Protocol of the Session on August 18, 2016

nahmen gerade einmal für fünf Monate finanziert. Sie wissen genau, dass das Geld überhaupt nicht reicht. Die letzten Zusagen sind gerade für die Jahre 2017 und 2018 gemacht worden. Auch das ist völlig unzureichend.

Herr Heere, die 90 Sekunden sind um.

Kommen Sie nicht und erzählen Sie mir, der Bund würde hier seiner Aufgabe gerecht werden! Das ist falsch!

(Beifall bei den GRÜNEN und Zu- stimmung von Gerd Ludwig Will [SPD])

Schauen Sie auf die Uhr vor sich! Dann wissen Sie, wann abgeschaltet wird.

Die CDU-Fraktion kann jetzt erwidern. Wer übernimmt es? Herr Lechner? Herr Hilbers? - Herr Hilbers übernimmt es. 90 Sekunden. Bitte!

Herr Heere, das wissen Sie doch selbst. Deswegen regen Sie sich ja so auf. So kommunalunfreundlich war die Politik in diesem Hause noch nie, wie sie es jetzt ist.

(Beifall bei der CDU - Widerspruch bei der SPD und bei den GRÜNEN - Anja Piel [GRÜNE]: Das wird auch durch Wiederholungen nicht besser! Immer dieselbe Schallplatte!)

Sie haben doch für mehrere Punkte die Kommunen als Reservekasse benutzt. Ich sage Ihnen: Das haben auch die Kommunalverbände gemerkt. Deswegen haben sie ja auch protestiert und müssen Sie doch jetzt umsteuern. Sie haben die Mittel doch teilweise nicht an die Kommunen weitergeleitet, die Sie bekommen haben. Teilweise haben Sie sie für eigene Projekte benutzt und haben sie nicht entsprechend einsetzen können.

Ich sage Ihnen noch einmal etwas zur Flüchtlingspolitik, Herr Heere: Der Bund ist dafür nicht zuständig! Es gibt im Aufnahmegesetz eine klare Regelung: Wir sind nach dem Asylbewerberleistungsgesetz dafür zuständig, die menschenwürdige Unterbringung und die Finanzierung sicherzustellen. Das ist Aufgabe der Länder. Wenn der Bund jetzt hilft, dann sieht er ein, dass das für die

Länder eine Schwierigkeit ist. Bei den Steuern partizipieren die Länder immer noch genauso mit 42 % wie der Bund auch. Das läuft bei den Gemeinschaftssteuern immer gleich auf. Da partizipieren Sie bei Bundeseinnahmen immer mit.

Aber in Wirklichkeit sind Sie nicht bereit, für diese Aufgabe umzusteuern. Vom Bund verlangen Sie, im Haushalt umzuschichten und Ihnen für diese Dinge Geld bereitzustellen. Sie selbst sind aber nicht in der Lage und auch nicht willens, überhaupt Prioritäten zu setzen. Sie machen alles mit der Gießkanne. Sie haben den Fuß von der Ausgabenbremse genommen. Deswegen haben Sie nicht die Kraft, für besondere Herausforderungen umzusteuern. Sie haben die Kommunen -

Kein neuer Anfang, Herr Hilbers! 90 Sekunden!

- bei der Flüchtlingspolitik im Regen stehen gelassen.

(Beifall bei der CDU)

Zur Aussprache über diese Große Anfrage liegen mir keine Wortmeldungen mehr vor. Ich stelle fest, dass die Besprechung der Großen Anfrage abgeschlossen ist.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich rufe auf den

Tagesordnungspunkt 21: Abschließende Beratung: Keine Reform der Pflegeberufe zulasten von Ausbildungsqualität und Ausbildungskapazitäten - Antrag der Fraktion der FDP - Drs. 17/5479 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Soziales, Frauen, Familie, Gesundheit und Migration - Drs. 17/5980

Der Ausschuss empfiehlt Ihnen, den Antrag abzulehnen.

