Protocol of the Session on October 26, 2016

(Helge Limburg [GRÜNE]: Das ist nicht unter Ihrem Niveau, Herr Ho- cker, das ist genau Ihr Niveau! Ich bin entsetzt!)

Sie regieren vollständig über die Köpfe der Menschen hinweg.

Eines sage ich Ihnen nur einmal so: Sie fordern an anderer Stelle immer wieder, die Brenntage abzuschaffen, oder Sie haben sie schon abgeschafft. Sie verlangen von den Menschen, dass sie Kilometer um Kilometer Grünschnitt durch Niedersachsen transportieren, wollen aber gleichzeitig den Menschen verweigern, dass sie Hannover mit dem Auto befahren. Das passt überhaupt nicht zusammen.

Ich sage Ihnen als Letztes: Ich empfinde diese Form von Politik nicht nur als arrogant und über die Köpfe der Menschen hinweg, sondern ich finde sie auch ungemein fantasielos; denn Ihre einzige Reaktion ist, dem Ganzen mit Verboten zu begegnen.

Dass man Menschen innerhalb der Politik auch mit Kreativität und Überzeugungskraft begegnen und so Politik gestalten kann, entzieht sich ganz offensichtlich komplett Ihrem Bewusstsein. Sie schwingen die Verbotskeule. Damit schaffen Sie keine Akzeptanz für Instrumente. Deswegen gehört auch letzten Endes die blaue Plakette abgeschafft bzw. überhaupt nicht erst eingeführt.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Dr. Hocker. - Für die SPD-Fraktion hat nun das Wort Herr Kollege Henning. Bitte!

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Stickoxide in der Atemluft gefährden die Gesundheit von Menschen. Das haben wir heute schon häufiger gehört. Sie führen zu erheblichen Atemwegsbeeinträchtigungen und -schädigungen. Vorgeschädigte Personen, Kinder und vor allen Dingen ältere Menschen sind besonders gefährdet. Herr Bode, ich kann es mir nicht verkneifen: Die Mutter eines an Krebs erkrankten Kindes wird Ihre Ausführungen von vorhin zum GTI und zur Spaßgesellschaft nicht so witzig gefunden haben, wie Sie das vielleicht gemeint haben.

(Zustimmung bei der SPD und bei den GRÜNEN - Christian Grascha [FDP]: Unterste Schublade! - Zuruf von der FDP: Auf welchem Niveau argumen- tieren Sie denn bitte?)

Das Erkrankungsrisiko steigt mit der Höhe der Konzentration der Schadstoffe in der Atemluft deutlich an.

(Christian Grascha [FDP]: Peinlich, peinlich!)

- Sie können sich gleich gerne zu Wort melden.

Das deutsche Immissionsschutzrecht gibt in der Umsetzung der europäischen Luftqualitätsrichtlinie vor, dass bei der Überschreitung eines Immissionsgrenzwertes die zuständige Behörde einen Luftreinhalteplan aufzustellen hat. Die zuständigen Behörden sind in Niedersachsen auf der kommunalen Ebene angesiedelt. Herr Bode, noch einmal zur Erinnerung: Es war der FDP-Umweltminister Sander, der den Kommunen in Niedersachsen die Verpflichtung zur Aufstellung von Luftreinhalteplänen auferlegt hat. In 15 von 16 Bundesländern sind die Bundesländer selbst zur Aufstellung von Luftreinhalteplänen verpflichtet und eben nicht die Kommunen.

(Zuruf von der FDP: Wir trauen den Kommunen halt was zu!)

