Protocol of the Session on December 10, 2010

die Letzteren. Sie können verzweifeln, weil sie dem Tempo nicht folgen können, erleiden Ängste und laufen sogar Gefahr, seelisch krank zu werden. Ich habe das in der Plenarsitzung vor einigen Monaten schon ausgeführt. Deshalb, meine Damen und Herren, muss hier gegengesteuert werden.

(Beifall bei der CDU)

In den Schulen wird schon viel getan, aber unserer Meinung nach kann den Schülerinnen und Schülern noch stärker geholfen werden, und zwar zielgerichtet. Kein Kind darf verloren gehen! Das ist unser Motto, das ist unsere Motivation.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Zurufe von der SPD und von der LIN- KEN)

- Aber natürlich! - Sie haben das doch gerade schriftlich bekommen. Wenn die Abbrecherquote jetzt auf 6 % gesunken ist, dann ist das ein gutes Zeichen, das ist ein guter Erfolg.

(Zustimmung bei der CDU)

Aber trotzdem müssen wir weiterhin um jedes Kind kämpfen.

(Zustimmung bei der CDU)

Deshalb fordern wir in unserem Entschließungsantrag die Landesregierung auf, die Voraussetzungen für eine noch effektivere Hilfestellung zu schaffen.

Die Schüler, insbesondere die im 5. und 6. Schuljahrgang, müssen individuell gefördert werden können. Die Schüler, die dem Unterricht nicht folgen können, die das Pensum nicht schaffen können, benötigen Hausaufgabenhilfe, was in der erweiterten Ganztagsschule durchaus möglich ist. Vor allen Dingen ältere Schüler sollen als Paten den jüngeren helfen; denn diese haben die Klassen bereits erfolgreich durchlaufen und können das.

Besonders wichtig sind uns auch die Beratungsgespräche für Eltern und Schüler. Ob nun die Eltern erkennen, dass ihr Kind in der Klasse überfordert ist und Unterstützung braucht, oder ob die Schule auf die Eltern zugeht, die Möglichkeit muss deutlicher und präziser geschaffen werden, dass die Eltern und Lehrer beispielsweise in einem vierteljährlichen Turnus über die Lernfortschritte dieser Kinder sprechen.

Wenn die Kinder, meine Damen und Herren, spüren, dass sie nicht allein sind, dass sie von den Eltern und Lehrern die gewünschte Aufmerksam

keit, Anerkennung und Hilfe erhalten, erkennen sie wieder das Ziel, finden auch den richtigen Weg, sind motiviert, haben auch wieder Spaß am Lernen und spüren den Erfolg - darum geht es.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

So können die meisten dieser Kinder - wir reden hier über etwa 12 % der Kinder, die wirklich Schwierigkeiten in der Schule haben - in der Schule verbleiben, die sie sich ausgesucht haben, und diese erfolgreich abschließen. So kann - das ist das Wichtigste - die Abbrecherquote noch weiter gesenkt werden.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Aber auch denen, die trotz dieser Unterstützung durch die Schule, durch die Lehrer und hoffentlich auch durch die Eltern den Lernstoff nicht bewältigen können, muss geholfen werden. Meine Damen und Herren, ein Wechsel, wenn er denn nötig ist, vom Gymnasium zur Realschule bzw. zur neuen Oberschule, ist doch nichts Tragisches. Das ist vor allem keine Abschulung, wie Sie das immer nennen! Das ist ein völlig falscher Begriff.

(Zustimmung bei der CDU)

Im Interesse des jeweiligen Kindes sollte den Fähigkeiten und Fertigkeiten entsprechend die jeweils beste Schulform gewählt werden, die für es infrage kommt.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Sie aber reden seit Jahren bestimmte Schulformen schlecht. Sie diskriminieren nicht nur die Schule, sondern Sie diskriminieren damit auch die Schülerinnen und Schüler

(Astrid Vockert [CDU]: Die Lehrer!)

sowie die Lehrer. Ich sage es einmal ganz platt: Das halte ich schlichtweg für eine Riesensauerei!

