Protocol of the Session on August 19, 2016

Liebe Kolleginnen und Kollegen, Herr Kollege Henning hat gerade erklärt, dass er keine Zwischenfrage zulässt. Das braucht nicht weiter kommentiert zu werden. Er fährt jetzt fort. - Herr Henning, bitte!

Es ist also nach der geltenden Rechtslage alles bestens geregelt. Deshalb kann man diesen FDPAntrag nicht nur als überflüssig, sondern auch als reinen Show-Antrag im bevorstehenden Kommunalwahlkampf werten.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Christian Grascha [FDP]: Fällt Ihnen außer diesen Redebau- steinen auch noch etwas anderes ein?)

Neben dem Haushaltsuntreuetatbestand im Strafgesetzbuch gibt es im Übrigen auch weitere gesetzliche Regelungen, die der Verschwendung von Haushaltsmitteln einen wirksamen Riegel vorschieben. Ich verweise auf den § 7 der Landeshaushaltsordnung über die Grundsätze von Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit. Es gibt den Haushaltsbeauftragten nach § 9 der Landeshaushaltsordnung, der über die Einhaltung der Wirtschaftlichkeitsgrundsätze zu wachen hat. Es gibt das Vergaberecht, und es gibt den § 30 des Haushaltsgrundsätzegesetzes. - Alle diese Instrumente sorgen bereits heute für eine sparsame und wirtschaftliche Mittelverwendung.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Aufzählung dieser Schutzvorschriften gegen Steuerverschwendung macht aus meiner Sicht deutlich, wie überflüssig Ihr Antrag ist. Das werden wir im Haushaltsausschuss sicherlich auch durch eine Unterrichtung, die wir beantragen werden, deutlich machen.

Auch Ihr Argument des § 266 StGB, das Sie hier angeführt haben, zieht aus unserer Sicht nicht, weil das alles schon geregelt ist.

Was mich an diesem Antrag aber wirklich ärgert, ist, dass Sie in einem Atemzug Steuerhinterziehung mit Steuerverschwendung gleichsetzen.

Hierdurch werden Tausende von Amtsträgern öffentlicher Verwaltungen unter Generalverdacht gestellt, mit Steuergeldern nicht ordnungsgemäß umzugehen - weshalb dieses genauso geahndet werden müsse wie der Tatbestand der Steuerhinterziehung.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich halte diese Gleichsetzung für einen Skandal, für skandalös. Das ist nicht in Ordnung, Herr Grascha.

(Beifall bei der SPD - Dr. Stefan Birk- ner [FDP]: Das ist doch keine Gleich- setzung! Sie haben es nicht verstan- den! Das ist das Problem!)

Durch Steuerhinterziehungen gehen dem Staat nach Schätzungen der Deutschen Steuergewerkschaft jährlich etwa 40 Milliarden Euro verloren. Straßen, Kindergärten oder Sporthallen in diesem Land können nicht saniert werden, weil Steuerhinterzieher sich der Finanzierung unserer Solidargemeinschaft in einem Umfang entziehen, der im Extremfall sogar mit einer Haft von zu Recht bis zu zehn Jahren bestraft werden kann. Das mit angeblicher Steuerverschwendung von Amtsträgern in Kommunalbehörden gleichzusetzen, halte ich für ein Unding.

(Dr. Gero Hocker [FDP]: Warum?)

Diese Gleichsetzung ist ein Schlag ins Gesicht vor allen Dingen derjenigen Staatsbediensteten, die sich täglich in den Kommunen um die Bearbeitung von Anträgen bemühen und die sich um das Wohl der Bürger in diesem Land bemühen, die ihrer Arbeit nachgehen und die ihre Arbeit machen. Das ist ein Schlag ins Gesicht dieser Kolleginnen und Kollegen. Das werden wir als SPD-Fraktion nicht mitmachen.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Dr. Stefan Birkner [FDP]: Das konstruieren Sie sich aber schön!)

Meine Damen und Herren, wenden Sie einfach die geltenden Regeln an; dann kann Steuerverschwendung selbstverständlich geahndet werden. Das ist überhaupt kein Problem. Aber Beamte und Angestellte im öffentlichen Dienst mit Steuerhinterziehern gleichzusetzen, wie Sie es hier tun, und sie zu brandmarken, das machen wir jedenfalls nicht mit.

Ich freue mich auf die Beratungen im Ausschuss. Wir werden Ihren Antrag dort im Rahmen einer

Unterrichtung als das entlarven, was er ist, nämlich als reinen Wahlkampfgag.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Henning. - Es gibt nun eine Kurzintervention des Kollegen Grascha, FDPFraktion, auf Sie. Bitte!

(Ronald Schminke [SPD]: Er kann ja jetzt einmal etwas über die A7 erzäh- len!)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Henning, Sie haben dargestellt, es gebe überhaupt keine Regelungslücke und alles sei wunderbar. Nennen Sie mir doch bitte einmal ein konkretes Beispiel, bei dem die aktuelle Gesetzeslage gegen Steuergeldverschwendung tatsächlich zum Einsatz kam. Das ist nämlich genau das Problem, das ich beschrieben habe, dass immer geprüft wird, ob ein Vermögensschaden entstanden ist. Das ist extrem schwierig nachzuweisen. Sie können doch nicht sagen, dass es bei dem Beispiel, das ich genannt habe, nicht um Steuergeldverschwendung geht.

