Ich möchte hier einmal über eine Geschichte von der Grundschule Deckbergen berichten, über die die Deister- und Weserzeitung in der vergangenen Woche geschrieben hat. Da wurde deutlich gesagt: Normale Tage gibt es an dieser Schule schon länger nicht mehr. Seit den Sommerferien haben wir täglich einen Vorfall in der Schule. Am Freitag der Vorwoche musste die Polizei zu Hilfe gerufen werden: Drei Drittklässler waren ausgerastet; sie hatten einen Klassenkameraden verprügelt und waren dann weggelaufen. - Das, was sich wie eine Ausnahmesituation anhört - das wird auch in der Berichterstattung deutlich beschrieben -, ist mittlerweile Alltag an den Schulen.
Ich zitiere einmal die Schulleiterin, die dazu Folgendes gesagt hat: Das geht so nicht. Hier hat Inklusion ihre Grenzen erreicht. - Deswegen müssen wir deutliche Veränderungen in der Inklusion in Niedersachsen vornehmen.
Meine Damen und Herren, Rot-Grün schiebt die Schuld gerne auf andere. Die Kollegen Tonne und Limburg haben - so die Berichterstattung - darauf verwiesen, dass sie sich gefreut hätten, wenn jemand von der Landesschulbehörde mit auf dem Podium gesessen hätte. - Das kann ich mir vorstellen, dass Sie gerne einen Sündenbock dagehabt hätten.
Aber wir müssen doch heute wieder einmal feststellen: Wer hatte denn in diesem Land in den vergangenen viereinhalb Jahren die Verantwortung für diese Bildungspolitik? Hatte die Verantwortung dafür die CDU, der man gerne alles zuschieben will? Hatte die Verantwortung die FDP, der man auch gerne alles zuschieben will? Liegt die Verantwortung bei den Behörden? - Nein, meine Damen und Herren, die Verantwortung für diese missratene Bildungspolitik in diesem Land liegt einzig und allein bei dieser Kultusministerin und bei SPD und Grünen. Deswegen ist es gut, dass das bald ein Ende hat.
Diese Kultusministerin, diese Landesregierung, hat entschieden, die Unterrichtsverpflichtung für die Gymnasialkehrkräfte zu erhöhen. Die Folgen wirken bis heute nach. Diese Kultusministerin hat entschieden, die GHR-300-Ausbildung um ein halbes Jahr zu verlängern, weshalb Ihnen heute die Grundschullehrkräfte fehlen. Diese Kultusministerin hat sich jetzt auch mit der GEW angelegt, die mittlerweile sogar gegen Rot-Grün in Niedersachsen klagt. Und diese Kultusministerin hat die Förderschulen mit dem Förderschwerpunkt Lernen in Niedersachsen verboten.
Meine Damen und Herren, mit diesen falschen Entscheidungen muss jetzt Schluss sein. Deshalb brauchen wir am 15. Oktober einen Neustart in der Bildungspolitik für unser Land Niedersachsen.
Vielen Dank, Herr Kollege Seefried. - Für die Landesregierung hat nun das Wort Frau Kultusministerin Heiligenstadt.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Die FDP-Fraktion hat mit ihrem Thema für die Aktuelle Stunde einen Neustart in der Bildungspolitik gefordert. Damit geben Sie uns durchaus die Möglichkeit, einmal dahinter zu schauen: Wie sähe ein solcher Neustart in der Bildungspolitik unter Schwarz-Gelb aus? - Ich kann es Ihnen sagen: Viele Menschen denken noch mit Magenschmerzen an zehn Jahre schwarz-gelbe Bildungspolitik von 2003 bis 2013 zurück.
So haben Sie z. B. über Jahre die Gesamtschulen diskriminiert. Sie haben sie sogar fünf Jahre lang verboten und dann Hürden für die Einrichtung errichtet.
- Sie haben sie verboten, natürlich Frau Pieper! Von 2003 bis 2008 durfte keine Gesamtschule gegründet werden. Erst danach haben Sie das
Gesamtschulerrichtungsverbot wieder gelockert. Da müssen wir schon bei der Wahrheit bleiben, Frau Pieper!
(Christian Grascha [FDP]: Das sind doch Debatten von vorgestern! - Un- ruhe - Glocke der Präsidentin)
Wird es in Niedersachsen mit Schwarz-Gelb eine Renaissance der Gesamtschulverhinderungspolitik, die es zehn Jahre lang gab, geben? - Erst erklärt die CDU in ihrem Wahlprogramm, neue Hürden für die beliebte Schulform errichten zu wollen, und nun folgt auch die FDP mit ihren bildungspolitischen Vorschlägen auf leisen Sohlen diesem Plan.
(Jörg Hillmer [CDU]: Haben Sie nichts zustande gebracht, sodass Sie sich jetzt an der CDU abarbeiten müs- sen?)
