Protocol of the Session on December 12, 2016

Im Übrigen überlässt das Bundesgesetz es jedoch den Ländern, zu bestimmen, welche Personen und Stellen für die psychosoziale Prozessbegleitung anerkannt werden und welche weiteren Anforderungen dafür an die Ausbildung und die Weiterbildung, die Berufserfahrung und die regelmäßige Fortbildung der psychosozialen Prozessbegleiterinnen und Prozessbegleiter zu stellen sind.

Dementsprechend enthält der vorliegende Entwurf eines Ausführungsgesetzes insbesondere Vorschriften zu den Voraussetzungen einer Anerkennung als psychosoziale Prozessbegleiterin oder psychosozialer Prozessbegleiter, zum Anerkennungsverfahren und zu den Anforderungen an Aus- und Weiterbildungen zur psychosozialen Prozessbegleiterin und zum psychosozialen Prozessbegleiter

(Jens Nacke [CDU]: Donnerwetter! Sie können Nachrichtensprecherin!)

sowie ergänzende Verordnungsermächtigungen.

Darüber hinaus beinhaltet der Entwurf u. a. auch Regelungen, die die Vorgaben der Europäischen Berufsqualifikationsanerkennungsrichtlinie für den europäischen Dienstleistungsverkehr für den Bereich der psychosozialen Prozessbegleitung umsetzen.

Der federführende Ausschuss hat zu dem Gesetzentwurf eine Anhörung durchgeführt. Sowohl die ganz überwiegende Zahl der eingegangenen schriftlichen Stellungnahmen als auch die zwei Verbände, die mündlich angehört wurden, haben sich im Großen und Ganzen positiv zu dem Gesetzentwurf geäußert.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren, die wenigen inhaltlichen Änderungen des Gesetzentwurfs, die vom federführenden Ausschuss empfohlen werden, betreffen die Regelungen über die Pflichten der Prozessbegleiterinnen und Prozessbegleiter in § 6 und den verpflichtenden Inhalt der Aus- und Weiterbildungen in § 8 Abs. 2.

Diese Empfehlungen beruhen auf einem gemeinsamen Änderungsvorschlag der Ausschussmitglieder aller Fraktionen. Dieser Vorschlag baut auf Änderungsvorschlägen der CDU-Fraktion sowie

der Regierungsfraktionen auf und wurde in der Ausschussberatung mündlich formuliert. Er enthält zum einen eine inhaltliche Konkretisierung der Fortbildungsverpflichtung der anerkannten psychosozialen Prozessbegleiterinnen und Prozessbegleiter in § 6. Zum anderen sollen die verpflichtenden Inhalte der Aus- und Weiterbildungen in § 8 Abs. 2 stärker auf die bundesgesetzlichen Vorgaben zur Qualifikation der psychosozialen Prozessbegleiterinnen und Prozessbegleiter abgestimmt werden.

Der gedrängte Beratungsablauf zu diesem Gesetzentwurf ist dem Wunsch der Vertreterinnen und Vertreter aller Fraktionen im federführenden Austausch geschuldet, das Niedersächsische Ausführungsgesetz zeitgleich mit dem Bundesgesetz über die psychosoziale Prozessbegleitung im Strafverfahren in Kraft treten zu lassen.

(Helge Limburg [GRÜNE]: Was heißt hier „gedrängt“? Es war zügig!)

Dies gewährleistet, dass zu Beginn des nächsten Jahres in Niedersachsen anerkannte psychosoziale Prozessbegleiterinnen und Prozessbegleiter zur Verfügung stehen und den Opfern einer schweren Straftat durch die mit den Strafprozessen befassten Gerichte als Beistand beigeordnet werden können.

Der Ausschuss empfiehlt Ihnen einvernehmlich, den Gesetzentwurf in geänderter Fassung anzunehmen.

Zu den konkreten Einzelheiten der vom Ausschuss empfohlenen Änderungen möchte ich hier im Übrigen nicht näher ausführen, sondern den Bericht insoweit zu Protokoll geben.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

(Zu Protokoll:)

Der Gesetzgebungs- und Beratungsdienst (GBD) hatte in der Gesetzesberatung vorab darauf hingewiesen, dass in der Begründung des 3. Opferrechtsreformgesetzes des Bundes an mehreren Stellen ausgeführt werde, dass bestimmte Gegenstände der europäischen Opferschutzrichtlinie, so etwa der in Artikel 8 und 9 der Richtlinie geregelte Zugang der oder des Verletzten zu Opferunterstützungsdiensten oder auch die statistischen Pflichten nach Artikel 28 der Richtlinie, in die Regelungskompetenz der Länder fielen (vgl. BT- Drs. 18/4621, S. 13 und S. 19). Vor diesem Hinter

grund sei es möglich, dass in Niedersachsen noch Umsetzungsbedarf bestehe, der über den vorliegenden Gesetzentwurf hinausgehe. Das Justizministerium habe dies in der für die fachliche Abstimmung zur Verfügung stehenden - kurzen - Zeit aber nicht abschließend prüfen können. Der Ausschuss sieht daher insoweit von weitergehenden Änderungsempfehlungen ab.

