Lassen Sie mich in diesem Kontext auch eine Kritik üben: Wir haben heute lesen können, dass die Regierungskommission zur Überprüfung der Sicherheitsgesetze nach dem 11. September 2001 ihren Bericht vorgelegt hat. Letzte Woche hat die Süddeutsche Zeitung darüber berichtet. Ich habe daraufhin am vergangenen Freitag als Vorsitzen
der der IMK den Bundesinnenminister angeschrieben und darum gebeten, dass man uns diesen Bericht doch bitte zugänglich machen möge, bevor er an die Presse gegeben wird, damit wir darauf reagieren können. Die Antwort kam gestern mit den lapidaren Worten, der Bericht werde zeitgleich mit der Öffentlichkeit auch den Kolleginnen und Kollegen der Landesebene vorgestellt.
(Dr. Stefan Birkner [FDP]: Alles zu seiner Zeit, wie Sie gesagt haben! - Ulf Thiele [CDU]: Sehr transparent, die Öffentlichkeit sofort zu informie- ren! Richtig so!)
Meine Damen und Herren, ich stelle mir unter einer breiten Zusammenarbeit zwischen den Sicherheitsbehörden dieses Landes etwas völlig anderes vor.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Neufassung des Verfassungsschutzgesetzes wird ebenso kommen. Auf untergesetzlicher Ebene sind bereits die Informationspflichten und die Auswertungszuständigkeiten im Verfassungsschutzverbund neu geregelt, und wir haben eine Verstärkung der Zentralstellenfunktion des Bundesamtes auf den Weg gebracht.
Zu weiteren Kernpunkten der Reform hat die IMK Arbeitsgruppen eingerichtet, die zur letzten Sitzung der IMK im Mai berichtet und Zwischenergebnisse vorgestellt haben. So hat zum Beispiel die Arbeitsgruppe zur Standardisierung des Vertrauenspersoneneinsatzes konkrete Vorschläge zur verbindlichen Festlegung von gemeinsamen Standards für den Einsatz gemacht. Die IMK hat beschlossen, dass diese Ergebnisse in den jeweiligen Dienstvorschriften der Verfassungsschutzbehörden normiert werden sollen, und Bund und Länder um Umsetzung gebeten. Die entsprechenden Arbeiten zur Umsetzung haben bei der niedersächsischen Verfassungsschutzbehörde - wie in denen anderer Länder auch - bereits begonnen. Die IMK hat darüber hinaus beschlossen, dass sie anlässlich ihrer Herbsttagung über den Stand der Umsetzung dieser Ergebnisse weiter unterrichtet werden soll.
Angesichts dieses Fortschrittes, meine Damen und Herren, bei der Neuausrichtung des Verfassungsschutzes kommt der Entschließungsantrag der FDP mit seinen letztlich nur wiederholenden Forderungen ca. ein Jahr zu spät. Es bleibt die Frage
Mittlerweile sind die wesentlichen Maßnahmen bereits umgesetzt bzw. befinden sich auf dem Weg in die Umsetzung. Es ist bereits zu Recht darauf hingewiesen worden: Die Rechte und Befugnisse, die Sie einfordern, sind bereits weitestgehend geregelt. Es bedarf insoweit keiner weiteren Ergänzungen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, seien Sie sicher: Diese Landesregierung hat den Verfassungsschutz auf bestmögliche Art und Weise im Auge. Wir werden ihn nicht nach dem Motto führen: „Wir halten jemanden für extremistisch, also bitten wir den Verfassungsschutz, ihn so einzustufen“, sondern wir überlassen das der Einschätzungskompetenz der Verfassungsschützer. Wir werden parlamentarische Kontrollrechte überprüfen und verändern. Wir werden in den nächsten Jahren insgesamt feststellen, dass es auch einen anderen Verfassungsschutz geben kann.
Wir können daher diesen Tagesordnungspunkt abschließen und zur Ausschussüberweisung nach der ersten Beratung kommen.
