Protocol of the Session on August 17, 2016

(Minister Boris Pistorius [SPD]: Hier!)

- Ah, da hinten.

Nun ist es da, das neue Gefahrenabwehrgesetz. Wir haben auch lange genug darauf gewartet. Es gibt Licht und Schatten - ich will das so deutlich sagen - in diesem Gesetz. Am Ende wird aus meiner Sicht der Schatten leider überwiegen. Aber ich will mit dem Licht anfangen; denn man soll mit den positiven Seiten anfangen.

Ich finde es gut, dass Sie bestimmte Regelungen klarer formulieren, beispielsweise zum Thema „Wegweisung bei häuslicher Gewalt“. Das ist ein wirklich ernstes Problem. Da gibt es eine gute neue Formulierung.

Eine Rechtsgrundlage für die Videotechnik ist sicherlich sinnvoll.

Wir als Freie Demokraten begrüßen auch, dass die Möglichkeit des Einsatzes automatischer Autokennzeichenlesegeräte aus Gefahrenabwehrgründen

(Minister Boris Pistorius spricht mit Björn Thümler [CDU])

- sehr geehrter Herr Minister, sehr geehrter Herr Kollege Thümler, vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit - aus dem Gesetz gestrichen werden soll.

Gut finden wir auch, dass eine Rechtsgrundlage für den Einsatz von Bodycams geschaffen werden soll. Ich will aber auch sagen: Sehr geehrter Herr Minister, Sie beschränken diese Möglichkeit auf den öffentlichen Bereich. Sie wissen aber, dass die meisten Fällen von Gewalt gegen Polizisten bei Einsätzen im häuslichen Bereich stattfinden, insbesondere bei häuslicher Gewalt.

(Minister Boris Pistorius: Sie kennen aber Artikel 13!)

- Ich kenne Artikel 13.

Gerade da kann sie nicht genutzt werden. Wir sollten im Ausschuss diskutieren, wie weit die Möglichkeiten gehen.

Was ist mit den Moscheekontrollen? - Diese Frage hat schon der Kollege Adasch angesprochen. Sie sagen hier: Wenn es einen Anlass gibt, sind Moscheekontrollen weiter möglich. Wir hören aber aus der Polizei, dass es politischen Druck gibt, in diesem Bereich nicht mehr zu ermitteln. Ich sage Ihnen, sehr geehrter Herr Minister: Werden Sie hier klarer!

(Minister Boris Pistorius: Noch klarer kann ich nicht werden!)

Sagen Sie, dass wir salafistische Umtriebe in unserer Gesellschaft - wie beim DIK in Hildesheim - nicht zulassen! Auch im Bereich von Moscheen muss ermittelt werden. - Sehr geehrter Herr Minister, ich finde gut, dass Sie das so klar sagen. Sagen Sie bitte den Grünen, dass auch sie das so klar sagen sollen!

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Helge Limburg [GRÜNE]: Da besteht völliger Konsens!)

- Dann ist es ja gut.

(Helge Limburg [GRÜNE]: Aber ich er- innere mich an einen Abgeordneten, der hier im Landtag flammende Re- den gegen Moscheekontrollen gehal- ten hat! Der war in Ihrer Fraktion, Herr Kollege!)

Dann gibt es auch weiter Moscheekontrollen, wenn es einen Anlass dazu gibt.

Im Übrigen hat es - der Minister hat darauf hingewiesen - seit 2010 keine einzige Anwendung dieser Regelung gegeben.

(Helge Limburg [GRÜNE]: Das war der einzige Erfolg, den ihr in zehn Jahren hattet!)

Insofern bauen Sie in der Frage der Moscheekontrollen einen Popanz auf, obwohl Sie eigentlich gar nichts ändern. In dieser Frage hat es nach dem Regierungswechsel von Schwarz-Gelb zu RotGrün keine Änderung der Rechtslage gegeben. Sie schaffen jetzt etwas ab, was es in der Praxis nicht gibt. Herzlichen Glückwunsch! Das ist ein großartiger Erfolg.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Ich will zu den negativen Seiten kommen:

Sie streichen den Begriff „Ordnung“ aus dem Gesetz. Das halten wir in der heutigen Zeit für ein

falsches Signal, wenn wir es auch nicht als Weltuntergang betrachten.

Sie führen die Section Control ein, die verkehrspolitisch unsinnig und datenschutzrechtlich fragwürdig ist.

Das größte Problem an Ihrem Gesetz ist allerdings § 12 Abs. 6. Dessen Anwendung durch die Kolleginnen und Kollegen wird so kompliziert, dass die Gewinnung von Informationen im Kampf nicht nur gegen Terrorismus, sondern auch gegen Delikte wie Einbruch, Hehlerei und Menschenhandel maßgeblich erschwert wird.