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Erfahrungsgemäß fühlen sich alle Schüler in einer passenden Schule sehr viel wohler. Der Druck ist nicht so hoch, die Motivation kehrt zurück - ich sagte es schon - und damit auch das Selbstbewusstsein der Schülerinnen und Schüler. Dann, meine Damen und Herren, ist der Schulabschluss von einem hohen Wert, weil man auch seinen eigenen Wert einschätzen kann.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Das ist meiner Meinung nach für die Zukunftsentwicklung der Schülerinnen und Schüler äußerst wichtig.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Abschließend möchte ich betonen: Wir wollen helfen. Wir wollen noch mehr Möglichkeiten für diejenigen Schülerinnen und Schüler schaffen, denen es schwerfällt. Aber der freie Elternwille beim Übergang von der Grundschule zur weiterführenden Schule bleibt mit uns erhalten; daran wird nicht gerüttelt.

Deshalb bitten wir die Landesregierung, Möglichkeiten für Schülerinnen und Schüler zu schaffen, die Hilfe brauchen, damit diese Kinder die erforderliche Unterstützung erhalten, damit sie durch einen guten Schulabschluss den Weg ins Leben finden und damit wir die Abbrecherquoten auch weiterhin senken können.

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren, bevor ich die nächste Rednerin aufrufe, würde ich Sie, Frau Ernst, bitten, über einen Ausdruck nachzudenken. Wenn man bei Fraktionsvorsitzenden bestimmte Ausdrücke nicht duldet, dann sollte das auch für Präsidiumsmitglieder gelten.

(Ursula Ernst [CDU]: Ich nehme das zurück!)

- Danke schön.

Meine Damen und Herren, die nächste Wortmeldung kommt von Frau Seeler von der SPDFraktion.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Gerade ist hier ein Plädoyer für das gegliederte Schulsystem gehalten worden. Aber wenn man das hört, dann fragt man sich, warum die PISA-Ergebnisse in den Ländern, in denen es dieses gegliederte Schulsystem nicht gibt, immer so viel besser sind als bei uns.

(Beifall bei der SPD und bei der LIN- KEN - Ulf Thiele [CDU]: Bayern oder Baden-Württemberg? - Ursula Ernst [CDU]: Korea oder Japan?)

Doch nun zum Thema freier Elternwille. An der Auffassung meiner Fraktion zum Thema freier Elternwille hat sich nichts geändert, und das ist auch gut so.

(Beifall bei der SPD - Frauke Heili- genstadt [SPD]: Genau!)

Wir wollen den freien Elternwillen ohne Wenn und Aber so erhalten, wie er ist.

(Beifall bei der SPD)

Unser Antrag bestätigt deswegen das bestehende Schulgesetz.

Normalerweise lässt eigentlich keine Fraktion ein bestehendes Gesetz per Antrag noch einmal festschreiben. Dieses Mal gibt es jedoch einen Grund dafür: Die FDP hatte auf ihrem Parteitag im November 2009 beschlossen, den freien Elternwillen aufzuheben und Aufnahmeprüfungen einzuführen, wenn die Auffassungen der Eltern und der Lehrkräfte der Grundschule voneinander abweichen, auf welche Schulform ein Kind in die fünfte Klasse eingeschult werden soll. Dies wollen wir verhindern; deshalb unser Antrag.

(Beifall bei der SPD)

Wenn CDU und FDP unsere Auffassung teilen würden, dann hätten Sie unseren Antrag im Januar 2010 einfach beschlossen.

(Johanne Modder [SPD]: Das hätte nicht wehgetan!)

Doch was passierte? - Im Juli, sieben Monate später, bringen CDU und FDP einen eigenen Antrag mit der Überschrift „Den freien Elternwillen zum Wohl der Kinder gestalten“ ein.

(Dr. Karl-Ludwig von Danwitz [CDU]: Genau!)

Dabei gibt es bei etwas, das frei sein soll, nichts zu gestalten.

(Beifall bei der SPD)