Protocol of the Session on September 8, 2010

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Meine Damen und Herren, für die Fraktion DIE LINKE spricht nun Herr Herzog. Bitte!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auf Antrag Boliviens wurde im Juli der Anspruch auf reines Trinkwasser in die allgemeine Erklärung der Menschenrechte aufgenommen - kein Rechtsanspruch, aber immerhin ein erster Schritt.

(Beifall bei der LINKEN)

Niedersachsen ist ein wasserreiches Land, und über den Vorrang der Nutzung von Wasser zum Trinken wird es hier im Landtag keinen Dissens geben, selbst wenn das ein Linker sagt. Diese Gemeinsamkeit endet aber mit Sicherheit dort, wo es um die Verteilung und die Zukunftssicherheit geht. Gemerkt haben inzwischen auch Herr Bäumer, Herr Langspecht und Herr Hocker, dass die Trinkwasserförderung und die Lieferungen nach Hamburg Auswirkungen auf das Grundwasseraufkommen und auf Oberflächengewässer haben.

Fakt ist: Es gibt mehrere begrenzende Randbedingungen für die Wasserförderung. Erstens nenne ich die zunehmende Nitratbelastung. Die Hälfte des niedersächsischen Grundwassers ist stark belastet, mit zunehmender Tendenz. Sie erinnern sich noch an unsere Debatte über den Meeresschutz und die ungebrochene Überdüngung der Gewässer.

Zweitens gibt es in Norddeutschland aufgrund der Ablaugung der Salzstöcke Salz im Grundwasser.

Drittens wird der Klimawandel dazu führen, dass mit der bis 2100 um ca. 3° C erhöhten Temperatur die Verdunstung steigt, trockenere Sommer und Starkregenereignisse Probleme bereiten und insgesamt die von der Landwirtschaft benötigten Beregnungsmengen eklatant ansteigen werden. Lesen Sie dazu die Studie des LBEG. Dessen Fazit

lautet: Die benötigte Beregnungsmenge wird in den kommenden 90 Jahren um ca. ein Drittel steigen, Nutzungskonflikte werden sich verstärken.

Meine Damen und Herren, natürlich soll Hamburg beliefert werden. Der vorliegende Antrag ist aber mangelhaft. Weder ist der Bedarf nachgewiesen, noch gibt es belastbare Untersuchungen ortsnaher Alternativen. Dazu gehören zuallererst Einsparungen z. B. bei der gewaltigen Verschwendung für die Grünanlagenbewässerung.

(Beifall bei der LINKEN und bei den GRÜNEN)

Ebenso gehören dazu die Nutzung eigener Potenziale und die mögliche Aufbereitung von Elbwasser. Es werden von hanseatischer Seite ausschließlich betriebswirtschaftliche Gründe ins Feld geführt. Das dient nicht dem langfristigen Allgemeinwohl. Hier gilt es niedersächsische Interessen zu wahren, z. B. der Waldnutzer. Dementsprechend eindeutig sind dann auch die Stellungnahmen der betroffenen Kommunen, z. B. der Stadt Schneverdingen und des Landkreises Harburg. Deren Beschlüsse mit Forderungen nach Zehnjahreslaufzeiten, einer Mengenreduzierung und einem Bedarfsnachweis konnten Sie von CDU und FDP sich im April noch populistisch anschließen. Aber wieder einmal nach dem Motto „Was schert mich mein Geschwätz von gestern?“ mussten Sie den Antrag der Grünen und den Ursprungsantrag der SPD ausbremsen, die sehr sinnvolle Ansätze beinhalten.

(Beifall bei der LINKEN)

Leider, Herr Langspecht, ist die SPD auf Ihren verwässerten Antrag mit minimalen Änderungen eingeschwenkt. Sie fordern eben keine Beweislastumkehr für Schadensregulierung, keine länderübergreifenden Konzepte mehr, keine klimaschutzangepasste Entnahmereduzierung, keine staatsvertragliche Regulierung und lassen Konflikte bewusst ungenannt. Das nenne ich Angsthasenpolitik, die Hamburg jede Motivation nehmen wird, seinen Wasserverbrauch zu senken, geschweige denn noch einmal über die LübeckLieferung nachzudenken. Das alles wird trotz der vielfältigen Appelle von Linken und Grünen, vieler Verbände und Kommunen wieder einmal - zum Schaden niedersächsischer Interessen und der Umwelt - übers Knie gebrochen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Meine Damen und Herren, ich erteile jetzt Herrn Wenzel von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen das Wort.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Schönecke, Sie sind doch auch Landwirt. Von daher glaube ich, dass dieser Beschluss unter den Landwirten in den kommenden Jahren noch für einige Diskussionen sorgen wird. Die Landesregierung selbst hat wiederholt öffentlich festgestellt, dass als Folge des Klimawandels mit einer geringeren Grundwasserneubildungsrate zu rechnen ist, dass die Niederschlagsmengen im Winter höher und im Sommer während der Vegetationsperiode niedriger ausfallen werden. Wir erleben gerade ein solches Jahr, in dem das besonders deutlich ist.

