Protocol of the Session on October 5, 2010

Beim Vermummungsverbot - das will ich Ihnen allerdings klar sagen - sind wir grundsätzlich anderer Ansicht. Wer demonstrieren und seine Meinung kundtun will, der sollte sich nicht verstecken; denn das hat nichts mit Meinungsfreiheit zu tun.

(Reinhold Coenen [CDU]: Sehr richtig!)

Das ist meiner Ansicht nach auch keine Ordnungswidrigkeit mehr, wenn man sich vermummen und dann vielleicht Gewalt anwenden will. Darüber sind wir wirklich unterschiedlicher Meinung. Sie sollten sich noch einmal überlegen, ob es richtig ist, dies weiterhin aufrechtzuerhalten.

Der nächste Punkt betrifft die Polizeikennzeichnung. Darüber haben wir hier anlässlich eines

Antrags schon breit diskutiert. Das hat ganz unmittelbar nichts mit Versammlungsrecht zu tun. Dies muss hier nämlich gar nicht geregelt werden. Dass wir in Niedersachsen kein Problem damit haben, ist in der Diskussion, glaube ich, deutlich geworden; denn eine solche Kennung gibt es schon bis hinunter auf die Zugebene. Insofern hat es also auch schon in der Vergangenheit eine Identifizierung gegeben. Das hat aber nicht direkt etwas mit dem Versammlungsrecht zu tun. Deshalb ist auch das kein Grund, dem Gesetzentwurf nicht zuzustimmen.

Jetzt komme ich zum letzten Punkt und damit zu der Frage, warum die SPD dem Gesetzentwurf nicht zustimmen möchte. Das ist die Bannmeile, über die hier breit diskutiert worden ist. Ich gebe zu: Es gibt einige Bundesländer, die die Bannmeile abgeschafft haben. Schauen wir uns aber diese Länder einmal genau an: Zunächst Brandenburg. Ich habe die Kollegin eben noch einmal gefragt. Das Parlament befindet sich auf einem Berg, sodass eine Demonstration direkt vor dem Parlament fast gar nicht machbar ist. Schauen Sie sich Mecklenburg-Vorpommern an: Das Parlament befindet sich auf einer Insel, wo es überhaupt keine Möglichkeit gibt zu demonstrieren. Darüber hinaus gibt es andere Länder, vor deren Parlamenten Liegenschaften im Eigentum des Landes bzw. im Privateigentum sind, sodass auch dort keine Demonstrationen direkt vor dem Parlament stattfinden können. Dies ist auch vor dem Bundestag so. Dort ist es nicht möglich, zwischen der Parlamentarischen Gesellschaft, die man ja kennt, und dem offiziellen Eingang für die Parlamentarier zu demonstrieren, sodass es dort in diesem Zusammenhang auch keine Probleme gibt.

Ich bin Herrn Oetjen sehr dankbar für seinen Hinweis darauf, dass wir stolz darauf sind, dass wir hier ein sehr freies Parlament ohne all die großen Zugangsbeschränkungen haben, wie sie alle anderen Parlamente haben. Ich war erst neulich in Kiel im Schleswig-Holsteinischen Landtag. Sie können sich gar nicht vorstellen, wie schwierig es ist, dort hineinzukommen. Das haben wir hier bewusst nicht. Ich könnte Ihnen sagen, dass das LKA dies auch anders sieht.

(Beifall bei der CDU)

In einer Demokratie ist es ganz wichtig, dass die Bannmeile fallbezogen und unter Berücksichtigung der örtlichen Situation so fortentwickelt werden kann, dass wir hier vernünftig tagen können. Deshalb ist die jetzt gefundene Lösung meiner Ansicht

