentheorie basieren und sage und schreibe 10 000 bis 1 Million Mal schneller sein sollen als gegenwärtige Computer. Wenn die Finanzbranche solche Rechner für den Hochfrequenzhandel entdeckt, wären während meiner Rede nicht 1,7 Millionen Transaktionen, sondern wahrscheinlich Transaktionen im Milliarden- und Billionenbereich abgewickelt worden. Dagegen ist der bisherige Insiderhandel - ich weiß ja, dass Herr Bachmann strenge Vorschriften hinsichtlich zulässiger parlamentarischer Worte hat - nur Kinder-Peng gewesen. Ich hoffe, das war nicht unparlamentarisch.
Wir müssen die Erfahrungen aus diesem Handel nutzen und entsprechende Lenkungsinstrumente einführen. Wenn eine Finanztransaktionssteuer dazu beitragen kann und nicht anderweitige Schäden verursacht, ist das durchaus ein Instrument. Wir sollten unsere Bundeskanzlerin Angela Merkel und unsere Finanzminister Wolfgang Schäuble in ihren Bemühungen unterstützen - Herr Schäuble arbeitet auf diesem Weg ganz hervorragend mit den Franzosen zusammen -, damit sich die Fehler aus der Finanzkrise nicht wiederholen.
Vielen Dank, Herr Dr. Siemer. - Das Wort hat jetzt der Kollege Gerald Heere von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Nach den verheerenden Auswirkungen der Finanzkrise muss uns allen die Stabilität der europäischen und internationalen Finanzmärkte ein wichtiges Anliegen sein. Aber das, was die FDP heute in erster Lesung ins Parlament einbringt, verschlägt mir nahezu die Sprache.
(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Frank Oesterhelweg [CDU]: Das wäre schön, Herr Kollege! Da freuen wir uns drauf!)
Sie beginnen Ihre Entschließung mit einem Lobgesang auf diverse Bundestagsbeschlüsse zum Thema. Zunächst möchte ich darauf hinweisen, dass zu all diesen Punkten - es waren sechs oder sieben, die Sie genannt haben - komplexe Zusammenhänge, umfangreicher Sachverstand und meist auch diverse Ausschuss- und Plenardebatten im Bundestag und zum Teil auch im Europaparlament stattgefunden haben. Ich halte es schon für einen bemerkenswerten Vorgang, dass Sie sich aus Berlin all diese Punkte haben aufschreiben lassen und dass wir jetzt mal eben schnell mit einem Entschließungsantrag über dieses gesamte Paket beschließen sollen. Das finde ich tatsächlich ein bisschen merkwürdig.
Ein einziger Bezug auf Niedersachsen ist in diesem Antrag enthalten - nur ein einziger -, und danach muss man lange suchen. Alle anderen Textteile haben nichts, aber auch gar nichts mit Niedersachsen zu tun, allerhöchstens sehr mittelbar.
Wenn man lange darüber nachdenkt, kann man bei anderen Punkten einen Bezug finden, aber im Text nur an einer Stelle.
Weitere Auswirkungen auf die Landespolitik - wie gesagt: Fehlanzeige! Und das in einem Landtagsantrag. Das ist wirklich schon „Aufgabenstellung verfehlt“.
- Ja, zu der NORD/LB kommen wir. Das ist genau der eine Punkt. Ein Mal sind Sie darauf eingegangen: NORD/LB.
