Protocol of the Session on December 9, 2010

die selber offenbar keine Ergebnisse erarbeiten darf. Das ist nur peinlich. Die Landesregierung ist mit diesem Thema total gescheitert.

(Beifall bei der SPD)

Bundesumweltminister Röttgen hat am 3. Dezember 2009 eine schöne Rede vor dem Deutschen Bundestag gehalten, in der er eine Kernfrage aufgeworfen hat. Ich zitiere:

„Könnten wir es uns überhaupt leisten, auf konsequenten und ambitionierten Klimaschutz zu verzichten? Die Antwort auf diese Frage ist: Nein, wir können es uns nicht leisten“.

Herr Röttgen hat eine Begründung seines Amtsvorgängers übernommen, die ich Ihnen nicht vorenthalten möchte:

„Durch die ökonomische Modernisierung, die mit Klimaschutz einhergeht und die wir mit Klimaschutz offensiv angehen, und durch den Einsatz von Technologien erzeugen wir neue Märkte. Diejenigen, die dies anbieten, werden die Exportweltmeister der Zukunft sein.“

Ich frage Sie: Was geschieht in Niedersachsen? - Sie kürzen die Fördermittel für erneuerbare Energien um 1 Million Euro, und Sie streichen beim Klimaschutz 200 000 Euro von den ohnehin schon jämmerlichen 2 Millionen Euro, meine Damen und Herren. Das ist Ihre verfehlte Politik!

(Beifall bei der SPD - Heinz Rolfes [CDU]: 2 Millionen Euro sollen lächer- lich sein?)

Von Herrn Sander kann man eigentlich nichts anderes erwarten. Sein Verständnis von zukunftsfähiger Wirtschaftsindustrie hat er uns schon gestern im Zusammenhang mit Conoco in Wilhelmshaven zu erklären versucht. Seine Stotterei und sein Herumhaspeln während des peinlichen Erklärungsversuchs zur Missachtung der Umweltauflagen eines wichtigen Industriestandorts beweisen einmal mehr, wie überfordert er auf diesem Posten ist. Herr Sander, ich möchte Sie bitten: Gehen Sie doch zu Ihren netten Obstplantagen. Dort ist es im Frühling bestimmt angenehm. In Ihrem Garten liegt sicherlich auch eine Kettensäge. Aber verschonen Sie Niedersachsen mit Ihrer Antiumweltpolitik!

(Beifall bei der SPD - Zurufe von der CDU)

Zukunftsfähige Energiepolitik können Sie nicht. Es ist ja paradox. Sie sagen zwar bei Atomkraft „Ja, bitte!“, aber wohin mit dem Atommüll?

(Vizepräsident Dieter Möhrmann übernimmt den Vorsitz)

Wenn Herr Röttgen in Gorleben ist, taucht der Ministerpräsident ab, nachdem er aber den Finger in Berlin hochgehalten hat. Dann schickt er den glaubwürdigsten aller Atomkritiker wie Kaspar aus der Kiste vor: Hans-Heinrich Sander. Der sagt uns dann - offenbar als Weihnachtsüberraschung -: Castortransporte aussetzen!

Herr Sander, Ihnen ist nichts zu peinlich; das muss ich feststellen. Ausgerechnet der Atomlobbyist schlechthin wird nach vorne geschickt, der Mann mit dem „Kerngesund“-T-Shirt. Herr Sander, es ist ja bald Weihnachten. Ich habe Ihnen noch ein kleines „Kerngesund“-T-Shirt mitgebracht.

(Beifall bei der SPD)

Wenn Sie den Schacht Konrad besuchen, fühlen Sie sich damit wahrscheinlich gut angezogen.

(Clemens Große Macke [CDU]: Hal- ten Sie es noch einmal hoch, die Ka- mera hatte es noch nicht! - Hans- Christian Biallas [CDU]: Das T-Shirt ist viel zu klein! Das passt ja noch nicht einmal über Ihren Kopf! - Beifall bei der CDU - Unruhe - Glocke des Präsidenten)

- Wollen Sie es noch einmal sehen?

(Ah! bei der CDU - Christian Dürr [FDP]: Wann ist die Redezeit endlich zu Ende?)

Meine Damen und Herren, die Menschen in Niedersachsen haben nach all den Belastungen, Gefährdungen und Katastrophen wie der Asse, der Leukämie und Gorleben, angedrohten Enteignungen im Wendland endlich einmal eine klare Linie der Regierung verdient.

Hören Sie auf, sich zu verstecken! Die Menschen haben die Nase voll von Ihrer verfehlten Politik. Die SPD setzt mit ihren Vorschlägen ein Zeichen. Wir sagen: Der Klimaschutz gehört in den Haushaltsplan des MU, wie es der Name des Hauses auch zum Ausdruck bringt. Wir sind der Ansicht, mit einem Finanzansatz von 5 Millionen Euro kann man endlich ein konkretes Klimaschutzprogramm mit konkreten Umsetzungsmaßnahmen erarbeiten. Die politische Blockade an dieser Stelle ist nicht

länger hinnehmbar. Der Steuerzahler erwartet zu Recht, dass das Land Niedersachsen seine Hausaufgaben macht.

Noch dazu, meine Damen und Herren, handelt es sich um ein im Grundgesetzartikel 20 a festgeschriebenes Staatsziel:

„Der Staat schützt auch in Verantwortung für die künftigen Generationen die natürlichen Lebensgrundlagen“.

(Zuruf von der CDU: Das machen wir!)

