Protocol of the Session on October 27, 2016

Der Ausschuss empfiehlt Ihnen, den Antrag unverändert anzunehmen.

Eine Berichterstattung ist nicht vorgesehen.

Für die Antragsteller hat zunächst der Kollege Matthias Möhle, SPD-Fraktion, das Wort.

(Ottmar von Holtz [GRÜNE] meldet sich zu Wort)

- Oder wollen Sie es anders machen? - Gut, die antragstellenden Fraktionen können das entscheiden. Das Wort hat der Kollege Ottmar von Holtz. Bitte schön!

Vielen Dank. - Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Opposition hat im Ausschuss unseren Antrag abgelehnt, weil sie der Meinung war, dass er zu früh kommt. Ich will deshalb gleich zu Beginn begründen, warum dieser Antrag aus unserer Sicht so wichtig ist und warum es so wichtig ist, ihn auch endlich zu beschließen.

Eigentlich sollte dieser Antrag bereits im September-Plenum endberaten werden. Aber aufgrund der langen Tagesordnung hatten wir ihn auf das jetzige Plenum geschoben.

Jetzt, vier Wochen später, sehen wir: In wichtigen Punkten hat sich nichts getan. Fakt ist noch immer, dass die Hürden des BAMF zur Durchführung von Integrationskursen einschließlich der Sprachkurse zu hoch sind. Fakt ist noch immer, dass es zwar viele sogenannte Integrationswillige gibt, wie der Bundesinnenminister sie nennt, dass sie aber keinen Kurs finden. Fakt ist weiterhin, dass die Gesetzeslage des Bundes nach wie vor viele Menschen von den Integrationskursen ausschließt, weil sie bestimmte Kriterien, beispielsweise Herkunftsstaaten, nicht erfüllen.

Die Landesregierung ist dauerhaft im Gespräch mit dem BAMF in Sachen Integrations- und Sprachkurse. Mit unserem Antrag stärken wir der Landesregierung den Rücken.

(Jörg Hillmer [CDU]: Wir brauchen ei- ne andere Landesregierung!)

Im September hat die Kollegin Polat hier gut nachvollziehbar dargestellt, mit welchen unterschiedlichen Ansätzen wir vor zwei Jahren zu Beginn der Sprachkursdebatte gestartet sind. Unserer Ansicht nach ist eigentlich der Bund zuständig.

Als wir hier erstmals debattiert hatten, hat die CDU-Fraktion im Landtag 800 000 Euro an Landesmitteln für Sprachkurse gefordert.

(Jörg Hillmer [CDU]: Und Sie haben es abgelehnt!)

Schon damals, Herr Hillmer, haben wir Ihnen vorgerechnet, dass das bei Weitem nicht ausreicht.

(Jörg Bode [FDP]: Und haben noch weniger gemacht!)

Der Lauf der Zeit hat uns in diesem Punkt auch recht gegeben.

(Zuruf von Jörg Hillmer [CDU])

Denn nach und nach, Herr Hillmer, haben wir mit Nachtragshaushalten und höheren Ansätzen die Lücke füllen müssen, die Herr de Maizière und Herr Weise gerissen haben, weil sie nicht in die Pötte gekommen sind.

Die jetzt zugesagten Mittel des Bundes, die an die Länder fließen, die sogenannte Integrationspauschale, tragen in diesem Punkt tatsächlich zu einer Entlastung bei - endlich. Aber das reicht nicht aus.

Die Abläufe der Anerkennung und Statusfeststellung von Geflüchteten im BAMF hinken noch immer dem hinterher, was notwendig ist.

Der Zugang zu Sprachkursen und Arbeitsmarktförderung ist noch immer an bestimmte Herkunftsländer geknüpft. Noch immer besteht ein Handlungsbedarf hinsichtlich einer besseren Verzahnung der Angebote und für die Öffnung der Angebote für alle. Wir brauchen ein besseres Ineinandergreifen anschlussfähiger Maßnahmen, basierend auf einem individuellen Bildungsweg der Betroffenen.

Vor wenigen Wochen habe ich an einem Workshop der Agentur für Erwachsenen- und Weiterbildung genau zu diesem Thema teilgenommen. Ich habe dort engagierte Kursleiterinnen und Kursleiter angetroffen, die sich genau darüber intensiv Gedanken machen, wie man in dieser Situation eine individuelle Kompetenzfeststellung und Weiterentwicklung hinbekommt. Wir wissen also die Erwachsenenbildung mit unserem Antrag auf unserer Seite. Das zeigen im Übrigen auch die Stellungnahmen, die der Bund für freie Erwachsenenbildung und die Agentur für Erwachsenen- und Weiterbildung zu unserem Antrag abgegeben haben.

