Protocol of the Session on April 7, 2017

(Beifall bei der FDP und bei den GRÜNEN)

Der grüne Innenpolitiker Burkhard Peters formuliert es humorvoll, aber deutlich:

„‚Laufen statt sitzen‘ kann ich nur als gesundheitsfördernde Maßnahme ohne jeglichen Vorbehalt unterstützen.“

Weiter sagt er:

„Fahrverbote im Strafrecht sind verfassungsrechtlich bedenklich.“

(Helge Limburg [GRÜNE]: Richtig!)

Barbara Ostmeier von der CDU, die Vorsitzende des Rechtsausschusses in Schleswig-Holstein, sagte:

„Problematisch bleibt, dass sowohl die mangelnde Kontrollierbarkeit der Einhaltung des Fahrverbots als auch die unterschiedlichen Lebensumstände der Betroffenen eine Gleichbehandlung schwer machen. Insofern ist die Diskussion über einen Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz nach wie vor nicht vom Tisch.“

Meine Damen und Herren, es gibt auch bei der SPD tatsächlich Leute mit Humor. Thomas Rother, justizpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion in Schleswig-Holstein, sagte dazu:

„Ein empirisch belegbarer Beweis, dass diese Maßnahme zur Prävention bei allgemeinen Straftaten geeignet wäre, fehlt. Wir alle hier haben bestimmt genug Fantasie, uns noch andere erstaunliche Sanktionsmaßnahmen auszudenken, ein Internet-, Smartphone- oder Fernsehverbot beispielsweise, wie Sie das vielleicht auch von zu Hause kennen.“

(Heiterkeit - Zustimmung bei der FDP - Adrian Mohr [CDU]: Schokoladen- verbot! - Helge Limburg [GRÜNE]: So arbeiten wir nicht zu Hause!)

Meine Damen und Herren, bei all diesen Zitaten wird sehr deutlich, dass von den Justizpolitikern parteiübergreifend deutliche verfassungsrechtliche Bedenken vorgebracht werden. Nur der Niedersächsische Landtag hält es in seiner Mehrheit für überflüssig, weitere Informationen einzuziehen oder auch nur eine Anhörung durchzuführen.

(Helge Limburg [GRÜNE]: Richtig!)

Meine Damen und Herren, man kann bei Sachfragen ja durchaus unterschiedlicher Meinung sein. Ich bin ja auch anderer Meinung als die CDUFraktion. Das ist aber auch nichts Schlimmes! Dafür gibt es eine politische Diskussion, und die CDU war bereit, diese politische Diskussion zu führen und eine Anhörung durchzuführen.

Aber wenn Sachfragen nicht mehr aufgrund von Argumenten entschieden werden, sondern rein aufgrund einer politischen Gesinnung - Herr Limburg hat an dieser Stelle deutlich gemacht, dass genau das der Fall ist -, dann ist das zutiefst unprofessionell und sogar skandalös.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Genau das machen Sie an dieser Stelle! Hierbei geht es um das StGB; das ist kein Leichtgewicht. Allmählich habe ich den Eindruck, dass das nicht nur an dieser Stelle der Fall ist, sondern Sie das grundsätzlich machen: Egal, ob es um Fragen der inneren Sicherheit geht, ob es um Umweltpolitik geht, ob es um Landwirtschaftspolitik geht - es steht immer nur Ihre politische Gesinnung im Vordergrund. Und das kann nicht sein! Ich finde das unglaublich!

(Beifall bei der FDP und Zustimmung bei der CDU)

Diese Justizministerin, die sich bei dem gesellschaftlich so wichtigen Justizhaushalt im Kabinett Weil tatsächlich nicht durchsetzen konnte, schafft es offensichtlich jetzt auch nicht einmal mehr, sich Gehör bei den Regierungsfraktionen zu verschaffen. Meine Damen und Herren, das ist unfassbar!