nach auch angesichts der Belange der Polizei absolut in Ordnung. Wer hier schon einmal Verantwortung für die innere Sicherheit getragen hat, der weiß, dass es keine schöne Angelegenheit ist, wenn man mit viel Polizei in das Parlament einrücken muss, um die Parlamentstätigkeit sicherzustellen. Das wäre auch kein schönes Bild. Deshalb ist die Regelung nicht nur verfassungskonform, sondern der Situation hier in Hannover auch absolut angemessen. Es gibt keinen Grund, diesem modernen und anwenderfreundlichen Gesetz nicht zuzustimmen. Denjenigen, der nicht zustimmen möchte, kann ich nur auffordern: Geben Sie sich einen Ruck! - Es wäre ein gutes Beispiel, wenn für ein solches Versammlungsgesetz eine breite Mehrheit stimmen würde. Im Übrigen haben wir Ihren Gesetzentwurf auch auf der Nord-IMK behandelt. Er wird Maßstab für weitere Gesetze in Norddeutschland sein. Insofern würde ich mich freuen, wenn Sie ihm zustimmen würden.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren, es gibt zwei Wünsche nach zusätzlicher Redezeit. Zunächst Herr Briese. Sie haben 90 Sekunden.

Vielen Dank, Herr Präsident. - Ich möchte noch einmal versuchen, ganz kurz zu differenzieren. Ich habe das ja auch schon in meiner ersten Rede zu tun versucht. Ich finde, dass man das Gesetz differenziert bewerten muss. In dem Gesetz gibt es einige positive Entwicklungen im Vergleich zum Bundesgesetz, weil insbesondere - das habe ich deutlich zu machen versucht - die verfassungsrechtliche Rechtsprechung eingeflossen ist. Das mussten Sie aber auch tun. Sie haben das ja nicht aus Goodwill getan, sondern einfach deshalb, weil das Bundesverfassungsgericht immer wieder eine sehr liberale Rechtsprechung zum Versammlungsrecht vorgenommen hat. Jetzt wollten Sie bzw. die Koalitionsfraktionen natürlich nicht riskieren, wieder etwas Verfassungswidriges auf den Weg zu bringen.

Zum Vermummungsverbot: Sie haben meine Ausführungen zu diesem Thema falsch dargestellt. Das Problem ist manchmal, dass schon das Mitführen eines Vermummungsgegenstandes auf dem Weg zu einer Versammlung strafbewehrt ist. Das ist also nicht ganz eindeutig. Wenn sich jemand in München auf den Weg zum G 8-Gipfel nach Heiligendamm macht, dann kann die Polizei

schon im Zug sagen: Aha, du hast einen Vermummungsgegenstand dabei, das ist strafbewehrt. - Das ist fragwürdig. Auch die Anwältinnen und Anwälte haben immer wieder gesagt, dass damit schon im Vorfeld ganze Demonstrationszüge kriminalisiert werden können. Das ist ein Problem. Das sollte besser eine Ordnungswidrigkeit bleiben. Ich habe aber nicht gesagt, dass auch ein Verstoß gegen das Vermummungsverbot während einer Demonstration selbst eine Ordnungswidrigkeit sein sollte.

Das zweite Problem: Übersichtsaufnahmen. Im ersten Gesetzentwurf - das wollen wir ehrlicherweise sagen - war das sehr diffus und sehr ausführlich, was da abgeliefert worden ist. Dann hat man sich zurückbewegt. Aber auch heute bleiben Übersichtsaufnahmen für die Polizei erlaubt, und das ist ein Eingriff in die Versammlungsfreiheit. Da ist man der Polizei entgegengekommen. Das ist einfach so.

(Glocke des Präsidenten)

Herr Briese, letzter Satz bitte!

Zur Kennzeichnungspflicht will ich jetzt nichts mehr sagen.

Letzter Punkt: Was wir in diesem Gesetz noch als fragwürdig empfinden, ist die präventive Ablehnung des Leiters einer Versammlung. Das gab es im alten Bundesgesetz nicht; das ist neu eingeführt worden. Ob das eine sinnvolle Regel ist, muss sich erst noch zeigen.

Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Für die SPD-Fraktion hat Herr Kollege Krogmann das Wort für zwei Minuten.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nur noch zwei Punkte ganz kurz, um es nicht in die Länge zu ziehen.

Herr Minister Schünemann, man muss der Legendenbildung doch ein bisschen vorbeugen. Sie tun ja fast so, als wenn Sie das gar nicht interessieren würde. Ich denke schon, dass dieses Gesetz ein Versuch von Ihnen gewesen ist, eine deutliche

Verschärfung des Versammlungsrechts herbeizuführen. Damit sind Sie grandios gescheitert. Das muss man an dieser Stelle noch einmal sagen. Sie tun so, als wenn Sie das alles gar nichts anginge. Wir wissen auch, wie das funktioniert, Herr Biallas. Es ist, wenn es heute ein doch deutlich entschärftes Gesetz gibt, ein Stück weit auch Ihre Niederlage. Das muss man schon sagen.

