Protocol of the Session on February 2, 2017

(Christian Dürr [FDP]: So ist das!)

Vor diesem Hintergrund sollten wir uns überlegen, ob der Lang-Lkw nicht auch hier ein gutes Transportmittel sein könnte.

Wir diskutieren darüber schon seit vielen Jahren. Frau Kollegin König von der FDP hat ja schon gesagt: Vor zehn Jahren haben wir uns in unserer Verantwortung für das Land Niedersachsen auf den Weg gemacht, diese Dinge gemeinsam voranzubringen, Herr Will. Wir haben eben nicht nichts gemacht, sondern wir haben uns bewegt und auch für ein Umdenken zumindest in Ihrer Partei gesorgt.

(Christian Dürr [FDP]: In Teilen!)

Jetzt kann man ja fragen: Warum müssen wir überhaupt etwas machen? Kann es nicht so bleiben, wie es ist? - Nein, es kann nicht so bleiben, wie es ist; denn auch unsere Zugkapazitäten kommen an ihre Grenzen. Züge haben eine Länge von 700 m bis 800 m; dann hört es irgendwann auf. Auch unsere Schiffe können nicht immer noch größer, breiter und länger werden und mehr Tiefgang haben. Bei 22 000 Containern ist zurzeit

Feierabend. Ganz viel mehr soll es auch gar nicht werden. Die Verkehre nehmen zu. Die Zahl der Container nimmt zu. Hier mit dem Lang-Lkw eine vernünftige Alternative zu haben, das macht doch Sinn!

Jetzt gibt es sowohl Vor- als auch Nachteile, die von den Befürwortern bzw. Kritikern angesprochen werden. Ich will es noch einmal auf den Punkt bringen: Wir haben weniger Staus! Wenn wir mehr Ladung auf einen Lkw bekommen, dann müssen andere nicht zusätzlich fahren.

(Jörg Bode [FDP]: Richtig!)

Bei unseren vielen Verkehren bedeutet das weniger Staus.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Christian Dürr [FDP]: Richtig!)

Wir haben ein geringeres Verkehrsaufkommen. Das können wir alle gemeinsam doch nur begrüßen!

Wenn die Lkw mehr Ladung transportieren können, brauchen wir auch weniger Fahrer. Seitens der Spediteure gibt es eine große Nachfrage nach Fahrern. Auch insofern kommen Lang-Lkw den Spediteuren zugute.

Wir haben ferner schärfere Vorschriften für den Lang-Lkw. Das bedeutet auch mehr Sicherheit im Straßenverkehr.

Schließlich fährt der Lang-Lkw nicht auf allen Strecken, sondern es gibt ausgesuchte Netze. Herr Will, da haben Sie völlig recht: Alle Bundesländer müssen dabei mitmachen. Schön ist auch, dass die, die sich lange nicht bewegt haben, jetzt doch gesagt haben, dass sie dabei mitmachen.

Viele Betriebe, die die Inhalte der Container verarbeiten, befinden sich an den Bundesautobahnen. Da 70 % unserer Strecken ja Bundesautobahnen sind, ist es richtig, den Lang-Lkw einzusetzen. Am Ende können wir auch noch 15 bis 25 % bei den Kosten für Brennstoff und Energie einsparen und den CO2-Ausstoß mindern. Das ist also ein ökologisch sinnvolles Projekt. Zwei statt drei Fahrten - angesichts dessen kann man doch nur dafür sein!

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Wenn zu befürchten ist - die Kritiker haben es ja gesagt -, dass wir weniger Verkehre auf der Schiene haben werden, dann, Herr Will, bringt auch ein vermehrtes Wiegen einer Sau oder eines Schweines kein größeres Gewicht. Also: Wenn Sie es

immer wieder wiederholen, wird es dadurch nicht richtiger.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Die Erfahrung ist ganz einfach die, dass die Verkehre auf der Bahn nicht abgenommen haben. Es hat auch keine Arbeitsplätze gekostet. Also: Keine zusätzlichen Verkehre durch die Lang-Lkw auf den Straßen und auch nicht weniger Verkehre auf der Schiene.

