Protocol of the Session on September 14, 2016

Sie haben vom strukturellen Defizit gesprochen. Ich erinnere Sie gerne: 2009 hatten Sie ein strukturelles Defizit von 2,2 Milliarden Euro, 2010 von 2 Milliarden Euro und 2011 von 1,2 Milliarden Euro. Und Sie halten uns vor, wir würden hier nicht genug tun? Was war das denn damals?

(Mechthild Ross-Luttmann [CDU]: Der Unterschied ist: Damals hatten wir die Wirtschaftskrise! Jetzt haben wir die Steuermehreinnahmen!)

2017 haben wir ein strukturelles Defizit von noch 750 Millionen Euro, 2018 laut Mipla von 400 Millionen Euro und 2019 von 100 Millionen Euro. Das strukturelle Defizit wird weiter abgebaut. Wir sorgen dafür!

(Zuruf von der CDU: Und 2020?)

- 2020 ist es bei null! Das müsste es aber unter jeder Regierung sein; denn dann greift ja die Schuldenbremse.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD - Editha Lorberg [CDU]: Man kann doch die Vergangenheit nicht so einfach ausblenden!)

Sparen über den Plan hinaus funktioniert nur - und wir sparen ja schneller, als es ursprünglich geplant war -,

(Zuruf von Heiner Schönecke [CDU])

wenn wir zugleich umfangreiche wichtige Zukunftsinvestitionen in Bildung und Infrastruktur leisten.

(Mechthild Ross-Luttmann [CDU]: Glauben Sie eigentlich, was Sie sa- gen?)

Dass dies beides - Sparen und die wichtigen Zukunftsinvestitionen - zusammen geht, das zeigt dieser gelungene Entwurf für den Doppelhaushalt 2017/2018, für dessen Vorlage ich mich beim Finanzminister und beim Kabinett ganz ausdrücklich bedanken möchte.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Dass in diesem Entwurf Grün einen wichtigen Unterschied macht, zeigen einige Maßnahmen, auf die ich kurz eingehen will.

Ein Leuchtturm ist ganz sicher die von unserer grünen Wissenschaftsministerin umgesetzte Sprachförderung für alle Flüchtlinge, und zwar von Anfang an und unabhängig vom Aufenthaltsstatus. Während der Bund nur Integrations- und Sprachkurse von anerkannten Asylbewerbern oder solchen im Verfahren mit einer „guten Bleibeperspektive“ finanziert, geht Niedersachsen als Vorreiter unter den Ländern voran, alle Geflüchteten zu unterstützen: Mit diesem Haushalt werden für sie 30 000 Kursplätze für Basisspracherwerb im Umfang von 300 Stunden geschaffen. Das ist der richtige Weg.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Wir setzen dabei um, was z. B. der Chef des Instituts der deutschen Wirtschaft, Herr Hüther, in der Welt gefordert hat. Ich zitiere:

„Die Sprache ist der wichtigste Hebel, um Integration zu fördern. Deshalb sollten allen Flüchtlingen obligatorische Sprachkurse angeboten werden... Aber auch wenn der Asylantrag abgelehnt wird und der Betroffene wieder nach Hause fährt … Die Kenntnisse nimmt derjenige schließlich mit. Über

dies ist es gut, wenn die Flüchtlinge hier vom ersten Tag an etwas tun können, das sie weiterbringt.“

(Christian Dürr [FDP]: Aber Sie ma- chen das doch nicht! Wir haben zu wenige Sprachlernklassen!)

Sie sehen, in dieser Auffassung stehen wir Seite an Seite mit der Wirtschaft.

(Christian Dürr [FDP]: Aber Sie ma- chen das doch nicht!)

Das ist genau das, was die grüne Wissenschaftsministerin in ihrem Wissenschaftsetat zum Thema Erwachsenenbildung und zum Thema Spracherwerb umsetzt.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD - Christian Dürr [FDP]: Aber Sie machen es nicht!)

Genau das sollten nicht nur wir machen. Sie sollten sich dem genauso anschließen wie die Bundesregierung. Sie ist darin nämlich untätig und macht nur das Mindeste.

(Christian Dürr [FDP]: Ach so, die Bundesregierung ist verantwortlich für die Sprachlernklassen!)

Auf vieles kann ich jetzt nicht mehr eingehen. Ein wichtiges Anliegen ist es uns auch, energetische Sanierungen fortzusetzen. Wir setzen uns mit diesem Haushalt das Ziel, die landeseigenen Gebäude bis zum Jahr 2050 klimaneutral auszugestalten.

(Christian Grascha [FDP]: Das ist vor allem gut für das Koalitionsklima!)

Ich glaube, auch das ist ein sehr wichtiger Maßstab, den wir für die rot-grüne Landesregierung setzen.

Ich bedanke mich für diesen guten Entwurf und freue mich schon auf die sicher interessanten Beratungen in den Ausschüssen.

Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege. - Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor, sodass ich die Beratung schließen kann.

