Aber es geht um die Zukunft. Das waren vier wichtige strategische Entscheidungen der letzten Jahre, die in die Zukunft weisen. Trotzdem reicht das
nicht; man muss weiterdenken. Die wesentliche Aufgabe von Kulturpolitik ist es, vorzudenken. Das kann man nicht dem einzelnen Museum oder dem einzelnen Künstler überlassen.
Vordenken heißt, zu überlegen, wie man mit den sich verändernden Rahmenbedingungen umgehen kann, wie die Angebote verändert werden können und wie man auf den demografischen Wandel reagieren kann.
Demografischer Wandel heißt für mich nicht, in allererster Linie besondere museumspädagogische Angebote für Ältere zu machen, sondern er bedeutet auch eine riesige Chance. Die Älteren sind heute viel agiler als vor 20 Jahren. Was Freundeskreise und Unterstützer angeht, da haben wir enorme Potenziale. Wie kann man das in einem großen Land wie Niedersachsen mit nach der letzten Zählung 665 Museen, von denen über 50 % völlig privat laufen, vernünftig anregen und in einem klugen Sinne steuern?
Ich will ein Beispiel nennen, das gerade aktuell ist: Forschen in Museen. Worum geht es dabei? - Wenn Museen in ihren Sammlungen Gegenstände haben, die Universitäten nicht haben, dann gilt es, diese Gegenstände nicht nur auszustellen oder vielleicht sogar nur im Depot zu belassen, sondern darüber zu forschen.
Wie macht man das? - Die Wissenschaftliche Kommission Niedersachsen hat im letzten Jahr die Arbeitsgruppe „Forschen in Museen“ eingerichtet. Der Bericht dieser Arbeitsgruppe liegt mir seit vorgestern vor. Ich sage voraus, dass das Projekt „Forschen in Museen“ bundesweit Aufmerksamkeit erregen wird, da es so etwas bundesweit noch nicht gegeben hat, und zwar weder vom wissenschaftlichen Gehalt noch vom Praxisbezug her.
Der Bericht dieser Arbeitsgruppe enthält nicht nur theoretische Ausführungen dazu, wie Forschung in großen Museen wie den Landesmuseen stattfinden kann, sondern gibt auch praktische Handlungsempfehlungen, wie sie in den kleinen Museen bis hin zu den Heimatstuben geschehen kann.
Dieser Aufgabe kann sich aber nicht jedes Museum für sich stellen - schon gar nicht jedes kleine Museum -, sondern hier ist die Landesregierung als die sozusagen zentrale Stelle für Kulturpolitik gefordert.
haben mir vorgehalten, ich würde mich nicht trauen, eine Museumsplanung zu entwickeln. Dieser Vorhalt hat mich ein wenig enttäuscht. Ich hätte von Ihnen etwas anderes erwartet. Schließlich haben Sie sich in vielen Ihrer Fragen auf den Bericht der Enquetekommission des Deutschen Bundestags zur Kultur bezogen, und in diesem Bericht kommt Brandenburg nicht gerade wenig vor. Darauf war ich auch stolz; das darf ich hier einmal sagen.
Der Bericht führt aus, dass das erste Land, das eine Kulturentwicklungsplanung, eine Museumsplanung aufgelegt hat, Brandenburg war. Brandenburg wird als beispielgebend für andere Länder genannt. Danach haben Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern damit begonnen. Also, dass Sie mich da einfach in die Tüte „das will sie nicht“ stecken, hat mich schon enttäuscht.
Aber wahrscheinlich haben wir grundsätzlich unterschiedliche Ansichten darüber, was Kulturplanung, was Museumsplanung bedeutet. Ich hatte nach der Lektüre Ihrer Fragen den Verdacht, dass Sie das sehr zentralistisch verstehen. An anderer Stelle hatte ich den Eindruck, Sie verstehen darunter einen Plan, der transparent ist und bei dem man die einzelnen Punkte einfach abhaken kann. - So, meine Damen und Herren, kann Kulturplanung aber nicht funktionieren.
