Protocol of the Session on October 7, 2010

Die Allgemeine Zeitung aus Uelzen berichtete am 3. September 2010 über das Gerichtsurteil des Celler Oberlandesgerichts in einem Bienenschadensfall, der sich im Jahr 2006 in Groß Süstedt ereignet hatte. Dabei waren die Bienen von 41 Bienenvölkern, eine Anzahl von ca. 2 Millionen Tieren, durch die Anwendung des Pestizids Tamaron getötet worden. Tamaron ist bienengefährlich, sein Anwendungsgebiet sind u. a. Blattläuse als Virusvektoren sowie Kartoffelkäfer. Es enthält den Wirkstoff Methamidophos, der seit dem 1. Juli 2008 nicht mehr in Anhang 1 der Richtlinie 91/414/EWG gelistet ist, d. h. EU-weit verboten ist. Daher wurde dem Produkt Tamaron zum 30. Juni 2008 vom Bundesamt für Verbraucherschutz ohne Aufbrauchfrist die Zulassung entzogen.

Tamaron war nachweislich von einem Groß Süstedter Landwirt im Juli 2006 auf seine Kartoffeln aufgebracht worden, und Tamaron war, bestätigt durch einen Gutachter des Celler Bieneninstituts, die Todesursache für die Bienen. Aber dieser Sachverhalt reicht nicht für einen Schuldspruch und für eine Entschädigung des Imkers aus. Denn laut Gerichtsurteil habe der Landwirt nicht gegen die Bienenschutzverordnung verstoßen, die die Anwendung von bienengefährlichen Pestiziden grundsätzlich erlaubt, nur nicht „an blühenden Pflanzen, die von Bienen beflogen werden oder an Kartoffelpflanzen, die mit Blattläusen belegt waren“ (Allge- meine Zeitung, 3. September 2010).

Wie der Gutachter des Celler Bieneninstituts bestätigte, hätte der betroffene Imker zum Nachweis von Blattläusen auf den Kartoffelpflanzen, den das Gericht einforderte, sofort im Bienenflugradius von 5 km alle Felder untersuchen lassen müssen.

Ich frage die Landesregierung:

1. Wie bewertet die Landesregierung die Vorschriften der Bienenschutzverordnung, insbesondere für gerichtsfeste Nachweise?

2. Besteht nach Auffassung der Landesregierung eine Privilegierung der Landwirtschaft gegenüber der Imkerei durch die Regeln der Bienenschutzverordnung und in solchen wie dem oben geschilderten Konfliktfall?

3. Welche Veränderungen der Bienenschutzverordnung hält die Landesregierung für sinnvoll?

Der Bienenschutz hat im Pflanzenschutzrecht einen sehr hohen Stellenwert, dokumentiert durch die Verordnung über die Anwendung bienengefährlicher Pflanzenschutzmittel (Bienenschutzver- ordnung) vom 22. Juli 1992. Die Einhaltung dieser Vorschriften wird durch die Landwirtschaftskammer Niedersachsen überwacht. Verstöße seitens der Landwirtschaft sind dank intensiver Beratung in Niedersachsen sehr selten festzustellen.

Dieses vorausgeschickt, beantworte ich die Kleine Anfrage namens der Landesregierung wie folgt:

Zu 1: 2006 kam es in Groß Süstedt zu Bienenschäden nach dem Einsatz bienentoxischer Pflanzenschutzmittel in Konsum- und Wirtschaftskartoffeln. Im Konsumkartoffelbau sind im Regelfall keine Insektizidanwendungen erforderlich. Die Landwirte standen vor dem Problem, wegen extremer Blattlausvermehrungen in dem Jahr schnell Blattlausbekämpfungen durchführen zu müssen, ohne dass adäquate Mittel zur Verfügung standen. Dabei wurde deutlich, dass der Begriff „blühende Pflanzen“ aus der Bienenschutz-VO bekannt war, weniger jedoch die sogenannte Honigtauregelung. Es kam zu Verstößen gegen die „gute fachliche Praxis“, obwohl in den Morgenstunden von den Anwendern wegen der warmen und trockenen Witterung Honigtau nicht mehr festgestellt werden konnte und ein Bienenflug offensichtlich ausgeschlossen wurde.