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Meine Damen und Herren von Rot-Grün: Flasche leer! Sie haben fertig! Zum Glück sind bald Wahlen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Dr. Genthe. - Für die SPDFraktion erteile ich jetzt das Wort der Kollegin Kathrin Wahlmann.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Bei dieser Aneinanderreihung von Zitaten müssen der Kollege Calderone und ich uns allmählich Gedanken machen, warum nicht auch wir zitiert wurden.

(Heiterkeit - Jörg Bode [FDP]: Weil ihr die falsche Meinung habt!)

Vielleicht schauen wir noch mal in unseren Reden nach, ob dort wirklich nichts Zitierwürdiges enthalten war. Vielleicht müssen wir noch einmal ein bisschen nachbessern.

In Bezug auf das, was der Kollege Dr. Genthe zum Schluss gesagt hat, möchte ich direkt daran erinnern, wie sich die FDP gegenüber dem SPDAntrag zur Vorratsdatenspeicherung in der letzten Wahlperiode verhalten hat.

(Zustimmung bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Die Nichtäußerungen des ehemaligen Kollegen Herr Professor Dr. Dr. Zielke können Sie gerne noch einmal in den entsprechenden Plenarprotokollen nachlesen. Sprich: Wer im Glashaus sitzt, sollte nicht mit Steinen werfen.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben diesen Antrag im Rechtsausschuss ausführlich besprochen, und es hat sich bestätigt, dass das Thema „Fahrverbot als Ersatzfreiheitsstrafe oder Nebenstrafe“ polarisiert. So gut wie jeder hat dazu eine Meinung. Quer durch die Fraktionen - auch das hat sich gezeigt - hat jeder eine andere. Das ist nämlich, wie wir gesehen haben, nicht unbedingt eine Frage von Schwarz, Rot, Grün und Gelb, sondern das ist eine rechtliche Einschätzungsfrage, die jeder unterschiedlich beurteilt. Für beide Meinungen gibt es gute Argumente. Ich glaube, deswegen kann man dabei mit der Schärfe vielleicht mal ein Stückchen zurückgehen, weil zumindest in einer Oppositionsfraktion und in einer Regierungsfraktion die Meinungen auseinandergehen.

Ich hatte es bereits in der ersten Beratung gesagt: Es sprechen einige Argumente für das Fahrverbot, einige allerdings auch dagegen.

Dafür könnte sprechen, dass sich gerade jüngere Täter eher davon als von einer Geldstrafe beeinflussen lassen, zumal die Geldstrafe häufig gar nicht von den Tätern selbst bezahlt wird, sondern von Mama und Papa. Das Auto als Statussymbol und als vermeintliches Symbol der Freiheit scheint gerade bei jüngeren Tätern teilweise noch einen höheren Stellenwert als eine Geldstrafe zu haben.

Gegen ein Fahrverbot als Nebenstrafe bei Diebstahl und Körperverletzung spricht aber, dass wir ein Sonderstrafrecht für Inhaber einer Fahrerlaubnis schaffen würden. Der Gesetzentwurf geht nämlich davon aus, dass man in manchen Fällen zukünftig auf die Verhängung einer Freiheitsstrafe verzichten kann, wenn es ausreicht, eine Geldstrafe und das zusätzliche Fahrverbot zu verhängen, um auf den Täter einzuwirken. Das bedeutet aber in der Konsequenz, dass Straftäter mit Führerschein unter Umständen um eine Freiheitsstrafe herumkommen, während Straftäter ohne Führerschein mit der gleichen Tat und sonst gleichen Voraussetzungen im Knast landen. Ich sehe schon die Schlagzeile vor mir: „Führerschein rettet Straftäter vor dem Knast!“ - Und das kann ja nicht ernsthaft gewollt sein.

(Zustimmung bei der SPD und bei den GRÜNEN - Helge Limburg [GRÜNE]: Richtig!)