Der Ältestenrat schlägt Ihnen vor, den Ausschuss für Inneres und Sport federführend und den Ausschuss für Angelegenheiten des Verfassungsschutzes mitberatend zu befassen. - Weitere Anträge liegen nicht vor. Wer das so unterstützt, den bitte ich um das Handzeichen. - Das ist nach der Geschäftsordnung ausreichend unterstützt.
Tagesordnungspunkt 21: Erste Beratung: Wider die „Un-Ordnungspolitik“ aus Unkenntnis - Gut funktionierende Finanzmärkte sind unverzichtbar! - Antrag der Fraktion der FDP - Drs. 17/446
Die Einbringung des Antrags übernimmt der Kollege Christian Grascha, dem ich für die FDP-Fraktion das Wort erteile.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist ruhig geworden um die Finanztransaktionssteuer. Einst wurde diese Steuer als Allheilmittel gegen die Finanzindustrie gefeiert. Aber zu Recht werden Zweifel an dieser Steuer laut, und zwar nicht nur in Fachkreisen, sondern auch in einem Bereich, in dem sie bisher politisch vor allem unterstützt wurde, nämlich bei SPD und Grünen. Es dämmert mittlerweile einigen, dass diese Steuer auch mit großen Nachteilen und Risiken verbunden ist.
Beispielsweise verfasste der baden-württembergische Finanz- und Wirtschaftsminister Nils Schmid, der gleichzeitig auch SPD-Landesvorsitzender ist, an den Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Schäuble ein Schreiben, in dem er darauf hinwies, mit welchen Risiken und Nebenwirkungen diese Steuer verbunden sei.
Auch in dem Entschließungsantrag der Fraktionen von SPD und Grünen, über den wir gestern beraten haben und in dem es im Großen und Ganzen auch um das Thema Steuererhöhungen ging, ist die Finanztransaktionssteuer nicht mehr aufgetaucht.
Die Botschaft war aber doch so schön: Die Verursacher der Krise müssen an den Kosten der Krise beteiligt werden.
Wie bei jedem Lebensmittel und bei jedem Kleidungsstück müssen auch Finanzprodukte der Umsatzsteuer unterliegen. - Aber genau das, meine Damen und Herren von der SPD und von den Grünen, ist das Problem: Wer zahlt denn die Umsatzsteuer z. B. beim Kauf von Keksen? - Bei Keksen hat diese Landesregierung ja eine gewisse Kompetenz.
Der Kunde zahlt die Umsatzsteuer. Und genauso wird es auch bei den Finanzprodukten sein, meine Damen und Herren.
Sind also die Besitzer eines Aktiendepots, der Riester-Sparer, die mittelständischen Unternehmen die Verursacher dieser Krise? - Nein! Aber vor
Diese Steuer ist eine weitere Enteignung der Altersvorsorgesparer. Neben der geringeren Verzinsung und der höheren Inflationsrate droht ja auch noch eine erhöhte Abgeltungssteuer durch RotGrün. Dazu kommt dann noch eine Finanztransaktionssteuer. Das alles ist schlicht eine Rentenkürzung. Das sollten Sie, meine Damen und Herren, den Leuten auch so ehrlich sagen.
Nehmen wir das Beispiel eines Riester-Vertrags: Wenn jemand 50 Jahre lang - also den Gesamtzeitraum - anspart und danach Rente bezieht, fressen die zu zahlenden Steuern die Zulagen, die er bekommt, auf. Wie das die Menschen motivieren soll, private Altersvorsorge zu betreiben, kann ich mir nicht erklären.
Auch die Wirtschaft, insbesondere mittelständische Unternehmen, befürchtet massive Einschränkungen bei ihren Transaktionsgeschäften. So bestätigte der Vorstand des Gesamtverbandes der niedersächsischen Kreditinstitute in einer Haushaltsausschusssitzung diese Bedenken. Er sprach von erheblichen Belastungen für die Wirtschaft. Insgesamt würden 80 % aller Betriebe Absicherungsgeschäfte durchführen, die dann möglicherweise steuerpflichtig wären. Nach Schätzungen werden die Unternehmen mit 2,4 bis 3,7 Milliarden Euro belastet. Auch unsere NORD/LB gehört dazu. Auch sie rechnet mit massiven Belastungen.
