Protocol of the Session on September 14, 2016

gemäß bedauere, dass die kreisangehörige Gemeinde Rastede dem Wahlkreis Wesermarsch zugeordnet bleibt, wie es seit 2011 der Fall ist. Aber auch dort sieht man mit Blick auf den verfassungsrechtlichen Grundsatz der Gleichheit der Wahl, dass es nicht anders machbar ist, und hält dies für nachvollziehbar.

(Glocke der Präsidentin)

Deshalb weise ich auch noch einmal den Vorwurf aus dem Bereich Wesermarsch zurück, dass wir eine Wahlkreisreform rein mathematisch, ohne Rücksicht auf die dort lebenden Menschen, gemacht hätten. Wir diskutieren hier keine Kreisreform, und die Kooperationen und die Ausrichtungen vor Ort bleiben so. Sie werden davon nicht berührt. Wir sollten die Kirche im Dorf lassen. Das Kreishaus der Wesermarsch bleibt auch in Brake.

Sie müssen zum Schluss kommen, Frau Kollegin!

Noch ein Satz! - Die Gemeinde Jade bleibt im Landkreis Wesermarsch, und Schiffdorf bleibt im Landkreis Cuxhaven. Ich glaube, ganz wichtig ist es für die Wähler und Wählerinnen, dass sie zukünftig wohnortnah und barrierefrei ihre Stimme abgeben können. Das und die Verfassungsmäßigkeit demokratischer Wahlen sind elementar.

Also stimmen Sie bitte zu!

(Beifall bei den GRÜNEN und Zu- stimmung bei der SPD)

Vielen Dank, Frau Kollegin. - Nun hat für die CDUFraktion Frau Kollegin Jahns das Wort. Bitte!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Allgemeine, gleiche und freie Wahlen gehören zu den grundlegenden Säulen einer Demokratie. Jede Stimme ist gleich viel wert, jede Stimme zählt gleich viel, und jede Stimme soll bei einer Wahl die gleiche Erfolgschance haben, wie das Bundesverfassungsgericht feststellt. In der Praxis ist es jedoch schwierig, dies umzusetzen.

In Deutschland haben wir uns bei den Wahlen für die Parlamente für das personalisierte Verhältniswahlrecht entschieden. Damit werden die Vorteile des Verhältniswahlrechts und des Mehrheitswahl

rechts verbunden. Wir haben Wahllisten, aber auch Direktkandidaten.

Der rot-grüne Gesetzentwurf ändert die Einteilung der Wahlkreise mehrerer Direktkandidaten hier in Niedersachsen, und zwar erheblich. Gleichzeitig geht der Gesetzentwurf aber nicht weit genug, und es ist bereits absehbar - darauf hat die Kollegin auch schon hingewiesen -, dass es nach den nächsten Landtagswahlen eine weitere Änderung der Wahlkreise geben wird. Besonders in Südniedersachsen entsprechen die Wahlkreise nicht mehr den wünschenswerten Zahlen. Der Süden Niedersachsens ist tendenziell mit zu vielen Abgeordneten bedacht, wie wir dem Bericht der Landeswahlleiterin zu den Wahlkreisen entnehmen konnten. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt, dass Rot-Grün das nicht anfasst.

Wahlkreise müssen annähernd gleich groß sein, damit der Grundsatz der Wahlgleichheit erfüllt ist. Es wäre undemokratisch, wenn ein Wahlkreis mit 100 000 Wahlberechtigten im Landtag von einer Person und ein anderer Wahlkreis mit 200 000 Wahlberechtigten ebenfalls mit einem oder einer Abgeordneten vertreten wäre. Über die Listen kann man das etwas ausgleichen, aber nicht vollständig.

Wahlkreise können aber nie genau gleich groß sein, weil örtliche Gegebenheiten und Strukturen berücksichtigt werden müssen. Das ist in einer großen Stadt leichter möglich. So ist die vorgeschlagene Änderung der beiden Wahlkreise in Osnabrück leichter umzusetzen und zerstört keine Strukturen, auch wenn hier vielleicht für den Innenminister ein Wahlkreis gezimmert werden soll.

(Dr. Max Matthiesen [CDU]: Hey!)