Eine Berichterstattung ist nicht vorgesehen.

Wir treten in die Aussprache ein und beginnen mit der antragstellenden Fraktion, nämlich der FDP. Das Wort hat der Abgeordnete Björn Försterling. Bitte schön, Herr Kollege!

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ja, irgendetwas muss im Bereich der Pflegeausbildung passieren, weil insbesondere die Einkommensunterschiede zwischen der Krankenpflege und der Altenpflege so groß sind, dass das eigentlich nicht mehr hinzunehmen ist.

Was ist die Antwort der Großen Koalition auf Bundesebene?

(Unruhe)

Herr Kollege Försterling, auch Sie werden Interesse daran haben, nicht durch die Gesprächsgruppe dort hinten am Treppenaufgang gestört zu werden. - Das ist sehr laut, liebe Kolleginnen und Kollegen! - Das gilt für beide Seiten. Ich sehe überall Gesprächsgruppen. - Sie lösen sich jetzt auf!

Jetzt können Sie hoffentlich bei Ruhe im Plenum fortsetzen. Bitte!

Vielen Dank, Herr Präsident.

Was also tut die Große Koalition auf Bundesebene aktuell? - Sie plant ein Pflegeberufereformgesetz zur Vereinheitlichung der Pflegeberufe. Künftig sollen der Krankenpflegeberuf, der Altenpflegeberuf und auch der Kinderkrankenpflegeberuf in einer Ausbildung generalisiert werden.

Wir positionieren uns ganz klar gegen diese Absicht, weil sie nicht zum Erfolg führen wird und weil es bisher viele ungelöste Probleme in diesem Bereich gibt: Wie sollen künftig eigentlich die komplexen Ausbildungsinhalte in der Kinderkrankenpflege, in der Krankenpflege und in der Altenpflege vermittelt werden? Wie soll das alles in einer generalisierten Pflegeausbildung zusammengefasst werden?

Die bisherigen Ausbildungsgänge sind zum Teil so spezialisiert, dass nicht davon gesprochen werden kann, dass die Ausbildungsinhalte über mehrere Jahre parallel laufen. Sie müssen jetzt generalisiert werden. Allen ist klar - deswegen gibt es in der Fachwelt eine breite Ablehnung dieses Pflegeberufsgesetzes -, dass das Tiefenwissen darunter leiden wird zugunsten eines vermeintlichen Breitenwissens. Das Spezialwissen, das man beispielsweise in der Kinderkrankenpflege benötigt, wird verloren gehen.

Meine Damen und Herren, wir gehen davon aus, dass es auch zu nicht unerheblichen Kostenbelastungen kommen wird. Beispielsweise der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenversicherung kalkuliert aktuell, dass die Mehrkosten noch rund eine halbe Milliarde Euro höher ausfallen werden, als von der Bundesregierung prognostiziert.

Auch stellt sich die Frage, wie diese Ausbildung in der Praxis umgesetzt werden soll. Die zahlreichen kleinen Altenpflegeschulen im Land können künftig ja nicht ohne Weiteres auch die Krankenpflegeausbildung und die Kinderkrankenpflegeausbildung übernehmen, weil dafür eine andere Infrastruktur benötigt wird.

Wir haben die Landesregierung in den Ausschussberatungen mehrfach gebeten, darzulegen, welche Auswirkungen das Pflegeberufereformgesetz des Bundes auf die Pflegeausbildung und die Pflegeschulen in Niedersachsen hätte. Immer wieder haben wir die Antwort bekommen: Das wissen wir nicht!

(Glocke des Präsidenten)

Ich stelle mir schon die Frage, warum Sie nicht - wie wir von der FDP und im Übrigen auch die Bundestagsfraktion der Grünen - sagen: Wenn keiner sagen kann, wie sich dieses Pflegeberufereformgesetz auswirken wird, müssen wir es erst einmal ad acta legen.

