Protocol of the Session on September 8, 2010

(Kreszentia Flauger [LINKE]: Dann müssen Sie das Quasimonopol ab- schaffen! - Weitere Zurufe von den GRÜNEN)

Herr Kollege, ich darf Sie kurz unterbrechen. Es scheint den anderen Fraktionen entgangen zu sein, dass alle noch die Möglichkeit haben, ihre Position vom Rednerpult aus deutlich zu machen. Das muss nicht durch Zwischenrufe geschehen.

(Christian Meyer [GRÜNE]: Aber Fra- gen kann man doch stellen! - Gegen- ruf von Ulf Thiele [CDU]: Dann kann man sich auch melden!)

- Dafür sind Sie bekannt, Herr Kollege Meyer!

Herr Präsident, das lasse ich einmal unkommentiert. - Wir brauchen eine Änderung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes. Ich will deutlich sagen, was vor dem Hintergrund der anders gelagerten Interessen in den südlichen Bundesländern sicherlich nicht einfach wird: In Biogasanlagen gehören zuallererst Nebenprodukte wie Gülle, Reststoffe und Futterreste. Der NaWaRo-Bonus war ein Riesenfehler!

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Um die Biomasse sinnvoll zu nutzen, müssen wir auch in Niedersachsen verstärkt auf die Direkteinspeisung des Gases setzen. Wir müssen die Energiepolitik von Rot-Grün vom Kopf wieder auf die Füße stellen. Das Energiekonzept der schwarzgelben Bundesregierung ist ein erster wichtiger Schritt dahin.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Ich erteile dem Kollegen Meyer von der SPDFraktion das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bin der FDP außerordentlich dankbar dafür, dass sie das Thema heute auf die Tagesordnung gesetzt hat.

(Hans-Werner Schwarz [FDP]: Bitte schön!)

Sie scheinen heute ja geradezu der Erfinder der regenerativen Energie zu sein. Alles, was Sie eben über Biogasanlagen gesagt haben, haben wir allerdings bereits vor drei oder vier Jahren gesagt.

(Christian Dürr [FDP]: Soll ich Ihnen vorlesen, was Sie gesagt haben, Herr Meyer?)

- Herr Kollege Dürr, wir hatten sogar schon einen Entschließungsantrag und eine Anhörung. Da ging es um Biomassepotenzialstudien. Sogar das Landvolk war dafür. Wer war dagegen? - Sie und die CDU!

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Wenn man die Überschrift anguckt, stellt man fest, dass das Thema etwas seltsam gewählt war. Dort steht: „Biomasse kontra Artenvielfalt und Lebensmittel“. Eigentlich haben Sie gerade nur von Mais und Vermaisung geredet. Sie meinen wohl ein neues Thema entdeckt zu haben. Der zweite Teil der Überschrift lautet: „Für eine ideologiefreie Energiepolitik“. - Ja, das wäre schön. Aber Sie reden bei Ihrer Atomnummer von nichts anderem als von Ideologie.

(Beifall bei der SPD)

Warum kommt in Ihrer Rede die Artenvielfalt nicht vor? Von Lebensmitteln haben Sie nur am Rande gesprochen. Ich lese Ihnen einmal vor, was Ministerin Grotelüschen bei der ISN - das sind die Schweinezüchter in Niedersachsen - sinngemäß gesagt hat.

(Clemens Große Macke [CDU]: Nicht nur in Niedersachsen!)

- Ja, Clemens. - Es dürfe nicht lohnender sein, Getreide über Biogas zu veredeln als über das Schwein. Das bedeutet: Getreide gehört in den Schweinemagen und nicht in die Biogasanlage. Wollen Sie das den Landwirten vorschreiben oder ist es vielleicht eine Frage des Preises? Den Preis können Sie nicht beeinflussen; denn der Getreidepreis richtet sich nach ganz anderen Kriterien. Das ist eine Tank-oder-Teller-Debatte, die wir eigentlich schon erledigt haben.

(Christian Dürr [FDP]: Ja, die ist erle- digt!)

Was sagt der Staatssekretär im Bundeslandwirtschaftsministerium, Herr Gerd Müller, zum Thema Flächenkonkurrenz? - Im März dieses Jahres hat Herr Müller gesagt, Biogas treibe keine Pachtpreise. Es sei nur einer von mehreren Gründen. - Da müssen Sie sich mit Berlin einmal einigen.

Zum Stichwort „Artenvielfalt“. Herr Kolleg Dürr, ich zitiere aus der Antwort des Umweltministeriums an

die Kollegen Bäumer und andere aus dem letzten Monat. Da heißt es: Der auffälligste Rückgang bei Brutvögeln findet derzeit in der intensiv agrarisch genutzten Landschaft statt. Insgesamt gelten 63 % der in der offenen landwirtschaftlich genutzten Feldflur vorkommenden Brutvogelarten als im Bestand gefährdet. Dazu gehören u. a. Kibitz, Rebhuhn, Feldlerche und Wiesenpieper, also nicht etwa irgendwelche Exoten. Da können Sie ansetzen. Sie müssen nur das ernst nehmen, was Sie selber schreiben.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Heute steht in der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung, Herr Minister Sander sehe den Bau neuer Biogasanlagen skeptisch. Klasse, das haben wir schon vor Jahren gemacht. Im Landkreis Emsland gibt es über 140 Anlagen, im Landkreis Cloppenburg über 100, und bei mir im Landkreis Celle sind es mittlerweile über 60, in der Tat mit steigender Tendenz.