Den empfohlenen Änderungen liegen im Einzelnen folgende Erwägungen zugrunde:

Zu § 1 (Anerkennung als psychosoziale Prozess- begleiterin oder psychosozialer Prozessbegleiter):

Zu Absatz 1:

In Nr. 1 soll die Regelung zur besseren Verständlichkeit (auch der Verweisung in Nr. 3) ausformuliert werden. Gemeinsam mit der in Nr. 2 aufgeführten Aus- und Weiterbildung handelt es sich um die von § 3 Abs. 2 Satz 1 des (Bundes-)Gesetzes über die psychosoziale Prozessbegleitung im Strafverfahren (PsychPbG) verlangte fachliche Qualifikation.

Die Änderung in Nr. 2 dient der Berichtigung der Verweisung.

Die Änderung in Nr. 3 stellt eine Folgeänderung zur Empfehlung zu Nr. 1 dar.

In Nr. 4 soll das am Ende aufgeführte Erfordernis der persönlichen Zuverlässigkeit in eine eigenständige Nr. 4/1 verlagert werden, weil es sich inhaltlich deutlich von der in Nr. 4 geregelten persönlichen Qualifikation im Sinne des § 3 Abs. 3 PsychPbG unterscheidet. Auch sind dann die nach Absatz 2 erforderlichen Unterlagen leichter zuzuordnen.

In der Ausschussberatung hatte der GBD darauf hingewiesen, dass mit der Normierung einer solchen Anerkennungsvoraussetzung ein gewisses rechtliches Risiko verbunden sei. Das Erfordernis der persönlichen Zuverlässigkeit gehe über die bundesrechtlichen Anforderungen an psychosoziale Prozessbegleiterinnen und Prozessbegleiter (§ 3 PsychPbG) hinaus. Dass das Land über die dazu notwendige Gesetzgebungskompetenz verfüge, sei nicht sicher, da § 4 PsychPbG die Länder nur dazu ermächtige zu bestimmen, „welche Personen und Stellen für die psychosoziale Prozessbegleitung anerkannt werden, welche weiteren Anforderungen hierfür an Berufsausbildung, praktische Berufserfahrung, spezialisierte Weiterbildung und regelmäßige Fortbildungen zu stellen sind“. Die

persönliche Zuverlässigkeit könne allenfalls als eine allgemeine Anerkennungsvoraussetzung angesehen werden. Diese Auffassung vertrete das Justizministerium, das in diesem Zusammenhang darauf verweise, dass der Bundesgesetzgeber den Ländern insoweit einen „weiten Gestaltungsspielraum“ habe einräumen wollen (vgl. BT-Drs. 18/4621, S. 31). Im Übrigen sei laut Ministerium die Voraussetzung der persönlichen Zuverlässigkeit auch in einer von den Ländern gemeinsam erarbeiteten Handreichung, die eine Art Musterentwurf enthalte, vorgesehen und dementsprechend auch in den bis jetzt schon existierenden Ländergesetzen zu finden. Der Ausschuss schließt sich der Auffassung des Justizministeriums an und spricht sich für die Beibehaltung des Erfordernisses der persönlichen Zuverlässigkeit aus.

Die Vorschrift in Nr. 5 ist entbehrlich und soll gestrichen werden. Nach Auskunft des Justizministeriums ist die von § 3 Abs. 4 Satz 1 PsychPbG verlangte interdisziplinäre Qualifikation in vollem Umfang Gegenstand der bereits von Nr. 2 erfassten Aus- oder Weiterbildung nach § 8 (vgl. dort Ab- satz 2). Der Ausschuss schließt sich dem an.