Das o. g. Problem wurde mehrfach von den (da- mals) zuständigen Pflanzenschutzämtern mit dem Niedersächsischen Landesinstitut für Bienenkunde, den Imkerverbänden, Landvolkverband, BBA und BVL erörtert. Die Imkervereine sind über den Landesverband Hannoverscher Imkervereine informiert worden.

Zu 2: Die Bienenschutzverordnung regelt die Anwendung bienengefährlicher Pflanzenschutzmittel. Eine Privilegierung der Landwirtschaft ist darin nicht enthalten.

Zu 3: Von Niedersachsen war vorgeschlagen worden, in die Bienenschutzverordnung den Begriff „Honigtau“ aufzunehmen. Die Bundesregierung sieht jedoch keinen Handlungsbedarf zur Änderung der Bienenschutzverordnung vom 22. Juli 1992, da die rechtlichen Instrumente ausreichen und eine Aufnahme des Begriffs „Honigtau“ per se die Rechtssicherheit nicht erhöhen würde:

Gemäß § 2 (1) dürfen bienengefährliche Mittel nicht an

1. blühenden Pflanzen,

2. anderen Pflanzen, wenn sie von Bienen beflogen werden,

angewandt werden.

Ziffer 2 bezieht somit die gesamte Vegetationsperiode der Kartoffel ein für die Fälle, dass sie von Bienen beflogen werden. Dieses wird nur zu erwarten sein, wenn infolge einer nennenswerten Läusepopulation Honigtau auftritt, der die Bienen anlockt.

Die Bezirksstellen des Pflanzenschutzamtes weisen in ihren Warndiensten, über die Medien und in der Beratung seit Jahren auf diese „Kausalkette“ hin und stellen eine Zuwiderhandlung als Verstoß gegen die gute landwirtschaftliche Praxis dar. Außerdem sind Verstöße gegen Bienenschutzauflagen bußgeldbewehrt und Cross-Compliance-relevant.

Anlage 35

Antwort

des Ministeriums für Ernährung, Landwirtschaft, Verbraucherschutz und Landesentwicklung auf die Frage 37 des Abg. Jan-Christoph Oetjen (FDP)

Vom Shrimp zur Heuschrecke?

Laut Medienberichten will die UNO-Welternährungsorganisation (FAO) durch eine Kampagne den weltweiten Verzehr von Insekten als Substitut für Fleisch fördern. Mehlwürmer, Grashüpfer und Grillen stehen schon heute auf den Speiseplänen vieler Regionen der Welt. Lediglich in den westlichen Industrienationen ist der Verzehr der proteinhaltigen Insekten nahezu unbekannt. Die Produktion von Insekten als Proteinquelle stellt unter ökologischen Gesichtspunkten sowie bei der Berücksichtigung der prognostizierten Entwicklung der Weltbevölkerung einen Weg zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen bei der Erzeugung von tierischem Eiweiß dar.

Ich frage die Landesregierung:

1. Welche Erkenntnisse liegen der Landesregierung zur Absicht der FAO vor?

2. Ergeben sich für Niedersachsen als Agrarland Nummer eins wirtschaftlich interessante Perspektiven in der Erzeugung von tierischem Eiweiß durch die Aufzucht von Insekten?

3. Ist die Landesregierung der Auffassung, dass Mehlwürmer, Grillen und Heuschrecken ein ge

eignetes Substitut für derzeit marktgängiges Fleisch sind?