Verehrte Kollegen der CDU und der FDP, in der Einschätzung der Notwendigkeiten liegen wir, so glaube ich jedenfalls, gar nicht weit auseinander. Ich appelliere an Sie: Scheren Sie jetzt nicht aus, nur weil der Antrag von uns kommt, und stimmen Sie zu!

Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und Zu- stimmung bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege von Holtz. - Es geht jetzt weiter mit der FDP-Fraktion. Das Wort hat Frau Kollegin Almuth von Below-Neufeldt.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Was Sie bei der Kultur so gerne beibehalten, das machen Sie bei diesem Themenfeld sehr viel besser: Sie ordnen neu, und Sie wollen den sogenannten Angebotsdschungel abschaffen.

Niedersachsen nimmt in der Tat in beispielhafter Weise sehr viel Geld in die Hand, um den hier ankommenden Flüchtlingen die Perspektive zu bieten, Deutsch zu lernen. Dabei wird in Zukunft nicht unterschieden: mit und ohne Status, mit und ohne gesichertes Bleiberecht. Alle sollen hier

Deutsch lernen können. Genau das ist richtig und gut, und genau das hatte der CDU-Antrag vor über einem Jahr auch schon gefordert. Insofern vertreten Sie hier eine Auffassung, die schon hinlänglich bekannt ist.

(Zustimmung bei der CDU)

Wer hier in Niedersachsen angekommen ist und kein Deutsch kann, der muss erst einmal alltagstauglich gemacht werden. Das ist total wichtig, und insoweit möchte ich hier heute ganz besonders den vielen Ehrenamtlern danken, die sich in beispielloser Weise engagieren. Ich danke den Ehrenamtlichen, die den Menschen vor Ort mit Patenschaften, mit dem Vermitteln von Deutschkenntnissen helfen und ihnen erklären, wie man hier im Alltag klarkommt: Man muss einkaufen können, man muss Dienstleister in Anspruch nehmen können, man muss sich bei Ärzten Gehör verschaffen können.

Trotzdem, meine Damen und Herren, gibt es Kritik von uns. Wir denken nämlich nicht in Schablonen. Wer hier ankommt, ist ein Mensch, und Menschen sind höchst unterschiedlich. Wir haben Menschen, die mehrsprachig sind, die eine akademische Bildung haben und kein Deutsch sprechen können. Wir haben aber auch genauso Menschen, die aufgrund ihrer politischen oder religiösen Zugehörigkeit keinen Zugang zur Schulbildung hatten oder auch aus anderen Gründen keine Schulbildung erfahren konnten. Das heißt, wir haben es auch mit vielen Analphabeten zu tun.

Insofern ist es unmöglich, einheitliche Kursangebote bereitzustellen, weil das nämlich nicht den Menschen gerecht wird, die hier wirklich Deutsch lernen wollen und können. Insofern muss das Programm, was Sie auflegen, dies alles berücksichtigen. Man muss schon einmal nachfragen: Was kann derjenige? Wie ist die Vorbildung! Und dann kann man mit den Deutschkursen beginnen. Das Schablonendenken können wir da auf gar keinen Fall unterstützen.

In der letzten Sitzung des Ausschusses ist deutlich geworden, dass tatsächlich auch darauf geachtet werden soll. Allerdings steht das nicht in Ihrem Antrag. Das hätte noch nachgebessert werden können.

Meine Damen und Herren, es braucht differenzierte Kursangebote. Richtig ist allerdings auch, dass das Lernziel, das erreicht werden soll, nach einheitlichen Standards später einmal bewertet wird; denn jeder, der in Kursen Deutsch gelernt hat,

muss nachweisen können, dass er einen bestimmten Kenntnisstand hat. Dieses Ziel muss erreichbar sein.

Wichtig ist das insbesondere deswegen, weil die Menschen schließlich in den Arbeitsmarkt integriert werden sollen und auch in den Arbeitsmarkt integriert werden wollen; denn die Menschen, die hier ankommen, die hier bleiben, wollen sich auch einbringen. Dazu gehört eines Tages auch die Arbeitsfähigkeit. Und diese beginnt auch mit der deutschen Sprache.

