Protocol of the Session on September 20, 2017

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)

Vielen Dank. - Weitere Wortmeldungen sehe ich nicht, sodass ich die Aktuelle Stunde der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen schließen kann.

Ich rufe jetzt auf den Punkt

c) Auch die Politik muss sich in der Schule anstrengen - Neustart in der Bildungspolitik - Antrag der Fraktion der FDP - Drs. 17/8728

Das Wort hat Herr Kollege Dr. Birkner. Bitte!

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Dass wir einen Neustart in der Bildungspolitik brauchen, ist nicht zuletzt durch die Reden des Ministerpräsidenten und von Anja Piel vorhin deutlich geworden. Frau Kollegin Piel hat davon gesprochen, in der Schule herrsche gar kein Chaos. Und der Ministerpräsident hat es geschafft, in seinem Beitrag nicht ein Wort zur Unterrichtsversorgung und zur Inklusion zu sagen, zu den wichtigsten Themen - auch das wissen wir aus den Umfragen -, die die Menschen umtreiben. Nicht ein Wort dazu! Wenn es eines Beweises bedurft hätte, dass wir einen Neustart brauchen und dass bei RotGrün Realitätsverweigerung eingesetzt hat, dann ist dieser Beweis hier noch einmal geliefert worden.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Meine Damen und Herren, wir hatten und haben zu Beginn dieses Schuljahres Chaos. Daran führt kein Weg vorbei. Man muss nur einmal in die Schulen hineinhorchen. Man muss nur einmal mit den Eltern reden, und man muss nur einmal die Zeitungen lesen. Dann erfährt man doch, was da los ist. Dies zu ignorieren, ist verantwortungslos. Das Ganze ist aber symptomatisch für die vergangenen viereinhalb Jahre und für die gescheiterte Bildungspolitik von Rot-Grün.

Jetzt wird der Ministerpräsident, der zwar hier ist, jetzt aber leider ein bisschen abgelenkt ist, im Zweifelsfall sagen, wir würden das Haar in der Suppe suchen. Mit Verlaub, Herr Ministerpräsident: Wir reden hier nicht nur über ein Haar in der Suppe, sondern bei Ihnen liegt ein ganzer Haarschopf auf dem Teller. Sie aber sehen den nicht und ignorieren ihn.

(Beifall bei der FDP)

Das ist aber totaler Quatsch; denn hier geht es darum, dass man sich mit diesen Themen, die im Raum stehen, auseinandersetzt.

Für die Kindertagesstätten hat Rot-Grün ein neues Kita-Gesetz angekündigt. Über einen Regierungsentwurf ist diese Landesregierung aber nie hinausgekommen. Der Ministerpräsident forderte in seiner Rolle als SPD-Landesvorsitzender Anfang des Jahres noch die volle Beitragsfreiheit in Kindergärten. Als Abgeordneter und Ministerpräsident lehnte er dann aber im Landtag die Beitragsfreiheit ab. Das ist sehr bemerkenswert, und das muss man erst einmal nachmachen. Die SPD schafft es, ihre Wahlversprechen zu brechen, noch bevor überhaupt eine Wahl stattgefunden hat, meine Damen und Herren. Mit der FDP kommt die Beitragsfreiheit im Kindergarten!

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Detlef Tanke [SPD]: Das war sogar rhetorisch schwach!)

Meine Damen und Herren, auch bei der Inklusion herrscht Chaos, Herr Kollege Tanke. Ich weiß, dass Sie das witzig finden. Auch die Inklusion finden Sie total witzig. Dabei geht es um Kinder. Es geht um die Kinder in der Inklusion, die förderbedürftig sind.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Dass Sie das ins Lächerliche ziehen wollen, mag Ihre Lösung sein. Wir sehen, dass dort Lehrer, dass dort Eltern sind, die alle nach den besten Wegen für die Kinder suchen. Aber Rot-Grün - auch das hatten wir vorhin schon - bleibt stur bei der Zwangsinklusion der Schüler mit Unterstützungsbedarf Lernen.