Wir kommen zur Ausschussüberweisung, zunächst zu Tagesordnungspunkt 7. Hier soll federführend der Ausschuss für Haushalt und Finanzen und mitberatend alle Fachausschüsse sein. Wer so beschließen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Sie haben so beschlossen.

Wir kommen nun zur Ausschussüberweisung zu Tagesordnungspunkt 8. Hier soll federführend der Ausschuss für Haushalt und Finanzen und mitberatend der Ausschuss für Rechts- und Verfassungsfragen, der Ausschuss für Inneres und Sport sowie der Ausschuss für Soziales, Frauen, Familie, Gesundheit und Migration sein. Wer so beschließen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Sie haben so beschlossen.

Ich rufe auf den

Tagesordnungspunkt 9: Abschließende Beratung: Gesetz zur Änderung des Niedersächsischen Landeswahlgesetzes - Gesetzentwurf der Fraktion der SPD und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 17/5736 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Inneres und Sport - Drs. 17/6417 - Schriftlicher Bericht - Drs. 17/6448

Der Ausschuss empfiehlt Ihnen, den Gesetzentwurf mit Änderungen anzunehmen.

Ich eröffne die Beratung.Das Wort hat für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Frau Kollegin Janssen-Kucz. Bitte!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Landeswahlleiterin hat dem Niedersächsischen Landtag innerhalb von 15 Monaten nach Beginn dieser Wahlperiode einen Bericht über die Entwicklung der Zahl der Wahlberechtigten in den Wahlgebieten vorgelegt und damit auch öffentlich gemacht. In der Landtagsdrucksache vom Juni 2014 hat sie einen umfassenden Entwurf für eine verfassungskonforme Einteilung der Landtagswahlkreise für die nächste, die 18. Wahlperiode vorgestellt.

Es ging ein Aufschrei durch alle Parteien und Fraktionen. Jeder überschlug sich mit öffentlichen Äußerungen und Pressemitteilungen. Aber danach war Schweigen im Walde, und die eigentlich notwendigen Gespräche über Fraktionsgrenzen hin

aus fanden nicht mit dem notwendigen Nachdruck statt.

Eine ähnliche Debattenlage hatten wir auch schon mal im Jahr 2011 unter der schwarz-gelben Landesregierung. Auch damals stand der Landtag vor der Aufgabe, dem Grundsatz der Wahlgleichheit Rechnung zu tragen. Das heißt, die Zahl der Wahlberechtigten überall im Land muss einigermaßen gleich sein; es darf keine Abweichung unter oder über die gesetzliche Toleranzgrenze von plus/minus 25 % der Wahlberechtigten in einem Wahlkreis geben.

Fakt ist, dass es aufgrund der Entwicklung der Bevölkerungszahlen in den betroffenen Bereichen auch jetzt wieder notwendig ist, die Wahlkreise neu zu ordnen. Denn mit den erst 2011 geänderten Wahlkreisen ist eine verfassungskonforme Durchführung der nächsten Landtagswahl nicht gewährleistet. Keiner von uns und auch die Wähler und Wählerinnen können nicht wollen, dass wir zur Landtagswahl Wahlkreise haben, die nicht verfassungskonform sind.

(Helge Limburg [GRÜNE]: Richtig!)

Mit dem rot-grünen Gesetzentwurf sorgen wir dafür, dass die nächste Landtagswahl verfassungskonform sein wird, wohl wissend, dass es eine verhältnismäßig kleine Reform ist, dass eine große Wahlkreisreform in den nächsten Jahren kommen muss und dann alle Parteien und alle Fraktionen gefordert sind. Den Reformen von 2011 und 2016 fehlte diese Weitsicht.

(Zuruf der Abg. Angelika Jahns [CDU])

- Zu dem Zuruf, es habe sich keiner herangetraut: Deshalb erwarte ich auch, dass wir nach der Wahl Anfang 2018 oder Ende 2017 parteiübergreifend mehr Kraft, Mut und Weitsicht aufbringen, um dies in der nächsten Legislaturperiode vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung umzusetzen.

(Glocke der Präsidentin)

Ich denke, alles, was vorher war, ist ein bekanntes Spiel, und das wiederholt sich. Dieses Mal ist es nicht anders.

Mir ist es wichtig, noch einmal deutlich zu machen: Diese Landtagswahlkreise liegen nicht immer in den Grenzen der Landkreise. Noch ausgeprägter - das wissen wir alle - ist es bei den Bundestagswahlkreisen. Aber es ist leider nicht anders möglich. Der Landkreis Ammerland hat auch jetzt in seiner Stellungnahme mitgeteilt, dass man natur

gemäß bedauere, dass die kreisangehörige Gemeinde Rastede dem Wahlkreis Wesermarsch zugeordnet bleibt, wie es seit 2011 der Fall ist. Aber auch dort sieht man mit Blick auf den verfassungsrechtlichen Grundsatz der Gleichheit der Wahl, dass es nicht anders machbar ist, und hält dies für nachvollziehbar.