Protocol of the Session on August 18, 2016

Entscheidend ist aber, dass die Anschlussfinanzierung durch diese Landesregierung gewährleistet ist.

Aber auch darüber hinaus möchten Sie sich gerne - das schimmert bei dieser Anfrage auch durch - als Hüterin oder als Retterin der kommunalen Ebene aufspielen. Gerade zur Kommunalwahl lohnt sich das.

Man darf aber nicht vergessen, wie Sie gerade in Ihrer schwarz-gelben Regierungszeit mit den Kommunen umgegangen sind. Im Jahr 2005 kam es unter Ihrer Verantwortung noch zu Kürzungen des Kommunalen Finanzausgleichs im Rahmen der Verbundquote. Damals setzten Sie das durch.

Die rot-grüne Landesregierung versucht im Rahmen ihrer finanziellen Möglichkeiten, die Kommunen bestmöglich zu entlasten. Lassen Sie mich zwei Beispiele nennen.

Seit 2014 werden durch die Zusage des Bundes im Rahmen des Fiskalpakts 100 % der kommunalen Kosten für die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderungen übernommen. Es handelt sich dabei - das möchte ich zugestehen - um Entlastungen in einem erheblichen Umfang: 2015 613 Millionen Euro; 2016 648 Millionen Euro und 2017 687 Millionen Euro.

Dasselbe gilt für die Kosten für Unterkunft und Heizung. Auch hier werden 100 % direkt und unbürokratisch weitergeleitet.

(Sebastian Lechner [CDU]: Ist das nicht selbstverständlich?)

Herr Hilbers spricht ja gerne mal von klebrigen Fingern. Das möchte ich ausdrücklich zurückweisen. Davon kann hier nicht die Rede sein.

(Beifall bei den GRÜNEN - Jan- Christoph Oetjen [FDP]: Das stimmt doch nicht!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, der quantitative und qualitative Ausbau des Kitaangebotes als Elementarbereich unseres Bildungswesens stellt eine gewaltige Herausforderung dar. Ich glaube, darin sind wir uns einig. Wir haben immer gesagt, dass diese Herausforderung nur von Bund, Land und Kommunen, nämlich von allen drei Ebenen, gemeinsam bewältigt werden kann.

Das Land und die niedersächsischen Kommunen unternehmen in diesem Bereich gewaltige Anstrengungen. Die Ausgaben im Haushaltsplan des Kultusministeriums für Kindertagesstätten sind von 483 Millionen Euro im Jahr 2012 auf nunmehr 667 Millionen Euro im Jahr 2016 gestiegen. Das ist ein Zuwachs von knapp 38 %. Dieser Zuwachs war auch erforderlich, um den Rechtsanspruch auf einen Krippenplatz erfüllen zu können, und er war erforderlich, um endlich in die Finanzierung einer Drittkraft für die Krippengruppen einsteigen zu können.

(Vizepräsident Klaus-Peter Bachmann übernimmt den Vorsitz)

Natürlich war dieser Zuwachs - das möchte ich hier auch ausdrücklich erwähnen - nur möglich, weil sich auch der Bund an diesen Kosten beteiligt hat. Gemessen an den Mitteln, die das Land aufbringt, könnte der Anteil des Bundes allerdings noch deutlich höher liegen. Das wäre auch dringend notwendig, um auch im Kindergartenbereich endlich eine bessere Personalausstattung finanzieren zu können.

Sehr geehrte Damen und Herren, was wurde in den letzten Jahren nicht alles über die Gemeinschaftsaufgabe zur Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes diskutiert? Daher möchte ich Sie insbesondere auf die Lektüre der Antwort auf die Frage 25 verweisen. Dort steht, dass in den Jahren 2013 bis 2019 im Landeshaushalt die für eine vollständige Gegenfinanzierung der Bundesmittel erforderlichen Landesmittel veranschlagt werden. Es verfallen daher keine Bundesmittel mangels Gegenfinanzierung. Das, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist ein eindeutiger Erfolg des Einsatzes unseres Landwirt

schaftsministers Christian Meyer, den ich hier dazu noch einmal beglückwünschen möchte.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Durch seinen Einsatz ist es gelungen, deutlich mehr Mittel für ELER-Maßnahmen für Niedersachsen zu bekommen. Den ländlichen Räumen stehen bis 2020 1,1 Milliarden Euro EU-Fördergelder zur Verfügung. Das sind 145 Millionen Euro oder 15 % mehr als bisher - und dies, obwohl die EU die ELER-Mittel für Deutschland insgesamt um 9 % gekürzt hatte.

(Beifall bei den GRÜNEN)

- Dazu kann man applaudieren.