(Zuruf von der SPD: Albern! Was heißt Zwang?)

Und was machen Sie, wenn sich die Eltern dann an das Parlament wenden und ihre Sorgen und Nöte dartun wollen? - Mit einem Federstrich wischen Sie Tausende von Petitionen einfach zur Seite.

(Jörg Bode [FDP]: Unglaublich!)

Das ist rot-grüne Politik! Das ist die Arroganz der Macht, die Sie hier an den Tag legen. Sie versuchen einfach, mit Scheuklappen durchzukommen.

Meine Damen und Herren, der Ministerpräsident - ich habe vorhin schon darauf Bezug genommen - hat in seiner Regierungserklärung von 2013 gesagt, dass es auch um mehr Gerechtigkeit in der

Bildungspolitik gehe. Dort hieß es: Deswegen werden wir den Weg der Inklusion intensiv weiterverfolgen. - Meine Damen und Herren, ich glaube, genau das Gegenteil ist nötig. Sie dürfen diesen Weg nicht einfach weiterverfolgen, sondern müssen sich mit den Realitäten auseinandersetzen und Wahlmöglichkeiten schaffen, damit die Eltern die Chance bekommen, ihre Kinder so gefördert zu sehen, wie es tatsächlich nötig ist. Deshalb stehen wir für eine Wahlfreiheit in der Inklusion, für ein Fortbestehen der Förderschule Lernen.

(Beifall bei der FDP und Zustimmung von Björn Thümler [CDU])

Meine Damen und Herren, auch bei der Digitalisierung steht Niedersachsen ganz am Anfang, insbesondere in der Schule. Es wird pilotiert und modellprojektiert, aber ein Konzept fehlt. Für 20 Modellgrundschulen werden Minicomputer angeschafft, aber man merkt erst hinterher, dass man für die Programmierung Laptops und WLAN benötigt. - Wir wollen keine Projekte mit Minicomputern. Wir wollen Tablets für jeden Schüler in Niedersachsen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP und Zustimmung von Björn Thümler [CDU])

Aber das größte Problem, das wir haben, ist in der Tat die Unterrichtsversorgung. Sie können hier immer wieder versuchen, die Mär zu erzählen, dass wir dafür verantwortlich seien, dass Lehrerausbildungsstellen abgebaut worden seien. Das Gegenteil ist der Fall, meine Damen und Herren. Wir lassen Ihnen nicht durchgehen, dass Sie hier immer wieder versuchen, mit falschen Informationen einen gegenteiligen Eindruck zu erwecken.

(Beifall bei der FDP und Zustimmung von Björn Thümler [CDU])

Meine Damen und Herren, jede Woche fallen in Niedersachsen rund 100 000 Stunden Unterricht aus. Ich will Ihnen einmal deutlich machen, wie das im Land ankommt. Da gibt es zum Beispiel Berichte von Eltern - ich zitiere -: Da von unserer Schule mehr als 100 Stunden an die Grundschulen abgeordnet werden müssen, erhalten alle Klassen einen neuen Stundenplan. Der Stundenausfall ist vorprogrammiert. - Dann: Mit Besorgnis habe ich heute gehört, dass an der Schule meiner Töchter der Matheunterricht von Beginn des Schuljahres bis Mitte November ersatzlos ausfallen wird. - Oder: An der Schule meiner Tochter wird aufgrund der Lehrerabordnung an die Grundschulen dem

nächst überhaupt kein Sportunterricht mehr in diesem Schuljahr erteilt werden.

(Christian Grascha [FDP]: Das ist die Realität!)

Meine Damen und Herren, das ist nur ein kleiner Ausschnitt dessen, was an den Schulen tatsächlich passiert. Das hat mit Gerechtigkeit und Chancengleichheit nichts zu tun. Sie nehmen den Kindern die Chancen, wenn z. B. kein Matheunterricht gegeben wird. Darüber dürfen Sie nicht einfach hinweggehen, sondern müssen sich darum kümmern. Deshalb brauchen wir eine Unterrichtsgarantie, so wie wir sie vorgeschlagen haben.

