Protocol of the Session on June 21, 2013

Tagesordnungspunkt 36: Abschließende Beratung: Das Standortauswahlgesetz ist gut und notwendig für Niedersachsen - Antrag der Fraktion der FDP - Drs. 17/177 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Umwelt, Energie und Klimaschutz - Drs. 17/258 - Änderungsantrag der Fraktionen der CDU und der FDP - Drs. 17/347 - Änderungsantrag der Fraktion der SPD und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 17/348

Der Ausschuss empfiehlt Ihnen, den Antrag in geänderter Fassung anzunehmen. Eine Berichterstattung ist nicht vorgesehen.

Dabei möchte ich folgende Hinweise geben:

Der zunächst in der Drucksache 17/333 vorgelegte gemeinsame Änderungsantrag der Fraktion der SPD und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen wurde mit der Drucksache 17/346 zurückgezogen.

Nunmehr stehen zum einen der gemeinsame und eben an Sie verteilte Änderungsantrag der Fraktionen der CDU und der FDP in der Drucksache 17/347 und zum anderen der gemeinsame Änderungsantrag der Fraktion der SPD und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in der Drucksache 17/348 zur Abstimmung und jetzt natürlich auch zur Beratung.

Beide eben verteilten Anträge zielen auf eine Annahme des Antrags in jeweils einer anderweit geänderten Fassung.

Zu Wort gemeldet hat sich zunächst der Kollege Markus Bosse von der SPD-Fraktion.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Standortauswahlgesetz hat immense Bedeutung für Niedersachsen. Ich bedauere, dass es uns offenbar nicht gelingt, zu einem gemeinsam getra

genen Beschluss zu kommen. Das Ganze scheitert offenbar an einem einzigen Satz in dem Antrag von CDU und FDP, der da lautet: Der Landtag begrüßt den Entwurf des Standortauswahlgesetzes in seinen Grundzügen. - Ich sage Ihnen: Dieser Satz kann schon deshalb nicht aufgenommen werden, weil man in Berlin bereits viel weiter ist.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Niedersachsen trägt die Hauptlast bei der atomaren Entsorgung in der Bundesrepublik Deutschland, und Niedersachsen hat seine Erfahrungen damit gemacht, was passiert, wenn man atomaren Müll unsachgemäß und dilettantisch endlagert. Das waren besonders schlechte Erfahrungen. Deshalb ist es uns seinerzeit auch gelungen, einen gemeinsamen Antrag hinzubekommen, sogar mit der Fraktion DIE LINKE. Ich bedauere, dass uns das heute bei dieser so wichtigen Frage nicht glückt.

(Zustimmung bei der SPD)

Ich möchte einmal ein paar Punkte nennen, bei denen wir, wie ich glaube, gar nicht auseinander sind:

Wir alle wollen doch einen transparenten Neustart in der Endlagersuche. Die Endlagersuche ist eine Last, die seit fast 40 Jahren auf der Bundesrepublik ruht. Und nun endlich ist man auf einem richtigen Weg. Das, meine Damen und Herren, sollte uns doch einen, gerade uns als Niedersachsen.

Als Zweites wollen wir sicherlich auch alle, dass keine Castoren mehr nach Gorleben kommen. Denn sonst wäre das Standortauswahlgesetz doch nicht das Papier wert, auf dem es steht.

(Zustimmung bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Dass es gelingt, ins Gesetz zu schreiben, dass keine Castoren mehr nach Gorleben, sondern stattdessen in Zwischenlager von Atomkraftwerken kommen, ist ein eindeutiger Verdienst dieser Landesregierung. Sehr geehrter Herr Ministerpräsident, sehr geehrter Herr Wenzel, dafür von dieser Stelle aus einen herzlichen Dank. Davon geht ein Signal aus, das von Vernunft geprägt ist und für Vertrauen sorgt.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Drittens eint uns doch auch, dass wir keine Castoren nach Unterweser, Grohnde oder Lingen bekommen wollen. Ich sage ganz deutlich, meine sehr verehrten Damen und Herren: Jetzt sind auch einmal andere dran!

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Ein weiteres Verdienst ist natürlich das, ich sage einmal, Veto- bzw. Minderheitenrecht, dass also in dem Gesetz festgeschrieben werden soll, dass nicht andere Länder einem Bundesland per Mehrheitsentscheidung etwas überstülpen können. Das hat die Runde der Ministerpräsidenten so beschlossen. Auch dafür herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Ich bin mittlerweile sehr zuversichtlich, dass es ohne zeitlichen Druck gelingen wird, die noch verbleibenden Castoren in anderen Bundesländern zwischenzulagern. Passieren muss natürlich noch einiges, wie wir seit dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Schleswig wissen. So muss das Sicherheitskonzept für Zwischenlager vom Bundesumweltminister überarbeitet werden. Aber das darf nicht bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag dauern, sondern muss schon bald passieren. Diese Erwartungshaltung dürfen die Bundesländer und darf insbesondere Niedersachsen haben, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Zustimmung bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Auch wenn Brunsbüttel nun draußen ist, gilt es den Bundesländern Baden-Württemberg und Schleswig-Holstein Dank zu sagen, dass sie sich gleich bereit erklärt haben, Castoren zu übernehmen. Wir wären mit Sicherheit viel weiter, wenn die anderen Bundesländer - beispielsweise Hessen und Bayern - einen ähnlichen Weg beschritten hätten.