Ich sage Ihnen ganz deutlich: Unter Schwarz-Gelb sehen sich die Gesamtschulen als beliebte Schulform wieder einer Benachteiligung ausgesetzt, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Björn Thümler [CDU]: So ein Unfug! - Christian Grascha [FDP]: Das sind Debatten vor vorgestern! Das interessiert keinen mehr! Die wol- len Unterricht haben!)
Sie haben das Turbo-Abitur in Niedersachsen eingeführt. Wir haben es abgeschafft, wie heute schon mehrfach ausgeführt worden ist.
Ich kann Ihnen auch gern ein Zitat Ihres neuen Spitzenkandidaten aus der Sitzung des Niedersächsischen Landtags vom 18. Juli 2012 liefern.
„Wissen Sie was? - Ich glaube, die ganz überwiegende Zahl aller Gymnasien in Niedersachsen wird auch nicht im Geringsten ernsthaft darüber nachdenken, zum Abitur nach 13 Jahren zurückzukehren.“
Da kann ich nur sagen: Wenn es in dieser Beziehung einen Neustart in der Bildungspolitik geben soll, ist das eher eine Drohung als ein Versprechen.
Ein weiterer Bereich: Niedersachsen ist unter RotGrün zum Ganztagsschulland geworden. Die Zahl der Ganztagsschulen: 1 800! 70 % aller Schulen sind Ganztagsschulen. Nun aber findet sich in den bildungspolitischen Schwerpunkten der FDP ein Neustart der Ganztagsschule. Ein bemerkenswerter Neustart, meine sehr verehrten Damen und Herren, wie ich finde! Die FDP will die Lehrkräfte vollständig aus dem Ganztag zurückziehen und will anschließend das Ganztagsangebot am Nachmittag Vereinen und privaten Anbietern überlassen und es finanzieren.
Damit ich nicht falsch verstanden werde: Die Zusammenarbeit mit außerschulischen Kooperationspartnern ist auch im Ganztag eine ganz wichtige Säule, und das bereichert auch die Schulen. Aber Sie wollen zurück zum Ganztagsschule-lightModell aus der Zeit bis 2013 mit den entsprechenden Folgen, die das Ganze hat.
(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Christian Grascha [FDP]: Sie müssen endlich mal ein Konzept vorlegen, damit wieder Unterricht stattfindet! Das ist doch das Entschei- dende! 100 000 Stunden Unterricht fallen aus!)
Ich sage Ihnen: Da bekommt der Begriff „Die neue Ernsthaftigkeit der FDP“ in der Tat eine ganz neue Bedeutung. Man muss ja fast sagen, dass sie androht, das alte Light-Modell wieder einzusetzen. Das ist meiner Meinung nach eher ein Neustart im
Rückwärtsgang. Das ist Turbogeschwindigkeit in die Vergangenheit, meine sehr verehrten Damen und Herren. Die haben wir, Gott sei Dank, in Niedersachsen lange überwunden.
(Zustimmung bei der SPD und bei den GRÜNEN - Christian Grascha [FDP]: Entscheidend ist, dass wieder Unter- richt stattfindet! Darauf geben Sie kei- ne Antwort!)
Ein weiterer Punkt: Schulsozialarbeit ist unter RotGrün endlich zur Landesaufgabe geworden, meine sehr verehrten Damen und Herren. Diese Landesregierung bekennt sich zu der Aufgabe schulischer Sozialarbeit. Schwarz-Gelb hat das zehn Jahre lang verweigert.
„Es ist nicht Aufgabe des Landes Niedersachsen, quasi die Jugendhilfe zu ersetzen und damit die eigentliche Verantwortung der Kommunen zu übernehmen. In erster Linie sind für diese Fragen natürlich die Kommunen verantwortlich.“
So der Spitzenkandidat der CDU, meine sehr verehrten Damen und Herren. Beim Thema schulische Sozialarbeit geht es mit CDU und FDP wieder zurück in die Vergangenheit. Das ist ein Neustart, den wir den Schülerinnen und Schülern nicht wünschen.
Vor allen Dingen wollen wir beim Ausbau der schulischen Sozialarbeit weitermachen. 1 100 berufsbildende und allgemeinbildende Schulen sind schon versorgt, und wir werden mit dem Ausbau weitermachen.
Wir haben beim Thema Schule auch die Probleme in der Zusammenarbeit zwischen kommunalen Schulträgern und Land gelöst. Auch das haben Sie zehn Jahre lang nicht hinbekommen. Wir haben den Kommunen für die Umsetzung der Inklusion jährlich zusätzlich 30 Millionen Euro zur Abdeckung der Inklusionsfolgekosten zur Verfügung gestellt - für ein Gesetz, das Sie beschlossen haben, was wir aber sozusagen umsetzen und gründlich finanzieren mussten.
Es gäbe noch eine ganze Menge anderer Punkte, die man erwähnen könnte. Ich sage nur: Neustart mit Schwarz-Gelb? - Besser nicht! Wir werden am 15. Oktober Rot-Grün fortsetzen.