Insofern ist dieses Gesetz aus unserer Sicht nicht dazu geeignet, die innere Sicherheit in Niedersachsen zu stärken. Vielmehr wird es sie schwächen, sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Vielen Dank, Kollege Oetjen. - Das Wort hat jetzt Frau Abgeordnete Meta Janssen-Kucz von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zukünftig wird es, wie schon gesagt, in Niedersachsen wieder ein Gesetz über die Abwehr von Gefahren geben. Mit diesem Gesetzentwurf gibt es ein modernes, bürgerfreundliches und vor allem aktuelles Gefahrenabwehrgesetz mit klaren rechtlichen Grundlagen. So gehen wir in die Beratung. Wir entsprechen als erstes Bundesland den hohen sicherheitspolitischen Anforderungen des BKA-Urteils an effektive und qualitativ hochwertige Polizeiarbeit.

(Beifall bei den GRÜNEN und Zu- stimmung bei der SPD - Jens Nacke [CDU] lacht)

Natürlich habe ich von dem Kollegen Adasch nichts anderes erwartet, als dass er, wie gewohnt, undifferenziert und zum Teil mit falschen Aussagen

(Angelika Jahns [CDU]: Na, na, na!)

gegen das Gefahrenabwehrgesetz opponiert.

(Angelika Jahns [CDU]: Er hat das gut gemacht!)

In Zeiten mit veränderter Sicherheitslage sollte Kritik anders aussehen, nämlich konstruktiv sein.

Mit dem neuen Gesetz stellen wir die Gefahrenabwehr in den Mittelpunkt der polizeilichen Arbeit. Wir entlasten gleichzeitig die Polizei von ordnungspolitischen Maßnahmen. Man kann nämlich nicht auf der einen Seite die Entlastung der Polizei fordern und auf der anderen Seite die Polizei einsetzen, um alle möglichen Arten von Ordnungswidrigkeiten zu verfolgen.

(Zuruf von Jens Nacke [CDU])

- Hören Sie einfach zu!

Durch den Wegfall des abstrakten Ordnungsbegriffs entsteht definitiv keine Handlungslücke.

(Jens Nacke [CDU]: Jetzt widerspre- chen Sie sich selbst!)

Die Mehrzahl der Verbände und der Gewerkschaften, Herr Nacke, sieht das genauso. Die Verwaltungsbehörden und die Polizei können weiterhin - auch ohne den Rückgriff auf die „öffentliche Ordnung“ - die notwendigen Maßnahmen zur Gefahrenabwehr treffen. Es gibt eine Generalklausel, § 118 OWiG.

So stellen wir den Schutz der Bürgerinnen und Bürger vor Gefahren in den Mittelpunkt der gesetzlichen Regelungen und entlasten die Polizei. Ich glaube, das ist gut so.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Mit dem Gesetz setzen wir, wie gesagt, als erstes Bundesland die Anforderungen des Bundesverfassungsgerichts vom April in ein Landesgesetz um. Der Datenaustausch und die Datenverarbeitung der Polizei zur Verhütung von Straftaten sowie der Schutz von personenbezogenen Daten werden, wie gefordert, auf neue Rechtsgrundlagen gestellt. Damit schaffen wir mehr Rechtssicherheit für unsere Polizei und stärken das Vertrauen in polizeiliche Arbeit.

Auch mit der von Rot-Grün auf den Weg gebrachten eigenen Rechtsgrundlage für die Gefährderansprache, die mehr als überfällig ist, schaffen wir mehr Rechtssicherheit und Klarheit für Polizei und Betroffene. Auch hier haben wir die Notwendigkeiten angesichts der aktuellen Bedrohungslage berücksichtigt, genau wie in der Neuformulierung der Meldeauflage.

Mit der gesetzlichen Regelung verdachts- und ereignisunabhängiger Kontrollen in § 12 Abs. 6 wird eine schärfere Trennlinie gezogen. Das ist notwendig. Unser Ziel ist es, weitreichende anlasslose Kontrollen einzuschränken und dieses Instru

ment auf die vorbeugende Bekämpfung vor allem grenzüberschreitender Kriminalität, also auf den Ursprungszweck, zurückzuführen. Damit ist definitiv keine Beschränkung der Kriminalitätsbekämpfung und der Gefahrenabwehr verbunden, sondern eine Konzentration der Polizeiarbeit.

Zu der Unterstellung, dass auf politischen Druck keine Moscheekontrollen mehr stattfinden: Wo ermittelt werden muss, wird ermittelt! Diesen Druck wird es von der politischen Seite nicht geben. Da können Sie noch so viel reden.