- Ich finde, es ist schrecklich, wenn Sie so komisch herumunken. Ich finde das manchmal nicht so ganz schön.
(Beifall bei der CDU - Zuruf von der CDU - zur SPD -: Das ist schrecklich und dumm, Frau Kollegin, absolut dumm!)
Man kann das alles ins Lächerliche ziehen. Man kann aber auch wirklich einmal ein bisschen Gefühl zeigen.
Mir ist ganz wichtig: Auch das ist heute eine Lebensform, für die sich einige Deutschstämmige nun einmal entschieden haben. Es ist gut, wenn wir sie auch dabei unterstützen. Ich weiß, zu unserer Regierungszeit haben wir sehr enge Kontakte dorthin gehalten - auch zu dem Goethe-Institut und zu anderen Einrichtungen -, um die Deutschen aus Russland, die dort bleiben wollten, zu unterstützen. Auch da kann man noch eine ganze Menge tun. Denn egal, wo unsere deutschen Landsleute leben, sie sind und bleiben ein Teil von uns. Das sollten wir fördern. Da sollten wir viel Kraft investieren; denn diese Verbindung baut auch Brücken zwischen Deutschland und Russland. Wurzeln sollten nicht politisch gekappt werden. Sie sind die Basis für ein starkes Miteinander.
Liebe Frau Bischoff, Ihnen weiterhin alles Gute in Ihrer Position! Sie können sich auf uns verlassen!
Vielen Dank, Frau Kollegin Lorberg.- Für die Landesregierung erteile ich nunmehr Herrn Minister Pistorius das Wort. Bitte!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Auch ich begrüße von hier aus ganz herzlich Frau Bischoff von der Landsmannschaft der Deutschen aus Russland. Ich freue mich, dass Sie da sind. Ich gratuliere Ihnen ebenfalls zu der Veranstaltung am Samstag, von der ich viel gehört habe. Ich konnte leider nicht an ihr teilnehmen, weil ich bei der Übergabe von Rettungsfahrzeugen in Alfeld im Landkreis Hildesheim war. Aber wir haben viele Gelegenheiten, uns zu sehen. Ich freue mich über jede dieser Gelegenheiten, liebe Frau Bischoff.
Mit der uns heute vorliegenden Großen Anfrage der Fraktion der CDU an die Landesregierung wurden 23 Fragen zum Thema Spätaussiedler in Niedersachsen gestellt und beantwortet. Die Fragen und Antworten decken ein sehr breites Spektrum ab. Erfragt wurden beispielsweise die Anzahl der Herkunftsländer, der rechtliche Status nach dem Bundesvertriebenengesetz und die Siedlungsschwerpunkte der in Niedersachsen aufgenommenen Spätaussiedler. Es wurde die Änderung des Bundesvertriebenengesetzes thematisiert, die in 2013 auf Initiative Niedersachsens erfolgt war.
Wie in den Vorbemerkungen der Landesregierung dargestellt, ist die Zuwanderung von Spätaussiedlerinnen und Spätaussiedlern sowie ihrer Familienangehörigen aus der Sicht der Landesregierung, wie Frau Lorberg richtigerweise zitiert hat, eine Bereicherung für unser Gemeinwesen. Ich weiß nicht, liebe Frau Lorberg, woher Sie die Erkenntnis haben, dass das für diese Landesregierung eine neue Erkenntnis ist. Wie dem auch sei, es ist jedenfalls eine bestehende und tief verwurzelte Erkenntnis.
Die Spätaussiedlerinnen und Spätaussiedler bilden in den letzten Jahrzehnten die stärkste Zuwanderungsgruppe in Niedersachsen. Ihre Eingliede
rungsgeschichte ist ganz klar als Erfolgsgeschichte zu werten. Die Integration der Aussiedlerinnen und Aussiedler in die deutsche Gesellschaft vollzog sich Ende der 80er-Jahre eher unauffällig. Dann folgten die 90er-Jahre mit Zuzugszahlen im sechsstelligen Bereich. Über lange Zeit zeichnete die Berichterstattung in den Medien ein negatives Bild etwa von straffällig gewordenen russlanddeutschen Jugendlichen.
Auch Wissenschaftler wagten anfänglich keine günstigen Prognosen. Über Normalität und Erfolge wurde lange Zeit kaum berichtet - obwohl dies notwendig und wünschenswert gewesen wäre.