Meine Damen und Herren, wegen der Kritikpunkte stimmen wir diesem Antrag nicht zu. Aber ich wünsche all denjenigen, die hier in Niedersachsen ankommen und Deutsch lernen wollen, guten Erfolg und gute Integration.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Vielen Dank, Frau Kollegin. - Das Wort hat jetzt für die SPD-Fraktion der Abgeordnete Matthias Möhle.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben über den Spracherwerb als zentrale Voraussetzung für gelingende Integration in den vergangenen Monaten viel gesprochen, auch darüber, dass dies nicht nur für Schulpflichtige, sondern auch für Erwachsene gelten muss. Die Umsetzung in den Kommunen hat zu einer Reihe beispielhafter Praxismodelle geführt. Frau Kollegin von BelowNeufeld hat vor allem das Ehrenamt angesprochen.

Best practice ist allerdings kein Ersatz für basale Sprachförderung. Die brauchen wir nämlich, wenn wir Förderketten schaffen wollen, die wir auch als Einstieg für berufliche Bildung der erwachsenen Flüchtlinge anstreben. Ein Basismodul „Sprachförderung“ ergänzend durch die Kompetenzfeststellung - dieses Bildungsclearing ist der Einstieg in eine lückenlose Förderkette.

Durchaus interessant möchte ich die Ergebnisse der Anhörung in der Ausschussberatung bewerten. Die Agentur für Erwachsenen- und Weiterbildung unterstützt von fachlicher Seite den Antrag ebenso wie der Niedersächsische Bund für freie Erwachsenenbildung. Die Arbeitsgemeinschaft der kommunalen Spitzenverbände gab ein positives Votum ab, mit dem Hinweis, das Bildungsclearing einver

nehmlich zu definieren, und der Anregung, die Verfügung über die Mittel des BAMF im Rahmen eines Pilotprojekts Niedersachsen mit den entsprechenden Stellen, nämlich dem BAMF und dem BMAS, zu erörtern.

Die Kommission zu Fragen der Migration und Teilhabe sprach sich für eine unveränderte Annahme des Antrages aus. Insbesondere die Öffnung der Sprachkurse für alle Flüchtlinge unabhängig von deren Bleibeperspektiven wurde mehrfach angemahnt. Diese Frage haben wir im Ausschuss auch gar nicht mehr strittig diskutiert. Das Ministerium hat in einer Ausschusssitzung umfassend unterrichtet - vielen Dank noch einmal dafür -

(Beifall bei der SPD und Zustimmung bei den GRÜNEN)

und dabei auf die konkrete Handlungsebene der Sprachkurse hingewiesen.

Seit Oktober 2015 wurden insgesamt 605 Basissprachkurse durch das Wissenschaftsministerium im Landesprogramm „Förderung von Maßnahmen zum Spracherwerb“ durch die Einrichtungen der Erwachsenenbildung angeboten. Seit April dieses Jahres folgten 975 Sprachkurse in einer zweiten Runde, unterlegt mit 8,38 Millionen Euro. Ab dem Haushalt 2017 werden die Basissprachkurse weitergeführt und noch einmal deutlich ausgebaut. Im Haushaltsplanentwurf 2017/2018 stehen für diesen Bereich insgesamt 40 Millionen Euro und für den engeren Bereich der Sprachkurse rund 23 Millionen Euro zur Verfügung. Hinzu kommen die vom Bund bereitgestellten Mittel in Höhe von 30 Millionen Euro, jeweils für 2017 und 2018.

Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer sollen das Niveau A2 erreichen. Für den Erwerb erweiterter Basiskompetenz werden die Sprachkurse auf 300 Unterrichtsstunden aufgestockt. Die Trägerpauschale wird auf 3,90 Euro erhöht. Weiterhin sollen höher qualifizierte Flüchtlinge bei der Aufnahme eines Hochschulstudiums oder eine Anpassungsqualifizierung unterstützt werden. Diese Sprachkurse stehen allen Geflüchteten offen, die studieren möchten, aber noch nicht über ausreichende Sprachkenntnisse verfügen. Diese Maßnahmen fördert das MWK in 2016, 2017 und 2018 nach dem Haushaltsplanentwurf mit 4,7 Millionen Euro pro Jahr.

(Beifall bei der SPD und Zustimmung bei den GRÜNEN)