(Beifall bei der SPD)

Zur Bannmeile: Es ist ja darüber gestritten worden, ob die Regelung verfassungsrechtlich bedenklich ist oder nicht. Die Aussage des Gesetzgebungs- und Beratungsdienst war so, dass die Regelung, die Sie gefunden haben, so gerade noch am Rande dessen ist, was die Verfassung zulässt. Das ist aber das, was wir nicht wollen. Wir wollen Gesetze, die mitten auf dem Boden der Verfassung stehen.

(Zuruf von der CDU: Das tun wir ja!)

Danke Schön.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor.

Ich schließe die Beratung.

Wir kommen jetzt zur Einzelberatung. Wir haben über sechs Änderungen abzustimmen. Ich rufe auf:

Artikel 1. - Wer der Änderungsempfehlung des Ausschusses folgen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Das ist so beschlossen.

Artikel 2. - Wer stimmt der Änderungsempfehlung des Ausschusses zu? - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich? - Das ist so beschlossen.

Artikel 3. - Wer stimmt der Änderungsempfehlung des Ausschusses zu? - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich? - Das das ist so beschlossen.

Artikel 4. - Wer stimmt der Änderungsempfehlung des Ausschusses zu? - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich? - Das ist so beschlossen.

Artikel 5. - Wer stimmt der Änderungsempfehlung des Ausschusses zu? - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich? - Das ist so beschlossen.

Artikel 6. - Wer stimmt der Änderungsempfehlung des Ausschusses zu? - Wer stimmt dagegen? - Enthaltungen? - Auch das ist mehrheitlich beschlossen worden.

Gesetzesüberschrift. - Unverändert.

Wir kommen zur Schlussabstimmung.

Wer dem Gesetzentwurf seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich, sich vom Platz zu erheben. - Wer stimmt dagegen? - Gibt es Enthaltungen? - Dann ist dieses mehrheitlich so beschlossen.

Wir stimmen jetzt noch über den Gesetzentwurf der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen ab. Das ist die Nr. 2 der Beschlussempfehlung. Wer der Nr. 2 der Beschlussempfehlung des Ausschusses zustimmen und damit den Gesetzentwurf der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in der Drs. 16/498 ablehnen möchte, den bitte ich jetzt um ein Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Das ist dann mehrheitlich so beschlossen.

Jetzt kommen wir zu Tagesordnungspunkt 6:

Einzige (abschließende) Beratung: Entwurf eines Niedersächsischen Ausführungsgesetzes zum Zensusgesetz 2011 (Nds. AG ZensG 2011) - Gesetzentwurf der Landesregierung - Drs. 16/2583 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Inneres und Sport - Drs. 16/2886 - Schriftlicher Bericht - Drs. 16/2917 - dazu gemäß § 23 Abs. 1 Satz 2 GO LT: Zensus 2011 - Konnexität sicherstellen! - Antrag der Fraktion der SPD - Drs. 16/2882

Der Ausschuss empfiehlt Ihnen, den Gesetzentwurf mit Änderungen anzunehmen.

Als Antrag auf Annahme von Entschließungen gemäß § 23 Abs. 1 Satz 2 unserer Geschäftsordnung als solche, die der Sache nach zum Gesetzentwurf gehören, liegt ein Antrag der Fraktion der SPD in der Drs. 16/2882 unter der Überschrift „Zensus 2011 - Konnexität sicherstellen!“ vor. Gemäß § 36 unserer Geschäftsordnung beschließt der Landtag darüber nach der Schlussabstimmung über den Gesetzentwurf.

Eine mündliche Berichterstattung ist nicht vorgesehen.

Wir kommen zur Beratung. Ich erteile zunächst Herrn Minister Schünemann das Wort. Bitte!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Da das Gesetz im Ausschuss schon eingebracht worden ist, habe ich nicht gedacht, dass ich es hier noch einmal einbringen soll. Ich will es aber gern tun.