Anders ist dies bei der geplanten Änderung der Wahlkreise Wesermarsch und Friesland. Die Gemeinde Jade soll vom Wahlkreis 71 - Wesermarsch - in den Wahlkreis 70 - Friesland - wechseln. Die Gemeinde Jade wird mit 5 000 Einwohnern dann als einzige Gemeinde des Landkreises Wesermarsch zu einem Wahlkreis gehören, der ansonsten ausschließlich aus dem Landkreis Friesland besteht. Die Menschen in Jade haben nichts gegen den Landkreis Friesland, aber sie gehören zum Landkreis Wesermarsch, und sie sind politisch auch so orientiert. Daher haben sie kein Verständnis für diese Änderung.

Wir haben mit dem Gesetzgebungs- und Beratungsdienst gesprochen. Dieser stellt in Anlehnung an die Rechtsprechung des Bundesverfassungs

gerichts fest, dass der Gesetzgeber bei der Wahlkreiseinteilung berücksichtigen soll, dass jeder Wahlkreis nach dem Gedanken der territorialen Verankerung des im Wahlkreis gewählten Abgeordneten zugleich ein nach örtlichen, historischen, wirtschaftlichen, kulturellen oder ähnlichen Gesichtspunkten zusammengehörendes und abgerundetes Ganzes bilden soll. Auch sollen sich die historisch verwurzelten Verwaltungsgrenzen nach Möglichkeit mit den Wahlkreisgrenzen decken. Schließlich soll die räumliche Gestalt des Wahlkreises eine gewisse Kontinuität aufweisen und deswegen nicht ständig geändert werden, um eine engere persönliche Beziehung des Wahlkreisabgeordneten zu seinem Wahlkreis zu ermöglichen.

Das alles spricht dagegen, die Gemeinde Jade dem Wahlkreis Friesland zuzuschlagen. Sie ist im Wahlkreis Friesland, der sonst nur aus dem Landkreis besteht, ein Fremdkörper und mit knapp 6 000 Einwohnern auch zu klein, um eine Rolle zu spielen.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, ja, der Wahlkreis Wesermarsch ist sehr groß. Er hat aber noch eine Größe, bei der das Bundesverfassungsgericht nicht davon ausgeht, dass diese Abweichung schon allein zur Rechtswidrigkeit der Wahl führt. Diese Abweichung könnte man hinnehmen, wenn man wollte.

SPD und Grüne wollen jedoch die Gemeinde Jade verschieben. Das lässt vermuten, dass es hier doch darum geht, Wahlkreise für sich passend zuzuschneiden.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, die dritte Änderung, die mit dem Gesetzentwurf beschlossen werden würde, ist besonders einschneidend. Hier werden drei Wahlkreise völlig neu zugeschnitten. Die Wahlkreise 57, 58 und 59 - bislang Hadeln/Wesermünde, Cuxhaven und Unterweser - werden kaum noch zu erkennen sein. Dies hat gravierende Auswirkungen für unsere Kollegin Vockert, der Rot-Grün den Wohnort aus dem Wahlkreis herausschneiden will.

(Astrid Vockert [CDU]: Wer will mich da ärgern?)

Als Begründung wird die Fusion der Stadt Langen mit der Samtgemeinde Bederkesa zur neuen Stadt Geestland genannt. Beide gehörten bislang zu unterschiedlichen Wahlkreisen.

Richtig ist, dass das Wahlgesetz vorsieht, dass die gesamte Kommune dem Wahlkreis Cuxhaven

zuzuschlagen wäre, der dadurch aber eindeutig zu groß ist. Die Frage ist: Wie ist hiermit umzugehen?

Unseres Erachtens hätte man hier eine Regelung finden müssen und können, die den Fortbestand der bisherigen Wahlkreise ermöglicht hätte. Die Landeswahlleiterin - Frau Kollegin Janssen-Kucz, Sie haben ja vorhin auch schon auf die Landeswahlleiterin hingewiesen - hat mehrere Alternativvorschläge gemacht, die eine andere Lösung ermöglicht hätten. Aber Sie haben sich wirklich für die schlechteste aller Lösungen und aller Alternativen ausgesprochen.

(Zustimmung bei der CDU - Meta Janssen-Kucz [GRÜNE]: Sie haben sich allem versperrt!)

Es ist wirklich die Frage, warum Sie das tun und damit in den Wahlkreis unserer Kollegin Vockert derart eingreifen.

(Astrid Vockert [CDU]: Weil sie sich nicht auskennt!)

Gerade für die Zukunft könnte dies aufgrund der demografischen Entwicklung weitere Anpassungen erforderlich machen. Sie können sich also darauf einstellen, dass Sie hier demnächst noch einmal eine Änderung vornehmen müssen bzw. vom Gesetzgeber dazu gezwungen werden oder von der Landeswahlleiterin den Vorschlag dazu bekommen.