(Beifall bei der FDP und Zustimmung von Björn Thümler [CDU])

Meine Damen und Herren, die Kinder in Niedersachsen haben eine bessere Bildungspolitik verdient, als Rot-Grün und insbesondere Ministerin Heiligenstadt sie macht.

Herr Ministerpräsident, ich denke, Sie haben vorhin nicht ohne Grund die Bildungspolitik nicht erwähnt; denn Sie wissen genau, dass Sie da eine miserable Bilanz vorzuweisen haben. Es wird Zeit, dass die Kinder ab dem 16. Oktober in Niedersachsen wieder eine faire und gerechte Chance auf eine gute Bildung haben.

Herzlichen Dank.

(Lebhafter Beifall bei der FDP)

Vielen Dank. - Für die SPD-Fraktion spricht nun Herr Kollege Politze.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Gedanke, der sich einem bei einer solchen Aktuellen Stunde als Erstes aufdrängt, ist, ob es nicht statt „Neustart in der Bildungspolitik“ eher „Neustart beim respektvollen Umgang miteinander in diesem Parlament“ heißen sollte - gerade, wenn ich auf die FDP schaue. Sie haben heute ja geredet, Herr Birkner. Dabei war der Respekt deutlich stärker ausgeprägt als in anderen bildungspolitischen Debatten, die wir hier unlängst geführt haben.

(Zuruf von der SPD: Das stimmt! - Dr. Gero Hocker [FDP]: Er wird schon wieder reden!)

Wo aber bleibt der angekündigte Schulfrieden in Ihren Aussagen, lieber Herr Birkner? Wo bleibt die Ruhe im System für die Eltern, Lehrer und Schüler, meine sehr geehrten Damen und Herren?

(Zuruf von Jörg Bode [FDP])

Was den zweiten Gedanken angeht - Herr Bode, Sie sollten sich die Ausführungen erst einmal anhören, statt ständig dazwischenzureden -, sollte das eine Ankündigung sein, wie es nach dem 15. Oktober in der Bildungspolitik weitergehen soll. Ich glaube, das ist der viel wichtigere Punkt, mit dem wir uns beschäftigen sollten.

Wenn man in die Wahlprogramme der beiden Oppositionsparteien sieht, welche bildungspolitischen Vorstellungen sie haben, kann einen nur das Grausen packen, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD)

Wenn man in das Programm der CDU, in das Programm des Hoffnungsträgers Althusmann - ehemaliger Kultusminister, aus dieser Funktion abgewählt - guckt, dann findet man: Streichung der Anrechnungsstunden, Mehrarbeit für Lehrkräfte. - Das haben Sie in Ihrem Programm sehr deutlich verankert, und Sie tragen das immer vor sich her, lieber Herr Seefried.

(Johanne Modder [SPD]: Ja, genau so!)

Das Aussetzen der Inklusion - das haben wir gerade gehört - haben Sie in Ihrem Programm verankert: eine Denkpause. Dazu möchte ich nur einmal auf das „Forum Artikel 30“ hinweisen, ein Bündnis von mehr als 20 Verbänden, die große Sorgen haben, wie es in der Inklusionspolitik weitergehen würde, wenn Sie die Regierungsverantwortung übernehmen würden, meine sehr geehrten Damen und Herren. Das ist Ihre Bildungspolitik in der Inklusion!

(Beifall bei der SPD - Johanne Mod- der [SPD]: Zugehört!)

Sie bringen die Verbände und die besorgten Bürgerinnen und Bürger gegen sich auf.

Einschränkung der Gesamtschulen durch Rückkehr zur Angebotsschule - das wird klar von Ihnen propagiert. Das ist Ihre Bildungspolitik!

Rückkehr zu Noten und Schullaufbahnempfehlungen - rückwärtsgewandt in das letzte Jahrtausend in der Bildungspolitik!