Protocol of the Session on August 10, 2017

Meine Damen und Herren, noch im Wahlkampf hatte der Spitzenkandidat der SPD vollmundig versprochen: „Anpacken. Besser machen.“ Im rotgrünen Regierungsalltag wurde daraus: „Liegen lassen. Später machen.“

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Die Zahl ist eindeutig: 40 Gesetzesinitiativen sind in der Warteschleife. Das grenzt doch an Arbeitsverweigerung. Großen Worten folgten allzu oft nur kleine oder eben auch gar keine Taten. Und wenn Sie jetzt durchs Land ziehen und allen alles versprechen, ist das genauso unglaubwürdig.

(Petra Tiemann [SPD]: Das sagt ge- rade der Richtige mit dem Verspre- chen!)

Sie hätten es in einem strukturierten Prozess machen können. Das haben Sie nicht hingekriegt. Deswegen sind Sie an sich selbst gescheitert. Und das ist die Wahrheit.

(Lebhafter Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Genauso verhält es sich mit dem Polizeigesetz, meine Damen und Herren. Das Innenministerium und das Justizministerium haben noch im Januar dieses Jahres vollmundig angekündigt, ein beratungsreifes Gesetz vorzulegen. - Darauf warten wir bis heute.

(Anja Piel [GRÜNE]: Darauf warten Sie? Das ist ja lustig!)

Gerade gestern in der Landespressekonferenz hat ein Vertreter des Innenministeriums doch tatsächlich - und das grenzt an Fake News, meine Damen und Herren -

(Marcus Bosse [SPD]: Das macht ihr ja!)

gesagt, es liege in Sachen SOG gerade nichts vor. - Gerade liegt hier nichts vor, meine Damen und Herren, nichts! Weder bei den Mitgliedern des Innenausschusses noch beim GBD, noch sonst irgendwo! Sie machen Politik für die Schaufenster, meine Damen und Herren, und das ist Ihr Problem.

(Lebhafter Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Es hilft im Übrigen auch nicht, wenn Sie in Polizeiorganisationseinheiten genau diesen Unsinn verbreiten. Das wird entlarvt werden; davon können Sie ausgehen.

(Johanne Modder [SPD]: Reden Sie doch mal über den eigentlichen An- lass dieser Sitzung!)

Ebenso frage ich: Wo ist denn die beratungsfähige Novelle des Ladenöffnungsgesetzes, auf die die Kommunen und viele Einzelhändler so dringend warten? Da werkelt das Ministerium am ersten Entwurf vor sich hin. Er wird von den Beteiligten in der Luft zerrissen. Mit spitzen Fingern wird diese Novelle in den Landtag abgeschoben: Seht zu, dass ihr daraus was macht! - Daraus kann man aber nichts machen, meine Damen und Herren, außer, es wegschmeißen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Viel zu spät und quasi auf der Zielgeraden produzieren Sie Gesetzentwürfe am Fließband, deren handwerkliche Qualität dazu noch schlecht ist. Dazu der Rundblick, zitiert vom 10. Mai 2017: „Landtagsjuristen fühlen sich von Flut an Gesetzen überfordert“. Und nicht nur überfordert durch die Flut, sondern die Qualität schlägt dem Fass den Boden aus.

Das alles, meine Damen und Herren, ist doch Ausdruck mangelnder Steuerung und fehlender Koordinierung durch die Staatskanzlei in der Verantwortung dieses Ministerpräsidenten!

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Seit Freitag, so hat es die Kollegin Modder ausgerufen, befindet sich Niedersachsen im Wahlkampf. Diesen Wahlkampf - auch mit seinen Schattenseiten - hat der Ministerpräsident höchstselbst eröffnet.

(Lachen bei der SPD)

Er führte sich bereits am Freitag wie ein Rumpelstilzchen auf.

(Zurufe von der SPD)

Dieser Auftritt am vergangenen Freitag war unsouverän, und er war, wie wir heute wissen, Teil einer gezielten initiierten Empörung.

