Sie stellen sich hier hin und tun so, als ob es zu dem, was dort vorgeschlagen wird - nämlich eine konkrete Abwehr der Gefahr durch Terroristen -, Vergleichbares gar nicht gebe.
Ich sage Ihnen allerdings, dass die Bundesvorschriften diese 18 Monate bereits vorsehen. Herr Kollege Becker, genau das ist die Begründung, aus der heraus auch wir „18 Monate“ in dieses Gesetz geschrieben haben - weil auch die SPDFraktion im Deutschen Bundestag diesen 18 Monaten zugestimmt hat! Genau das ist der Hintergrund dieser 18-Monats-Regelung.
Jetzt erklären Sie mir bitte zwei Dinge! Sie sagen: Terroristen sollen zehn Tage in Unterbindungsgewahrsam genommen werden. Danach kommen sie wieder auf freien Fuß, wenn man ihnen strafrechtlich nichts vorwerfen kann oder wenn man nicht zu einem Trick greift und sie deswegen in Abschiebehaft nehmen kann - etwas, was es so, in dieser Form, noch nie gegeben hat.
Sie können froh sein, dass Sie diese beiden möglicherweise abschieben können; denn wenn es Personen mit deutschem Pass gewesen wären, dann hätten sie längst wieder auf freien Fuß gesetzt werden müssen. Das ist die Realität in diesem Land. Sie geben keine Antwort auf die Frage, wie Sie darauf reagieren wollen.
Ich kann Ihre Argumentation nicht verstehen. Warum soll ein Richter, wenn jemand eine schwere Straftat - einen Mord, eine Vergewaltigung - begangen hat, sagen können, wenn derjenige seine Schuld abgesessen hat, dann kommt er anschließend in Sicherungsverwahrung? - Weil es strafrechtlich relevant ist, weil es eine Aushöhlung des Strafgesetzbuches oder der Strafprozessordnung ist? - Natürlich nicht! Sondern weil er gefährlich ist, weil er so gefährlich ist, das er möglicherweise wieder Menschen tötet, weil er so gefährlich ist, dass er wieder vergewaltigt! Deswegen bleibt er in Sicherheitsverwahrung. Das ist ein Gefahrenabwehrelement.
Im PsychKG gibt es genau das Gleiche. Wenn jemand aufgrund einer psychischen Erkrankung - die kann übrigens auch selbstverschuldet sein, beispielsweise durch Drogenmissbrauch - eine Gefahr für sich und für andere Menschen ist, dann kann so jemand natürlich nach dem PsychKG untergebracht werden.
Ich bin ja ganz bei Ihnen. Richterlicher Vorbehalt? - Ja, selbstverständlich! Alle sechs Monate - von mir aus alle drei Monate - eine Überprüfung richterlicher Art? - Sehr gerne! Begutachtung fest vorschreiben? - Alles das können wir gern vorsehen. Ich möchte nur nicht, dass Menschen, die wir für gefährlich erachten, draußen herumlaufen.
Es gibt jetzt eine neue Gefahr. Die geht von Menschen wie diesen beiden Personen in Göttingen aus, die sich entweder vor dem Computer radikalisiert haben oder von anderen Menschen radikalisiert wurden, von Hasspredigern, die so einen Hass in die Köpfe dieser Menschen gepflanzt ha
Diese neue Gefahr besteht. Und Ihre Antwort darauf lautet: Dann gehen wir bei denen wieder von vier auf zehn Tage!
Machen Sie sich doch bitte nicht lächerlich! Haken Sie sich doch nicht daran fest! Die zehn Tage sind doch nicht vorgeschrieben. Wenn weniger reicht, kann auch weniger genutzt werden.
Was Sie machen, ist, den Instrumentenkasten der Polizei einzuschränken. Sie sind nicht bereit, der Polizei und den Sicherheitsbehörden in diesem Land die Instrumente an die Hand zu geben, die diese brauchen, um genau und angemessen auf die Gefahrenlagen reagieren zu können. Das sollte mit diesem Gesetz erreicht werden - aber mit Ihrem Gesetzentwurf kann das nicht erreicht werden.
Vor vier Jahren haben Sie einen Koalitionsvertrag auf den Weg gebracht, der - und da können Sie noch so viel reden - unter der Maßgabe entstanden ist, die polizeilichen Befugnisse einzuschränken. Das Klima der Koalitionsverhandlungen wurde vom Misstrauen gegenüber Polizei und Sicherheitsbehörden bestimmt.
Auf dem Grünen-Parteitag ist die Auflösung des Verfassungsschutzes diskutiert worden. Die Fraktionsvorsitzende der Grünen hat die Mitarbeiter des Verfassungsschutzes dort als „Scheißhaufen“ bezeichnet. Das war das Klima, in dem der Koalitionsvertrag entstanden ist, in dem Sie das verlangt haben.
Auf Bundesebene bekommen wir das hin, auf Landesebene wäre es auch möglich. Wir haben Ihnen die Hand gereicht und angeboten, dass wir jetzt über genau diese Fragestellungen diskutieren. Aber dazu sind Sie nicht bereit. Das kann ich mit Blick auf den bevorstehenden Wahlkampf auf Bundes- und Landesebene auch verstehen. Ich kann verstehen, dass angesichts dessen Rot-Grün nicht auseinanderbrechen darf. Aber dass Sie zukunftsfähige Antworten geben auf die Fragen, die sich derzeit stellen, Herr Kollege Becker, das können Sie wirklich nicht für sich in Anspruch nehmen.
