Einzige (abschließende) Beratung: Entwurf eines Gesetzes zur Neufassung des Niedersächsischen Mediengesetzes und zur Änderung des Niedersächsischen Pressegesetzes - Gesetzentwurf der Landesregierung - Drs. 16/2595 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Bundes- und Europaangelegenheiten und Medien - Drs. 16/2884 - Änderungsantrag der Fraktion der SPD und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 16/2914 - Änderungsantrag der Fraktionen der CDU und der FDP - Drs. 16/2918 - Schriftlicher Bericht - Drs. 16/2912
Der Änderungsantrag der Fraktion der SPD und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zielt darauf ab, die Artikel 1 und 2 des Gesetzentwurfs in der Fassung dieses Änderungsantrags anzunehmen.
Der Änderungsantrag der Fraktionen der CDU und der FDP sieht zu Artikel 1 des Gesetzentwurfs Abweichungen von der Beschlussempfehlung vor.
Wir treten damit in die Beratung ein. Ich erteile dem Kollegen Schobert von der CDU-Fraktion das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die moderne Gesellschaft ist in einem ständigen Wandel begriffen. - Wie trefflich passt dieser Satz des Altkanzlers Helmut Kohl auf unsere heutige mediale Gesellschaft!
Er passt übrigens auch ganz hervorragend zur deutschen Einheit, die wir ja vorgestern gefeiert haben.
Vor rund 25 Jahren wurde in diesem Hause die Entscheidung gefällt, in Niedersachsen private Radiosender zuzulassen. ffn ging als erster landesweiter Sender 1986 an den Start, Hit-Radio Antenne folgte 1990, zehn Jahre später dann Radio 21. Um die zahlreichen niedersächsischen Tageszeitungsverlage zu schützen, die das mediale Bild Niedersachsens prägen, wurde zu dieser Zeit eine Art Käseglocke über unser Land gelegt. Innerhalb dieser Glocke war lokale kommerzielle Werbung im Rundfunkbereich verboten.
Doch wie eingangs gesagt, ist die moderne Gesellschaft in einem ständigen Wandel begriffen. Was in den 80er-Jahren des vergangenen Jahrtausends noch notwendig war, erscheint heute als unnötiges Hindernis für unsere großen Tageszeitungsverlage und für interessierte Unternehmen der Medienbranche.
Wir als CDU möchten unser Medienland Niedersachsen weiterentwickeln. Wir möchten den Bürgerinnen und Bürgern die Möglichkeit eröffnen, im Rundfunk stärker über regionale Themen informiert zu werden, und wir möchten unseren Verlagen die Chance geben, sich auch in Zukunft als gut aufge
stellte Medienhäuser in dieser schnelllebigen medialen Zeit zu behaupten. Dieses sind die Hauptgründe dafür, dass wir mit diesem Gesetz die Möglichkeit von lokalem kommerziellem Rundfunk schaffen, indem wir die 25 Jahre alte Käseglocke wegnehmen. Es ist gut für Niedersachsen, die Beteiligungsmöglichkeiten von Zeitungsverlagen an Rundfunkunternehmen von bisher 24,9 % auf künftig 49,9 % zu erhöhen.
Es ist ein Wunsch von CDU und FDP, dass sich unsere Verlage künftig noch stärker in die niedersächsische Medienlandschaft einbringen können; denn unsere Zeitungsverlage garantieren auf der einen Seite einen hohen journalistischen Standard, auf der anderen Seite bringen sie aber auch große wirtschaftliche Erfahrungen mit, die für das Gelingen von lokalen Rundfunkunternehmen wichtig sind.
Der vorliegende Gesetzentwurf regelt die notwendigen vielfältigen Maßnahmen, die wirkungsvoll verhindern werden, dass es zu Meinungsmonopolen kommt. Es ist gut für Niedersachsen, dass wir einen Weg beschreiten, der den künftigen Veranstaltern von lokalem kommerziellen Rundfunk eine Wahlfreiheit bei den Maßnahmen lässt; denn damit verhindern wir zu starre Regelungen, die neue wirtschaftliche Aktivitäten nur erschweren.