Die Landesregierung hat auch entsprechende Forschungsprojekte in Auftrag gegeben. Sie beteiligt sich an der Klimafolgenforschung, wie z. B. an dem EU-Projekt „No Regret“ oder dem Projekt „KLIMZUG-NORD“. Das LBEG - Herr Herzog hat es eben auch erwähnt - hat 2009 in einer Studie festgestellt, dass gerade die Landwirtschaft im Nordosten Niedersachsens in Zukunft einen erheblich höheren Beregnungsbedarf haben wird. Schon heute werden Kartoffeläcker und Wiesen beregnet. Vor einigen Jahren war das noch völlig unvorstellbar. Selbst den Mais hätte man in diesem Sommer bewässern müssen, damit er wächst. Wir werden und können damit rechnen, dass die Maisernte in diesem Jahr so niedrig ausfallen wird, dass Schwierigkeiten zu erwarten sein werden, die Biogasanlagen an jeder Stelle in Niedersachsen mit der notwendigen Biomasse zu versorgen. Auf jeden Fall wird der Preis für Maissilage in die Höhe schnellen.

Die Landwirtschaftskammer erprobt auf ihrem Versuchsgut bei Uelzen den Anbau einer äthiopischen Hirseart mit hoher Trockenresistenz. Neue Bewässerungstechniken für die Landwirtschaft werden ebenfalls erprobt. Vor diesem Hintergrund, Herr Schönecke, ist es völlig unverständlich, den Hamburger Wasserwerken eine Genehmigung für mehr als zehn Jahre erteilen zu wollen und Förderrechte in einer Höhe zu vergeben, die die Anforderungen des Klimawandels nicht berücksichtigen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Der Antrag der „Großen Koalition“ beinhaltet warme Worte, die die Landesregierung am Ende aber

zu nichts verpflichten und Hamburg sogar noch eine höhere Trinkwasserförderung in Aussicht stellen als die beantragten 16,6 Millionen m 3. Dort ist nämlich ein Klimaschutzaufschlag - man höre: Aufschlag - vorgenommen worden, mit dem man dann auf 16,6 Millionen m3 kommt. Das verstehen die Bürgerinnen und Bürger der Südheide nicht. Notwendig ist genau das Gegenteil. Hamburg hat eigentlich nur 14,4 Millionen m3 beantragt. Notwendig ist nicht ein Klimaschutzaufschlag, wie er von Niedersachsen oder vom Landkreis Harburg bisher gefordert wird, sondern notwendig ist ein Klimaschutzabschlag bzw. eine Berücksichtigung der Wetterveränderungen, die es ganz offensichtlich gibt.

Von daher sollte man hier an dieser Stelle wirklich sicherstellen, dass wir in Zukunft nicht Überraschungen erleben. Klar ist: Die Hamburger brauchen das Wasser aus der Nordheide. Aber wir müssen das mit Augenmaß machen. Und wir müssen die Veränderungen klimatischer Art, die sich hier in den letzten Jahren ergeben haben, ausreichend berücksichtigen und da genügend Steuerungsmöglichkeiten haben.

Es gäbe hier eine Möglichkeit, zu einer gemeinsamen Linie zu kommen. Wir waren da gar nicht weit auseinander. Herr Bäumer weiß das. Deswegen ist es schade, dass es uns nicht gelungen ist, am Ende auf eine Linie zu kommen. Wir wären dazu bereit gewesen. Wir werden aber dem Vorschlag von CDU, FDP und SPD nicht zustimmen, sondern halten unseren Ansatz ganz eindeutig für den besseren.

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, der Kollege Tanke von der SPD hat sich zu einer Kurzintervention gemeldet. Bitte!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lieber Stefan Wenzel, der Änderungsantrag der Grünen ist ja in den Nrn. 3 bis 6 inhaltsgleich mit dem, was wir vorgelegt haben, sodass wir über die Nrn. 1 und 2 miteinander reden müssen. Dazu sage ich mal: Die Grünen sichern der Stadt Hamburg auch zu, über den Genehmigungszeitraum hinaus Grundwasser zur Versorgung zu liefern, und zwar unter bestimmten Bedingungen.

Jetzt komme ich mal zu dem, was wir sagen. Wir sagen: Ja, wir liefern der Stadt Hamburg auch Grundwasser und haben dafür bestimmte Kriterien eingebaut. Ich glaube, das ist ein ganz wichtiger Punkt, dass das unter Berücksichtigung der Grundsätze der Nachhaltigkeit und des nachgewiesenen Bedarfs angepasst wird. Genau der Punkt der Nachhaltigkeit war für uns wesentlich. Deswegen, Herr Dr. Hocker, führte das nicht zu einer schnellen Einigung mit Ihnen. Ich glaube, dass genau darüber die Forderungen der Grünen abgedeckt sind. Aber ich vermute, dass sich die Grünen hier mit einem eigenen Antrag der sachlich richtig geregelten Grundwasserentnahme verschließen wollen.

Ich will auch darauf hinweisen, dass es - das steht ja auch unter Nr. 1 in dem Änderungsantrag der Grünen - eine neutrale Bedarfsprognose im Auftrag des Landkreises Harburg geben soll. Dadurch ist die Wasserentnahme entsprechend orientiert.