Auch hinsichtlich der Kritik, dass die Straßen durch Lang-Lkw beschädigt würden, hat meine Kollegin Frau König von der FDP deutlich gemacht, dass es bei mehr Achsen weniger Belastung gibt. Also auch dieser Punkt konnte im Rahmen des Modellversuchs ausgeräumt werden.

Wie geht es jetzt weiter? - Meiner Meinung nach liegt es auf der Hand. Wir haben hier einen schönen Antrag, in dem die Dinge noch einmal vernünftig zusammengefasst worden sind. Er sollte als Leitlinie für das Handeln unserer Landesregierung gelten. Die Ergebnisse dieses bundesweiten Feldversuchs müssen wir einfach anerkennen. Wir sollten den Testbetrieb in einen Regelbetrieb überführen. Das ist sinnvoll.

(Christian Dürr [FDP]: So ist das!)

Wir sollten für ein vernünftiges Positivnetz in Deutschland sorgen.

Wir brauchen zudem noch ein paar Parkplätze für Lang-Lkw. Auch dafür sollte sich die Landesregierung einsetzen. Wir helfen dabei. Auch die Bundesratsinitiative, die darauf abzielt, dass unsere Straßenverkehrsordnung zu einer guten Ordnung wird, sollten wir unterstützen.

Liebe Frau König, die CDU wird Ihren Antrag unterstützen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege. - Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat nun das Wort Frau Kollegin Menge.

(Unruhe)

- Wir werden erst fortfahren, wenn hier im Plenarsaal wieder etwas mehr Ruhe eingekehrt ist. Einen Moment noch, Frau Kollegin! - Bitte!

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Vor knapp drei Jahren - Frau König hat darauf hingewiesen - habe ich mich auf der Basis meiner damaligen Informationen in einer Fachzeitschrift und auch hier im Plenum sehr kritisch und ablehnend gegenüber Gigalinern geäußert. Der anschließende Besuch bei Speditionen im Ammerland und in Celle sowie auch fortlaufende Gespräche mit Spediteuren und dem GVN sind wichtig gewesen; denn einige Überzeugungen habe ich revidieren müssen.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)

Die Fahrt im Gigaliner hat zumindest alle meine bis dato vorhandenen technischen und sicherheitsrelevanten Bedenken ausräumen können, vorausgesetzt sie werden auch von den Spediteuren und den Fahrerinnen und Fahrern eingehalten. Alle am Markt vorhandenen aktiven und passiven Sicherheitssysteme, wie z. B. Fahrerassistenzsysteme, Abstandshaltung, geregelte Bremssysteme usw., sollten eigentlich für jeden Lkw gelten.

In puncto Schadstoffregulierung fahren alle Feldversuchs-Gigaliner mit Euro-6-Norm. Das ist aktuell die höchste Klassifizierungsstufe für den schadstoffreduzierten Antrieb.

Meine Damen und Herren, glaubt man also den Befürwortern, dann sind Lang-Lkw durchweg eine Win-win-Lösung für alle: für die Unternehmen und offenbar auch für die Umwelt. Dann sind da aber auch die Spielverderberinnen wie ich, die Skeptiker und diejenigen, die Wasser in den vermeintlichen Wein gießen. Zitat: „Die Lang-Lkw werden uns die Umweltbilanz verhageln, weil wir wissen, dass die Trassenpreise den Transport über die Straße billiger machen.“ Das ist der zentrale Aspekt, Frau König, warum die Politik dringend aufgefordert ist, hier nachzubessern.

Also: Die Verbilligung macht die Schiene teurer. Das heißt, dass die Maßnahmen aus dem Hause Dobrindt den Straßengüterverkehr gegenüber der Schiene und der Wasserstraße mittelfristig bevorzugen und damit aus unserer Sicht dem Klimaschutz schaden.

