In ihrer Petition fordert die Petentin das Verbot des sogenannten Schreibens nach Gehör oder des Lesens nach Schreiben, sie fordert eine Evaluation der Eingangsstufen in den Grundschulen mit den Auswirkungen gerade mit Blick auf Kinder mit besonderen Wahrnehmungsschwierigkeiten, und sie fordert eine Verbesserung der Lehrerausbildung, um frühzeitiger auf diesen Bereich der Lernschwierigkeiten eingehen zu können.
Die Petentin hat eine sehr umfangreiche Petition eingereicht, die um sehr viel Schriftverkehr angereichert ist, den die Petentin in der Vergangenheit bereits mit Schulen, mit Behörden, mit verschiedenen Einrichtungen geführt hat. Ich finde, diese Petition macht eindrucksvoll deutlich, welche Schwierigkeiten Kinder, die besondere Lernschwächen, besondere Förderbedarfe in diesem Bereich haben, aber auch die Familie, ihr gesamtes Umfeld, in einer solchen Situation erleben und - das kann man, glaube ich so sagen - welchen Leidensweg eine Familie geht, die versucht, hier das Beste, die beste Förderung, für ihr Kind zu erreichen, und dass hier immer wieder neue Schwierigkeiten vorhanden sind.
Ich bin mir ganz sicher, dass jedem hier im Hause klar sein muss, dass es sich hierbei um ein ganz wichtiges Themenfeld in der Bildungspolitik handelt, dass wir auch für diese Schülerinnen und Schüler bessere Antworten haben müssen als die, die wir heute geben, um ihnen tatsächlich bessere Unterstützung zukommen zu lassen.
Die Petentin hat die konkreten Forderungen aufgestellt, über die wir gerne im Kultusausschuss diskutiert hätten und zu denen wir gerne auch die entsprechenden Abwägungen vorgenommen hätten. Aber, wie gesagt, die Petentin fordert auch die grundsätzlich bessere Anerkennung und unterfüttert das Ganze auch noch mit einer aktuellen Studie, die relativ aktuell auch für Niedersachsen die Situation im Bereich von Lesen und Schreiben darstellt. Gemeint ist die IQB-Studie mit den Bildungsstandards in den Ländern.
Lassen Sie mich nur einen Bereich aus dieser Studie herausgreifen. Nach dieser IQB-Studie liegt Niedersachsen bei den Neuntklässlern im Bereich des Bildungsstandards Lesen auf dem dritten Platz der Bundesländer, allerdings nicht auf dem dritten Platz von vorne, sondern auf dem dritten Platz von hinten, also auf Platz 14. Deswegen bin ich mir sicher - und das soll jetzt wirklich nicht ausschließlich Kritik an vielen aktuellen Maßnahmen sein -, weil ich eben schon die Reaktion von den Kollegen
gehört habe, dass das ein Thema ist, das es wert ist, verstärkt in den Blick genommen zu werden, und dass das keine Petition ist, die im Petitionsausschuss einfach nur mit „Sach- und Rechtslage“ abzubügeln ist, sondern eine Petition ist, die es wert ist, dass man sich intensiv mit dieser Thematik auseinandersetzt.
Wir beantragen heute zunächst „Material“. Ich will aber nochmals deutlich machen, dass unsere Fraktion im Petitionsausschuss beantragt hatte, diese Petition in den Kultusausschuss zu überweisen. Wir haben uns gewünscht, dass im Fachausschuss intensiver über die vielen Facetten dieses Themas diskutiert und dazu auch eine Anhörung von Fachverbänden durchgeführt wird, um nicht nur dem Anliegen dieser einzelnen Petentin gerecht zu werden, sondern auch den Schwierigkeiten der Schülerinnen und Schülern mit besonderem Förderbedarf.
Diese Antwort sind wir denen tatsächlich schuldig; denn man muss einfach sagen: Unter all den Themen, über die wir diskutieren, ist das Thema der Förderung von Kindern mit Lernschwierigkeiten nach wie vor ein viel zu sehr vernachlässigtes Thema. Das hätten wir gerne aufgegriffen und dementsprechend die Debatte im Kultusausschuss weitergeführt.