Nur Herr Sander hat das den Kommunen aufgebürdet, und damit übrigens auch die Kosten. Ich bezeichne das als kommunalfeindliche Politik

(Zuruf von der FDP: Wieso das denn?)

und als Flucht aus der Verantwortung der damaligen schwarz-gelben Landesregierung, meine Damen und Herren.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Die Ermittlungen der Luftschadstoffbelastung in Niedersachsen erfolgt durch das Staatliche Gewerbeaufsichtsamt Hildesheim. Die Messergebnisse für das Jahr 2015 zeigen sehr deutlich, dass bei sieben niedersächsischen Städten die Grenzwerte überschritten sind. Das sind die Städte Hannover, Oldenburg, Osnabrück, Braunschweig, Hildesheim, Hameln und Göttingen, also typischerweise die Ballungszentren in städtischen Gegenden.

Hauptverursacher der örtlichen Stickstoffdioxidbelastung sind die Emissionen von Kraftfahrzeugen. Nach Angaben des Umweltbundesamtes trägt der Kraftfahrzeugverkehr zu 60 % dieser Emissionen bei. Damit sind die Dieselfahrzeuge für die häufige Nichteinhaltung von NO2-Luftqualitätsgrenzwerten an Straßen von entscheidender Bedeutung. Neben den Diesel-Pkws tragen aber auch Nutzfahrzeuge und Busse im ÖPNV maßgeblich zur Belastung bei.

Meine Damen und Herren, was folgt nun aus dieser Erkenntnis? - Die Umweltministerkonferenz hat das Thema Luftreinhaltung mehrfach behandelt. Auf der Sondersitzung der Umweltministerkonferenz am 7. April in Berlin wurden u. a. Maßnahmen zur Vermeidung zukünftiger Abgasmanipulationen und weitergehende Maßnahmen zur Förderung emissionsfreier und emissionsarmer Fahrzeuge, also Elektromobilität und Erdgasfahrzeuge, beschlossen.

Was wir aus meiner Sicht brauchen, sind Förderprogramme des Bundes, um stärkere finanzielle Anreize zur Modernisierung der Fahrzeugflotte zu schaffen, etwa eine Prämie bei der vorzeitigen Anschaffung eines Pkw in Euro-6-Norm oder ein Förderprogramm zur Anschaffung emissionsarmer schwerer Nutzfahrzeuge.

(Dr. Stefan Birkner [FDP]: Der Bund wird es schon richten!)

An dieser Stelle sage ich auch sehr deutlich: Die SPD-Landtagsfraktion lehnt die Einführung der blauen Plakette als unverhältnismäßig ab, da sich das Problem mit der Einführung der ab 2016 geltenden Euro-6-Norm und fortschreitender Flottenmodernisierung von selbst in den Griff bekommen lässt. Das haben wir heute schon zweimal ausgeführt.

Ab 2016 werden die NO2-Emissionen mit entsprechender Durchdringung der Dieselflotte deutlich sinken. Allerdings könnte der Bund diesen Prozess beschleunigen, wenn es finanzielle Anreize durch Förderprogramme gäbe, die aus unserer Sicht der deutlich bessere Weg sind, als die blaue Plakette einzuführen.

Ebenso wichtig wie Förderprogramme, meine Damen und Herren, sind auch steuerliche Anreize, die etwa durch den Bund oder durch die EU erfolgen könnten.

(Zustimmung bei der SPD - Unruhe)

Einen Moment, bitte, Herr Kollege! Die Uhr wird angehalten. - Wir fahren erst fort, wenn hier wieder etwas mehr Ruhe eingekehrt ist. Das betrifft alle Seiten des Hauses. - Vielen Dank.

Bitte, Herr Kollege!

Was wir neben steuerlichen Anreizen brauchen, ist natürlich auch der verstärkte Einsatz von Elektroautos sowie Erdgasbussen und Elektrobussen im ÖPNV. Aus meiner Sicht ist hier Niedersachsen Vorreiter; denn dank der Bemühungen unseres Wirtschaftsministers Olaf Lies - er ist gerade nicht da - gibt es mittlerweile eine Kaufprämie für Privatleute für den Kauf eines Elektroautos. Auch das von der Landesregierung aufgelegte Förderprogramm zur Erneuerung von Bussen fördert elektrisch betriebene Busse im ÖPNV besonders stark. Das sind aus meiner Sicht wichtige und richtungweisende Entscheidungen unserer Landesregierung in diesem Themenbereich.