Wie in der Vorbemerkung zu der Großen Anfrage dargestellt, gab es Anfang dieses Jahres erstmals wieder Presseberichterstattungen, die ein negatives Bild von dieser Zuwanderungsgruppe zeichneten. Zu Jahresbeginn haben Vertreter der rechtsextremistischen Szene versucht, die aufgebrachte Stimmung unter den Russlanddeutschen um den „Fall Lisa“ für ihre politischen Ziele strategischpolitisch zu nutzen oder, besser gesagt, propagandistisch zu missbrauchen. Sehr vereinzelt hatten sie damit leider auch Erfolg.
Es war zu beobachten, dass vor allem deutschsprachige Plattformen russischer Medien und das Internet dazu genutzt wurden, die öffentliche Meinung über Spätaussiedler in Deutschland negativ zu beeinflussen.
Meine Damen und Herren, vor diesem Hintergrund war es sehr richtig und sehr zu begrüßen, dass die Landsmannschaft der Deutschen aus Russland zu diesem Zeitpunkt ohne jedes Zögern das offene Gespräch mit Politik und Medien gesucht hat. Die Landsmannschaft hat ihren Standpunkt offensiv vertreten, zuletzt auch wieder sehr deutlich und sehr schön bei der Veranstaltung aus Anlass des 75. Jahrestages der Deportation.
In Stellungnahmen ihres Bundesvorstands verwehrt sich die Landsmannschaft der Deutschen aus Russland gegen pauschale Behauptungen. Sie fordert - wie ich finde, absolut zu Recht - eine differenzierte Betrachtung. Deutsche aus Russland sind weder rechtsradikal noch fremdgesteuert.
(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN sowie Zustimmung von Edi- tha Lorberg [CDU] und Jan-Christoph Oetjen [FDP])
Die Landsmannschaft der Deutschen aus Russland bekennt sich ausdrücklich, immer wieder, äußerst glaubhaft und mit viel Leidenschaft und
Die Landesgruppe hat sich den Stellungnahmen und der Positionierung des Bundesvorstands angeschlossen und unterstützt sie aktiv, was aber, ehrlich gesagt, bei diesem Landesvorstand auch keine Überraschung ist, wenn ich das sagen darf.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich kann den Wunsch sehr gut nachvollziehen, dass die Deutschen aus Russland mit Rechtsextremen nicht über einen Kamm geschoren werden wollen. Wer will das schon? - Ich nehme diese Sorge sehr ernst. Wir alle sollten uns um eine Versachlichung der Diskussion und um eine Differenzierung bemühen.
Die Antwort der Landesregierung auf die Große Anfrage nimmt deswegen Bezug auf Studien des Berlin-Instituts für Bevölkerung und Entwicklung und auf den Forschungsbericht 20 des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge. Diese Studien ermöglichen eine sachliche und differenzierte Betrachtungsweise. Sie belegen - ich zitiere -
„eine durchweg positive Entwicklung bei der Eingliederung der Spätaussiedlerinnen und Spätaussiedler... und ihrer Familienangehörigen in die bundesdeutsche Gesellschaft“.
Das Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung fasst in seiner Studie in Bezug auf die Integration von Spätaussiedlerinnen und Spätaussiedlern und Aussiedlerinnen und Aussiedlern zusammen - ich zitiere wieder -:
„Ebenfalls gute Integrationswerte, und das widerlegt zum Teil die öffentliche Wahrnehmung, weist die sehr große Gruppe der Aussiedler auf. Über diese war bisher wenig bekannt, weil die Zugewanderten sofort einen Anspruch auf einen deutschen Pass haben und bisher statistisch nicht mehr zu identifizieren waren. Sie werden in dieser Studie erstmals als eigene Gruppe untersucht.
Die Aussiedler sind mit einem vergleichsweise hohen Bildungsstand nach Deutschland gekommen. Sie finden sich relativ gut auf dem Arbeitsmarkt zurecht, und viele Faktoren weisen darauf hin, dass sie sich aktiv um die Integration in der Gesellschaft bemühen. So hat sich die Generation der in Deutschland Geborenen gegenüber der ihrer Eltern in jeder Hinsicht deutlich verbessert.“
Dem vorgenannten Forschungsbericht des Bundesamtes sind die zentralen Ergebnisse der umfänglichen Studie vorangestellt und in 16 Punkten zusammengefasst. Inhalte betreffen beispielsweise die Struktur der schulischen und beruflichen Qualifikationen, die Erwerbs- bzw. Arbeitslosigkeit, die Einkommenssituation von Spätaussiedlern, ihr zivilgesellschaftliches Engagement oder Sprachkenntnisse im Vergleich zu anderen Migrationsgruppen. Näheres dazu ist in der Antwort auf die Frage 23 dargestellt.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, man kann sagen: Die Integration der Spätaussiedler in Deutschland ist eine Erfolgsgeschichte.