Ich will es an dieser Stelle ergänzen, weil es leider nicht das erste Mal ist, dass die Beratungen so verlaufen sind. Gerade erst vor vier Wochen haben wir hier im Plenum über mehrere Petitionen beschlossen, unter anderem über die Petition des Philologenverbandes zur Arbeitszeit. Da war es genau das Gleiche.
Wir wünschen uns, dass hier in diesem Hohen Haus nicht nur über das hohe Recht der Petenten diskutiert und das Petitionswesen als etwas ganz Besonderes dargestellt wird, wie es gerade die Kollegen von SPD und Grünen immer machen, und dass hier nicht nur über Transparenz gesprochen wird,
sondern dass diesen Sonntagsreden auch wirklich einmal Taten folgen und im Petitionsausschuss solche lästigen Petitionen von der Regierungsmehrheit nicht einfach nur weggeschoben werden. Wir müssen uns mit den Petenten und ihren be
Vielen Dank, Herr Seefried. - Jetzt hat sich Herr Försterling zur gleichen Petition gemeldet. Bitte schön!
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich spreche zur gleichen Petition. Das ist wahrlich nicht die erste Petition aus dem Kreis der Eltern von Kindern mit sonderpädagogischem Unterstützungsbedarf, die wir hier im Niedersächsischen Landtag behandeln. Aber ich empfehle allen Kolleginnen und Kollegen, sich mit dieser Petition einmal sehr intensiv auseinanderzusetzen. Sie zeigt nämlich sehr wohl den ganzen Weg, den die Eltern mit dem Kind gegangen sind, um eine bestmögliche Förderung für ihr Kind zu bekommen.
Sie zeigt auch die verschiedenen Schwierigkeiten bei der Umsetzung der Inklusion, dass es nämlich nicht mehr möglich ist, zeitweise in spezielle Lerngruppen zu gehen, und dass es sehr schwierig ist, wenn man keine landesweiten Qualifikationsstandards für die Schulbegleiter hat. Meine sehr geehrten Damen und Herren, das alles sind Dinge, die von Ihnen nicht aufgegriffen werden. Stattdessen wird hier konsequent seit Wochen, Monaten und Jahren so getan, als würde sich die Inklusion in Niedersachsen auf einem guten Weg befinden.
Weil Sie das alles einfach weglächeln, genauso wie Sie heute auch diese Petition einfach wieder wegstimmen werden. Ich kann Ihnen nur eines sagen: Mit diesem Verhalten sind Sie sehr weit weg von den die Inklusion betreffenden Problemen der Eltern, der Schüler und auch der Lehrer im Land.
Ich kann nur jedem Einzelnen empfehlen, insbesondere dem Ministerpräsidenten, der ja immer so tut, als sei die Welt in Niedersachsen in Ordnung: Lesen Sie diese Petition einmal ganz genau. Gehen Sie dann einmal in die Schulen und sprechen Sie mit den Eltern, mit den Lehrkräften. Dann nämlich werden Sie endlich anfangen, Inklusion nicht mehr systemisch nach dem Motto „Es darf keine Förderschulen mehr geben“ zu denken und aus
der Sicht der Kinder daran zu arbeiten, für die Kinder das bestmögliche System und das bestmögliche Angebot zu schaffen.
Es geht in dieser Petition um ein konkretes Kind, aber Ihre Aufgabe ist es, noch viel mehr Kinder in Niedersachsen in den Blick zu nehmen, nämlich alle Kinder. Und da haben Sie wirklich noch viele, viele Hausaufgaben zu machen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe die Petition mit großer Aufmerksamkeit gelesen, und ich kann eine Formulierung von Herrn Seefried durchaus nachvollziehen, nämlich: Eltern von Kindern, die besondere Bedarfe haben, die besondere Schwierigkeiten beim Lernen haben, sind vor besondere Herausforderungen gestellt. - Das ist hin und wieder auch richtig beschrieben mit dem Begriff „Leidensweg“.
Für mich hat sich beim Lesen dieser Petition die Frage gestellt -: Ist das hier der richtige Ort, um über dieses Problem in aller Tiefe zu diskutieren?
Insofern komme ich dann am Ende meiner Erwägung zu dem Ergebnis, dass „Material“ eine richtige Entscheidung ist.