Es ist mir völlig egal, ob wir auf der Einnahmeseite Euros für die öffentliche Hand und die öffentlichen Aufgaben verlieren oder auf der Ausgabenseite. Beides muss entsprechend bestraft werden. Da gibt es gar keinen Unterschied. Ob Uli Hoeneß Steuern hinterzieht oder wir beispielsweise beim Libeskind-Bau statt Baukosten von 50 Millionen Euro plötzlich Baukosten von 100 Millionen Euro haben: Beides ist entsprechend zu ahnden, und beides muss durch den Rechtsstaat entsprechend sanktioniert werden.

(Maximilian Schmidt [SPD]: Immer diese billige Gleichsetzung!)

Da darf es doch keinen Unterschied geben, nur weil Sie Ihre gesellschaftlichen Neiddebatten hier führen wollen.

(Beifall bei der FDP - Maximilian Schmidt [SPD]: Dann wären Sie ja die Ersten, die verklagt würden!)

Vielen Dank, Herr Grascha. - Herr Kollege Henning antwortet Ihnen. Bitte!

(Dr. Gero Hocker [FDP]: Ohne Manu- skript!)

Herr Grascha, wir führen hier keine Neiddebatte, sondern wer Steuern hinterzieht, der begeht schlicht einen Straftatbestand. Das ist nicht in Ordnung.

(Christian Grascha [FDP]: Da sind wir uns einig! Aber Sie haben eben eine einseitige Sichtweise!)

Das hat nichts mit Neiddebatte zu tun. Dem Staat entgehen jedes Jahr 40 Milliarden Euro. Das ist nicht Ordnung. Sie können sich gleich gerne noch einmal zu Wort melden.

Nun zu der anderen Frage. Wir sind hier nicht in der Schule. Über die Frage, ob mir persönlich ein Fall bekannt ist, können wir uns gerne im Ausschuss unterhalten. Die Landesregierung wird Ihnen sicherlich darstellen können, welche Fälle von Steuerverschwendung geahndet worden sind.

Ich möchte einen anderen Punkt ansprechen, nämlich Ihren goldenen Brunnen auf dem Marktplatz. Das war natürlich wieder ein überzeichnetes Beispiel.

(Christian Grascha [FDP]: Damit Sie es auch verstehen!)

Es macht aber deutlich, wohin Ihr Antrag auch noch führt. Wissen Sie, was das wirksamste Mittel dagegen ist, wenn ein Rat in einer Kommune glaubt, einen goldenen Brunnen auf dem Marktplatz installieren zu müssen? - Das werden die Bürger dem Rat schon bei der nächsten Wahl sagen. Wer auf die Idee kommt, einen goldenen Brunnen auf dem Marktplatz zu installieren, der wird bei der nächsten Wahl die entsprechende Watsche von den Bürgern bekommen. Ich glaube, das ist ein viel wirksameres Mittel als die Frage, ob derjenige strafrechtlich belangt werden muss.

(Christian Grascha [FDP]: Der Rechtsstaat muss da handeln!)

Im Übrigen zeigt das, dass politische Initiativen durch Ihren Antrag natürlich auch abgewürgt werden - das schreiben Sie selbst in Ihrer Antragsbegründung -, wenn jetzt geguckt werden muss, ob sie möglicherweise einen Straftatbestand erfüllen.

(Christian Grascha [FDP]: Das ist Un- sinn!)

Das Entscheidende ist, dass der Rat in der Stadt diese Dinge politisch beschließt.

(Christian Grascha [FDP]: Sie wollen rechtswidrige Beschlüsse fassen?)

Dann müssen wir halt gucken, wie der Wähler damit umgeht.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Vielen Dank. - Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat nun Herr Kollege Heere das Wort.

(Ronald Schminke [SPD]: 20 Millionen habt ihr an der A 7 versenkt, obwohl der Bundesrechnungshof euch genau gesagt hat, wie viel teurer das wird! - Gegenruf von Christian Grascha [FDP])

- Vielen Dank, Herr Kollege Schminke. Vielen Dank Herr Kollege Grascha. Aber jetzt hat Herr Heere das Wort. Wenn Sie diese Debatte fortsetzen möchten, dann können Sie das wirklich gerne außerhalb des Plenarsaals tun.

Bitte! Nun hat Herr Heere das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Öffentliche Amtsträger in Gemeinden, Städten und Landkreisen sowie auf Landes- und Bundesebene gehen verantwortungsbewusst mit Steuergeld um. Auch wenn es vereinzelte Ausnahmen gibt, gibt es keinen Grund, diesen Amtsträgern ein generelles Misstrauen entgegenzubringen.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD sowie Zustimmung von Christi- an Dürr und Christian Grascha [FDP])

- Es ist schön, dass Sie klatschen, Herr Grascha und Herr Dürr. Sie säen mit Ihrem vorliegenden Antrag jedoch jede Menge Misstrauen. Aber eigentlich offenbart Ihr Antrag nur Ihr komisches Gedankengut, nach dem praktisch jede öffentliche Geldausgabe einen potenziellen Betrug am Steuerzahler darstellt. Das ist wirklich hochgradig unseriös.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD - Dr. Gero Hocker [FDP]: Poten- ziell?)

Sie fordern im Kern eine Verschärfung des Untreueparagrafen in Bezug auf Steuergeldverschwendung. Ein Kernsatz Ihres Antrags lautet, dass als Haushaltsuntreue bereits bestraft werden soll, wenn - Zitat - öffentliche Mittel verausgabt oder bewilligt werden, welche in auffälligem Missverhältnis zu dem mit dem Haushaltsansatz verfolgten Nutzen stehen. - Lassen Sie das einmal auf sich wirken: auffälliges Missverhältnis zu dem mit dem Haushaltsansatz verfolgten Nutzen!