Protocol of the Session on April 7, 2017

Wenn aber die Kultusministerin jetzt resümiert - auch das ist ein Zitat -: „Wir haben in den vergan

genen Tagen zugehört“, dann kann ich nur sagen: Liebe Frau Ministerin, Sie sollten stets, ständig und ausnahmslos zuhören, nicht nur in den vergangenen Tagen!

(Beifall bei der CDU)

Sonst stolpern Sie nämlich von einer Baustelle zur anderen, von einem Stolperstein zum nächsten. Ich kann Ihnen das auch einmal zeigen: So nämlich sieht ein solcher Stolperstein aus.

(Die Rednerin zeigt einen Stein - Ott- mar von Holtz [GRÜNE]: Stolpersteine sehen anders aus!)

Ich glaube, die Ministerin hat überhaupt noch nicht mitbekommen, in welcher schwierigen Situation sich unsere Kommunen im Bereich der Kitas und im Bereich der Krippen befinden. Das müssen die Kommunen fast komplett alleine leisten. Es gibt Mehrbelastungen ohne Ende.

Das irritiert mich deswegen, weil die Ministerin eigentlich die letzte Revision des Kostenausgleichs für Krippen und Tagespflege aus dem Jahre 2014 kennen müsste, in der die tatsächlichen Kosten festgestellt worden sind. Ich denke an die Personalkosten mit ihren tariflichen Steigerungen, ich denke an die Sachkosten, die sich permanent erhöhen, ich denke an die Zeiten für Bildung, Erziehung und Betreuung, die permanent ausgeweitet werden - das ist auch gut so -, ich denke aber auch an die Vertretungskräfte, die letztlich die Kommunen alleine finanzieren, an die Fortbildungen, an die Küchenkräfte und, und, und. Alles das sind Kosten, die ständig weiter steigen und die die Kommunen wuppen müssen.

In dieser Situation können wir uns, ich hätte fast gesagt, diebisch darüber freuen, dass die Bundesregierung inzwischen ein Viertes Investitionsprogramm für die Kinderbetreuung 2017 bis 2020 auf den Weg gebracht hat. Das bedeutet für Niedersachsen ganz aktuell ein Plus von 105,6 Millionen Euro für den quantitativen und qualitativen Ausbau.

Angesichts der Tatsache, dass wir jetzt eine höhere Geburtenrate haben - im Jahr steigt die Quote um 1,3 % -, können wir insgesamt doch sagen: Darüber freuen wir uns - ich hoffe, alle gemeinsam, auch Frau Ministerin.

(Beifall bei der CDU)

Das hängt aber auch damit zusammen. Deswegen muss es uns doch eigentlich große Freude machen, dass wir jetzt auch mehr in den Bereich der

Krippen und der Kindertagespflege investieren, und zwar insgesamt, sowohl in Quantität als auch in Qualität.

105,6 Millionen Euro Bundesmittel stehen jetzt also zur Verfügung. Für das Land setzt diese Landesregierung läppische 1,8 Millionen Euro dagegen.

(Julia Willie Hamburg [GRÜNE]: Das stimmt doch nicht, Frau Vockert! Das wissen Sie besser!)

- Das steht so in der Presseerklärung. Darin steht, dass die Landesregierung genau diesen Betrag als Kofinanzierung zusätzlich mit einbringt.

Insofern kann ich noch einmal sagen: Es ist toll, dass die Ministerin jetzt erklärt, sie lässt es bei den Fördersätzen von 12 000 Euro für einen Krippenplatz und von 4 000 Euro für einen Platz in der Kindertagespflege. Damit ist, wenn Sie so wollen, unser Antrag, den wir heute einbringen, in Nr. 1 erledigt. Diese Forderung ist in vollem Umfang erfüllt, wenn die Ministerin das so macht - und darauf baue ich.

Frau Ministerin, Sie müssen aber auch weiterdenken und vor allem auch weiterrechnen. Aufgrund der prognostizierten Zahlen steht ja schon jetzt fest, dass das aus dem Topf der Bundesmittel von 105,6 Millionen Euro plus der 1,8 Millionen Euro, die das Land zusätzlich als kleinen, bescheidenen Tropfen dazu gibt, nicht alles komplett finanziert werden kann. Darauf weist die Frau Ministerin in ihrer Presseerklärung schon vorsorglich hin und macht damit gleich ein Eingeständnis, indem sie nämlich schreibt:

„Sollte das … nicht auskömmlich sein, wird die Landesregierung im notwendigen Maße nachsteuern.“

Ich kann also wieder nur sagen: Vorsicht, Frau Ministerin! Vor Ihnen liegt der nächste Stolperstein. Es ist wirklich nicht solide, was Sie hier jetzt machen, wohlwissend, dass 11 705 Krippenplätze à 12 000 Euro 140,4 Millionen Euro ausmachen

(Kai Seefried [CDU]: Das ist ja mehr!)

