Nun hat jeder Landwirt als Unternehmer die Möglichkeit, seinen eigenen Weg zu suchen, und das ist auch richtig so. Er kann es in Form von alternativer Landwirtschaft tun, er kann es in Form von konventioneller Landwirtschaft tun.
Aber mit dem Märchen, dass die Biobranche und die Biolandwirte von dem Problem Dioxin befreit sind und damit nichts zu tun haben, möchte ich doch einmal aufräumen.
Ich habe hier eine Zusammenstellung von Schlagzeilen, beginnend am 5. Mai 2010: Kreis Emsland - Dioxin in Bio-Eiern. - Ebenfalls 5. Mai: Dioxin in Bio-Eiern bereits im Februar entdeckt. - 7. Mai: Dioxin in Bio-Futter. Belasteter Mais kam seit 2009 aus der Ukraine. Europaweite Suche nach DioxinEiern. - 7. Mai: Dioxin. Mehrere Bio-Legehennenbetriebe in NRW gesperrt. - 7. Mai: SachsenAnhalt - auch hier Bio-Eier mit Dioxin entdeckt. Untersuchungen in Brandenburg. - 10. Mai: DioxinMais auch an Bio-Masthühner verfüttert. Fleisch längst verzehrt. - 19. Mai: Zu viel Dioxin. BioHühner getötet, Eier beseitigt. - 20. Dezember: PCB und Dioxine bei Freilandrindern: WESTPOLBeitrag jetzt online. Auch Bio-Rinder betroffen.
So viel zu dem Zusammenhang zwischen der Art und Weise, wie wir Tierhaltung in der Bundesrepublik Deutschland betreiben, und dem DioxinSkandal!
Meine Damen und Herren, Herr Landwirtschaftsminister Lindemann hat sich nun zu Wort gemeldet. Bitte schön!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich gebe es unumwunden zu: Der Inhalt des vorliegenden Entschließungsantrags und mehr noch der Wortlaut der Begründung haben mich erstaunt, zeigt sich darin doch die Einsicht der Verfasser in bestehende Realitäten, so z. B. die Aussage, dass die Tiergerechtheit einer Haltung weniger von der Bestandsgröße abhängt. Ich freue mich, meine Damen und Herren von der Fraktion DIE LINKE, in diesem Punkt nun auch bei Ihnen die Linie der Landesregierung bestätigt zu sehen.
Zustimmung ist nie schädlich. Primär jedes Tier selbst, die Tierhaltung und das Management einer tiergerechten Haltung stehen im Mittelpunkt aller Bemühungen und sind ausschlaggebende Faktoren für die Tiergerechtigkeit. Die Landesregierung hat immer wieder hervorgehoben: Landwirtschaftliche Nutztiere dürfen kein vernachlässigtes Stückgut sein.
In dem Entschließungsantrag wird gefordert, Richtlinien für eine artgerechte Tierzucht, Tierhaltung und Tierernährung für alle Nutztiere in Niedersachsen zu erarbeiten. Diesen Weg - das wurde hier bereits erwähnt - geht die Landesregierung schon seit Jahren, wie übrigens dankenswerterweise aus der Antragsbegründung selbst hervorgeht.
Aufgrund der großen Akzeptanz der zahlreichen niedersächsischen Tierschutzleitlinien und -empfehlungen, und zwar deutlich über Niedersachsen hinaus, haben diese Eingang in geltendes Recht auf Bundes- und sogar auf EU-Ebene gefunden. Infolge fehlender Rechtsetzungskompetenz der Länder dürfen die Leitlinien in der Tat nicht über konkrete Rechtsvorschriften des Bundes oder der EU hinausgehen.
Ein weiterer Baustein zur Förderung von tiergerechten Haltungsformen ist das Niedersächsische Agrarinvestitionsprogramm, das besonders tiergerechte Haltungsverfahren voranbringen soll und deshalb höhere Fördersätze dafür vorsieht. Die im Entschließungsantrag zitierte Anbindehaltung von
Milchkühen und die Haltung von Sauen in Kastenständen sind dabei selbstverständlich nicht förderungsfähig.
Apropos tiergerecht: Die Forderung nach einem Tierschutzlabel, das Produkte von Tieren als „tiergerecht erzeugt“ auslobt, wäre eine Werbung mit Selbstverständlichkeiten; denn die Haltung von Nutztieren hat selbstverständlich entsprechend dem geltenden Tierschutzrecht zu erfolgen. Darin wird bestimmt, was tiergerecht ist.
