Protocol of the Session on September 14, 2016

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Sie haben - das ist schon gesagt worden - in 2013 bedauerlicherweise eine der erfolgreichsten Landeskampagnen - gemeinsam mit der baden-württembergischen Kampagne - in Deutschland einfach eingestellt, eine Kampagne, die landes- und bundesweit Preise bekommen hat. Sie sind jetzt offensichtlich dabei, anhand des neuen Claims Ihren Internetauftritt zu bearbeiten. Ich habe mir das genau angeschaut. Sie geben laut Ihrer eigenen Pressemitteilung Steuergelder in Höhe von 350 000 Euro dafür aus, die Homepage der Landesregierung neu zu gestalten. Wissen Sie, was das Spannendste dabei ist? - Stichwort „Niedersachsen als das Land der Internationalität“. Für 350 000 Euro war nicht einmal eine englische Version drin.

(Jörg Bode [FDP] lacht)

Ich will Ihnen ganz ehrlich sagen: Wer so Politik macht, der ist so provinziell unterwegs, dass es in Deutschland seinesgleichen sucht.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Weil der Kollege Grascha übrigens nicht zum Haushaltsbegleitgesetz, sondern zu den Versäumnissen dieser Landesregierung zum Schluss noch einiges sagen wird, will ich auf das Thema innere Sicherheit zu sprechen kommen.

Sie reden von mehr Polizisten. Sie haben es auch gerade draußen bei der GdP getan. Es bildet sich aber nicht in Ihrem Landeshaushalt ab. Sie reden von besserer Ausstattung. Auch das bildet sich nicht in Ihrem Landeshaushalt ab. Ich bin sehr gespannt, wie Sie den Forderungskatalog der Gewerkschaft der Polizei in Niedersachsen am Ende des Tages auch in Regierungsverantwortung übernehmen, meine Damen und Herren.

(Johanne Modder [SPD]: Weihnachts- und Urlaubsgeld! Wer hat das eigent- lich gestrichen, Herr Dürr? - Christian Grascha [FDP]: Führen Sie das doch wieder ein!)

- Sie verwehren am Ende des Tages der Polizei das, was notwendig ist. Das haben wir mittlerweile festgestellt. Das ist keine Frage. Dass Sie die Prioritäten falsch setzen, habe ich eben gesagt.

(Zurufe von der SPD)

- Frau Kollegin, das, was in den letzten Monaten bei den niedersächsischen Sicherheitsbehörden aufgrund des Kurswechsels von SPD und Grünen passiert ist, das sucht seinesgleichen. Wir sind mittlerweile in einer Situation, in der der Präsident der Landesschulbehörde besser überwacht wird als ein islamistischer Terrorist, meine Damen und Herren. Es ist unerträglich, welche Sicherheitspolitik Sie in Niedersachsen machen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Sie machen neue Schulden. Sie haben bundesweit auch da die rote Laterne. Niedersachsen hat die niedrigste Investitionsquote von allen Bundesländern. Sie sind nicht in der Lage, bei den wichtigsten Politikfeldern, bei der inneren Sicherheit und bei der Bildung unserer Kinder, Prioritäten zu setzen, meine Damen und Herren. Dieser Doppelhaushalt, der letzte Doppelhaushalt unter Ihrer Regierungsverantwortung, ist ein einziges Zeugnis Ihres Versagens.

Herzlichen Dank.

(Starker Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Vielen Dank, Kollege Dürr. - Es hat jetzt das Wort die Vorsitzende der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, Kollegin Anja Piel. Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn es darum geht, die Lage zu analysieren, nehmen sich meine Vorredner nichts an Scharfsinn. Allein es genügt nicht, nur die Situation zu beschreiben. Wir haben von Herrn Thümler gehört, dass wir Mehreinnahmen haben, für die wir nicht verantwortlich sind. Wir haben von Herrn Dürr einen eindrucksvollen Lauf durch alle Themen, über die er sowieso schon einmal reden wollte, bevor er sich für Berlin bewirbt, gehört.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wir haben auch sehr eindrucksvoll erfahren, dass es einen Unterschied zwischen Geber- und Nehmerländern gibt. Das war uns völlig neu, Herr Dürr. Das hören wir das erste Mal.