Schauen Sie sich beispielsweise die erheblichen Steigerungen einzelner Maßnahmen wie Basisdienstleistungen mit 257 % und Dorfentwicklung mit 200 % an!

Ganz zum Schluss möchte ich noch einmal kurz auf die gestrige Diskussion zurückgenommen. Daran kann man, glaube ich, ganz gut sehen, wie sich die Bundesebene doch zumindest strukturell, wenn nicht sogar ganz aus der Verantwortung stiehlt, wenn es um die Flüchtlingsfrage geht. Ja, richtigerweise hat die Bundesregierung hier mehr Gelder auf den Weg gebracht. Gestern haben wir darüber diskutiert: 1,9 Milliarden Euro. Lediglich ein Drittel der Kosten wird durch den Bund getragen. Das ist auch dem Umstand geschuldet, dass man von der Grundannahme ausgeht,

(Reinhold Hilbers [CDU]: Er ist dafür auch gar nicht zuständig!)

dass das BAMF lediglich fünf Monate - das ist eine vollkommen utopische Annahme - für die Kontrolle braucht. Das tut er bisher noch nicht, meine Damen und Herren, aber auch das wird weiter zu diskutieren sein. Wir können ja sehen, dass der Bund nach und nach, auch durch das gute Verhandlungsgeschick der Länder, dazu veranlasst wird, die Verantwortung hier gemeinsam zu tragen.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Lebhafter Beifall bei den GRÜNEN und Zustimmung bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Onay. - Das Wort hat noch einmal der Kollege Reinhold Hilbers. Sie haben eine restliche Redezeit von 2:40 Minuten. Bitte schön!

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die großartige Entlastung des Bundes beträgt im Durchschnitt jährlich 1,9 Milliarden Euro. Die Kommunen in Niedersachsen werden mit diesem Betrag im Durchschnitt entlastet. Das Land wird ebenfalls entlasten. Land und Bund werden gemeinsam mit 2,6 Milliarden Euro pro Jahr im Durchschnitt entlasten. Das ist finanzwirtschaftlich nur möglich, weil der Bund dies mit einer Riesenkraftanstrengung möglich macht. Wenn Sie beklagen, dass er nicht überall alles übernimmt und dass dies noch nicht genug sei, dann muss ich Ihnen sagen, dass für die Finanzausstattung der Kommunen verfassungsrechtlich die Länder verantwortlich sind. Der Bund macht hier etwas, wofür eigentlich Sie verantwortlich sind bzw. das Land verantwortlich ist. Das ist eine großartige Aktion, die der Bund dort macht.

(Belit Onay [GRÜNE]: Ich wusste nicht, dass das Land für das BAMF zuständig ist!)

Jedes Mal, wenn Sie erklären, der Bund übernimmt nicht 100 % bei der Kindertagesstättenförderung, der Bund macht nicht 100 % bei den Flüchtlingen, dann sage ich Ihnen: Nein, das muss er auch nicht machen, weil er gar nicht dafür zuständig ist. - Von der Finanzarchitektur her sind Sie zuständig, und der Bund liefert trotzdem, wo Sie nicht ausreichend liefern. Das ist das Problem.

(Beifall bei der CDU - Johanne Mod- der [SPD]: Aber der Bund ist der Ein- zige, der das zahlen kann!)

Herr Minister Pistorius lobt hier das kommunale Investitionsprogramm, das in vielen Kommunen gute Wirkungen gezeigt hat. Sie lassen sich dafür loben, dass Sie alles weitergeleitet haben. Das ist ja wohl das Mindeste, was Sie machen müssen. Wenn Sie schon ein kommunales Investitionsprogramm vom Bund bekommen, müssen Sie wenigstens die Mittel weiterleiten. Vernünftig wäre es gewesen, so wie wir es damals bei dem Konjunkturpaket gemacht haben, als wir extra noch 300 Millionen Euro auf die Milliarde draufgelegt haben, sodass wir 1,3 Milliarden Euro ausgeben konnten. Das war eine kommunalfreundliche Politik - aber nicht das, was Sie hier machen, wo Sie sich für Selbstverständlichkeiten loben lassen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU - Glocke des Präsidenten)

Bei dem Bundesteilhabegesetz wird es zukünftig auch darauf ankommen, ob Sie die Mittel weitergeben. Sie haben im Zusammenhang mit dem kommunalen Finanzausgleich immer angeprangert, dass 100 Millionen Euro zusätzlich hinein mussten. - Fehlanzeige! Sie haben bei der Grundsicherung bei Alter und Erwerbsminderung immer gefordert, dass alles weitergegeben werden muss. Das haben Sie eben nicht getan.

