Protocol of the Session on October 27, 2016

(Editha Lorberg [CDU]: Haben Sie das vor 2003 vorgetragen?)

- Frau Lorberg, ich rede im Moment!

Solange wir in der Opposition waren - ich mache das gleich an ein paar Fakten deutlich -, haben wir die Landsmannschaft unterstützt. Ich habe für meine Fraktion die Zusammenarbeit in besonderer Weise mitgestalten dürfen.

Liebe Lilli Bischoff, ich habe mich sehr gefreut, als ich im vorigen Jahr für dieses langjährige Engagement - nicht für das erst dreijährige Engagement - diese Auszeichnung bekommen habe. Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Die Erkenntnis, dass Spätaussiedler eine Bereicherung sind, habe ich schon vor vielen Jahren formuliert.

Und bitte nehmen Sie auch zur Kenntnis, Frau Lorberg, dass es zwar der Kollege Schünemann war, der als Innenminister die Änderung des Bundesvertriebenengesetzes bezogen auf die Familienzusammenführung mitbetrieben hat, aber dass wir als damalige Opposition in diesem Parlament das ausdrücklich unterstützt haben, dass es im Deutschen Bundestag nur bei den Linken Widerständler gab und dass ansonsten alle Fraktionen in Berlin diese Änderung mitgetragen haben. Auch da haben Sie keinen Alleinvertretungsanspruch.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Und dann, Frau Lorberg, haben Sie auch noch gesagt, wir hätten zu den deutschstämmigen Menschen, die noch in diesen Ländern leben, keinen Kontakt.

(Editha Lorberg [CDU]: Das habe ich auch nicht gesagt!)

Liebe, Frau Lorberg, als die SPD-Fraktion - ich meine, es war vor zwei Jahren - eine Reise durch Polen gemacht hat, war einer der zentralen Punkte der Besuch bei der deutschen Minderheit im Oppelner Land. Wir haben dort den Dialog mit den Menschen geführt.

Und: Jede deutschstämmige Gruppe, die durch Lilli Bischoff aus den Staaten der ehemaligen Sowjetunion hier nach Niedersachsen eingeladen wurde, ist durch mich besucht und begrüßt worden. Auch da zeigen wir dieses Engagement.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Also hören Sie auf, so zu tun, als wenn die Gruppe der Spätaussiedler der CDU gehören würde. An der Stelle reagiere ich etwas unwirsch.

(Jens Nacke [CDU]: Offensichtlich ja!)

- Zu Recht, Herr Kollege Nacke!

(Jens Nacke [CDU]: Offensichtlich nicht!)

- Sprechen die Fakten, die ich eben aufgezählt habe, nicht für sich?

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, dass es bei einigen Zuwanderern mit Migrationsgeschichte, bei den Russlanddeutschen, eine gewisse Affinität gibt, die AfD zu wählen, zeigen empirische Zahlen. In meinem Bereich in Braunschweig, in der Weststadt, in der Spätaussiedler wohnen, ist die Zahl der AfD-Wähler signifikant hoch. Das haben mir auch andere Kolleginnen und Kollegen bestätigt. Aber es ist nicht die Landsmannschaft der Deutschen aus Russland, die dafür die Verantwortung trägt. - Ich sage gleich, wie wir dem begegnen können und müssen.

Ich kann mich daran erinnern, dass Lilli Bischoff, die auch ich sehr herzlich begrüßen darf - wir arbeiten seit vielen Jahren ganz eng zusammen, das ist eben deutlich geworden -, vor wenigen Wochen zu mir kam und sagte: „Wir brauchen deine Hilfe. Die Landsmannschaft der Deutschen aus Russland soll von der AfD unterwandert und instrumentalisiert werden.“ - Diese Hilfe habe ich uneingeschränkt zugesagt. Und das beweist das, was der Minister eben ausgeführt hat: Die Landsmannschaft selber wehrt sich gegen diese Versuche

vehement. Und wir werden sie dabei unterstützen, diese Versuche abzuwehren!

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, vielleicht erinnern Sie sich: Frau Lorberg, Frau Jahns, Herr Thiele, Frau Kohlenberg, Herr Dr. Hoppenstedt, Herr Dr. Miersch aus dem Bundestag, Vertreterinnen und Vertreter des MI und ich waren am letzten Wochenende bei dem Kulturfest in Ronnenberg. Lilli Bischoff hat uns als Vertreterinnen und Vertreter der Landes- und der Bundespolitik begrüßt, und dann kam der Zwischenruf: „Sie haben die AfD nicht begrüßt. Die AfD-Fraktion aus Wolfsburg ist auch anwesend.“ - Auch da ist deutlich geworden, dass es den Versuch gibt, die Landsmannschaft der Deutschen aus Russland zu instrumentalisieren.

Was können wir dagegen tun? - Wir stehen an der Seite der Landsmannschaft in dem Sinne, wie es der Minister ausgeführt hat. Ich bin froh, dass wir wieder eine Landeszentrale für politische Bildung haben. Sie hat hier eine ganz wesentliche Aufgabe. Wir und auch ich als Person werden tatkräftig mitwirken, die Landsmannschaft zu unterstützen, dass diese Versuche der AfD ins Leere laufen.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Zum Abschluss bleiben mir zwei Betrachtungen: Niedersachsen feiert in diesem Jahr seinen 70. Geburtstag. Und: Niedersachsen ist das Land der Zuwanderung. Vertriebene und Spätaussiedler sind wesentliche Gruppen dieser Zuwanderungsgeschichte Niedersachsens. Ich selbst bin ein Sprössling einer solchen Zuwandererfamilie. Ich bin dem Bund der Vertriebenen außerordentlich dankbar, dass er seine Programme in den letzten Jahren unter das Thema „Kultur und Vielfalt“ stellt und damit deutlich macht, dass er eines nicht will: dass die Gruppen von Zuwanderern, die aufgrund von Rechtsansprüchen oder aus humanitären Gründen bei uns aufgenommen werden, gegeneinander ausgespielt werden! Das, liebe Frau Lorberg, darf nicht passieren.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Herr Kollege Schünemann hat - das ist richtig - alles getan, um das Zuwanderungsmuseum in Friedland, das 70 Jahre Landesgeschichte darstellt, in Gang zu bringen. Damals war er Minister. Aber die Finanzierung des Ganzen hat diese Lan

desregierung vorgenommen. Sie steht damit zu dem damals einstimmigen Beschluss des Landtages, den wir mit initiiert haben.