Herr Dürr, wenn Sie das beklagen, dann frage ich Sie, wer hier eigentlich regiert. Das sind doch Sie. In Berlin regieren Sie auch. Wenn Sie das im EEG stört, dann gehen Sie doch endlich daran, das EEG zu ändern, und kommen Sie nicht mit solchen allgemeinen Klamotten!

(Beifall bei der SPD - Christian Dürr [FDP]: Wer hat denn das EEG ge- macht? Wer hat sich denn gegen Än- derungen gesperrt?)

Herr Kollege Dürr, als Sie das vorhin sagten, habe ich mich gewundert, dass die Kollegen auf der rechten Seite auch mitgeklatscht haben. Die letzte Änderung des EEG war eine schwarz-rote Veranstaltung. Da haben Sie alle mitgestimmt.

(Christian Grascha [FDP]: Wir nicht!)

Ich gebe Ihnen völlig recht, wenn Sie meinen, dass an dieser Stelle z. B. der Güllebonus verändert werden muss. Dann machen Sie das doch. Das ist ja richtig.

(Christian Dürr [FDP]: Kritisieren Sie jetzt Ihre eigenen Politik?)

Das allein wird das Problem aber nicht lösen. Die Gemeinden brauchen Steuerungsmöglichkeiten, um an dieser Veranstaltung überhaupt teilnehmen zu können.

(Beifall bei der SPD und bei der LIN- KEN - Christian Dürr [FDP]: Das ha- ben Sie doch immer verhindert!)

Sie müssen endlich den § 35 des Baugesetzbuches anfassen - mittlerweile gibt es im Bundestag ja eine Initiative -, damit Sie im Außenbereich überhaupt irgendetwas beeinflussen können. Im Moment geht das alles gar nicht.

(Glocke des Präsidenten)

Noch einmal zu den Landwirten: Wenn ich Landwirt wäre, dann würde auch ich das nutzen. Es ist betriebswirtschaftlich sinnvoll, wenn der Landwirt sich so verhält, wie es ihm von der Förderichtlinie vorgegeben wird. Aber volkswirtschaftlich und deswegen, weil das auf wenige Stellen im Lande Niedersachsen konzentriert ist, kann das unsinnig sein. Dann müssen Sie dem Minister sagen, er soll das ändern, soweit er das z. B. über die Landesraumordnung kann.

(Christian Dürr [FDP]: Sie wissen doch genau, dass das ein Bundesge- setz ist!)

Sie beschreiben das Problem nur, tragen aber nichts dazu bei, dass es gelöst wird. Sie können handeln, aber Sie tun es nicht.

Sie haben auch einen klassischen Zielkonflikt, nämlich Bauern mit Biogasanlage und Bauern ohne Biogasanlage. Am Ende werden Sie nicht sagen können: Allen wohl und keinem wehe. - Das wird nicht funktionieren, weil Sie irgendjemandem auf die Füße treten müssen.

(Christian Dürr [FDP]: Was wollen Sie eigentlich?)

- Ich habe gerade drei Punkte genannt. Wenn Sie nicht zuhören können, ist das Ihr Problem.

(Jens Nacke [CDU]: Was ist denn hier für eine Stimmung!)

- Er fängt doch jedes Mal so an. Das ist doch seine Nummer.

Zum Thema „Ideologie“: Ihr Problem ist doch, dass Sie immer davon ausgegangen sind, dass der Markt das regeln und sich das im Land schon irgendwie zurechtrütteln werde. Sie machen hier und da etwas, aber eigentlich wollen Sie gar nicht steuern. Hier erkennen Sie, dass das mit dieser Nummer nicht funktioniert. Sie müssen endlich akzeptieren, dass der Staat hier eine Richtlinienkompetenz haben muss. Er muss Steuerungsmöglichkeiten anbieten und durchsetzen können.

(Christian Dürr [FDP]: Das haben wir immer gesagt! - Glocke des Präsiden- ten)

Das, was Sie im Moment haben, reicht dafür nicht aus; denn sonst hätten wir das Problem nicht.

Bei den Mastställen haben wir übrigens die gleiche Debatte. Frau Grotelüschen will das ja nicht wahrhaben, aber es ist dasselbe Problem. Hier im Lande gibt es dieselben Konzentrationsentwicklungen, und wir werden an derselben Stelle wohl in zwei Jahren darüber diskutieren, dass sich an einigen Stellen Fehlentwicklungen ergeben haben. Sie lernen wirklich nicht dazu. Das ist schade, weil die Betroffenen darunter leiden.

(Beifall bei der SPD)

Herr Meyer, Sie müssen zum Schluss kommen.