Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Vor dem Hintergrund, dass ich seit 2003 fast sieben Jahre bei der Besetzung und dem Benennen von Mitgliedern des Staatsgerichtshofs federführend mit beteiligt war und dabei gut und vertrauensvoll mit den Kollegen Gabriel und Jüttner sowie Dr. Rösler zusammengearbeitet habe, gestatten Sie mir bitte noch einige Anmerkungen, insbesondere auch vor dem Hintergrund der Redebeiträge von Herrn Limburg und Frau Weddige-Degenhard.
Momentan haben wir im Staatsgerichtshof neun ordentliche Mitglieder, davon drei weibliche. Die Sollvorschrift ist damit erfüllt.
Ich möchte wenigstens der Vollständigkeit halber sagen, dass von diesen drei Damen eine auf Vorschlag der SPD gewählt wurde, nämlich Frau Professor Wendeling-Schröder, und zwei auf Vorschlag der Union, nämlich Frau Dr. Menk im Jahre 2006 und Frau Dr. Rüping im Jahre 2007. Insgesamt hat es in der Geschichte des Staatsgerichtshofs neben diesen drei Damen drei weitere Damen gegeben, die weiblichen Geschlechts waren.
- Also drei Mitglieder, die weiblichen Geschlechts waren: Frau Dr. Kühler, 1987 auf Vorschlag der SPD, Frau Oltrogge, 1992 auf Vorschlag der CDU, und Frau Biermann, 1993 auf Vorschlag der CDU gewählt.
Ich stelle also zunächst fest: Von den sechs Damen, die bisher im Staatsgerichtshof tätig waren, sind vier auf Vorschlag der CDU und zwei auf Vorschlag der Sozialdemokraten benannt worden. Das der Vollständigkeit halber!
Herr Kollege Limburg, die Grünen haben in der Tat 2005 zum ersten Mal ein Vorschlagsrecht für ein stellvertretendes Mitglied des Staatsgerichtshofs bekommen. Herr Wenzel hat sich damals entschieden - das hat er auch mit Herrn Jüttner und mit mir abgestimmt, und an der fachlichen Eignung will ich überhaupt keinen Zweifel lassen - für Professor Christian Schrader aus Kassel.
Ich will damit nur Folgendes deutlich machen: Wer fordert, den weiblichen Anteil im Staatsgerichtshof zu erhöhen, sollte sich an der CDU ein Beispiel nehmen und erst einmal Frauen vorschlagen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit sind wir am Ende der Beratung zu diesem Tagesordnungspunkt.
Wir kommen zur Ausschussüberweisung. Zuständig soll der Ausschuss für Rechts- und Verfassungsfragen sein. Spricht jemand dagegen, dass so verfahren wird? - Enthält sich jemand? - Ich sehe, dass das nicht der Fall ist. Dann ist so überwiesen worden.
Erste Beratung: Petitionswesen in Niedersachsen - modern, direkt und bürgernah! - Antrag der Fraktion der SPD - Drs. 16/3308
Eingebracht wird dieser Antrag von Herrn Tonne für die SPD-Fraktion. Ich erteile Ihnen das Wort, Herr Tonne.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir können uns die Petitionen nicht aussuchen, mit denen wir uns befassen. Das ist im Kern auch gut so.
In unseren Händen liegt jedoch die wichtige Entscheidung über das Wie: Wie kann man sich an uns wenden? Wie prüfen wir Bitten, Beschwerden oder Anregungen? Wie kommunizieren wir mit den Menschen, die Hilfe und Rat bei uns suchen? Wie kontrollieren wir unsere Arbeit? Wie nutzen wir die modernen Medien?
Für die SPD-Landtagsfraktion ist es wichtig, dass jede Bitte, jede Anregung und jede Beschwerde problemlos an das Parlament herangetragen werden kann;
denn letztlich ist jede Einmischung bei staatlichen Stellen gut für unsere Demokratie, und Demokratie ist gut für die Menschen.
Genau aus diesem Grund benötigen wir, wie von uns im vorliegenden Entschließungsantrag vorgelegt, ein modernes, ein direktes und ein bürgernahes Petitionswesen in Niedersachsen.
Meine Damen und Herren, der Wissenschaftliche Dienst des Deutschen Bundestages hat im September 2010 eine vergleichende Arbeit über mögliche besondere Befugnisse der Petitionsausschüsse der Länder vorgelegt. Das traurige Ergebnis für Niedersachsen lautet: Niedersachsen gewährt in Petitionsfällen dem Petitionsausschuss keine besonderen Informationsrechte. Petitionen werden ähnlich wie in Bayern auch von den Fachausschüssen behandelt.
Wir sind der Ansicht, dass sich der Niedersächsische Landtag von seiner früheren Entscheidung emanzipieren sollte. Das wäre möglich, das wäre nötig, und das wäre auch wünschenswert.
Das Festhalten an der bisherigen Aufteilung, entstanden durch bloßes Abschreiben aus Bayern, ist schlicht und einfach überholt. Es kann keinem Petenten vermittelt werden, warum eine Petition in den Sozialausschuss kommt, während sich eine ähnliche Petition im Petitionsausschuss wiederfindet. Im Bereich der Schule ist das ganz ähnlich.