In der Ernährung des Menschen spielen tierische Proteine eine wichtige Rolle. Die Erzeugung dieser wichtigen Nahrungsbestandteile kostet erhebliche Ressourcen. Bekanntlich verzehren Menschen in anderen Regionen dieser Erde tierische Produkte, die man nicht den bei uns in Europa bekannten landwirtschaftlichen und fischwirtschaftlichen Produkten zuordnet. Die FAO, also die UN-Welternährungsorganisation, sucht angesichts einer immer stärker anwachsenden Weltbevölkerung nach Alternativen für die Eiweißversorgung.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Kleine Anfrage namens der Landesregierung wie folgt:

Zu 1: Die FAO hat auf einem Gipfel im Jahr 2008 in Thailand festgestellt, dass der stärkere Verzehr von Insekten eine denkbare Möglichkeit darstellt, dem Welthunger zu begegnen. Aus diesem Grund will sie die Studie des Entomologen Van Huis von der Wageningen-Universität in den Niederlanden offiziell in das FAO-Programm aufnehmen und plant einen weiteren Gipfel zu dem Thema für das Jahr 2013. Die FAO beabsichtigt, die Ernährung mit Insekten zunächst nur in jenen Ländern zu fördern, in denen dies bereits Tradition hat wie in weiten Teilen Afrikas, Lateinamerikas, Südostasiens. Für diese Regionen könnten Insekten zur regulären Eiweißversorgung der Bevölkerung beitragen.

Zu 2: Größere wirtschaftliche Perspektiven für die Erzeugung von tierischem Eiweiß über die Erzeugung von Insekten werden in Niedersachsen derzeit nicht gesehen. In Anbetracht der Verzehrsgewohnheiten in den europäisch geprägten Regionen bestehen erhebliche psychologische Barrieren gegenüber der Verwendung von Insekten als Lebensmittel. Es ist aber nicht auszuschließen, dass sich mittelfristig hier eine Möglichkeit für eine Nischenproduktion eröffnet.

Zu 3: Aus dem Vorhergesagten ergibt sich, dass ungeachtet der nährwertphysiologischen positiven Einschätzung von Insekten deren Einsatz als Substitut für bei uns marktgängiges Fleisch derzeit nicht realisierbar ist.

Anlage 36

Antwort

des Ministeriums für Inneres und Sport auf die Frage 38 des Abg. Enno Hagenah (GRÜNE)

Wie steht die Landesregierung zum Thema Alkohol am Fahrradlenker?

Bei Radfahrerinnen und Radfahrern liegt die Grenze zur absoluten Fahrunfähigkeit bei 1,6 Promille. Daher ist die Teilnahme am Verkehr unter Alkoholeinfluss mit dem Fahrrad ebenso wie mit dem Auto reglementiert. In den Ländern der Europäischen Union gelten unterschiedliche Promillegrenzen: in Rumänien, der Tschechien, Malta gilt z. B. eine Grenze von 0,0 Promille. In Norwegen, Schweden, Polen und Portugal muss man ab 0,2 Promille mit einer Strafe rechnen. Diese Strafandrohungen sollen die Gefahr, die durch Alkoholkonsum im Straßenverkehr entsteht, verdeutlichen. Dennoch ist in der Bevölkerung teilweise noch der Irrglaube vorhanden, man könne durch den Umstieg vom Auto auf das Fahrrad quasi die Gefährdungen vermeiden und die Strafandrohung umgehen.

Anlässlich einer Tour durch Ostniedersachsen hat der NDR in Brome (Kreis Gifhorn) die Bürgermeisterin und Landtagsabgeordnete der CDU-Fraktion, Frau Ingrid Klopp, interviewt. Schwerpunkt des Interviews, das in der Sendung „Hallo Niedersachsen“ am 22. September 2010 ausgestrahlt wurde, war die Einweihung eines Radweges zwischen der Landesgrenze zu Sachsen-Anhalt und Brome.

In diesem Zusammenhang hat die Abgeordnete Frau Klopp folgende Äußerungen gemacht: „Weil man ja ein bisschen Alkohol trinken will, benutzt man natürlich den Fahrradweg.“ Auf den Hinweis des Reporters, sie dürfe nicht mit Alkohol Fahrrad fahren, bekräftigt Frau Klopp ihre Aussage wie folgt: „ Ach, wir sind hier auf dem platten Land - da ist das nicht ganz so gefährlich, denke ich.“

Ich frage die Landesregierung:

1. Wie hoch ist die Anzahl von Unfällen im Straßenverkehr unter Alkoholeinfluss jeweils in den vergangenen drei Jahren in Niedersachsen im Vergleich zum Bundesdurchschnitt gewesen?