Ich habe den Eindruck, CDU und FDP bleiben etwas hinter den aktuellen Erfordernissen zurück: der eine, weil er mit einem Fuß schon auf der Wanderung ist, der andere, weil er vielleicht in seiner Fraktion ein bisschen um eine Stellung werben muss, die er, wie wir ja in der vorherigen Debatte um den Verfassungsschutz gehört haben, nicht mehr so ganz hat, weil er nicht mal in der Lage ist, dafür zu sorgen, dass in Debatten die Würde dieses Hohen Hauses gewahrt wird.

(Beifall bei den GRÜNEN und Zu- stimmung bei der SPD)

Meine Damen und Herren, in komplizierten Zeiten wie diesen bringt Aktionismus nichts. Gerade jetzt dürfen wir die langfristigen Ziele nicht aus den Augen verlieren. Wenn wir grundlegende Probleme entdecken, müssen wir sie an der Wurzel anpacken, anstatt die Symptome zu behandeln. Darum begrüßen wir als Fraktion es, dass diese Landesregierung die Entscheidung getroffen hat, einen Doppelhaushalt vorzulegen, damit für die anstehenden Aufgaben in Niedersachsen Planungssicherheit geschaffen wird.

Die Landesregierung vereint mit diesem Doppelhaushalt zwei sehr wichtige Prinzipien. Erstens. Wir haben eine Idee davon, worauf es ankommt, und wir betreiben kein Schattenboxen, wie wir es eben eindrucksvoll gesehen haben. Wir machen wirksame Politik.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Damit einhergehend: Wir machen nicht nur Politik für die nächsten zwei Jahre, an deren Ende sicherlich die Wählerinnen und Wähler entscheiden werden, wer den nächsten Haushalt macht - Herr Dürr,

das sind gewisslich nicht Sie -, sondern wir machen Pläne für die Zukunft Niedersachsens. Wir haben eine Idee davon, wie sich dieses Land in 10 oder 20 Jahren weiterentwickeln wird und wie die Stärke dieses Landes dann aussehen kann.

(Beifall bei den GRÜNEN und Zu- stimmung bei der SPD)

Meine Damen und Herren, vielen Menschen in Niedersachsen geht es gut. Wir haben wenig Arbeitslosigkeit, und an unseren Schulen findet ein guter Unterricht statt. Wir leben, auch wenn das der Gefühlslage einiger widerspricht, so sicher wie nie. Das haben wir einer gut organisierten und gut motivierten Polizei zu verdanken, die wir nach Kräften unterstützen. Das gilt für diese Landesregierung genauso wie für die beiden sie tragenden Fraktionen.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Natürlich kann und muss vieles besser werden. Ich glaube, das hat vor allem etwas mit der Gerechtigkeit zu tun, die wir, SPD und Grüne, uns 2013 als Leitidee dieser Koalition gesetzt haben. Denn jede und jeder in Niedersachsen verdient es, Chancen im Leben zu haben. Das ist die Gerechtigkeit, die wir in unserem Koalitionsvertrag festgeschrieben haben.

Herr Dürr, ich bin Ihnen für den Hinweis auf die Kinderarmut dankbar. Denn Gerechtigkeit beginnt in der Tat bei den Kindern. Wir haben gerade wieder lesen müssen, dass in Deutschland 2 Millionen Kinder auf staatliche Unterstützung angewiesen sind. Ich gebe Ihnen recht: Es ist zum einen gut, dass es diese Hilfen gibt, aber zum anderen ist es schlecht, dass sie nötig sind. Dagegen wollen wir etwas tun.

(Beifall bei den GRÜNEN und Zu- stimmung von Johanne Modder [SPD])

Armut, insbesondere Kinderarmut, hat aber nicht nur etwas mit Geld zu tun. Sie führt zu gesundheitlichen und zu sozialen Problemen, vor allen Dingen zu schlechten Bildungschancen. Meine Damen und Herren, deshalb bauen wir auch das Bildungssystem so aus, dass die Kinder Aussicht auf eine Zukunft bekommen, auch diejenigen, die es zu Hause nicht so leicht haben, weil dort vielleicht das Geld fehlt, weil die Eltern in mehreren Jobs oder in Schichten arbeiten müssen und eben nicht bei den Hausaufgaben helfen können oder weil zu

Hause nicht die Sprache gesprochen wird, die die Kinder wiederum in der Schule brauchen.

Förderung muss früh anfangen. Mit der dritten Kraft in den Krippengruppen sorgen wir dafür, dass die Kinder nicht nur versorgt werden, sondern dass sie auch die Förderung bekommen, die sie brauchen.