Herr Försterling, in einem Punkt liegen Sie durchaus verkehrt. Hier wird keine Situation beschrieben - ich halte es bewusst allgemein -, in der es um Lernbeeinträchtigungen geht und dementsprechend auch darum gehen könnte, Förderschulen zu beanspruchen, um diesen Kindern zu helfen. Das ist bei diesen Kindern nicht das Problem. Die Fragestellung ist: Ist die inklusive Schule gut genug aufgestellt, um diesen sehr besonderen Lernbedürfnissen zu entsprechen? - Förderschule ist hier überhaupt kein Thema, Herr Försterling. Insofern geht das am Thema vorbei.
Wenn Sie die Petition bitte noch einmal aufmerksam lesen würden, geht es um eine andere Frage. Es geht um die Frage: Ist die inklusive Schule gut genug aufgestellt? - Dann ist es unsere Aufgabe,
Ich habe mir angeschaut, was die Petentin konkret fordert. Sie fordert ein Verbot der Methode „Lesen durch Schreiben“. Meines Erachtens sollte sich der Landtag beim Aussprechen von Verboten, was besondere Methoden betrifft, deutlich zurückhalten.
Außerdem geht es insofern an der Sachlage vorbei, als diese Schule die Methode überhaupt nicht in ihren schuleigenen Lehrplänen verankert hat.
Nächster Punkt: Evaluation der Eingangsstufe. Dazu weist das Ministerium in einem meiner Meinung nach sehr umfänglichen und sehr inhaltsreichen Schreiben darauf hin, dass es natürlich viele Studien gibt, die deutlich machen, dass so etwas wie die offene Eingangsstufe dringend notwendig ist, um auf zunehmend heterogene Lerngruppen angemessen reagieren zu können.
Dritter Punkt: Es bedarf besserer Informationen über Wahrnehmungsstörungen. Das ist - an dieser Stelle geht diese Petition, meine ich, auch an der Realität in den Studienseminaren vorbei - mittlerweile fester Bestandteil der Ausbildung von Sonderpädagogen. Mittlerweile ist dieser Aspekt aber auch fest verankert in der Ausbildung von Regelschullehrern.
Ferner geht es darum, das Recht auf Bildung zu gewährleisten. Ja, das ist natürlich sehr allgemein gehalten.
Insgesamt noch einmal: Ich nehme das durchaus ernst. Ich denke aber auch, dass wir in unseren Debatten aufpassen müssen und nicht unterschätzen dürfen, was in den Grundschulen - um die geht es hier vorzugsweise - bereits an hervorragender Arbeit geleistet wird, um besonderen Lernbedürfnissen gerecht zu werden.
Wenn wir hier eine Debatte aufmachen, die in einem Kontext mit der Unterrichtsversorgung steht, die in einem Kontext mit der wie auch immer gearteten Ausstattung der inklusiven Schule steht, dann gehen wir an der Realität vorbei, die sich dadurch auszeichnet, dass in den Grundschulen mittlerweile sehr viel getan wird, um besonderen Lernbedürfnissen Rechnung zu tragen.
Die Grundschulen setzen sich damit nämlich nicht erst seit heute oder seit 2013 auseinander, als Rot-Grün hier das Kultusministerium geführt hat, sondern die Grundschulen sind schon seit vielen Jahren damit befasst, sich auf sehr veränderte Voraussetzungen einzustellen. Insofern müssen wir in den Debatten aufpassen, dass wir die Leistungen, die vor Ort erbracht werden, nicht zu schlechtreden, sondern wir müssen auch einmal betonen: Da wird hervorragende Arbeit geleistet.
Vielen Dank, Herr Kollege. - Zu dieser Eingabe hat jetzt Herr Kollege Ralf Borngräber von der SPDFraktion um das Wort gebeten.
Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Seefried! Lieber Herr Försterling! Ich will es ganz deutlich sagen: Ich halte die Petition 2701 eigentlich für nicht geeignet, sie als Aufhänger für eine Generaldebatte zur Inklusion zu missbrauchen.
Der Vollständigkeit halber muss ich Folgendes dazu sagen: Die Petition hängt inhaltlich eng zusammen mit einer Kleinen Anfrage des Kollegen Seefried vom 6. August 2015. Das teilt uns die Petentin in ihrer Eingabe übrigens auch mit.