Ich habe diesmal extra vor dem Minister gesprochen, damit der nicht nur seine Zettelchen vorträgt, sondern wirklich einmal Antworten gibt, auf die Fragen, die sich die Menschen im Lande stellen.
Vielen Dank, Herr Kollege Nacke. - Es folgt aber noch nicht der Minister, sondern es folgen zunächst zwei Kurzinterventionen. Es beginnt der Kollege Oetjen für die FDP-Fraktion. Sie haben 90 Sekunden. Bitte!
Vielen Dank. - Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Kollege Nacke, Sie haben hier gerade ausgeführt, dass keine der Fraktionen eigene Vorschläge gebracht hat. Ich möchte für meine Fraktion in Anspruch nehmen, dass wir nicht nur eigene Vorschläge eingebracht haben - die ich hier vorgetragen habe -, sondern dass wir uns auf einer Klausurtagung auch sehr intensiv mit dieser Thematik beschäftigt haben.
Ich glaube, dass wir Handlungsbedarf haben. Handlungsbedarf gibt es beispielsweise bei der Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Behörden.
Wir haben auch die Frage in den Raum gestellt, ob es nicht sinnvoll wäre, die 16 Verfassungsschutzbehörden der Länder zusammenzulegen und mit weniger Verfassungsschutzbehörden zu arbeiten, damit wir schlagkräftigere Einheiten haben. Von daher, sehr geehrter Herr Kollege, glaube ich schon, dass wir Freien Demokraten unserer Pflicht als Oppositionspartei nachkommen, uns konstruktiv einzubringen.
Die 18 Monate für Gefährder allerdings mit der Sicherungsverwahrung von verurteilten Straftätern oder mit der Unterbringung von kranken Menschen nach dem PsychKG gleichzusetzen, verehrter Herr Kollege, ist ein Vergleich, der hinkt und den wir so auch nicht mittragen.
Am Ende ist es doch wie folgt: Da ist jemand, der als Gefährder eingestuft wird. Das ist die Vorstufe zum potenziellen Straftäter, also zu jemandem, der eine schwere staatsgefährdenden Straftat vorbereitet oder - - -
Nein, Herr Oetjen, ich behandele hier alle gleich. Es sind 90 Sekunden, egal wer hier redet. Sonst hätten wir es gemeinsam anders in die Geschäftsordnung schreiben müssen. Wir müssen das nicht diskutieren. Da steht 90 Sekunden, und diese Redezeit ist jetzt um.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Nacke, ich komme zunächst zu Ihrer Eingangsbemerkung, was Stil und Ton der Debatte angeht. Das ist ja bei Ihnen seit einiger Zeit immer dasselbe Muster: Erst kommt eine Rednerin oder ein Redner von der CDU hier nach vorne, haut nach Kräften drauf und fährt die derbsten Angriffe - Frau Lorberg hat uns ja quasi unterstellt, wir hätten durch unser Verhalten den Mordanschlag von Safia S. mit begünstigt -,
Und anschließend, wenn in einer ähnlichen Tonlage erwidert wird, erweist sich die CDU als hypersensibel und beklagt den schlechten Ton in der Debatte. So, Herr Nacke, kann man wirklich nicht agieren! Mit so geringen Nehmerqualitäten wird es für die CDU in Niedersachsen in den kommenden Monaten sehr, sehr hart, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Aber ich wollte, genau wie der Kollege Oetjen, auch auf die 18 Monate eingehen. Herr Nacke, die Beispiele, die Sie gebracht haben, passen aus meiner Sicht nicht. Ich gehe gleich darauf ein.
Wir müssen uns doch schon das Gesamtgefüge anschauen. Vor einigen Jahren wurde das Strafrecht bereits verschärft: mit der Einführung des § 89 a StGB, der die Strafbarkeit sozusagen weiter nach vorne verlagert hat. In den Fällen des § 89 a StGB kann Untersuchungshaft schon weit im Vorfeld von konkreten Straftaten angeordnet werden. Des Weiteren gibt es das polizeiliche Unterbindungsgewahrsam. Bei der Dauer werden wir uns in der Koalition auf eine vernünftige Höhe einigen. Aber dazwischen gibt es nichts. Für Ihre 18 Monate Präventivhaft gibt es keinen Spielraum. Wir dürfen bei der Verteidigung des Grundgesetzes nicht den Fehler machen, den Boden des Grundgesetzes zu verlassen, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD - Christian Grascha [FDP]: So machen die Kurzinterventionen über- haupt keinen Sinn!)
Vielen Dank, Herr Präsident. - Ich will gerne erwidern, auch wenn das Instrument der Kurzintervention dafür kaum Raum lässt.
Herr Kollege Oetjen, in vielen Punkten sind wir uns bei dem Thema ja einig. Natürlich haben Sie Maßnahmen vorgeschlagen, die Sie möglicherweise neu ins Gesetz aufnehmen wollen. Aber es gibt eine entscheidende Lücke, und da kann ich nur wieder auf diese beiden Personen aus Göttingen verweisen:
Wenn die Polizei sicher davon ausgeht, dass Personen so gefährlich sind, dass sie jeden Tag einen Anschlag begehen könnten - und das ist hier ja der Fall -, aber die Staatsanwaltschaft gleichzeitig die Botschaft aussendet, dass man derzeit nicht gegen sie vorgehen kann, weil sie sich nicht strafbar gemacht haben, dann gibt es mit Blick auf deutsche Staatsbürger eine Lücke.