Auf der anderen Seiten haben wir durch die gute Arbeit unserer Landesmedienanstalt - ihr Direktor, Herr Fischer, folgt der heutigen Diskussion -, die für die Lizenzierung zuständig ist, die Sicherheit, dass es in diesem Bereich nicht zu Meinungsmonopolen kommt.
Als zusätzliche große Veränderungen lassen wir erstmalig Rundfunkveranstalter zu, an denen die Kommunen mittelbar mehrheitlich beteiligt sind. Um das Gebot der Staatsferne nicht infrage zu stellen und um auf die aktuelle Diskussion in unserem Land einzugehen, sind diese Beteiligungen derzeit aber klar auf 24,9 % beschränkt.
Während der Beratungen haben wir auch die Hinweise der Bürgermedien sehr ernst genommen. Das vorliegende Mediengesetz stellt sicher, dass unsere Bürgermedien auf den bisher belegten Frequenzen Vorrang vor lokalen kommerziellen Angeboten erhalten; denn es ist nicht gewollt, dass kommerzielle lokale Sender unsere gut funktionierenden Bürgermedien verdrängen.
Mit den so eingebrachten Regelungen haben wir auch noch den Bereich des sogenannten CampusTV berücksichtigt. Hier wird unseren Hochschulen
die Möglichkeit gegeben, dass sich unser studierender Nachwuchs noch stärker als bisher mit den Möglichkeiten der neuen Medien auseinandersetzt.
Herr Kollege, ich darf Sie kurz unterbrechen. - Es ist zwar etwas ungewöhnlich, aber die Oppositionsfraktionen hören Ihnen besser zu als die eigene Fraktion. Das muss aber eigentlich nicht sein.
(Ulf Thiele [CDU]: Das kann nicht sein! - Karl-Heinz Klare [CDU]: Das kann nicht sein! Wir sind vielleicht lebhafter beim Zuhören! - Weitere Zu- rufe)
Danke, Herr Präsident. Das ist auch darauf zurückzuführen, dass meine Fraktion das Vorhaben voll und ganz unterstützt. Bei der Opposition aber wird es sich erst noch zeigen.
Um keine Konkurrenz zu den Bürgermedien oder kommerziellen Sendern zu schaffen - es geht immer noch um das Campus-TV -, sind die Inhalte des sogenannten Campus-TV mit einem Verbot von Werbung, Sponsoring, Gewinnspiel und Ähnlichem belegt, um auch ganz deutlich zu machen, wo hier die Hauptzielsetzung liegt.
Auf Ihren Tischen, verehrte Kolleginnen und Kollegen, finden Sie einen Änderungsantrag von CDU und FDP, den ich jetzt kurz erläutern möchte. Für unsere Bürgermedien wird eine Übergangsregelung geschaffen, damit nicht aufgrund des neuen Gesetzes bereits im nächsten Jahr eine neue Ausschreibung der Frequenzen erfolgen muss. Damit zeigen wir deutlich, dass wir hinter der guten Arbeit der Bürgermedien stehen.
Ferner erhöhen wir den Mindestwortanteil von 5 auf 7 %. Wir folgen damit einer Anregung unserer Kirchen, modifizieren in gleichem Maße aber auch die Hauptsendezeiten, um sie den Gegebenheiten anderer Länder anzupassen.
