Rot-Grün erklärt auf die Kritik der Polizeivertreter und Kommunen, wie dann die Absprachen mit den Anmeldenden funktionieren sollen: Hier könnten sie ja ordnungsrechtlich vorgehen. - Aussage im Innenausschuss!
(Helge Limburg [GRÜNE]: Aber nicht das Ordnungsrecht! Das Ordnungs- widrigkeitengesetz ist Bundesrecht! Das können wir gar nicht abschaffen!)
Dafür wird eine Stelle für Beschwerden gegen die Polizei eingerichtet, und die Einführung der Kennzeichnungspflicht ist beabsichtigt - ich bitte um Aufmerksamkeit -, und zwar wegen Fehlverhaltens der Polizisten, meine Damen und Herren,
Die Grünen schlagen vor, die Pferde- und Hundestaffeln abzuschaffen, weil ja die Demonstranten oder Fußballfans Angst vor den Tieren haben könnten.
Herr Innenminister Pistorius, fragen Sie mal die Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten, ob die Tiere zur Deeskalation beitragen können oder ob die Hooligans oder Randalierer geschützt werden müssen. - Schützen Sie Ihre Beamten! Die Gewalt gerade bei Fußballspielen ist nicht mehr hinzunehmen. Die Respektlosigkeit gegenüber den Beamtinnen und Beamten wird immer größer, genauso wie die Handgreiflichkeiten gegenüber dem Sicherheitspersonal. Die Fehlentscheidungen dieser Landesregierung und der sie tragenden Fraktionen in Sicherheitsfragen sind mittlerweile ein großes Risiko für dieses Land.
Der Gipfel Ihrer Fehlentscheidungen, Herr Innenminister, ist allerdings die Anweisung, dass vor und nach Polizeieinsätzen das Pfefferspray gewogen werden muss. Herr Minister Pistorius, machen Sie diesem Irrsinn der Vorgaben für und gegen die Polizei ein Ende!
(Björn Thümler [CDU]: Genau! - Julia Willie Hamburg [GRÜNE]: Worüber beschweren sich die Polizeigewerk- schaften eigentlich gerade?)
Es gibt aber auch noch anderen Bereiche, in denen Niedersachsen längst weiter sein könnte. Der Einsatz von Bodycams zieht sich hin. Sorgen Sie
dafür, Herr Innenminister, dass die Ausstattung der Polizei angepasst wird und die Beamten besser geschützt werden!
Auch der Einsatz der Prognosesoftware zur Einbruchskriminalität hätte in Niedersachsen bereits erfolgt sein können. Auch wenn Sie, Herr Innenminister, der Ansicht sind, dass Ihr damals modellhaft ausprobiertes Programm nicht zielführend war - es gibt in anderen Ländern bereits gute Erfolge damit. Bei einem entsprechenden Einsatz könnten Sie endlich positive Zahlen bei der Aufklärung bzw. Verhinderung von Einbruchsdelikten vermelden wie andere Länder auch.
Gerade auch für die betroffenen Bürgerinnen und Bürger, für die Opfer, die manchmal jahrelang psychische Probleme haben, würde dies eine Stärkung des Sicherheitsgefühls bedeuten. Nehmen Sie sich die Empfehlungen Ihrer SPD-Kollegen zu Herzen, und knicken Sie nicht immer wieder vor Ihrem grünen Koalitionspartner in Fragen der inneren Sicherheit ein! Wir brauchen ein sicheres Niedersachsen.
Aber auch in der Terrorismusbekämpfung sieht es mau aus. Die vorhandenen Angebote aus den Zeiten der CDU/FDP-Regierung, wie z. B. NEIS, haben Sie sofort aufgelöst. Die Broschüre „Islamismus“ mit einem klaren Handlungskonzept zur Antiradikalisierung haben Sie eingestampft. Das Programm „Verfassungsschutz macht Schule“ war bei Ihnen verpönt. Mittlerweile müssen Sie erkennen, dass sich Niedersachsen zu einer Hochburg der Ausreisen entwickelt hat. Herr Minister Pistorius, Sie haben fast vier Jahre gebraucht, um die Kompetenzstelle zur Islamismusprävention einzurichten. Auch der Verein beRATen hat erst im letzten Jahr seine Arbeit aufgenommen.
Bei der Diskussion zur Vollverschleierung der Schülerin in Belm haben Sie vorgestern - am Tag der Diskussion! - mitgeteilt, einen Erlass an die Kommunen zum Umgang mit Koranständen und der „Lies!“-Verteilaktion geschickt zu haben. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt! Es lässt tief blicken, dass gerade am Tag der Landtagsdebatte dieser Erlass herausgegeben wird; denn dieses Thema beschäftigt den Innen- und Verfassungsschutzbereich seit langer Zeit. Also auch hier viel zu spätes Handeln, Herr Minister!