Zu Satz 1 Nr. 6 - neu - und zu Satz 2:

Diese Regelung des Entwurfs soll zur Verdeutlichung seines Regelungsgehalts in eine neue Nr. 6 in Satz 1 überführt werden. Die Regelung in Satz 2 des Entwurfs ist formuliert wie eine Verpflichtung der Antragstellerinnen und Antragsteller („Sie oder er soll…“). Dadurch ist der Regelung nur schwer zu entnehmen, dass es sich um eine weitere Voraussetzung der Anerkennung handeln soll (Be- gründung, S. 12), von der lediglich in „atypischen Ausnahmefällen“ abgewichen werden kann, nämlich wenn die Antragstellerinnen und Antragsteller „eine vergleichbare Gewähr für eine kontinuierliche und qualitativ gesicherte Berufsausübung bieten“ (a. a. O.). Diese mit der Regelung verfolgten Ziele werden deutlicher und damit leichter verständlich abgebildet, indem Satz 2 gestrichen und stattdessen, wie empfohlen, in Satz 1 als neue Nr. 6 aufgenommen wird, die diese Voraussetzung der Anerkennung in der beabsichtigten Weise regelt.

Unabhängig davon setzt die Regelung voraus, dass eine Verordnung nach § 11 auch tatsächlich erlassen wird (vgl. dazu die Änderungsempfehlung und die Erläuterung zu § 11 des Entwurfs).

Zu Absatz 3:

Bei der Befristung nach Satz 1 dient das Wort „höchstens“ dazu, in geeigneten Fällen auch kür

zere Fristen festzulegen, z. B. wenn eine Person kurz vor dem Beginn des Ruhestands steht oder nur über einen befristeten Arbeitsvertrag bei einer in Absatz 1 Satz 2 des Entwurfs (jetzt Satz 1 Nr. 6 - neu -) genannten juristischen Person verfügt.

Zu Satz 2 hat das Justizministerium darauf hingewiesen, dass eine solche Regelung nur bei den beigeordneten Prozessbegleiterinnen und Prozessbegleitern (§ 406 g Abs. 3 der Strafprozess- ordnung - StPO -) erforderlich ist, um Verzögerungen des Strafprozesses zu vermeiden. Bei den nicht beigeordneten Prozessbegleiterinnen und Prozessbegleitern (§ 406 g Abs. 4 StPO) sei eine vergleichbare Vorschrift entbehrlich. Dieser Einschätzung schließt sich der Ausschuss an.

Zu § 1/1 - neu - (Länderübergreifende Anerken- nung):

Die Regelung der länderübergreifenden Anerkennung soll aus § 7 des Entwurfs hierher verlagert werden, da die Regelung praktisch bedeutsamer sein wird als die Regelungen über den europäischen Dienstleistungsverkehr (§§ 2 bis 4 des Ent- wurfs). Zudem soll dadurch klargestellt werden, dass die Verfahrensvorschriften des europäischen Dienstleistungsverkehrs (vgl. § 2 Abs. 2 bis 5) für die Dienstleisterinnen und Dienstleister innerhalb des Bundesgebietes nicht gelten sollen. Die empfohlene Formulierung lässt auch leichter erkennen, dass psychosoziale Prozessbegleiterinnen und Prozessbegleiter aus anderen Bundesländern, die in Niedersachsen dauerhaft tätig sein wollen, einer vollwertigen Anerkennung nach § 1 bedürfen.

Zu § 2 (Anerkennungsfiktion, Meldepflicht, Unter- sagung):

Zur Überschrift:

Die empfohlene Änderung der Überschrift soll verdeutlichen, dass es in der Vorschrift allein um den europäischen Dienstleistungsverkehr geht, nicht hingegen um den Dienstleistungsverkehr innerhalb des Bundesgebiets (diesen regelt der empfohlene § 1/1) und auch nicht um die Niederlassung aus dem Ausland (diese bestimmt sich nach dem Nie- dersächsischen Berufsqualifikationsfeststellungs- gesetz - NBQFG -).

Zu Absatz 1:

Die Änderung in Satz 1 stellt eine redaktionelle Folgeänderung zu § 1/1 dar.

Zu Absatz 2:

In Satz 1 soll klargestellt werden, dass die Regelung über die Meldepflicht nur die europäischen Dienstleister nach Absatz 1 erfassen soll und dass diese nur dann von der Meldepflicht befreit werden, wenn sie sich bereits zur Dienstleistung in einem anderen Bundesland dort gemeldet haben (vgl. Artikel 7 Abs. 2 a der europäischen Berufsan- erkennungsrichtlinie [2005/36/EG]). Im Übrigen soll in diesen Fällen die Frist für die erneute Meldung nach einem Jahr (Absatz 3 des Entwurfs) mit der Meldung in dem anderen Bundesland zu laufen beginnen.

Zu Absatz 5:

Die Verweisung soll nicht auf Satz 1 beschränkt werden, da die Regelung auch für die in Absatz 1 Satz 2 genannten Fälle gelten soll. Zudem soll die Formulierung der Zuverlässigkeit auf § 1 Abs. 1 abgestimmt werden.

Zu § 3 (Zusammenarbeit und Amtshilfe):

Zu Absatz 1: