Protocol of the Session on January 21, 2011

Vielen Dank.

(Starker Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren, zu Tagesordnungspunkt 30 gibt es noch eine Wortmeldung des Kollegen Meyer. Er hat noch 1:11 Minuten. Bitte schön!

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

(Karl-Heinrich Langspecht [CDU]: Jetzt komm bloß nicht noch einmal mit dem Verfassungsgericht!)

- Nein.

Ich möchte zunächst anregen, dass sich die antragstellenden Fraktionen die Aussagen des Ministers durchlesen und ihren Antrag dahin gehend verbessern, all das aufzunehmen, was der Minister eben richtigerweise gesagt hat.

(Dr. Hans-Joachim Deneke-Jöhrens [CDU]: Das steht drin!)

- Nein, das tut mir leid, das steht bislang so nicht drin.

Eine weitere Sache möchte ich noch ansprechen. Herr Minister, ich finde, es ist schon gefährlich, wenn man, wie Sie es sinngemäß eben getan haben, sagt: Wenn 70 % gegen grüne Gentechnik und gegen die Einführung von gentechnisch veränderten Lebensmitteln sind, dann haben sie keine Ahnung und brauchen mehr Aufklärung. Das ist eine sehr gefährliche Aussage, die Sie getroffen haben. Ich möchte Sie bitten, das noch einmal zu überdenken.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der LINKEN - Karl-Heinrich Langspecht [CDU]: Das hat er so nicht gesagt! - Ingrid Klopp [CDU]: Was soll er über- denken?)

Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung.

Wir kommen zur Ausschussüberweisung. Mit dem Antrag soll sich der Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft, Verbraucherschutz und Landesentwicklung beschäftigen. Gibt es Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Dann ist so beschlossen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 31 auf:

Erste Beratung: Artgerechte Tierhaltung in Niedersachsen voranbringen - Antrag der Fraktion DIE LINKE - Drs. 16/3210

Zur Einbringung erteile ich der Kollegin Frau König das Wort. Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bedingt durch die wie Pilze aus dem Boden schießenden Hähnchenmastställe, den damit verbundenen Großschlachthof in Wietze und die Vorfälle um die Ministerin Grotelüschen

(Ingrid Klopp [CDU]: Die ist doch weg!)

hat sich dieses Haus im Agrarbereich im Jahre 2010 fast nur mit der Geflügelmast befasst. Am 17. Dezember des vergangenen Jahres fand eine Anhörung zur Putenhaltung im Agrarausschuss statt.

Die Fraktion DIE LINKE bringt heute den Antrag zur artgerechten Tierhaltung in Niedersachsen ein, weil sich in der Anhörung große Defizite aufgetan haben, die auch in der Haltung anderer Tierarten anzutreffen sind.

Wenn wir die Besatzdichte in Geflügelmastställen - natürlich wissen wir, dass es nicht nur auf die Besatzdichte, sondern auf das gesamte Management ankommt - infrage stellen so wie in der Anhörung, dann werden wir uns nicht mit der Antwort zufrieden geben, dass Puten im Vergleich zu Mastschweinen recht viel Platz zur Verfügung haben und damit alles in Ordnung sei. Das zeigt nur auf: Handeln tut not!

(Beifall bei der LINKEN und Zustim- mung von Christian Meyer [GRÜNE])

Wir fordern eine artgerechte Tierhaltung ein; denn ein Tier, das artfremd gehalten wird, erkrankt schneller und benötigt Medikamente, und das Mortalitätsrisiko erhöht sich. Das zu verhindern, liegt im Interesse der Tiere, der Halter und der Verbraucher.

(Beifall bei der LINKEN)

Meine Damen und Herren, ein altes Sprichwort lautet: Quäle nie ein Tier zum Scherz; denn es fühlt wie du den Schmerz! - Dies muss auch noch im 21. Jahrhundert gelten. Vor dem Hintergrund der aktuellen Entwicklung muss es sogar erweitert werden: Quäle nie ein Tier zum Scherz oder rein für den Kommerz!

(Beifall bei der LINKEN)

Meine Damen und Herren, dazu ein Beispiel: Beim Abtransport zum Schlachthof übernehmen oftmals Fangkolonnen die Arbeit des Einfangens der Tiere. Nach Aussagen von Betriebsleitern gibt es humanere Vorgehen, aber sie entscheiden sich dafür, weil es eindeutig die preiswerteste Variante ist.

Tiere dürfen nicht wie Sachen behandelt werden. Das leitet sich aus dem humanistischen Kulturerbe mit der Achtung vor allen Kreaturen ab.

Meine Damen und Herren, gerade der aktuelle Dioxinskandal macht deutlich, dass auch in der Tierernährung Handlungsbedarf besteht. Technische Fette sind auf keinen Fall ein artgerechtes Futter für Tiere.

(Beifall bei der LINKEN)

Veraltete Richtlinien müssen unter Einbeziehung wissenschaftlicher Erkenntnisse zu Richtlinien für eine artgerechte Tierhaltung weiterentwickelt werden. Ebenso gilt das für das Agrarinvestitionsprogramm. Es ist so zu verändern, dass nur noch das gefördert wird, was artgerecht ist. Die Landesregierung hat die Möglichkeiten dazu, z. B. durch finanzielle Anreize für den Bau von artgerechten Ställen.

In der Anhörung hat sich auch herausgestellt, dass das Fach Tierhaltung in der Ausbildung zum Landwirt vorhanden ist, aber nur in begrenztem Umfang. Deshalb fordern wir in unserem Antrag eine verbindliche Fort- und Weiterbildung von Land- und Tierwirten sowie einen Sachkundenachweis für alle, die in der Tierhaltung arbeiten.

(Beifall bei der LINKEN)

Meine Damen und Herren, wir wollen mit unserem Antrag keine Branche in Verruf bringen. Wir wollen hierbei auch nicht mit Ihnen - das sage ich an die rechte Seite des Hauses gerichtet, soweit sie anwesend ist - über Massentierhaltung diskutieren. Auch uns ist bekannt, dass das Leben einer Milchkuh gerade bei kleiner Bestandsgröße oftmals - früher im ganzen Winter angebunden in einem dunklen Stall - wirklich nicht als artgerecht bezeichnet werden kann. Wir nehmen den Tierschutz ernst und fordern ein begleitendes Vermarktungsprogramm, damit Tierhalter und Verbraucher sich gegenseitig wieder schätzen lernen.

(Beifall bei der LINKEN)

Professor Haunhorst vom LAVES sagt dazu: Tierschutz spielt eine große Rolle beim Verbraucher. Das Image eines Betriebes wird in Zukunft davon abhängen, wie ernst er den Tierschutz in der Massentierhaltung nimmt.

(Ingrid Klopp [CDU]: Doch wieder Massentierhaltung!)

Es hängt davon ab, ob Niedersachsen die Chance nutzt, sich bundes- und europaweit als Land der

artgerechten Tierhaltung und deren Produkte zu profilieren.

Herr Minister Lindemann, Sie haben gestern hier im Hause gesagt: Es bleibt nicht alles beim Alten, und es gibt viel zu tun. - Da bleibt nur zu hoffen, dass die die Regierung stellenden Fraktionen von CDU und FDP Ihren Weg mitgehen und nicht sagen: Es ist gut so, wie es ist, und es wird nichts verändert. - Wir zeigen mit unserem Antrag einen Weg zur Agrarwende in Niedersachsen auf, den viele Bürgerinnen und Bürger dieses Landes gehen wollen. Schließen Sie sich an!

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der LINKEN)

Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen erteile ich nun Herrn Meyer das Wort. Bitte!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Jetzt muss ich den neuen Minister Lindemann schon wieder loben. Wir haben hier oft über den Tierschutz in Niedersachsen diskutiert. Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie wir Grüne beschimpft worden sind, wenn wir von Tierquälerei und tierquälerischer Massentierhaltung gesprochen haben, wenn wir die Haltungsbedingungen in den riesigen Ställen, in den industriellen Anlagen kritisiert und das als organisierte Tierquälerei bezeichnet haben. Zu Minister Lindemann kann ich jetzt nur sagen: Willkommen in der Wirklichkeit!

Zu den Interviews, die er vor seinem Amtsantritt gegeben hat, zitiere ich einmal aus der Süddeutschen Zeitung vom 19. Januar. Da sagte Herr Lindemann: Ich kenne tierquälerische Haltungsformen. Da helfe kein Leugnen, es gebe sie.

(Zustimmung von Helge Stefan Lim- burg [GRÜNE])

Zweites Zitat aus der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung vom 18. Januar. Da sagte Herr Lindemann, die Akzeptanz bei den Landwirten sinke. Er sagte weiter:

„Sie haben also einen großen Vertrauensvorschuss. Der leidet aber empfindlich, wenn man den Eindruck hat, Tiere werden unter qualvollen Bedingungen gehalten. Zum Beispiel sollten die Rahmenbedingungen in der Nutztierhaltung nicht dazu führen,

dass die Tiere Skelettdeformationen erhalten.“

Dann heißt es weiter - Originalzitat Herr Lindemann -:

„Ich will Bedingungen schaffen, die nicht automatisch zur Tierquälerei führen.“