(Zuruf von Johanne Modder [SPD])

Um auch hier jedweder Legendenbildung vorzubeugen: Für die Klimavergiftung der letzten Tage waren vor allem Sozialdemokraten verantwortlich.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Lachen bei der SPD und bei den GRÜNEN - Anja Piel [GRÜNE]: Ken- nen Sie andere Sozialdemokraten als wir, Herr Thümler?)

Meine Damen und Herren, es waren die Herren Stegner, Oppermann, Heil, Tanke und Sie, Herr Weil. Sie alle sprachen von Intrigen

(Johanne Modder [SPD]: Ja!)

und Verrat,

(Zuruf von der SPD: Ja!)

von absurden Unterstellungen, für die es keinerlei Anhaltspunkte gibt, meine Damen und Herren.

(Zuruf von den GRÜNEN! Gar keine!)

Ihr Problem ist, meine Damen und Herren, dass Sie endlich einmal begreifen müssen, dass eine Abgeordnete aus freien Stücken Ihre Koalition verlassen hat, dass sie die Partei der Grünen verlassen hat, auch wenn es für Sie vollkommen unvorstellbar ist, dass das überhaupt passieren kann,

(Zuruf von Filiz Polat [GRÜNE]: So werden Sie Ihren Direktwahlkreis be- stimmt nicht gewinnen!)

weil sie entschieden hat, dass die Politik, die Sie machen, eben nicht mehr ihre Politik ist. Und das ist ein demokratischer Vorgang.

(Lebhafter Beifall bei der CDU und bei der FDP - Zurufe von der SPD und den GRÜNEN)

Wissen Sie: Sie können noch lauter schreien - es macht mir nichts aus,

(Filiz Polat [GRÜNE]: Wir schreien doch gar nicht!)

weil am Ende des Tages Ihnen Ihr Dogma im Weg steht. Das ist Ihr Problem. Sie können nicht akzeptieren, dass jemand Ihrer Partei den Rücken kehrt, weil das für Sie wie Verrat klingt.

(Zuruf von Johanne Modder [SPD] - Anja Piel [GRÜNE]: Moment! Das sind wir!)

Das ist aber kein Verrat, sondern ein demokratischer Vorgang. Deswegen ist das Ihr Problem, nicht aber das Problem vieler anderer Menschen.

(Zurufe)

Im Übrigen: Ihnen sollte bewusst sein, meine Damen und Herren, dass Sie mit Ihren Unterstellungen den Boden für die abgründigen, teils menschenverachtenden Kommentare in den sozialen Netzwerken bereitet haben. Das müssen Sie endlich einmal verstehen und zur Kenntnis nehmen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren, wovon war die rot-grüne Regierungszeit sonst geprägt? Ich nenne beispielhaft die Paschedag-Affäre, die durchsichtige Kampagne um die angeblich rechtswidrige Speicherpraxis im Verfassungsschutz, die Edathy-Affäre und die noch immer ungeklärte Rolle von Mitgliedern dieser Landesregierung,

(Anja Piel [GRÜNE]: Herr Thümler, das ist so unglaublich!)

die Vergabeaffären der Staatskanzlei und des Wirtschaftsministeriums. Ebenso erinnere ich an den völlig übertriebenen Jagdeifer im Falle des Präsidenten der Landesschulbehörde, der sich tatsächlich nichts, aber auch gar nichts hat zuschulden kommen lassen. Dessen Dienstwagen wurde heimlich mit einem Peilsender bestückt. Dessen Wohnung wurde durchsucht. Sie sollten mal darüber nachdenken, was das in einem Menschen bewirkt, dem so etwas widerfährt, obwohl er

unschuldig ist. Das fällt in Ihre Verantwortung, meine Damen und Herren!

(Lebhafter Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren, dazu kommen die öffentliche Vorverurteilung des Celler Generalstaatsanwalts zu einem Zeitpunkt, zu dem der Chef der Staatskanzlei wegen des Explosionsunglücks in Ritterhude in höchste Bedrängnis geraten war, die Einschüchterung von Landesbeamten - seien es Lehrer, Polizeibeamte oder andere - durch ihre jeweiligen oberen Dienstherren und nicht zuletzt der vollzogene Rücktritt zweier Staatssekretäre.