Protocol of the Session on December 8, 2010

(Beifall bei der LINKEN, bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Ich erteile dem Kollegen Poppe von der SPD-Fraktion das Wort.

(Jens Nacke [CDU]: Noch eine Weih- nachtsinterpretation?)

Ja, warten Sie ruhig darauf.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Vockert, Ihr Beitrag lag ja zwischen Geschichtsstunde und Märchenstunde. Die Geschichtsstunde war aber reichlich geschichtsvergessen. Sie sind - wenn man einmal daran denkt - 1990 abgewählt worden, weil Sie es im Bildungsbereich zu nichts gebracht hatten.

(Beifall bei der SPD, bei den GRÜ- NEN und bei der LINKEN - Björn Thümler [CDU]: Das muss aber sehr lange zurückliegen!)

Zu der Zeit war das Wort „Krippe“ in CDU-Kreisen noch eines für Rabenmütter.

(Beifall bei der SPD, bei den GRÜ- NEN und bei der LINKEN - Karl-Heinz Klare [CDU]: Bei euch ja wohl auch!)

Was die Gegenwart angeht: Meine Kolleginnen habe gerade auf die Überschrift Ihres Antrags Bezug genommen und sich ein wenig darüber lustig gemacht - durchaus zu Recht. Ich finde es nicht lustig. Ich bin geradezu entsetzt über den unchristlichen Zynismus, mit dem hier ein Weihnachtslied ausgenutzt wird, um die Wirklichkeit im Lande zu verkleistern und von der Wahrheit abzulenken.

(Beifall bei der SPD)

Denn die Bemerkung, Niedersachsen sei Krippenland, ist doch geradezu aberwitzig. Das glauben doch selbst Ochs und Esel nicht!

(Beifall bei der SPD)

Ja, es gibt einen leichten Zuwachs bei der Betreuungsquote bei Kindern unter drei Jahren, aber Niedersachsen liegt nach wie vor nur bei 15,9 % und damit auf Platz 15, übrigens inklusive Tagesmütterbetreuung. Das ist der vorletzte Platz im

Vergleich aller Bundesländer. Mit 7 % liegt Niedersachsen natürlich deutlich unter dem Durchschnitt aller Bundesländer.

Darum zu dem Vorwurf des Zynismus: Die Kinderlein würden ja gerne kommen, aber die Plätze dafür stehen im Krippenland Niedersachsen nicht zur Verfügung.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, um weihnachtlich zu bleiben: Es ist kein Platz in der Herberge.

(Beifall bei der SPD)

Wie bei diesen Zahlen und bei diesem Tempo die 35-%-Marke an Krippenplätzen bis 2013 erreicht werden soll, das bleibt Ihr Geheimnis.

Die SPD-Fraktion dagegen hat mit einer Fülle von Anträgen und Gesetzesinitiativen nicht nur die Kindertagesstätten, sondern auch den Krippenausbau immer wieder in den Blick genommen und klare Forderungen gestellt. Uns war immer klar, dass der Slogan der Landesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtsverbände „Kinder sind mehr wert“ mit Leben erfüllt werden muss. Ich zähle nur ganz wenige Anträge und Forderungen auf: Entschließungsantrag „Frühkindliche Bildung in niedersächsischen Tageseinrichtungen ausbauen und sicherstellen“, Entschließungsantrag „Berliner Einigung zum Ausbau von Kinderbetreuung als Chance für Niedersachsen nutzen“, Gesetzentwurf „Gesetz zur Verbesserung der Qualität in Tageseinrichtungen für Kinder“ - denn es geht ja nicht nur um den Bau, sondern das muss auch mit Leben gefüllt werden -, Entschließungsantrag „Was man verspricht, muss man auch halten - Kinder sind uns mehr wert!“.

In diesen Anträgen ging es immer wieder um die viel zu geringe Zahl der Krippenplätze in Niedersachsen. Es ging aber auch um die Qualität, die bei dieser Regierung nicht gewährleistet ist. Es ging um eine bessere Einbeziehung der Kinder mit Behinderungen, um eine bessere Ausstattung der Einrichtungen mit Personal, um einen höheren Anteil an den Investitionskosten, um eine Gebührenbefreiung für alle Kindergartenjahre und um eine bessere Ausbildung für Erziehungskräfte. Alle diese Forderungen passen übrigens auch sehr gut zu den gestern veröffentlichen PISA-Ergebnissen, die deutlich machen, wie wichtig gerade die frühkindliche Bildung und Erziehung ist.

Alle diese Anträge wurden von Ihnen abgelehnt. Sich dann noch mit den minimalen Fortschritten, die erreicht wurden, brüsten zu wollen, ist nicht nur zynisch, das ist auch noch hochnotpeinlich.

(Beifall bei der SPD)

Hinzu kommt, meine Damen und Herren, dass Sie sich bei den angeblichen Fortschritten auch noch mit fremden Federn - oder mit fremden Lebkuchen - schmücken. Das Geld kommt zu großen Teilen vom Bund, die Arbeit liegt bei den Kommunen und den freien Trägern, und die CDU schreit: „Hurra, wir sind nicht Letzter, sondern Zweitletzter!“ Geben Sie doch zu: Das ist schon ziemlich irrwitzig.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, ich habe mit einer Bemerkung zu der blasphemischen Verwendung eines Weihnachtsliedes begonnen.

(Jens Nacke [CDU]: Sie sind ja hu- morlos!)

Ich schließe mit einer weiteren Notiz zur Überschrift „Nicht nur zur Weichnachtszeit“. Das ist der Titel einer satirischen Kurzgeschichte von Heinrich Böll. Darin geht es um das ganzjährige Wiederholen völlig sinnentleerter Weihnachtsrituale - wie passend!