Zum Abschluss dieser Beratung möchte ich Dank sagen. Wir haben uns seit rund zwei Jahren mit dem neuen Niedersächsischen Mediengesetz beschäftigt. Es sind sehr viele Diskussionen gewesen. Es wurden auch im Gesetzgebungsverfahren viele Hinweise aufgegriffen und geprüft. Manche
Besonders häufig - und dafür möchte ich mich herzlich bedanken - waren die Gedankenaustausche mit dem Verband Nordwestdeutscher Zeitungsverlage, mit dem Landesverband der Bürgermedien, mit der Konföderation Evangelischer Kirchen, mit dem Katholischen Büro Niedersachsen sowie mit unserer Landesmedienanstalt. Natürlich fehlen auch - das macht die Bandbreite dieses Gesetzes klar - die Gespräche mit den Unternehmerverbänden nicht, die Gespräche mit dem Deutschen Journalistenverband, mit dem DGB, mit den landesweiten Rundfunksendern, und natürlich sind wir auch mit unseren kommunalen Spitzenverbänden in der Diskussion gewesen.
Letztendlich haben wir hier einen Gesetzentwurf, der zwar von der Landesregierung eingebracht worden ist, der in einer hervorragenden Art und Weise aber auch vom Medienreferat der Staatskanzlei vorbereitet worden ist. Dafür möchten wir recht herzlich danken.
Dieser Gesetzentwurf - ich will das einmal so deutlich sagen, weil es relativ selten ist - wird schon jetzt von Medienexperten auch außerhalb unseres Landes gelobt: ob seiner Klarheit, seiner Lesbarkeit, seiner Kompaktheit. Die medienpolitisch Eingeweihten wissen, dass dieses Lob aus dem Munde von Professor Bernd Holznagel durchaus einen sehr positiven Bestand hat.
Ich bedanke mich aber auch recht herzlich bei unserem Gesetzgebungs- und Beratungsdienst, der in einer sehr guten und sehr schnellen Art und Weise dieses Gesetz mit begleitet hat.
Zuletzt bedanke ich mich bei Ihnen allen, liebe Kolleginnen und Kollegen. Auch wenn wir hier und dort vielleicht unterschiedliche Auffassungen haben, möchte ich doch festhalten, dass sämtliche Diskussionen zum Mediengesetz höchst konstruktiv gewesen sind. Ich bin mir sicher, dass wir hier einen Gesetzentwurf haben, dem alle zustimmen können, wenn sie es denn wollen. Auf jeden Fall ist das, was wir gleich beschließen werden, gut für Niedersachsen.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Herr Schobert hat es beschrieben: Die Medienwelt befindet sich insgesamt in einem Wandel wie unsere gesamte Gesellschaft. Natürlich ist auch die Zeitungswelt von diesem Wandel betroffen. Auch die niedersächsische Zeitungslandschaft ist mitten im Umbruch. Wir erleben das: verändertes Leseverhalten, sinkende Abonnentenzahlen, ausbleibende Anzeigen, dazu steigende Kosten, die den Verlegern zu schaffen machen. Hinzu kommt die Konkurrenz im Internet, und der Übergang ins digitale Zeitalter stellt Zeitungsverleger vor große Herausforderungen.
Die SPD-Landtagsfraktion ist der Meinung, dass wir bei diesen großen Herausforderungen alle Möglichkeiten nutzen wollen, um den Verlegern bei diesem Übergang zu helfen. Die Zeitungsinhalte auch ins Netz zu bringen, auf allen Verbreitungsmöglichkeiten präsent zu sein und dazu noch Geld zu verdienen, ist kein leichtes Unterfangen. Daher ist es selbstverständlich, dass sich die Zeitungsverleger Niedersachsens in dieser Umbruchphase wünschen, ihre Inhalte auch über lokalen Hörfunk oder lokales Fernsehen zu transportieren. Gute Formate dazu gibt es auch jetzt schon. Beispielhaft sei das NWZ-TV der Nordwest-Zeitung in Oldenburg genannt.
Die uns vorliegende Novelle des Niedersächsischen Mediengesetzes unternimmt den Versuch, auf diese Veränderungen in der Medienlandschaft zu reagieren und die crossmedialen Strategien der Medienhäuser zu unterstützen; denn zugelassen werden soll zukünftig auch - das hat Herr Schobert dargestellt - werbefinanzierter lokaler und regionaler Rundfunk. Hier sollen sich vor allem die heimischen Verlage einbringen. Diesem Anliegen steht die SPD-Fraktion positiv gegenüber.