(Zustimmung bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Erneut aufgeflammt ist die alte Debatte mit den bekannten Linien durch den Start in den Regelbetrieb mit Beginn 2017 - fünf Jahre nach dem Start

des Modellversuchs, an dem sich nicht alle Bundesländer beteiligt hatten, aber auch Niedersachsen teilgenommen hatte. 158 Lkw aus 59 Speditionen waren während der Testphase im Einsatz.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, ich weiß nicht, wohin und worauf die Gigaliner im sogenannten Normalbetrieb fahren dürfen. Erstens halte ich es aber für unzumutbar, mehr als 25 m Ladefläche durch Städte und Gemeinden oder womöglich direkt zu den Supermärkten fahren zu lassen. Das ist überhaupt nicht festgelegt. Schon jetzt beklagen Anwohnerinnen und Anwohner in Wohnbereichen die zunehmende nächtliche und frühmorgendliche Lärmbelästigung durch Lieferverkehre.

Zweitens bedarf es für den ungebremsten Konsum und dessen Produktion einer ständig wachsenden Infrastruktur. Das sind neben den Straßen auch Ruhe- und Parkflächen. Wohin soll es denn führen, wenn wir ganz pauschal, egal für wie viele LangLkw, immer mehr - Zitat - „die Verfügbarkeit von Parkplätzen für Lang-Lkw entlang der Strecken des Positivnetzes dem jeweiligen Bedarf“ anpassen, wie Sie es, werte FDP, in Punkt 5 fordern?

Drittens muss die Bundesregierung Ziele für einen umweltverträglichen Gütertransport entwickeln. Diese könnten z. B. in einer interdisziplinär zusammengesetzten Expertenkommission entwickelt werden.

Viertens würde die Regierung außerdem Gewerbegebiete nur dort zulassen, wo Gleisanschlüsse oder Gewässer, die für den Transportverkehr tauglich sind, vorhanden sind.

(Glocke der Präsidentin)

Fünftens ist darüber hinaus ein Gesamtblick auf die Branche wichtig. Handel und Speditionen arbeiten unter Rahmenbedingungen, die den Konkurrenzkampf zulasten der Umwelt und der Menschen erhöhen. Innerhalb Europas gibt es bis heute keine einheitliche Mautregelung und auch keine Sanktionen, sodass auch diesbezüglich eine Wettbewerbsverzerrung zugunsten derjenigen entsteht, für die Sanktionen folgenlos bleiben.

Mit Blick auf die Uhr - was mich jetzt sehr erstaunt - muss ich leider zum Ende kommen. Ich habe in meiner Rede die Auswertung durch die Bundesanstalt für Straßenwesen genauer unter die Lupe genommen. Meiner Ansicht nach fehlen wesentliche Aspekte, die es erlauben würden, die wissenschaftliche Datenbasis so zu unterfüttern, dass ich sagen könnte: Das ist hinreichend abge

prüft; insofern brauchen wir zu dieser Entscheidung überhaupt keine Bedenken mehr zu äußern.

Lassen Sie mich ergänzend Folgendes sagen: Wir warten seit Ende 2015 auf die Auswertung des Schutzstreifenmodells für Fahrräder außerorts. Mit der nach der Anfrage der Grünen formulierten Begründung, dass eine sorgfältige Auswertung Zeit brauche, ist diese Auswertung bis heute nicht erfolgt. In dieser kurzen Zeit aber die Lang-LkwAuswertung in dieser Qualität oder eher Quantität vorzulegen, spricht Bände.

(Glocke der Präsidentin)

Ich komme zum Schluss. Meine Damen und Herren, Gigaliner sind der Versuch, eine optimierte Antwort auf ein eigentlich falsches System zu finden, das ganze Lagerhaltungen auf die Straße verlagert. Wir sind gefordert, in diesem Sinne auch wirtschaftsethisch - das stünde uns allen vielleicht gut zu Gesicht - die Dinge noch etwas vertiefter zu betrachten. Deshalb werden wir, wenn Sie heute die sofortige Abstimmung verlangen, auf jeden Fall dagegen stimmen.

Danke fürs Zuhören.