Auch beim Thema Verfassungsschutz gibt es erhebliche Defizite und Fehleinschätzungen. Herr Innenminister Pistorius, im Zusammenhang mit
den Speicherungen von Minderjährigen mussten Sie durch die Messerattacke auf den Polizisten in Hannover zur Kenntnis nehmen, dass es eben auch jüngere Täterinnen und Täter geben kann.
Weil es immer wieder im Rahmen von Themen der inneren Sicherheit, insbesondere aber zur Terrorismusszene in Niedersachsen, an Transparenz und Information durch das Innenministerium mangelt, mussten wir als sozusagen letztes Mittel zu einem Untersuchungsausschuss greifen. Da wird dann durch Herrn Innenminister Pistorius und sein Ministerium in den Polizeiinspektionen verbreitet, dass ein hohes Maß an Aktenmaterial zusammengestellt werden müsse. Dies lähme natürlich den normalen Arbeitsalltag der Polizeibehörden. In Wirklichkeit aber veranlassen Sie, Herr Minister, dass zwischenzeitlich mehr als 200 Mitarbeiter an Zeugenschulungsmaßnahmen teilnehmen mussten, damit sie als Zeugen nichts Falsches aussagen können.
(Beifall bei der CDU Dieser Kosten- und Personalaufwand, meine Da- men und Herren, ist unverantwortlich, (Petra Tiemann [SPD]: Ihr macht doch die Zeugen fertig!)
(Beifall bei der CDU - Petra Tiemann [SPD]: Wer will denn die Zeugenliste haben? Sie! Wie kann man denn das so verdrehen? Ihr streut Misstrauen!)
Apropos Zeugenaussagen. Diese blockieren Sie, wo es nur geht. Das schafft kein Vertrauen und ist kein guter Stil.
Meine Damen und Herren, die Liste von Defiziten im Bereich der inneren Sicherheit in Niedersachsen ließe sich noch lange fortführen. Da kann man nur sagen: Pleiten, Pech und Pannen. - Es gab Ermittlungsfehler bei den RAF-Überfällen, beim Mord im Kloster-Fall, bei der Auslesung der Handys der 15-jährigen Schülerin usw. usf.
Bitte schließen sie sich endlich der Kurskorrektur Ihrer Kollegen an, und schaffen Sie wieder Vertrauen in den Sicherheitsapparat!
Intensivieren Sie Cyberermittlungen gegen extremistische Propaganda in sozialen Netzwerken! Ermöglichen Sie auch die Quellen-TKÜ!
Meine Damen und Herren! Herr Minister Pistorius, Sie haben vor Kurzem von einer neuen Fehlerkultur innerhalb der Polizei gesprochen.
Daran werden auch Sie sich an der Spitze des Ministeriums und als Dienstherr messen lassen müssen. Wir werden Sie daran messen!
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! In der vorvergangenen Woche ist der Begriff „post-truth politics“ von der Redaktion der Oxford Dictionaries zum internationalen Wort des Jahres gewählt worden. Der Begriff zielt auf die Qualität der politischen Debatte und beschreibt einen politischen Diskurs, in dem die Wahrheit keine Rolle mehr spielt, weil einzelne Protagonisten darauf beharren, ihre gefühlte Wahrheit stimme zwar nicht mit den Fakten überein, aber diese Fakten seien auch gar keine Fakten, sondern das Konstrukt von Politik, Wissenschaft, Presse oder der Wirtschaft. Ich gehe davon aus, die Liste ließe sich fortsetzen.
Zu diesem Begriff gibt es auch eine deutsche Entsprechung: postfaktische Politik. Maßgeblichen Anteil an dessen Verbreitung schreibt Die Welt der CDU-Bundesvorsitzenden Dr. Angela Merkel zu. Sie soll den Begriff im September des Jahres in einer Rede zur Erklärung von schlechten Wahlergebnissen in Berlin und Mecklenburg-Vorpommern verwendet haben.
Das mag so sein, meine Damen und Herren. Leider enthält uns der Autor die Auskunft darüber vor, welcher Impuls oder welche persönliche Erfahrung Frau Merkel zu der Verwendung dieses Begriffes geführt haben mag. Möglicherweise hat man ihr das nur so aufgeschrieben. Vielleicht hat sie sich aber auch einfach in den Gliederungen ihrer eigenen Organisationen umgesehen, und vielleicht ist ihr mehr oder weniger geneigte Blick dabei auf die CDU-Landtagsfraktion hier, in diesem Hause, gefallen.