Neue Angebote als kommerzielles Fernsehen können zur Vielfalt in der lokalen Berichterstattung, zum Entstehen von neuen Formaten führen. Ich möchte an das Entstehen des privaten Fernsehens in den 80er-Jahren erinnern. Es hat unbestritten den Hörfunk- und Fernsehbereich belebt. Nicht alles ist toll, nicht alles würden wir vermissen, aber viele gute Produkte z. B. auch im Bereich Qualitätsjournalismus sind entstanden und haben die Medienlandschaft wirklich bereichert.
Also: Die SPD steht der Zulassung von privatem Lokalfunk nicht ablehnend gegenüber. Wichtig ist für uns aber, dass der Handlungsspielraum medienpolitisch verantwortungsbewusst gestaltet wird und den niedersächsischen Verlegern Entwicklungsspielräume zugestanden werden und dass es eine Balance gibt zwischen dem, was Verleger sich wünschen, und dem, was für das Allgemeinwohl gut ist.
Die Frage ist nun: Kann eine solche Belebung in Niedersachsen durch die Novelle des Mediengesetzes entstehen, ohne die Meinungsvielfalt zu bedrohen oder lokale Meinungsmonopole zu schaffen? - Hier ist unserer Meinung nach Skepsis angesagt; denn die niedersächsische Medienlandschaft ist auf lokaler und regionaler Ebene stark konzentriert. Der Anteil der Städte und Kreise, in denen es nur eine lokal berichtende Tageszeitung gibt, die sogenannten Eine-Zeitung-Kreise, liegt bei knapp 77 %. Der Bundesdurchschnitt beträgt 57,9 %. Das macht deutlich, wie sehr lokalmonopolistisch das schon jetzt gestaltet ist. Die Verhinderung vorherrschender Meinungsmacht im Lokalen und Regionalen darf also bei allem Respekt vor Nöten und Zwängen der Verleger nicht aufgegeben werden.
Der Rundfunk ist ein hohes Gut. Ich möchte an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts erinnern, in der spezifische Regelungen zur Sicherung der Meinungsvielfalt im Rundfunk als unverzichtbar erklärt werden. Dieser auf dem Grundgesetz basierende staatliche Schutzmechanismus dient angesichts der technologischen Neuerungen der vergangenen Jahre der Entwicklung der Medienmärkte auch im Lokalen.
Die Landesregierung will nun - wir haben es vorhin gehört - erlauben, dass sich an neuen lokalen Sendern Verleger mit bis zu 49,9 % beteiligen können, schreibt aber gleichzeitig aus unserer Sicht nur schwache Maßnahmen zur Vielfaltsicherung vor. Dabei ist der Gesetzentwurf, wie wir finden, über das Ziel hinausgeschossen. Lokale Meinungsmonopole werden damit weiter verfestigt, und es wird kein Raum gelassen für neue innovative Rundfunkveranstalter.
Die Verlierer dieses Gesetzes werden darüber hinaus die kleinen Zeitungsverleger sein, die sich jetzt im lokalen Bereich mit neuer Konkurrenz beim Kampf um die Werbemärkte auseinandersetzen dürfen. Auch das ist bisher in der Debatte völlig unterbelichtet.
Des Weiteren wird in diesem Gesetz bei der Bewertung des Medien- und Meinungsmarktes der Bereich des Internets völlig unterbewertet. Selbstverständlich haben alle Medienhäuser in Niedersachsen schon jetzt Onlinestrategien und auch Onlineangebote. Doch je enger die verschiedenen Vertriebskanäle aufeinander abgestimmt sind, umso größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass für die Nutzer ein wenig vielfältiges Informationsangebot entsteht. Hier müssten im Gesetz flexible Regelungen gefunden werden. Darauf nimmt dieses Gesetz aber überhaupt keinen Bezug.