2. Wie bewertet die Landesregierung die Einschätzung, dass Radfahren unter Alkoholeinfluss im ländlichen Raum auf öffentlichen Verkehrswegen weniger gefährlich sei, hinsichtlich der Wirkung auf die Zuschauer?

3. Welche Maßnahmen der Öffentlichkeitsarbeit und Aufklärung unternimmt und plant die Landesregierung, um den scheinbar immer noch verbreiteten Irrglauben, „dass Radfahren unter Alkoholeinfluss harmlos sei“, in der öffentlichen Meinung zu korrigieren?

Das Führen eines Fahrzeuges im Straßenverkehr ist strafrechtlich untersagt, wenn der Führer infolge des Genusses alkoholischer Getränke nicht in der Lage ist, das Fahrzeug sicher zu führen. Für Fahrradfahrer ist hierzu von der Rechtsprechung ein Grenzwert von 1,6 Promille Blutalkoholkonzentration entwickelt worden, ab dem eine absolute Nichteignung stets anzunehmen ist. Darüber hinaus kann eine strafrechtlich relevante alkoholbedingte Fahruntüchtigkeit bereits ab einem Wert von 0,3 Promille gegeben sein, wenn alkoholbedingte Auffälligkeiten im Erscheinungs- oder Verhaltensbild des Täters hinzutreten, die zu einer Feststellung der Fahruntüchtigkeit führen.

Alkohol im Straßenverkehr ist als eine der wesentlichen Hauptunfallursachen insbesondere für das Verkehrsunfallgeschehen mit Schwerverletzten und Getöteten relevant. Maßnahmen zur Verhinderung der alkoholbeeinflussten Teilnahme am Straßenverkehr misst die Landesregierung daher hohe Bedeutung zu.

Insgesamt konnten in den letzten Jahren deutliche Rückgänge der alkoholbeeinflussten Verkehrsunfälle verzeichnet werden. Nach den Angaben des Landesbetriebes für Statistik und Kommunikationstechnologie Niedersachsen (LSKN) haben sich im Jahr 2009 noch 4 143 Verkehrsunfälle unter Beteiligung mindestens eines alkoholbeeinflussten Verkehrsteilnehmers ereignet. In den Jahren 2008 und 2007 hatte die Zahl dieser Unfälle noch 4 444 bzw. 4 434 betragen. Auch auf der Bundesebene sind deutliche Rückgänge festzustellen. So waren im Jahr 2009 deutschlandweit 43 821 Verkehrsunfälle unter Beteiligung mindestens eines alkoholisierten Verkehrsteilnehmers zu verzeichnen. Für die Jahre 2008 und 2007 weist die Bundesstatistik 48 226 bzw. 51 153 Alkoholunfälle aus.

In ähnlicher Weise verläuft auch die Entwicklung der Verkehrsunfälle unter Beteiligung alkoholisierter Fahrradfahrer. Während im Jahr 2007 noch 577 Radfahrer in Niedersachsen einen Verkehrsunfall verursacht hatten, ging diese Zahl bis 2009 auf 540 zurück. Das entspricht einem Rückgang von ca. 6,4 %.

Die Gesamtentwicklung verdeutlicht den veränderten gesellschaftlichen Umgang mit Alkohol und kann auch als Beleg für die Eignung von Präventionskampagnen gelten, persönliche Einstellungen und Verhaltensweisen in einem langfristig angelegten Prozess positiv zu verändern. Die Landesregierung wird diese Entwicklung im Rahmen einer ganzheitlichen Alkohol- und Drogenprävention

unter Einbeziehung polizeilicher Überwachungsmaßnahmen weiterhin unterstützen.