Ich weiß, sehr geehrter Herr Finanzminister Schneider, Sie wischen diese Bedenken immer gerne vom Tisch. Aber selbst wenn die Prognosen der NORD/LB nicht zutreffen und die Absicherungsgeschäfte tatsächlich ausgenommen werden, sprechen wir immer noch über eine Belastung von über 100 Millionen Euro pro Jahr. Das Halbjahresergebnis ist ja heute bekannt gegeben worden - knapp 100 Millionen Euro auf ein Halbjahr bezogen. Das zeigt, in welcher Größenordnung die NORD/LB tatsächlich betroffen wäre. Das kann uns als Eigentümer nicht egal sein.
Auch Wettbewerbsnachteile für den Finanzstandort Deutschland müssen wir durch die Finanztransaktionssteuer fürchten. Die Steuer soll nur in elf Ländern eingeführt werden. Zumindest ein großes
Unternehmen hätte also die Möglichkeit, sich dieser Steuer zu entziehen. In Frankreich beispielsweise hat die Einführung dieser Steuer auf nationaler Ebene dazu geführt, dass die Börsenumsätze um 18 % gesunken sind.
(Maximilian Schmidt [SPD]: Haben Sie nie erreicht, 18 %! - Gegenruf von Christian Dürr [FDP]: Die SPD ist auf dem Weg dahin!)
18 % - das ist in diesem Zusammenhang nicht nur eine Zahl; denn eine solche Schwächung des Finanzstandortes geht immer auch mit einem Abbau von Arbeitsplätzen einher. Auch das kann uns nicht egal sein, meine Damen und Herren.
Kurz und gut: Die Finanztransaktionssteuer muss beerdigt werden. Wir erreichen damit weder, dass die sogenannten Verursacher der Krise an den Kosten der Krise beteiligt werden, noch erreichen wir eine bessere Regulierung. Deswegen hoffe und erwarte ich, dass SPD und Grüne diese Steuer nach der Bundestagswahl endlich in den Mottenschrank packen, am besten in die hinterste Ecke. Ich hoffe, das gelingt Ihnen wenigsten nach der Bundestagswahl. Vor der Bundestagswahl habe ich politisch Verständnis dafür, dass Sie gesichtswahrend aus der Nummer herauskommen wollen. Aber Sie sollten zumindest die Gelegenheit nach der Bundestagswahl nutzen, sich von diesem ideologisch belasteten Thema endlich zu verabschieden.
Was ist nun tatsächlich zu tun, um den Ordnungsrahmen der Finanzmärkte entsprechend herzustellen? - In den letzten Jahren ist hier eine Menge passiert. Es gibt ein Restrukturierungsgesetz mit einer Bankenabgabe. Risiko und Verantwortung sind wieder zwei Seiten derselben Medaille.
Der Hochfrequenzhandel unterliegt nun strengeren Transparenzregeln. Wertpapierhändler, Fondsgesellschaften haften künftig bei Störungen beim Computerhandel. Alle außerbörslichen Geschäfte mit Derivaten müssen an ein Transaktionsregister gemeldet werden. Die Eigenkapitalvorschriften der Banken sind strenger geworden. Damit gehen auch Risiken einher, was das Eigenkapital angeht. Das ist gut und richtig. Und zu guter Letzt gibt es ein Bankentestament, sodass die Politik bezüglich der Banken weniger erpressbar geworden ist. Das Stichwort „too big to fail“ gehört endgültig der Vergangenheit an. Hier hat die aktuelle Bundesregie
Die gute Ordnungspolitik zeigt, dass wir hier Schritt für Schritt vorankommen können. Dass sich RotGrün ausschließlich auf eine Finanztransaktionssteuer versteift, ist unehrlich und springt zu kurz. Wir hoffen, dass Sie den Absprung schaffen. Jetzt wäre die Zeit dafür - spätestens nach der Bundestagswahl.
Vielen Dank, Herr Kollege Grascha. Das mit dem Absprung hat auch gerade zeitlich gepasst. - Jetzt hat im Rahmen der Beratung für die SPD-Fraktion der Kollege Holger Heymann das Wort.