Ich kann heute schon ankündigen: Wir werden da weiter nachbohren. Wir wollen vom Kultusministerium und vom Sozialministerium wissen: Wie wirkt sich dieses Gesetz auf Niedersachsen aus? Welche Kosten kommen auf das Land zu? Welche Kosten kommen auf die Pflegeschulen zu? Und wer glaubt eigentlich, dass man dadurch tatsächlich die Attraktivität des Berufs erhöht?

Ich sage Ihnen eines: Eine generalisierte Pflegeausbildung wird unter den derzeitigen Rahmenbedingungen dazu führen, dass die Altenpflege in diesem Land geschwächt statt gestärkt wird. Ich glaube nicht, dass es zu einer höheren Anzahl von Auszubildenden kommen wird.

(Glocke des Präsidenten)

Aber wir werden erleben, dass mehr Fachkräfte in die Krankenhäuser gehen, weil auf der Bundesebene entschieden worden ist, den Krankenhäuser Personalverstärkungsmittel zu gewähren und diejenigen Krankenhäuser, die eine hohe Personalquote haben, stärker zu fördern. Damit wird das Ungleichgewicht in der Bezahlung zwischen Kran

kenpflege und Altenpflege verstärkt. Wenn es dann eine generalisierte Pflegeausbildung gibt, dann entscheiden sich die jungen Menschen aus guten Gründen für die Pflege im Krankenhaus und gegen die Altenpflege. Dann werden wir lange keine Fachkräfte mehr in der Altenpflege haben.

Die vorhin diskutierte Situation mit den Pflegeheimen, -

Herr Kollege, nun ist es gut!

- in denen es kaum noch Pflege und Betreuung gibt, wird sich dadurch verschärfen. Deswegen sollten wir das Ganze jetzt stoppen.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Försterling. - Jetzt hat sich für die CDU-Fraktion Herr Kollege Dr. Max Matthiesen zu Wort gemeldet. Bitte, Herr Kollege!

Herr Präsident! Meine Kolleginnen und Kollegen! Der FDP-Antrag zielt darauf ab, das im Gesetzgebungsverfahren befindliche Pflegeberufereformgesetz zu verhindern.

Die CDU-Fraktion will das Gegenteil erreichen. Das Pflegeberufsgesetz muss nun endlich im Bundestag und im Bundesrat beschlossen werden. Deswegen haben wir den Antrag „Generalistische Pflegeausbildung jetzt einführen!“ gestellt, der aber heute noch nicht beraten wird.

Die FDP nimmt vor allem die Argumente der privaten Anbieter auf: angebliche Gefährdung der Qualität der Ausbildung sowie der Vermittlung spezifischer Kompetenzen und Abbau von Ausbildungskapazitäten. - Das haben wir gerade vom Kollegen Försterling gehört. Wir haben dazu schon im AprilPlenum Stellung genommen und diese Argumente widerlegt.

Der FDP-Antrag konterkariert die Ergebnisse des Pflegereformprozesses der letzten Jahre. Bereits die Koalitionsvereinbarung zwischen FDP und Union im Jahre 2009 enthielt die generalistische Pflegeausbildung. Der heutige Präsident des Bundesverbandes privater Pflegeanbieter, Meurer, forderte 2009 die zügige Umsetzung des erfolgreich abgeschlossenen Pilotprojekts „Generalistische Pflegeausbildung“. Die Gesundheits- und Arbeits-

und Sozialminister haben schon in den Jahren 2009 und 2012 für die generalistische Ausbildung plädiert.

Jetzt behaupten die Gegner des Pflegeberufsgesetzes, dass Ausbildungsbetriebe künftig nicht mehr ausbilden würden, weil die Azubis zu kurz im Betrieb und viel außerhalb seien. Auch das wurde gerade angedeutet. Das überzeugt aber nicht. Denn durch die Kooperation mit anderen Ausbildungsbetrieben und den Austausch von Auszubildenden lernen die Ausbildungsbetriebe auch zusätzliche Auszubildende kennen und können versuchen, sie für sich zu gewinnen.