Kulturplanung kann nur so funktionieren - wir haben es in Brandenburg erprobt und auch nachlesbare Resultate erzielt -, dass das Land seine kulturpolitischen Ziele definiert. Das Land muss also zunächst einmal überlegen, wofür es seine Mittel einsetzen will. Und hier muss man zwangsläufig Prioritäten setzen. Was Sie fordern, nämlich dass das Land für alle Museen, auch für kommunale und auch für private Museen, verantwortlich ist, kann nicht funktionieren. Vielmehr muss ein Prozess angestoßen werden, in dem sich die einzelnen Träger über die Ziele und darüber verständigen, wie man sie erreichen will, und in dem dann langfristige Planungssicherheit schafft. Das erfordert in einem Land wie Niedersachsen, das wesentlich größer ist als Brandenburg mit seinen 14 Landkreisen und vier kreisfreien Städten, ganz andere Mechanismen.
Wir müssen also darüber diskutieren, was hier in Niedersachsen machbar und was sinnvoll ist. Anders als Sie es behaupten, lehne ich das also keinesfalls ab. Das wäre ja auch wirklich seltsam.
Meine Damen und Herren, ich freue mich über die Große Anfrage, und ich freue mich auf die Diskussionen über die Antworten. Dabei bin ich für kritische Begleitung dankbar.
Danke schön, Frau Ministerin Professorin Wanka. - Jetzt hat sich von der CDU-Fraktion Herr Kollege Hillmer zu Wort gemeldet. Bitte schön!
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte mich zunächst einmal namens der CDU-Fraktion sehr herzlich bei der Landesregierung und speziell beim Wissenschaftsministerium bedanken.
Ich bedanke mich auch beim Museumsverband und ganz besonders bei den vielen Museen in privater und in kommunaler Trägerschaft, die sicherlich vieles andere zu tun haben, als Fragen aus Hannover zu beantworten. Umso mehr danke ich ihnen, dass sie sich an der Informationsbereitstellung beteiligt haben.
Meine Damen und Herren, mit der Antwort auf die Große Anfrage haben wir einen umfassenden Überblick über die Museumslandschaft in Niedersachsen bekommen.
Mir ist bei der Recherche aufgefallen, dass wir in den letzten Jahren eher selten über Museen gesprochen haben. Deshalb möchte ich an dieser Stelle der SPD-Fraktion meinen Dank aussprechen, dass sie das Thema auf die Tagesordnung gehoben hat. Herzlichen Dank!
Meine Damen und Herren, Museen erfüllen eine wichtige gesellschaftliche Aufgabe. Sie leisten einen entscheidenden Beitrag in der vielleicht wichtigsten Aufgabe, die jede Gesellschaft zu leisten hat, nämlich der Bewahrung und Weitergabe
eines identitätsprägenden Kulturschatzes in die nächste Generation, eines Schatzes, der über viele Generationen akkumuliert wurde und der sich gleichzeitig stets dynamisch verändert, eines Schatzes, der in keine staatliche Schatzkammer passt, sondern der manchmal bewusst und häufig auch unbewusst von Menschen an Menschen weitergetragen wird.
Wie machen die Museen das? - Den Museen geht es um mehr als nur um das Ausstellen. Ihnen geht es um das Sammeln kultureller und natürlicher Objekte, die bis zu den Anfängen menschlicher Gesellschaften zurückgehen. Die Aneignung der Welt oder der Wunsch, die Zeit durch materielle Belege festzuhalten, sind nur einige Motive privaten Sammelns, die vielfach den Grundbestand heutiger Museen bilden.
Eine ebenso lange Tradition wie das Sammeln hat das Bewahren von Objekten, denen ein materieller, ideeller oder persönlicher Wert zugesprochen wird.
Hinzu kommt das Forschen im Museum. Das Forschen im Museum beinhaltet die wissenschaftliche Bearbeitung von Objekten und Objektzusammenhängen. Die Erkenntnisse und Informationen werden dokumentiert und sollen öffentlich zugänglich gemacht werden.