Alles zusammen bietet unser Beschluss heute dem Landkreis Harburg, glaube ich, genügend Rückhalt, eine richtige, vernünftige und nachhaltige Vereinbarung mit der Stadt Hamburg zu schließen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Herr Wenzel möchte erwidern. Bitte!

Vielen Dank, Herr Präsident. - Herr Tanke, ich will kurz antworten. Der Zeitraum, über den wir reden, umfasst sechs Legislaturperioden. In dem Antrag steht die Zahl „weniger als 16,6 Millionen m3“. Das ist uns einfach zu viel Spielraum für die Landesregierung. Die Landesregierung hat in den letzten Monaten auch nicht gezeigt, dass ihr hier an voller Transparenz in Bezug auf die jeweiligen Verhandlungsstände gelegen ist. Wir haben von den Hamburger Wasserwerken mehr Informationen bekommen als von Herrn Sander.

(Ulf Thiele [CDU]: Herr Wenzel, Sie hätten im Ausschuss jede Frage stel- len können! Jede Frage wäre beant- wortet worden!)

Wir haben der Landesregierung z. B. die Frage gestellt, welche objektiven Schäden in der Vergangenheit nachgewiesen worden sind. Darauf habe ich dermaßen ausweichende Antworten be

kommen, Herr Thiele, dass ich das schon für merkwürdig halte.

Ich will hier ja nicht ein neues Fass aufmachen. Sie alle wissen, wie weit wir bei dem Thema auseinander liegen. Wir haben gesagt: Zehn Jahre und Bereitschaft zu Verlängerung ist richtig. Das ist unser Vorschlag. Vielleicht haben Sie da zu Ihrem Minister mehr Vertrauen. Wir haben das eben nicht.

Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, als nächster Redner hat sich Herr Minister Sander zu Wort gemeldet. Bitte schön, Herr Minister!

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Landesregierung begrüßt es, dass es von den Regierungsfraktionen und von der SPD einen Antrag gibt, weil wir in der Frage der Wasserentnahme in der Nordheide zu einem unter fachlichen Gesichtspunkten eindeutigen Ergebnis gekommen sind.

Sie wissen genau, dass es ein zweigeteiltes Verfahren ist. Der Landrat oder seine untere Wasserbehörde werden das Genehmigungsverfahren für die beantragten 16,6 Millionen m3 durchführen. Das Land hat bereits mit den Hamburger Wasserwerken - aber vielleicht können Sie, Herr Wenzel, uns da auch noch politisch unterstützen; Sie haben ja gute Verbindungen nach Hamburg - über Aspekte verhandelt - das sind ganz wesentliche Aspekte -, die nicht im Wasserrechtsverfahren abzuhandeln sind. Dazu gehört z. B. die von Ihnen genannte Überprüfung alle zehn Jahre. Es ist also nicht richtig, wenn Sie sagen, die Landesregierung kümmert sich nicht um die Sache, sondern unsere Forderung ist ganz klar, das alle zehn Jahre zu überprüfen.

Ich bedauere eigentlich, dass Sie bei dieser so sachlichen Diskussion aufgrund Ihres Änderungsantrages, der ja lediglich beinhaltet, dass Sie bezweifeln, dass das Wasserdargebot in der Nordheide durch den Klimawandel ausreichend ist - - - Da müssen Sie dann schon Beweise bringen. Unsere Fachleute sagen mir und sagen auch der Mehrheit - die Mehrheit hat das übernommen -, dass Ihre Befürchtungen nicht gerechtfertigt sind.

Insofern sehe ich zumindest zum jetzigen Zeitpunkt keine Probleme bei der Wasserversorgung. Wenn Sie das Gebiet der Nordheide und den Uelzener Raum gegenüberstellen, dann müssen Sie zur Kenntnis nehmen, dass man diese beiden Gebiete allein schon aufgrund der verschiedenen geologischen Gegebenheiten von der Wasserversorgung her nicht vergleichen darf.

(Karl-Heinrich Langspecht [CDU]: So ist das!)

Insofern war das etwas unzulässig. Aber ich gehe mit Ihnen ja wie immer freundlich um. Deswegen will ich Ihnen das auch nicht vorwerfen. Wir können uns gerne fachlich darüber unterhalten.

Sie haben ja erwähnt, dass die Landesregierung Gutachten in Auftrag gegeben hat, u. a. um herauszufinden, warum Heideflüsse wie z. B. die Este trockenfallen. Wir werden natürlich insbesondere vor dem Hintergrund der Interessen der Waldbesitzer in der Nordheide darauf achten müssen, dass eine Waldumwandlung stattfindet. Ich stimme Ihnen zu - und da muss ich allen Beteiligten recht geben, auch wenn ich nicht so weit gehe wie Frau Somfleth -: Mit den Hamburgern zu verhandeln, ist nicht ganz einfach. Damit haben schon alle ihre Erfahrungen gemacht. Zum Beispiel zum Thema Elbvertiefung könnte ich in diesem Zusammenhang einiges sagen.