Weil die SPD das sehr ernst nimmt - Herr Hilbers, da sollten Sie einmal zuhören -, haben wir bereits im letzten Jahr die Einrichtung eines Forschungsinstituts für ionisierende Strahlung beantragt. Die Realität hat Sie nun eingeholt. Die neuen ungeklärten Krebserkrankungen rund um die Asse, die ungeborenen Mädchen im Umfeld der Asse, die alten ungeklärten Leukämieerkrankungen an der Elbe bei Krümmel bestätigen uns in unseren Befürchtungen voll und ganz.

(Zurufe von der CDU)

Jetzt, ein Jahr zu spät, kommen Sie in letzter Minute mit einem Antrag in dieses Plenum, der unsere Forderung nach einem Forschungsinstitut genau zu diesem Problem aufgreift.

Ich fordere Sie auf: Blockieren Sie nicht kategorisch die vorausschauenden Haushaltsanträge der SPD. Nehmen Sie endlich Vernunft an. Stimmen Sie unseren Vorschlägen zu.

(Starker Beifall bei der SPD - Der Red- ner legt das T-Shirt auf den Platz von Minister Hans-Heinrich Sander)

Meine Damen und Herren, der Kollege Thiele von der CDU-Fraktion hat sich zu einer Kurzintervention gemeldet. Bitte schön!

Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Tanke, ich will nur am Rande erwähnen, dass nach meiner Kenntnis der Ministerpräsident, den Sie hier gerade vermisst haben, auf Wunsch Ihres ehemaligen Landesvorsitzenden im Gespräch mit ihm da hinten ist. Insofern glaube ich, dass Sie ein gewisses Verständnis dafür haben sollten, dass er nicht hier ist.

Nun zu dem eigentlichen Grund, warum ich mich zu Wort gemeldet habe. Der Umweltausschuss wurde in seiner vorletzten Sitzung von Herrn Pro

fessor Schneidewind umfänglich und, nach allem, was ich mitbekommen habe, sehr eindrucksvoll über die Arbeit der Regierungskommission informiert. Er hat dort auch ein Kommunikationsangebot und ein Angebot der Zusammenarbeit unterbreitet.

Wenn man sich die Arbeit der Regierungskommission und insbesondere die von Herrn Professor Schneidewind ansieht, insbesondere die ambitionierten und sehr anspruchsvollen Programme, die er für die Regierungskommission in den nächsten Monaten noch vor sich hat, wenn man bedenkt, dass er einen beruflichen Wechsel nach Nordrhein-Westfalen hinter sich hat und dennoch - trotz seiner zeitlich sehr angespannten Situation - bereit war, als hoch anerkannter Wissenschaftler in diesem Bereich Niedersachsen weiterhin beratend zur Verfügung zu stehen, ist es einfach eine Ungehörigkeit, wenn Sie Herrn Professor Schneidewind hier Vorwürfe machen, er habe angeblich keinen Biss mehr.

Wenn jemand, der seine Zeit ehrenamtlich für das Land Niedersachsen zubringt, in dieser Weise hier verunglimpft wird, dann weisen wir das mit aller Schärfe zurück.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren, der Kollege Tanke möchte gern erwidern. Bitte schön!

Herr Thiele, so kennen wir leider die CDU: immer an der Sache vorbei. Sagen Sie doch einmal einen Ton dazu, dass diese Kommission seit zwei Jahren nichts zu Wege gebracht hat.

(Beifall bei der SPD)

Dann erzählen Sie uns irgendetwas von Herrn Schneidewind und der Reputation dieser Person, über die wir ja auch reden könnten.

(Ulf Thiele [CDU]: Sie kennen den Zeitplan genau!)

Aber Sie müssen einmal anerkennen, dass Herr Sander mit dieser Klimaschutzkommission zwei Jahre lang nichts zu Wege gebracht hat. Das ist die Botschaft. Und das merken die Menschen auch draußen im Lande, Herr Thiele.

(Beifall bei der SPD - Ulf Thiele [CDU] - zur SPD -: Dass ihr da auch noch klatschen mögt! Ihr kennt doch den Zeitplan! Das ist doch peinlich! )

Meine Damen und Herren, wollen Sie das noch austragen? Dann unterbreche ich die Sitzung für einen Moment. - Das scheint nicht der Fall zu sein.

Dann rufe ich jetzt den nächsten Redner auf, nämlich den Kollegen Herzog von der Fraktion DIE LINKE.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Als ich vor zwei Jahren Ministerpräsident Wulff zitierte, verdrehten die Leitwölfe der CDU- und der FDPFraktion angenervt die Augen. Wulff sagte im Dezember 2008: Allein für Deutschland sind in den kommenden 50 Jahren Aufwendungen von ca. 800 Milliarden Euro notwendig, um Klimaschäden zu beheben und Anpassungsmaßnahmen zu finanzieren.

Der Scheiterhaufen von Kopenhagen rüttelte die Regierungen nicht auf, nicht die neoliberale in Berlin und auch nicht die gleichfarbige blasse in Niedersachsen. Mit den klitzekleinen politischen Brötchen, die im Vorfeld von Cancún gebacken wurden, plant man von vornherein ein Verharren auf altbekannten klimapolitischen Grabenkriegspositionen.

Aber wo ist Behle? Wo ist der niedersächsische Umweltminister? Wo ist vor allem der frisch gekürte Bundespräsident Wulff? Wo ist seine klimastrategische Ruckrede, mit der er mit dem Rückenwind seines Amtsantritts unverbraucht Tacheles reden könnte? Unverblümt, bar von Karriereängsten könnte er, der Präsident aller Deutschen, von der Bundesregierung und den Landesregierungen sowie den Politikern abfordern, wie sie denn gedenken, die schlappe Billion Euro aufzubringen.

(Beifall bei der LINKEN)

Nein, er bleibt lieber bei seiner Ruhepulspolitik, die ihn schon in Niedersachsen auszeichnete, auf dem Schoß der Wirtschaft.