Gehen wir einmal auf die Punkte ein. Nehmen wir als Beispiel erst einmal das Trennbankensystem. Dieser Begriff ist eben schon einmal gefallen. Sie bejubeln in Ihrem Antrag, dass das System - Zitat - nicht zu restriktiv umgesetzt wurde. Sagen Sie doch ehrlich, dass das Sie gar nicht wollten und dass der Bundesfinanzminister das nur deshalb
Wie ist es mit der Ausgestaltung des Trennbankensystems? - Die Einlagen der Kundinnen und Kunden sind ja sowieso durch das Einlagensicherungssystem gedeckt. Jetzt haben wir das Problem, dass durch Ihr Trennbankengesetz nicht ausreichend sichergestellt ist, dass das Einlagengeschäft von dem Investmentgeschäft getrennt wird. Was wäre denn der positive Effekt, wenn man es trennen würde? - Die Spareinlagen der Sparerinnen und Sparer würden nicht mehr für das Investmentgeschäft zur Verfügung stehen, sondern nur noch für die Kreditvergabe. Was meinen Sie, was die Folge wäre? - Alle mittelständischen Unternehmen, die jetzt beklagen, dass es eine Kreditklemme gibt, würden sofort aufhorchen und sagen: Hurra, die können mit dem Geld, das die Sparer eingelegt haben, nicht mehr so einfach spekulieren, sondern das Geld kann endlich in Kredite verteilt werden. - Das ist richtig. Deshalb muss es eine andere Regulierung geben.
Oder nehmen wir den Hochfrequenzhandel! Ich war ja ganz erfreut, dass Herr Dr. Siemer hierzu Ausführungen gemacht hat, sodass ich das jetzt nicht wiederholen muss. Dort muss die Geschwindigkeit herausgenommen werden. So will es übrigens auch die EU. Auch hier ist die bisherige Regulierung ungenügend.
An der Stelle bin ich nun aber doch überrascht. Zuerst habe ich gedacht, dass es mit dem Antrag etwas werden könnte. Aber nein, Sie haben dann auf eineinhalb Seiten wahnsinnige Ausführungen zur Finanztransaktionssteuer gemacht. Eines aber finde ich doch spannend: Sie zeigen mit diesem Antrag ganz deutlich, wo die Bruchstellen innerhalb der schwarz-gelben Bundesregierung liegen; denn das, was Sie hier zur Finanztransaktionssteuer aufgeschrieben haben, sehen zwar Ihre Parteifreunde in Berlin so. An dieser Stelle aber liegen Sie doch mit dem Bundesfinanzminister und mit der Kanzlerin mächtig im Streit. Eine Bundesregierung mit ihrem hohen Einfluss in Europa, die sich über eines der wichtigsten Instrumente der Finanzregulierung überhaupt nicht einig ist, darf im europäischen Interesse keine weiteren vier Jahre Laufzeitverlängerung bekommen.
Ein letzter Satz zur NORD/LB: Nehmen Sie wahr, was Ihnen der Finanzminister auf Ihre Drucksachen hin schon zweimal geantwortet hat, nämlich dass die Ausgestaltung noch gar nicht klar ist und dass die Auswirkungen deshalb nicht klar sind, weil die Geschäfte, die möglicherweise von der Finanztransaktionssteuer betroffen wären, dann möglicherweise gar nicht mehr getätigt werden! Insofern tun Sie nicht so, als wüssten Sie genau, welche finanziellen Auswirkungen das u. a. auf die NORD/LB hätte, und nehmen Sie zur Kenntnis, dass es hier noch keine abschließenden Entscheidungen gibt!
Wir sind für die Transaktionssteuer. Wir sind für eine gute Regulierung. Ich freue mich auf die spannende Ausschussdebatte.
Herr Kollege Heere, bleiben Sie noch einen kleinen Moment hier! - Noch während Ihrer regulären Redezeit hat sich der Kollege Grascha mit der Bitte um Zulassung einer Zwischenfrage gemeldet. Würden Sie die noch zulassen? - Wir hatten das gestern schon. Es war während der regulären Redezeit. Deshalb muss ich Sie fragen.
Verehrter Herr Kollege Heere! Vor dem Hintergrund Ihres Lobliedes auf die Finanztransaktionssteuer frage ich Sie: Was halten Sie eigentlich von den Äußerungen des baden-württembergischen Finanz- und Wirtschaftsministers Nils Schmid von der SPD, die in Baden-Württemberg immerhin Ihr kleiner Koalitionspartner ist, zur Finanztransaktionssteuer? Wie bewerten Sie seine Kritik an der Finanztransaktionssteuer?
Diese Frage kann ich Ihnen ganz einfach beantworten: Da mir die Kritik des Kollegen Schmid nicht im Detail bekannt ist, kann ich darauf keine Antwort geben.