Allerdings muss man der anderen Seite zugutehalten, dass auch bei der Freiheits- und bei der Geldstrafe nicht immer ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Tat und der verhängten Strafe besteht. Es ist ja nicht so, dass man nur bei Vermögensdelikten eine Geldstrafe verhängt und nur bei Delikten gegen die persönliche Freiheit eine Freiheitsstrafe. Ansonsten hätte man ja keine Möglichkeiten, beispielsweise Drogendelikten oder Körperverletzungen zu begegnen. Darauf wird der Kollege Calderone vermutlich gleich noch eingehen.

(Zuruf von Christian Calderone [CDU])

- Nein, das ist nicht abgestimmt. Aber ich gehe davon aus, weil ich seine erste Rede dazu ja kenne.

Trotzdem ist es so, dass die Freiheitsstrafe und die Geldstrafe seit Anbeginn in unserem Strafgesetzbuch verankert und fester Bestandteil unserer Rechtsordnung sind. Wenn man jetzt eine neue Strafe - ich sage mal untechnisch - dazu erfindet und dazu nimmt, die im allgemeinen Strafrecht

noch nicht so etabliert ist, muss man sehr gut begründen, warum es genau diese Strafe sein soll.

(Zustimmung bei der SPD und Beifall bei den GRÜNEN)

Da kann ich mich wiederum dem Kollegen Dr. Genthe anschließen: Wenn man es mit einem Straftäter zu tun hat, der am Samstag in der ersten Kreisliga auf dem Fußballplatz eine Schlägerei angezettelt hat und jetzt wegen Körperverletzung vor Gericht steht, warum verhängt das Gericht dann kein Fußballverbot? Warum soll es ein Verbot sein, ein motorisiertes Fahrzeug zu steuern? Das ist doch unlogisch! Es klingt sachfremd, in dem Fall ein Fußballverbot zu verhängen. Aber ein Verbot, ein motorisiertes Fahrzeug zu steuern, ist genauso sachfremd. Von daher bin ich da relativ skeptisch.

(Zustimmung bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Sie sehen also: Ich persönlich stehe dem Ganzen eher etwas skeptisch gegenüber. Das heißt aber noch nicht, dass wir den FDP-Antrag unterstützen. Ich glaube, das ist auch im Rechtsausschuss und gerade auch in der Äußerung des Kollegen Herrn Dr. Genthe sehr deutlich geworden. Der Entschließungsantrag, den Sie hier vorgelegt haben, ist mehr als dünn, und dient offensichtlich einzig und allein dazu, einen Keil zwischen uns zu treiben, nämlich entweder zwischen die SPD auf der Bundes- und auf der Landesebene oder zwischen die Grünen auf der Bundes- und auf der Landesebene oder zwischen Rot und Grün hier auf der Landesebene.

(Jörg Bode [FDP]: So viele Keile ha- ben wir gar nicht!)

Das ist zwar ein für eine Oppositionsfraktion verständlicher Ansatz, und es ist natürlich auch immer einen Versuch wert. Aber ich muss Ihnen an dieser Stelle leider sagen, dass Ihr Versuch gescheitert ist. Wir werden nicht über Ihr Stöckchen springen und lehnen den Antrag ab.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Helge Limburg [GRÜNE]: Der Versuch ist aber nicht strafbar!)

Vielen Dank, Frau Kollegin Wahlmann. - Für die CDU-Fraktion hat jetzt Kollege Christian Calderone das Wort. Bitte!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Welt ist tatsächlich nicht nur schwarz und nicht nur weiß.

(Helge Limburg [GRÜNE]: Auch nicht nur schwarz und rot!)

Wir können - das ist auch tatsächliche Übung in der Politik - gleiche Sachverhalte hier im Landtag zwischen den Fraktionen oder auch innerhalb einer Fraktion unterschiedlich bewerten. Deshalb kann man natürlich auch die Fragen des Führerscheinentzuges als eigenständigem Strafmittel bei allgemeiner Kriminalität neben Geldstrafe und Strafhaft unterschiedlich bewerten. Die Vorredner haben darauf hingewiesen.