- ja, das ist komisch; das kann aber jeder mit dem Taschenrechner nachrechnen, und die Zahlen sind uns im Kultusausschuss von der Staatssekretärin so genannt worden - und dass 800 Kindertagespflegeplätze à 4 000 Euro 3,2 Millionen Euro ausmachen. Insgesamt ist also ein Volumen von 143,6 Millionen Euro erforderlich. Aber dem stehen insgesamt nur 107,4 Millionen Euro gegenüber.

Das heißt definitiv: Von dieser Landesregierung wird billigend in Kauf genommen - und das finde ich wieder eine Dreistigkeit, weil sie das jetzt schon weiß -, dass es hier ein Fehl von 36,2 Millionen Euro gibt.

(Zustimmung bei der CDU)

Meine Damen und Herren, so geht es nicht! Hier müssen Sie schon besser rechnen.

Das Ganze steht auch noch vor dem Hintergrund, dass es, wie alle wissen, nach wie vor einen großen Berg an Anträgen gibt, die noch nicht abgearbeitet worden sind. Das sind dann noch einmal 43 Millionen Euro.

Das heißt: Was die Nr. 2 unseres Antrags betrifft, in der es darum geht, einen Nachtragshaushalt zur Verfügung zu stellen und dafür endlich einmal ein eigenständiges Landesprogramm einzurichten - wie wir das schon im vergangenen Jahr gefordert haben -, sind Sie jetzt in der Pflicht. Dazu fordern wir Sie auf.

(Zustimmung bei der CDU)

Frau Ministerin, hier haben Sie natürlich die Möglichkeit, erneut zu stolpern. Sie haben ja schon häufig genug Stolpersteine gehabt. Ich denke etwa an den Haushalt 2015. Da gab es auch eine riesige Lücke, ein riesiges Loch. Damals waren es über 80 Millionen Euro, die fehlten. Wir mussten über einen Nachtragshaushalt das Geld zur Verfügung stellen. Das war auch ein Stolperstein.

Einen weiteren Stolperstein hatten Sie, nachdem Sie hier ganz einfach den Qualitätsausbau versprochen haben. Über diesen Stolperstein sind Sie auch nicht rübergekommen - mit der einzigen kleinen Ausnahme, dass Sie die dritte Kraft eingesetzt haben, die jetzt mit gerade einmal 23 Stunden finanziert wird.

(Ulf Thiele [CDU]: Das zahlt doch der Bund!)

Alles in allem heißt das: Wenn diese Ministerin uns schon nur tageweise zuhört, sollte sie vielleicht auch einmal Briefe und Resolutionen lesen, die z. B. von der Samtgemeinde Nenndorf, der Gemeinde Bohmte oder der Stadt Geestland geschrieben werden und in denen exakt dargelegt wird, welche Probleme die Kommunen haben. Wir brauchen zusätzlich zu Krippenplätzen Kitaplätze. Wir brauchen jetzt die Gespräche mit den kommunalen Spitzenverbänden.

Das ist die Nr. 3 unseres Antrages. Darin fordern wir definitiv: Setzen Sie sich mit den kommunalen Spitzenverbänden zusammen! Führen Sie Gespräche! Führen Sie das Ganze gemeinsam zu einem Ziel, indem Sie ein Konzept erarbeiten, dieses auch umsetzen und damit alle Stolpersteine aus dem Weg räumen!

Frau Ministerin, nachdem Sie über alle diese Stolpersteine schon gestolpert sind, fordern wir Sie zum Ende Ihrer Amtszeit auf, Ihr bisheriges Signal zu revidieren. Unsere Kinder in Niedersachsen werden nicht adäquat gefördert. Unsere Eltern und unsere Alleinerziehenden in Niedersachsen erhalten zu einem Großteil nicht die Unterstützung, die sie für ihre Kinder brauchen. Und unsere Kommunen sind letztlich die Gekniffenen; denn sie müssen jedes Jahr für die Krippen und den gesamten Kitabereich immer tiefer in die Tasche greifen. Hier können Sie ein Signal dagegen setzen. Stimmen Sie unserem Antrag einfach zu!