In Deutschland leben heute mehr als 4,5 Millionen Aussiedler mit ihren Familienangehörigen. Der ganz überwiegende Teil der Russlanddeutschen ist in Deutschland längst gut integriert. Sie teilen unsere gemeinsamen Werte, stehen zur freiheitlich demokratischen Grundordnung und haben sich nach ihrer Ankunft aktiv und gewinnbringend in die deutsche Gesellschaft eingebracht.
Die Landesregierung möchte spät ausgesiedelte und ausgesiedelte Menschen weiterhin dabei unterstützen, ihre kulturelle Identität zu wahren oder wiederzugewinnen. Die Unterstützungsleistungen für Spätaussiedler, die in der Beantwortung der Großen Anfrage im Einzelnen dargestellt wurden, sind ein Zeichen der Solidarität mit Spätaussiedlern.
Auch die von mir bereits in den Anfängen meiner Amtszeit übernommene Patenschaft über die Landesgruppe der Landsmannschaft der Deutschen aus Russland und die Teilnahme von Mitgliedern des Landtags und der Landesregierung an landsmannschaftlichen Veranstaltungen sind ein Zeichen dieser Wertschätzung.
Aus Fremden, die sie anfangs waren, sind über die Jahre Nachbarn und Freunde geworden, die ganz selbstverständlich zu uns gehören.
Die Leistungen der Spätaussiedler verdienen nach Auffassung der Landesregierung Lob und größte Anerkennung. Der ganz große Teil von ihnen hat sich eigenverantwortlich und vorbildlich in unsere Gesellschaft eingebracht. Ich bin sicher, dass die Erfolgsgeschichte der Spätaussiedlerinnen und Spätaussiedler um viele weitere Kapitel ergänzt werden wird. Auf die Unterstützung meines Minis
Meine sehr geehrten Damen und Herren, der Landtagspräsident, Herr Busemann, hat in seiner Festrede anlässlich der Gedenkfeier der Landsmannschaft der Deutschen aus Russland im Grenzdurchgangslager Friedland zum 75. Jahrestag der sogenannten Stalin-Dekrete den Wunsch formuliert, dass die Deutschen aus Russland auch weiterhin eine so positive Stellung in unserer freiheitlichen und offenen Gesellschaft einnehmen können und dabei ihre ganz eigene Identität zu bewahren wissen. Meine Damen und Herren, diesem positiven Ausblick schließt sich die Niedersächsische Landesregierung vollumfänglich an.
Ich darf hinzufügen: Jeder, der an Veranstaltungen der Landsmannschaft teilnimmt - egal, ob es Veranstaltungen aus traurigem Anlass, Weihnachtsfeiern oder andere Veranstaltungen sind -, und auch ich für meinen Teil fühle mich nicht nur wegen meines russischen Vornamens und meiner rudimentären russischen Sprachkenntnisse immer sehr wohl bei ihnen. Ich genieße die Atmosphäre, die Freundlichkeit und die Herzenswärme, mit der sie die Menschen bewirten, mit der sie sie begrüßen und sie in ihre Mitte aufnehmen. Es ist mir immer wieder eine Freude, bei ihnen zu sein.
Vielen Dank, Herr Minister Boris Pistorius. - Wir fahren jetzt fort mit dem Kollegen Bachmann, SPDFraktion. Bitte!
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Auch von unserer Seite ein herzliches Dankeschön an den Minister und all seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die die Zahlen, Daten und Fakten zusammengetragen haben, die uns wirklich weiterhelfen, wenn es um den Dialog und um die Bereiche geht, in denen noch viel zu tun ist.
Aber jetzt zu Ihnen, liebe Kollegin Lorberg. Es ist schon ein bisschen Geschichtsklitterung, dass Sie hier so tun, als hätte die CDU den Alleinvertretungsanspruch, wenn es um das Engagement zugunsten der Menschen geht, die aus Russland
in ihre frühere Heimat zugewandert sind. Nein, Frau Lorberg, Sie haben da keinen Alleinvertretungsanspruch!
Bitte nehmen Sie zur Kenntnis, dass ich vor gar nicht langer Zeit als einer der zuständigen Kontaktleute meiner Fraktion von der Landsmannschaft der Deutschen aus Russland deren höchste Auszeichnung bekommen habe, nämlich die Goldene Ehrennadel. Die bekommt man doch nicht für zwei Jahre Engagement!