Wenn der Wissenschaftliche Dienst jedoch keine besonderen Befugnisse des Petitionsausschusses findet, dann muss das für uns ein Alarmsignal sein. Es ist nämlich die Aufforderung an uns, das Petitionswesen aus seiner Nische herauszuholen und mit deutlich mehr Selbstbewusstsein für die Möglichkeit von Petitionen zu werben.
Zu diesem Mehr an Selbstbewusstsein gehört zuvorderst die Allzuständigkeit des Petitionsausschusses. Wenn Bürgerinnen und Bürger Petitionen einreichen, dann müssen sie wissen, dass ihre Petitionen vom Petitionsausschuss des Niedersächsischen Landtags behandelt werden, und zwar ohne Wenn und Aber.
Damit einhergehen muss die Veränderung der Arbeitsweise. Wir schlagen in Anlehnung an das System auf Bundesebene die Einsetzung von zwei Berichterstattern vor. Wenn sich diese einig sind, wird eine Petition im Ausschuss grundsätzlich nicht mehr vorgestellt. Durch die gleichzeitige Einführung einer E-Akte sind die Rechte der Fraktionen,
Zu dem Mehr an Selbstbewusstsein gehört aber auch, dass die Zugangsmöglichkeiten von Petitionen erleichtert und vor allem erweitert werden.
Wir brauchen die Möglichkeit von E-Mail-Petitionen genauso wie die Möglichkeit von öffentlichen Petitionen. Beide Wege sind aber längst keine Besonderheit mehr. Eigentlich sind sie auf Bundesebene wie auch in etlichen Ländern längst eine Selbstverständlichkeit. Nur in Niedersachsen hat sich bisher wenig bis nichts gerührt.
Dazu passt auch die Behandlung - oder besser: die Nichtbehandlung - der vorliegenden Anträge zur Weiterentwicklung des Petitionswesens. Ich habe jetzt nicht mehr extra nachgesehen, weiß aber, dass sowohl die SPD als auch die Grünen Anträge gestellt haben, die nicht seit Monaten, sondern eigentlich seit Jahren im Ausschuss schlummern. Dort findet eine schlichte Nichtberatung statt. Ich sage es ganz deutlich: Wir erwarten für diesen Antrag nunmehr eine zügige Beratung im Ausschuss.
Meine Damen und Herren, das Petitionsrecht ist ein sogenanntes Jedermannsrecht. Es knüpft also nicht an Geschäftsfähigkeit oder ähnliche Voraussetzungen an. Somit können sich auch Kinder an den Petitionsausschuss wenden. Wir begrüßen diese Möglichkeit ausdrücklich. Damit muss allerdings auch eine adressatengerechte Sprache einhergehen. Wir wollen ein Kinderpetitionsportal im Internet, welches in kindgerechter Sprache das Petitionsrecht bewirbt und es verständlich macht.
Petitionen sind ein guter Indikator für die Sorgen und für die Bedürfnisse der Menschen. Wenn wir genau hinschauen, dann können wir Einzelfälle erkennen, die einfach durch ein noch so gut gemeintes Raster gefallen sind, und wir können Fehleinschätzungen des Gesetzgebers erkennen.
In der Bearbeitung von Petitionen und der Kommunikation mit Petenten liegt somit auch eine riesige Befriedungsmöglichkeit. Wir müssen daher vermehrt die Möglichkeiten nutzen, die sich bieten, um anlässlich einer Petition mit den Menschen ins Gespräch zu kommen. Das kann durch Ortstermi
ne geschehen, die viel öfter genutzt werden sollten. Es kann aber auch durch eine Einladung in den Petitionsausschuss geschehen.
Warum sollen wir nicht geeignete Petitionen mit den einreichenden Bürgerinnen und Bürgern besprechen? Dies wird zu einem größeren Verständnis auf beiden Seiten führen. Deswegen sollten wir das lieber heute als morgen einführen.
Ferner sind wir der Überzeugung, dass wir mit einem modernen Petitionswesen einen Beitrag zur Bekämpfung der Politikverdrossenheit leisten können. Dafür jedoch ist ein klares Signal nötig. Die Politik ist nicht nur für Gesetzentwürfe und für die großen Leitlinien zuständig. Nein, Politik ist auch und besonders für den Einzelfall, ist auch für den Einzelnen da und kümmert sich um dessen Anliegen.
Das sollten und müssen wir offensiver kommunizieren. Das funktioniert nun einmal nicht, wenn man nur verschüchtert in der hinteren dunklen Ecke steht und „wir haben da übrigens auch ein Petitionsrecht“ flüstert, sondern man muss die Möglichkeiten und die Chancen eines Petitionsverfahrens offensiv und gut sichtbar bewerben.
Selbstverständlich ist auch der umgekehrte Fall denkbar, nämlich der, dass eine Petition nicht einen Einzelfall aufgreift, sondern auf ein grundsätzliches Problem hinweist. Hier soll die Möglichkeit der Mitberatung in den Fachausschüssen geschaffen werden, um auf das dort vorhandene Fachwissen zurückzugreifen und in eine sachgerechte Lösung mit einzubeziehen.