Ich habe eben mit großem Interesse von Herrn Dürr gehört, dass ein jahrelanger Bildungsabbau geherrscht hat. Ja, das ist richtig. Die CDU und die FDP haben sich nämlich über diese dritte Kraft weniger Gedanken gemacht. Das ist richtig. Darum haben wir heute auch große Schwierigkeiten, die Erzieherinnen und Erzieher zu bekommen, die wir für diese wichtigen Aufgaben brauchen.

(Zustimmung bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Ja, auch wir wollen eine Novelle zum Kindertagesstättengesetz mit noch mehr Qualität. Aber wir warten nicht darauf, dass uns die Haushalte der Zukunft diese Chancen bescheren, sondern wir fangen mit einem Einstieg an und setzen jetzt schon Verbesserungen um.

Nach der Kita kommt die Schule. Ich bin meiner Kollegin Hanne Modder und auch den Schulpolitikerinnen meiner Fraktion sowie der Bildungsministerin dafür sehr dankbar, dass wir so viel Geld in die Hand nehmen und so viel Energie in den Ausbau von Ganztagsschulen investieren. Denn wenn wir über Kinderarmut und Chancenlosigkeit reden, dann gibt es ein sicheres Gegenrezept. Das sind mehr Ganztagsschulen, in denen alle Kinder die Förderung erfahren, die sie brauchen.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Meine Damen und Herren, Gerechtigkeit setzt Infrastruktur voraus, und zwar nicht nur in den Städten und nicht nur für diejenigen, die ein Auto haben. Jedes Jahr stecken wir rund 123 Millionen Euro aus den Entflechtungsmitteln in den öffentlichen Nahverkehr. Ab 2017 drehen wir bei der Förderung das Verhältnis von Nahverkehr zum Straßenbau um und stecken deutlich mehr Geld in den ÖPNV, als es Schwarz-Gelb je gemacht hat.

(Beifall bei den GRÜNEN und Zu- stimmung bei der SPD)

Und klar: Über Schlaglöcher und Brückensperrungen ärgern wir uns genauso wie Sie. Deshalb fördern wir in den nächsten zwei Jahren auch die

Sanierung der bestehenden Straßen mit rund 85 Millionen Euro pro Jahr.

(Vizepräsidentin Dr. Gabriele Andretta übernimmt den Vorsitz)

Aber, meine Damen und Herren, Gerechtigkeit hat noch mehr Facetten. Gerechtigkeit heißt auch, dass jeder hier so leben kann, wie er es möchte, mit allem, was dazu gehört.

Niedersachsen ist bunter geworden, und die Lebensentwürfe sind unterschiedlich. Die einen lieben Männer, die anderen lieben Frauen. Die einen gehen in die Moschee, die anderen gehen in die Kirche und die ganz anderen lieber an den Strand oder in die Bibliothek. Es gibt nicht ein Lebensmodell für alle, aber ein Beispiel unter vielen: Die Menschen, die zu uns geflüchtet sind, sollen die Chance haben, hier ihr eigenes Leben nach eigenen Vorstellungen zu leben. Ich gebe Ihnen recht: Sie sind nicht hierhergekommen, weil irgendjemand sie gerufen hat, sondern weil sie aus Not und aus Krisen zu uns gekommen sind.

Das ist der Grund, warum sie hier sind, und das ist auch der Grund, weswegen wir ihnen hier Chancen bieten wollen. Dafür stehen wir mit SPD und Grünen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Damit sie das aber auch tun können, müssen wir ihnen vor allen Dingen ermöglichen, für sich selbst und für ihre Familien zu sorgen. Dazu gehört ein Angebot an Sprachkursen ebenso wie gute Konzepte für Qualifizierung und für den Berufseinstieg.

Meine Damen und Herren, diese Voraussetzungen liefern wir. Wir haben schon im Nachtragshaushalt 2016 fast 2 Milliarden Euro für die Unterbringung und die Integration von Flüchtlingen vorgesehen. Und das setzen wir auch und gerade fort, wenn jetzt die Situation etwas entspannter ist und die Organisation der Integration ansteht. Ich bin unserer Ministerin für Wissenschaft und Kultur, Gabriele Heinen-Kljajić, ausgesprochen dankbar; denn es ist ihr gelungen, mit ihren Konzepten zu Weiterbildung und Sprachförderung für alle die Angebotslücken des Bundes zu schließen.