Herr Minister Pistorius, Sie haben wieder gesagt, das Land gebe alles weiter. Diese Aussage ist definitiv falsch! Sie behalten das im System, was für den überörtlichen Träger anfällt. Das wollen wir ausgewiesen wissen. Das sage ich an dieser Stelle noch einmal. Entweder wird diese Zahl hier geliefert, oder wir werden Sie mit weiteren Anfragen löchern. Ich sage Ihnen: Diese Zahl bekommen wir! Diese Zahl werden Sie herausrücken müssen, weil sie ehrlichkeitshalber dazugehört. Sie tun so, als leiteten Sie alles weiter. Das ist falsch. Das tun Sie nicht. Sie behalten Ihren Anteil ein. Dann stehen Sie wenigstens dazu, meine Damen und Herren!

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Unter dem Strich kann man sagen: Sie leisten für die Kommunen gar nichts.

(Widerspruch bei der SPD und bei den GRÜNEN - Glocke des Präsiden- ten)

Alle Ihre Versprechungen sind nicht eingehalten worden, die Sie im Wahlprogramm gemacht haben. Sie haben für die Kommunen nichts zusätzlich draufgelegt, sondern nur das, wozu Sie verpflichtet waren. Bei den Punkten, die Sie zusätzlich machen, wie bei der Flüchtlingsarbeit, ist es ja wohl der Anspruch der Kommunen, dass Sie die Aufwendungen der Kommunen ausgleichen.

(Belit Onay [GRÜNE]: Warum haben Sie denn damals nichts gemacht?)

Dafür sind Sie zuständig! Dann lassen Sie sich bitte nicht dafür loben, dass Sie über Monate 680 Millionen Euro als Verbindlichkeiten ausweisen lassen wollten. Wenn es bei dem Land die Doppik gegeben hätte, hätten Sie die Schulden gegenüber den Kommunen einbuchen müssen. Das wäre die Wahrheit gewesen. Sie machen hier nichts über den Durst. Sie machen nur das, was Sie notwendigerweise müssen.

(Beifall bei der CDU)

Herr Hilbers, jetzt ist es gut! Schauen Sie einmal auf die Uhr vor sich! - Vielen Dank.

Es gibt zu dieser Rede eine Kurzintervention vom Kollegen Gerald Heere, Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Bitte! Sie haben 90 Sekunden.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Hilbers, was nicht geht, ist, sich hier hinzustellen und zu behaupten, der Bund mache alles und die Länder nichts, wobei die Länder eigentlich die Verantwortung hätten, hier alles zu machen, aber ihrer Verantwortung nicht gerecht würden. - Das ist nicht in Ordnung. Wissen Sie, warum das nicht in Ordnung ist?

(Jörg Hillmer [CDU]: Das ist die Wahrheit! Sie können mit der Wahr- heit nicht umgehen!)

Das ist nicht in Ordnung, weil die Länder nur äußerst eingeschränkt eigene Steuern erheben und ihre Einnahmen über eigene Steuern steuern können. Da sind sie sehr abhängig.

(Zustimmung bei den GRÜNEN und Zustimmung von Gerd Ludwig Will [SPD] - Jörg Hillmer [CDU]: Wer hat denn hier die Steuern erhöht?)

Sie sind erstens von der bundesweiten Finanzausgleichssituation abhängig - zusammen mit anderen Ländern und dem Bund -, welche Steuern in welcher Höhe erhoben werden. Der Bund ist derjenige, der auch in der Vergangenheit mehrfach die Steuern angehoben hat. Ich erwähne einmal die Mehrwertsteuer, die Sie ja z. B. angehoben haben. An dieser Stelle kann sich der Bund gesundrechnen. Die Länder können das nicht, sondern sind davon abhängig, dass sie im Verbund mit dem Bund für ihre Lasten und für ihre Aufgaben ausreichend ausgestattet werden. Wenn dann Sondersituationen - wie die Situation mit den Flüchtlingen - eintreten, dann ist es verdammt noch einmal die Pflicht des Bundes,

(Jörg Hillmer [CDU]: Welche Steuern wollen Sie erhöhen, Herr Heere? - Mechthild Ross-Luttmann [CDU]: Welche?)

die Länder und die Kommunen entsprechend zu entlasten. Genau dieser Pflicht ist der Bund nur anteilig nachgekommen - nicht einmal vollständig! Sie sind hingegangen und haben bestimmte Maß

nahmen gerade einmal für fünf Monate finanziert. Sie wissen genau, dass das Geld überhaupt nicht reicht. Die letzten Zusagen sind gerade für die Jahre 2017 und 2018 gemacht worden. Auch das ist völlig unzureichend.