Dieser Gesetzentwurf von Rot-Grün, meine Damen und Herren, springt teilweise zu weit und in manchen Bereichen gar nicht, wo man eine große Korrektur hätte vornehmen können.

Es ist schon bezeichnend, dass dieser Gesetzentwurf nicht aus dem Ministerium kommt, sondern von den Fraktionen von Rot-Grün. Leider hat man es auch vorher versäumt, mit uns bzw. mit allen Fraktionen konstruktive Gespräche zu führen. Sie haben es vorhin zwar kurz angefügt, aber Sie sind auch nicht auf uns zugekommen - sicherlich, weil Sie davon ausgegangen sind, dass Sie mit diesen Änderungen keinen Konsens mit uns finden.

(Zuruf von der CDU: Das nennt man Dialogkultur!)

- Genauso ist es, das ist die Dialogkultur von RotGrün.

Ich kann Ihnen schon sagen, dass wir diesem Gesetzentwurf natürlich nicht zustimmen werden. Sie werden sicherlich bei den nächsten Wahlen selber

Probleme mit dieser Zuteilung von Wahlkreisen haben.

Danke schön.

(Beifall bei der CDU und Zustimmung von Jan-Christoph Oetjen [FDP])

Vielen Dank, Frau Kollegin Jahns. - Für die FDPFraktion hat nun Herr Kollege Oetjen das Wort.

Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Sie von Rot und Grün haben sich dafür entschieden, keine große Reform zu machen,

(Bernd Lynack [SPD]: Ein Reförmchen!)

sondern ein bisschen da, wo es dringend notwendig ist, Korrekturen herbeizuführen, insbesondere im Landkreis Cuxhaven, wo wegen der Fusion mehrerer Gebietskörperschaften ein Neuzuschnitt der Wahlkreise notwendig war. Das ist Ihr gutes Recht, das nicht grundlegend anzupacken, auch wenn die Vorredner hier aus meiner Sicht zu Recht gesagt haben, dass uns das irgendwann bevorsteht. Aber das wollen Sie nicht. Das ist okay.

Das, was Sie dann in den Einzelpunkten gemacht haben, ist in den meisten Fällen nachvollziehbar, auch wenn beispielsweise die Gemeinde Jade das nicht gut findet. Aber ich kann es verstehen, dass man sich so entscheidet.

Den Zuschnitt, den Sie sich im Kreis Cuxhaven ausgedacht haben, kann dort aber kein Mensch verstehen. Ich sage Ihnen das so, wie es ist. Ich habe den Eindruck, da durfte sich der SPDUnterbezirksvorstand einmal eine Karte malen, wie er es gern hätte. Das haben Sie dann als Gesetzentwurf für den Neuzuschnitt der Landkreise hier in den Landtag eingebracht. Das ist wirklich nicht in Ordnung, verehrte Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Ich will Ihnen, verehrte Kolleginnen und Kollegen, auch klar sagen, warum das so ist. Sie schneiden einen neuen Wahlkreis 58 mit Cuxhaven, Hadeln und der Samtgemeinde Am Dobrock. So weit okay.

Dann gibt es einen zweiten Wahlkreis mit Schiffdorf und der Wurster Nordseeküste - das liegt an der Weser; das sage ich für diejenigen, die sich dort nicht auskennen -, der über Geestland, Lamstedt und Hemmoor bis an den Kreis Stade

herangeht. Der geht also von den Orten vor den Toren Bremerhavens bis Stade.

Darunter kommen die südlichen Gemeinden des Landkreises Cuxhaven, nämlich Hagen und Loxstedt mit Schwanewede und Hambergen, was Sie früher auch schon hatten. Denen ordnen Sie die Gemeinde Beverstedt dazu.

Warum machen Sie das? Warum ordnen Sie die Gemeinde Beverstedt diesem Wahlkreis zu, nachdem sie doch vorher mit Lamstedt und Hemmoor in dem anderen Wahlkreis gewesen ist, nehmen aber die Gemeinde Schiffdorf, wo die Kollegin Vockert wohnt, aus diesem Wahlkreis heraus und schieben sie auf einmal nach Lamstedt und Hemmoor, sodass Schiffdorf nicht mehr mit den restlichen Gemeinden im südlichen Strang rund um Bremerhaven zusammen ist, wo es eine Vernetzung im Raum gibt, der eigentlich zusammen betrachtet werden muss? - Schiffdorf nehmen Sie dort heraus.