Lassen Sie mich zwei Beispiele nennen: Das Land Niedersachsen wird die Stadtwerke Osnabrück mit einer Förderung von über 3 Millionen Euro beim Kauf von Elektrobussen unterstützen. Für eine Gesamtinvestitionssumme von 9 Millionen Euro wollen die Osnabrücker Stadtwerke insgesamt 13 Elektrobusse anschaffen und damit eine komplette Linienverbindung im Stadtgebiet vollständig elektrifizieren. Insgesamt nimmt das Land viel Geld in die Hand, nämlich 84,9 Millionen Euro, um den öffentlichen Nahverkehr in Niedersachsen besonders zu fördern.

Die Stadt Oldenburg ist ausgezeichnet worden. Sie plant die komplette Umstellung der Busflotte auf Bioerdgas. Bereits seit 2015 laufen 74 Busse mit Bioerdgas. Der Rest wird dann im Jahr 2016 erfol

gen. Dadurch werden sich die Stickstoffemissionen erheblich reduzieren.

(Glocke der Präsidentin)

Dafür ist Oldenburg ausgezeichnet worden. Herzlichen Glückwunsch an den Kollegen Ulf Prange in Oldenburg!

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Für die deutsche Autoindustrie wird die verstärkte Nutzung von Elektrofahrzeugen, der gesamte Bereich der Fertigung von E-Fahrzeugen in Zukunft ein immer wichtigeres Geschäftsfeld werden. Wenn die öffentliche Hand die Ladeinfrastruktur ausbaut, die Forschung und Entwicklung von Batterietechniken und Speicherkapazitäten vorankommen und weiterhin finanziell gefördert werden, dann erschließt sich auch für die Automobilindustrie ein zusätzliches Geschäftsfeld, nämlich Elektromobilität.

Kommen Sie jetzt bitte zum Schluss, Herr Kollege!

VW will bis Mitte der 2020er-Jahre 30 % Elektrofahrzeuge verkaufen.

Ich danke für die Aufmerksamkeit. Ich glaube, wir sind da im Autoland Niedersachsen auf einem guten Weg.

(Lebhafter Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Henning. - Für die CDUFraktion hat nun Herr Kollege Bäumer das Wort. Auch hier darf ich noch einmal um Ihre Aufmerksamkeit bitten.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren!

Frau Präsidentin!

(Beifall bei der SPD)

Entschuldigung! - Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Gute Luft in unseren

Städten - ja, das ist ein wichtiges Thema. Aber ich habe heute Morgen relativ wenig davon gehört.

Ich muss sagen: Frau Kollegin Piel, Politik besteht nicht allein aus dem Beschreiben der Vergangenheit, sondern dafür braucht es ein bisschen mehr Innovationskraft, ein bisschen mehr Dynamik. Aber davon war heute auf grüner Seite nichts zu spüren.

Die Debatte in den vergangenen Wochen war relativ interessant. Da waren sich der rote Lies und der grüne Wenzel bei der blauen Plakette uneinig. Es gab kein grünes Licht, so war zu lesen, vom roten Lies. Auch die Barbara war nicht schwarz, sondern rot und auch gegen blau. Meine sehr geehrten Damen und Herren, das ist eine totale Farbverwirrung in der Umweltpolitik. Am Ende besteht die große Gefahr, bei diesem Thema farbenblind zu werden.

Wir erleben bei diesem Punkt - ich glaube, deswegen steht er heute Morgen auf der Tagesordnung - die Uneinigkeit von SPD und Grünen. Ich habe mich vorhin ehrlicherweise gefragt, warum Frau Piel und Herr Henning so gesprochen haben, wie sie gesprochen haben. Ich glaube, dabei ging es nur darum, hier im Plenum klarzumachen, was der eine von dem anderen hält.