Demgegenüber - und da sind wir uns einig, dass das geht und auch sinnvoll sein kann - sollten Kriterien für ein Tierschutzlabel oberhalb der gesetzlichen Tierschutzstandards liegen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, für Kontrollen vor Ort im Bereich Tierschutz sind die niedersächsischen Landkreise und kreisfreien Städte zuständig. Selbstverständlich haben diese dabei auch die Personalhoheit für ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Die Sicherstellung einer ordnungsgemäßen Durchführung von Kontrollen erfolgt seitens des Landes im Rahmen der Fachaufsicht, u. a. durch Erlasse, aber auch durch Dienstbesprechungen.
Zur Unterstützung bietet das Land für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Kontrollbehörden auch regelmäßig bereits jetzt Fortbildungen an, zu denen für die Amtstierärztinnen und Amtstierärzte z. B. das regelmäßige Niedersächsische Tierschutzsymposium gehört. Für alle - das zu Ihrer Forderung nach Fort- und Weiterbildung - in der Tierhaltung Tätigen existieren in Niedersachsen kompetente Aus-, Fort- und Weiterbildungseinrichtungen. Ein Blick auf die Internetseite der Landwirtschaftskammer Niedersachsen veranschaulicht meines Erachtens eindrucksvoll deren umfangreiches Schulungsprogramm, zu dem vor allem im letzten Jahr Lehrgänge zum Erwerb des obligatorischen Sachkundenachweises für Halter von Masthühnern gehörten.
tion DIE LINKE, deutlich, welche Vorreiterfunktion Niedersachsen im Bereich des Tierschutzes bereits jetzt einnimmt.
Wir sind entschlossen, diese Position weiter auszubauen. Dazu allerdings bedarf es nicht des von Ihnen vorgelegten Antrages.
Wir kommen zur Ausschussüberweisung. Wer den Antrag zur federführenden Beratung an den Landwirtschaftsausschuss und zur Mitberatung an den Ausschuss für Haushalt und Finanzen überweisen möchte, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gibt es andere Meinungen? - Das ist nicht der Fall. - Stimmenthaltungen gibt es auch nicht. Dann ist so beschlossen worden.
Erste Beratung: Konsequenzen aus Dioxin-Skandal endlich ziehen - Ökologische Agrarwende und neues Kontrollsystem vorantreiben! - Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 16/3213
Erste Beratung: Agrarstandort Niedersachsen stärken - Bessere Lebensmittelsicherheit durch neue Regeln in der Lebensmittelproduktion - Antrag der Fraktion der SPD - Drs. 16/3223
Wir kommen zur Einbringung. Zunächst hat Herr Meyer von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen das Wort.
Er hat in seiner Regierungserklärung gesagt, dass eine Agrarwende überhaupt nicht notwendig sei, dass sich das System bewährt habe und dass der Dioxinskandal ein krimineller Akt sei, aus dem keine größeren Konsequenzen gezogen werden müssten.
Ferner hat er sich immer darauf bezogen, dass es nur eine Feuilletondebatte gebe, die das anders sehe. - Auch in diesem Punkt muss ich Sie korrigieren: Es ist nicht das Feuilleton, sondern es sind die Politredaktionen, die darauf hingewiesen haben, wie notwendig eine grundlegende Änderung ist.
Ich fange einmal mit der FAZ an, die nicht gerade ein grünes Organ ist. Die Frankfurter Allgemeine Zeitung schrieb am 20. Januar unter der Überschrift „Skandal mit System“:
„Die Koalitionsparteien sind im Begriff, dem Höhenflug der Grünen weiteren Auftrieb zu verschaffen. Diesen Eindruck konnte man am Mittwoch in der Bundestagsdebatte über den jüngsten Dioxin-Skandal gewinnen. Dort ging es zwar endlich zur Sache, was nach den Personal- und Zuständigkeitsdiskussionen der vergangenen Tage schon ein Fortschritt war; doch die Regierungserklärung der Landwirtschaftsministerin Aigner ließ Zweifel aufkommen, ob CDU … und FDP wirklich etwas aus den Vorkommnissen gelernt haben, die Tausende Höfe und ordentlich arbeitende Betriebe in Existenznot gebracht oder gar schon ruiniert haben.“
„Mehr und mehr Verbrauchern leuchtet vielmehr die Frage ein, die die Grünen stellten: Warum muss Deutschland die halbe Welt mit billigem Schweinefleisch, Geflügel und Eiern beliefern, wenn die Voraussetzung dafür eine immer rücksichtsloser auf Effizienz und Arbeitsteilung getrimmte Landwirtschaft ist? … Viel
Mitgefühl wurde in der Debatte den Landwirten zuteil, die unter dem Skandal zu leiden haben. Ein Herz für die Bauern zeigt aber nicht, wer jetzt die Lage ihrer gesperrten Höfe bejammert, sondern wer sie aus der Abhängigkeit mächtiger Handels- und Verarbeitungskonzerne befreit, die ihnen die heutige Produktionsweise diktieren.“