(Zustimmung von Johanne Modder [SPD])

Wir wissen aber auch: Dort stehen Wahlen vor der Tür, und da will sich an der Stelle wohl auch niemand die Finger schmutzig machen.

Außerdem möchte ich auch darauf hinweisen, dass offene Fragen, die durch das Symposium entstanden sind, kritisch geprüft und dementsprechend auch noch in dieses Gesetz eingebaut werden müssen. Es geht hier um Solidarität, und es geht um Lastenverteilung - bei einer nationalen Aufgabe, meine sehr verehrten Damen und Her

ren! Es geht um nichts anderes als darum, den wohl gefährlichsten Stoff auf dieser Welt sicher und in transparenten Verfahren über 1 Million Jahre lang zwischenzulagern.

Wir wären sehr froh, wenn wir das alles hier und heute mit einem gemeinsamen Beschluss befördern könnten. Das erfordert natürlich Einigkeit, das erfordert ein einheitliches Signal. Meine sehr verehrten Damen und Herren, es handelt sich doch nur um einen Satz! Ich bin überzeugt, dass viele andere Bundesländer auf Niedersachsen schauen: wie wir damit umgehen und ob wir uns hier einig sind. Ich bitte, das nicht zu unterschätzen.

(Johanne Modder [SPD]: Tja! - Zuruf von Jens Nacke [CDU])

Noch tragen wir die Hauptlast. Aber was wir wollen, ist eine Lastenverteilung. Wir wollen Einigkeit und ein einheitliches Signal.

Ich darf daran erinnern, dass die großen Fortschritte, die ich erwähnt habe, von dieser Landesregierung erzielt worden sind. Und ich sage Ihnen auch: Die alte Landesregierung müsste sich im Grunde genommen schämen. Da es ja gerade Zeugnisse gibt, möchte ich sagen: In der Frage der Lagerung von Castoren wäre der alten Landesregierung mit Sicherheit eine Sechs ins Zeugnis geschrieben worden, nämlich wegen Passivität und Nichtstun.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Sie müssen doch einmal realisieren, meine Damen und Herren, dass es insbesondere dem Ministerpräsidenten, aber auch dem stellvertretenden Ministerpräsidenten innerhalb weniger Wochen gelungen ist, einen echten Erfolg für Niedersachsen zu erzielen. Darum müssen wir im Interesse des Landes hier doch einen einheitlichen Beschluss hinbekommen. Das kann doch nicht an einem lapidaren Satz scheitern, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Zustimmung von Johanne Modder [SPD] - Björn Thümler [CDU]: Dann machen Sie das doch!)

Nach 36 Jahren Gorleben scheint das Problem gelöst.

(Björn Thümler [CDU]: Dann machen Sie es doch! - Gabriela König [FDP]: Nein!)

Und Sie wollen anscheinend wieder blockieren. - Bitte tun Sie es nicht, und zwar im Interesse des

Landes! Laufen Sie nicht ständig Frau Merkel hinterher!

Ich danke Ihnen.

(Starker Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Kollege Bosse. - Das Wort hat jetzt für die FDP-Fraktion Herr Kollege Dr. Birkner.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Bosse, die entscheidende Frage haben Sie nicht beantwortet: Warum können Sie diesen acht Worten, die wir ergänzt haben, nicht zustimmen?

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Ich will nur einmal daran erinnern: Sie haben gerade gesagt, der Ministerpräsident und diese Landesregierung hätten ganz viel erreicht.

(Zustimmung von Johanne Modder [SPD])

Ja, genau das war der Anlass. Wir haben die Ministerpräsidentenerklärung vom April zum Anlass genommen, hier einen eigenen Entschließungsantrag einzubringen, in dem wir genau das beschrieben haben, in dem wir die Landesregierung für ihre Bemühungen gelobt haben. Sie haben sich dann im Plenum einer sofortigen Abstimmung entzogen und im Ausschuss einer Zustimmung verweigert.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Wenn Sie, Herr Bosse, jetzt versuchen, in eine Konfrontation zurückzufallen, die an sich überwunden war, so ist das sehr bedauerlich.

Wir haben, wie gesagt, die Regierungserklärung des Ministerpräsidenten im April zum Anlass genommen, einen eigenen Entschließungsantrag einzubringen. Herr Ministerpräsident, Sie haben mit dieser Einigung in Berlin - das darf man nicht vergessen - ein zentrales Wahlversprechen gebrochen, indem nämlich Gorleben in der Betrachtung bleibt. Sie haben in dieser Erklärung auch das Standortauswahlgesetz in seinen Grundzügen begrüßt und sich dafür feiern lassen, dass es so gekommen ist.