Was Sie hier unter dem Deckmantel weihnachtlicher Floskeln zum Krippenausbau in Niedersachsen sagen, ist völlig sinnentleert, geht völlig an der Realität vorbei und wird damit den Kindern und den Familien in Niedersachsen nicht gerecht. Meine Damen und Herren, hören Sie lieber auf unsere Vorschläge und Anträge!

(Lebhafter Beifall bei der SPD - Björn Thümler [CDU]: So humorlos kann man gar nicht sein!)

Ich erteile dem Kollegen Försterling von der FDPFraktion das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich glaube - im Gegensatz zu Herrn Poppe -, dass diese Aktuelle Stunde alles andere als sinnentleert ist und dass das auch der Zusammenhang, der hergestellt worden ist, noch einmal ganz deutlich macht. Diesen Zusammenhang haben andere Redner auch aufgegriffen, die Sie dann ja gleichwohl kritisieren müssten.

Ich glaube in der Tat, dass der Vergleich, der von den Rednerinnen der Opposition gezogen worden ist, etwas an der Realität vorbeigeht. Damals gab es keinen Rechtsanspruch. Damals waren Maria und Joseph froh, dass sie eine Unterkunft bekommen haben. Heute werden wir einen Rechtsanspruch garantieren, und auch die Betreuungsquote ist heute deutlich besser.

Ich weiß nicht, ob Sie weitergelesen haben, aber die Heiligen Drei Könige waren am nächsten Tag weg. Da war es hinüber mit der Betreuungsquote; die Eltern standen dann alleine da. - Wir lassen die Eltern nicht alleine stehen, auch nicht nach der ersten Nacht,

(Zurufe von den GRÜNEN)

weil wir den Krippengipfel, den es auf Bundesebene gegeben hat, mehr als konsequent umsetzen und weil wir auch bei der Erfüllung des Ziels, eine Betreuungsquote von 35 % im Jahre 2013 zu erreichen, mehr als im Plan liegen, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Zurufe von der LINKEN: Nehmen Sie doch mal Sachsen-Anhalt als Vorbild!)

Als im Jahr 2007 das Kinderförderungsgesetz auf Bundesebene verabschiedet worden ist und als im April 2008 in Niedersachsen die entsprechende Investitionsrichtlinie auf den Weg gebracht worden ist, galt es zunächst einmal, festzuhalten, mit welchen Schritten man diese Entwicklung machen will und wie man die Kommunen entsprechend unterstützt. Ich finde, 13 000 Euro pro Platz an Investitionskostenzuschuss sind schon eine erhebliche Investitionsunterstützung.

(Beifall bei der FDP)

Insgesamt wird es aufgrund dieser Richtlinie Zuschüsse in Höhe von 225 Millionen Euro pro Jahr geben.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, was aber viel wichtiger als diese reine Investitionskostenunterstützung ist, das sind, glaube ich, die Betriebskosten, weil es eben wichtig ist, dass es über eine Nacht hinausgeht und dass wir dauerhaft die Betriebskostenzuschüsse regeln.

Herr Kollege, ich darf Sie unterbrechen. Gestatten Sie eine Zwischenfrage der Kollegin Helmhold?

Nein, nicht in der Aktuellen Stunde, das tut mir leid.

(Zuruf von der SPD: Das wäre aber schön gewesen!)

Im Oktober 2008 kam es zu einer wichtigen Einigung mit den kommunalen Spitzenverbänden, die noch einmal deutlich machte, warum wir dort sehr gut aufgestellt sind: Weil das Land Niedersachsen nämlich in Zukunft mehr als 40 % der Betriebkosten tragen wird. Allein für den Haushalt 2011 werden wir für die zusätzlich geschaffenen Plätze knapp 25 Millionen Euro zusätzliche Betriebskostenzuschüsse in die Hand nehmen, um den Trägern die entsprechende Finanzierung für die zusätzlichen Plätze zur Verfügung zu stellen.

Insgesamt geht es um ein Investitionsvolumen bis 2013 von mehr als 1,2 Milliarden Euro, wovon das Land Niedersachsen 462 Millionen Euro tragen wird. Ich will noch einmal deutlich sagen: Wenn wir diese Betreuungsquote erreicht haben - auch diese von 35 % -, wird 2013 ja nur ein Zwischenschritt sein, weil wir mit dem Ausbau der Betreuungsquote natürlich weitermachen müssen, da der entsprechende Bedarf vorhanden ist. Jährlich werden auf uns 130 Millionen Euro Betriebskostenanteile des Landes zukommen, nur um diese zusätzlichen Krippenplätze entsprechend auszustatten. Ich glaube, das ist schon ein deutliches Signal, dass wir es mit dem Ausbau der Krippenplätze ernst meinen und dass wir es mit der frühkindlichen Bildung ernst meinen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Ich habe überhaupt keine Sorge, dass wir die Betreuungsquote von 35 % erreichen. Es ist schon gesagt worden: Wir sind ein Land mit einer extrem hohen Steigerung. Wir kamen 2008 von 6,9 % und sind jetzt bei 15,9 %. Alleine wenn wir mit dieser Dynamik weitermachen - ich bin mir bei dieser dynamischen Landesregierung sicher, dass sie mit dieser Dynamik weitermacht -, dann werden wir die 35 % in 2013 mit Sicherheit erreichen,

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

und da wir wiedergewählt werden, können wir dann auch die Früchte unserer Arbeit ernten.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Christian Dürr [FDP]: Sehr gut!)