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Vielen Dank, Frau Kollegin Vockert. - Nun hat das Wort für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Frau Abgeordnete Hamburg. Bitte!

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Spätestens seit dem Rechtsanspruch für Kinder ab einem Jahr auf einen Betreuungsplatz ist das Thema der Gesamtverantwortung von Bund, Land und Kommune auch für die Finanzierung der ausreichenden Betreuungsplätze in aller Munde.

Frau Vockert, offensichtlich wollten Sie es letzten Freitag in der Unterrichtung nicht hören, oder Sie haben nicht zugehört. Dort wurde aber auch deutlich gesagt, dass vereinbart wurde, dass auch die Finanzhilfe mit in diese Drittelfinanzierung aus Bund, Land und Kommunen einfließen soll. Wir haben sehr deutlich gehört, dass das Land bei der Finanzierung und Bezuschussung im Bereich der Kitas sogar über diesem einen Drittel liegt, anders als die Kommunen mit 29 % und der Bund mit knapp unter 33 %.

(Beifall bei den GRÜNEN und Zu- stimmung bei der SPD)

Ja, wir haben noch immer nicht das Soll von 35 % Krippenplätzen erreicht. Deshalb hat das Kultusministerium eine Richtlinie auf den Weg gebracht, um auch die neuen Bundesmittel zu finanzieren,

und zwar mit 9 500 Euro; so war der ursprüngliche Vorschlag. Auch dazu haben wir im Ausschuss gehört, liebe Kolleginnen und Kollegen - nicht alle waren dabei -, dass mit den kommunalen Spitzenverbänden im Vorfeld sehr wohl geredet und dass dort eine grundsätzliche Zustimmung zu dieser Summe signalisiert wurde. Das ist auch verständlich; ist das doch die zweithöchste Summe, die jemals an die Kommunen zur Finanzierung ausgebracht wurde, nachdem wir das letzte Mal mit 12 500 Euro die höchste Summe ausgeschüttet haben, um Betreuungsplätze zu fördern, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei den GRÜNEN und Zu- stimmung bei der SPD)

Dennoch kann man - das haben Sie hier auch sehr deutlich gemacht - über diese Summe zu Recht kontrovers diskutieren. Ich möchte einmal Ihre Erinnerung auffrischen, Frau Vockert: Zu Zeiten Ihrer Regierungsbeteiligung haben die Kommunen lediglich 5 200 bis 7 500 Euro pro Krippenplatz an Zuschuss bekommen.

(Helge Limburg [GRÜNE]: Was? - Petra Tiemann [SPD]: Das kann doch überhaupt gar nicht sein!)

Das ist noch immer deutlich niedriger als die 9 500 Euro, die das Kultusministerium angedacht hatte.

Gleichzeitig haben Sie überhaupt kein Geld in die Qualität gesteckt, weil Sie nämlich gesagt haben: Wir machen erst die Quantität und dann die Qualität. - Das haben Sie auch hier schon mehrfach betont.

(Filiz Polat [GRÜNE]: Und im Bund haben Sie immer blockiert!)

Sie haben gesagt: Dafür reicht das Geld nicht. - Ich sage Ihnen: Trotz dieser vermeintlichen Kraftanstrengung haben Sie das 35-%-Ziel nicht erreicht; denn wenn Sie es erreicht hätten, würden wir heute nicht mehr hier stehen, sondern wir hätten unser Soll an Krippenplätzen bereits erfüllt.

(Lebhafter Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Kurzum: Wenn Sie Ihre Hausaufgaben gemacht hätten, müssten wir uns heute gar nicht über die Fördersumme streiten. Vor diesem Hintergrund sind die Krokodilstränen, die Sie hier an den Tag legen, reichlich unauthentisch.

(Vizepräsident Klaus-Peter Bachmann übernimmt den Vorsitz)

Man muss eines sagen: Wir kümmern uns gerade um alles parallel. Wir investieren mit der dritten Kraft in den Krippen und mit dem 60-MillionenEuro-Investitionsprogramm massiv in die Qualität. Bei der Betreuung der über Dreijährigen haben wir erhebliche, große Schritte im Bereich der Qualität getan.