(Beifall bei der SPD)

Frau Lorberg, hören Sie also auf, weiterhin zu behaupten, die SPD würde hier nichts tun. Das ist Geschichtsklitterung.

(Editha Lorberg [CDU]: Das ist gar nicht wahr! - Mechthild Ross- Luttmann [CDU]: Das hat sie gar nicht getan!)

Ich wollte das hier in aller Deutlichkeit klarstellen.

Es bleibt trotzdem eine immerwährende Integrationsaufgabe. Ich stimme Ihnen ausdrücklich zu, dass die Anerkennung von mitgebrachten Qualifikationen eine der wesentlichen Aufgaben in diesem Zusammenhang ist. Das Parlament hat hierzu mehrere Beschlüsse gefasst, es hat Gesetzesänderungen gegeben. In der Praxis hakt es trotzdem immer noch, weil an vielen Stellen die Bürokratie das nur sehr schwerfällig umsetzt. Hier haben wir ganz viel gemeinsam zu tun. Das ist keine Frage von Parteipolitik, sondern es geht darum, den Apparat, zum Teil auch den Apparat im Bildungswesen, von der Notwendigkeit dieser Umsetzung zu überzeugen.

Zuwanderung ist nicht nur eine demografische und gesellschaftliche Bereicherung. Zuwanderung ist für diese Bundesrepublik auch erforderlich. Die Russlanddeutschen sind Zuwanderer, die außerordentlich viel zum Gelingen und zur Entwicklung unserer Republik beigetragen haben: kulturelle Vielfalt, große Qualifikationen. Das erkennen wir ausdrücklich an. Die Handlungsbedarfe habe ich deutlich gemacht. Ich wollte aber auch deutlich machen, dass es für meine Fraktion und Partei eine Selbstverständlichkeit ist, weiterhin mit der Landsmannschaft der Deutschen aus Russland zusammenzuarbeiten. Dafür stehen ich und viele andere auch in Zukunft gern zur Verfügung.

Ich appelliere an Sie alle: Gehen Sie in Ihren Wahlkreisen zu den Ortsgruppen der Russlanddeutschen, und unterstützen Sie die Ortsgruppen bei ihrem Abwehrkampf gegen die Unterwanderungsversuche der AfD! Das ist meine dringende Bitte zum Schluss.

(Starker Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Bachmann. - Es gibt auf Sie eine Kurzintervention der Kollegin Lorberg. Bitte, Frau Kollegin!

Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Lieber Herr Bachmann, es will Ihnen doch niemand Ihr Engagement absprechen! Dass Sie sich ganz rührig kümmern, weiß doch jeder, und das zeigt doch auch Ihre Ehrennadel. Sie erwähnen das ja bei jeder Gelegenheit, und wir wissen das auch.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU)

Wir freuen uns mit Ihnen; das können Sie uns wirklich glauben. Meines Erachtens weiß auch der letzte Niedersachse, dass Sie diese Auszeichnung erhalten haben. Herzlichen Glückwunsch - damit das jetzt ein für alle Mal klar ist!

(Beifall bei der CDU)

Aber eines möchte ich dann doch sagen. Hören Sie mir das nächste Mal bitte einfach zu! Ich habe gesagt: Die SPD hat viele Jahre vor der Verantwortung gegenüber unseren Spätaussiedlern zurückgezuckt, sie hat sich weggeduckt, als die CDU im Jahre 2003 die Verantwortung hier in Niedersachsen übernommen hat. - Sie hätten schon allein aus diesem Zusammenhang erkennen müssen, dass das für die Zeit vor 2003 galt. Aber wenn Sie hier von Geschichtsklitterung sprechen, dann muss ich den Ball zurückwerfen: Schauen Sie sich einmal die Protokolle an! Ich gucke jetzt einmal rüber, aber will nicht erwähnen, wer in diesem Hause schon danebengesprochen hat, was die Spätaussiedler angeht. Man kann in den Protokollen aus der Zeit vor 2003 viele Aussagen finden, die sich sehr gegen die Spätaussiedler gerichtet haben und die aus den Reihen der SPD kamen.

(Doris Schröder-Köpf [SPD]: Nennen Sie Namen!)

Lassen Sie bitte einmal zu, dass man so etwas auch erwähnen darf! Sie sprechen von Geschichtsklitterung, aber das gehört auch zur Geschichte dazu.

(Doris Schröder-Köpf [SPD]: Beispie- le, Namen, Fakten, Zahlen!)

- Liebe Frau Schröder-Köpf, das war so, und dann müssen Sie das auch einmal ertragen.

(Zustimmung bei der CDU)

Ich stelle Ihnen gerne ein paar Beispiele zusammen und schenke sie Ihnen. Das mache ich!

(Beifall bei der CDU - Doris Schröder- Köpf [SPD]: Ja, jetzt!)