Erst dann, am Ende, stehen mit dem Ausstellen und dem Vermitteln von Sammlungsobjekten der Weg in die Öffentlichkeit und der Bildungsauftrag des Museums im Mittelpunkt.
Der Museumsbestand in Niedersachsen ist - auch das ist Ergebnis der Beantwortung dieser Großen Anfrage - sehr heterogen. Es ist schon gesagt worden: 665 Museen sind gezählt worden. Es sind vielleicht noch mehr. Mehr als 50 % dieser 665 Museen sind in privater oder in Vereinsträgerschaft und nur weniger als 1 % stehen unter Landesverantwortung.
Auf unsere Museen kommen neue Herausforderungen zu. Eine dieser Herausforderungen ist das Internet. Manche sagen ja, im Zeitalter des Internets wäre ein Museum nicht mehr zeitgemäß und würde nicht mehr benötigt.
Ich bin grundsätzlich und deutlich anderer Meinung; denn das Erfahren, das Erleben, das anfassen Können ist eine ganz besondere Erfahrung. Ich will das einmal am Beispiel der Schöninger Speere festmachen. Die Schöninger Speere als das Arbeitsgerät, das damals jemand hatte, um seine Familie zu ernähren, kann man noch anfas
sen; sie können wir in einem Museum ausstellen. Wir können auch noch die Arbeit von Herrn Benz, das von ihm entwickelte Auto, ausstellen. Aber wenn wir z. B. das Computerprogramm Microsoft Windows Vista von Herrn Gates ausstellen wollen, müssen wir dafür neue Formen finden.
Also, es gibt Herausforderungen, aber ich bin sehr sicher, dass die Museumslandschaft in Niedersachsen Wege finden wird. Vielleicht werden wir nicht darauf kommen, aber es wird Museen geben, die auch diese Herausforderungen bewältigen werden.
Ich möchte nun zunächst einige Punkte ansprechen, die ich für wichtig halte - insgesamt vier -, und dann auf einige Kritikpunkte eingehen.
Erstens. Die Umwandlung der Landesmuseen in Betriebe nach § 17 a der Landeshaushaltsordnung hat sich aus unserer Sicht bewährt. Die Landesmuseen können damit im Rahmen ihres Budgets und im Rahmen von Zielvereinbarungen mit dem Land flexibel agieren.
Zweitens. Aus unserer Sicht hat sich auch die Regionalisierung der Kulturförderung seit 2005 bewährt. Die Akteure vor Ort haben jetzt die Möglichkeit, ihre regionale Kulturpolitik in den Museen zu entwickeln.
Drittens. Eine weitere Erfolgsstory ist aus unserer Sicht die Registrierung als Leitlinie und Unterstützung zur Qualitätssicherung. Mit Stand 2009 haben bisher 61 Museen ein Registrierungsverfahren abgeschlossen. 22 Museen sind noch im Verfahren. Ich erlebe es vor Ort, dass die Registrierung als Ansporn verstanden wird und nicht als Bevormundung. Es bleibt Spielraum, sich nach seinen eigenen Vorstellungen zu entwickeln.
Viertens begrüßen wir die Wiedereinführung von Landesausstellungen. Insbesondere freuen wir uns auf die Landesausstellung „300 Jahre Personalunion mit England“.
Lassen Sie mich jetzt auf einige Kritikpunkte eingehen, die Sie, Frau Behrens, genannt haben. Der größte ist vielleicht, dass Sie dem Land vorwerfen, es gäbe keinen Museumsentwicklungsplan.
Ein landesweiter Museumsentwicklungsplan in dem Sinne, wie Sie es zum Ausdruck gebracht haben, entspricht aus unserer Sicht nicht der Vielgestaltigkeit der Museen in Niedersachsen. Eine Museumsentwicklungsplanung für Niedersachsen macht nur dann Sinn, wenn sie von allen Trägern
Ich will noch einmal sagen: Nur 1 % der 665 Museen sind in Landesträgerschaft, 25 % sind in kommunaler, und der ganz große Rest ist in privater Trägerschaft. Die muss man bei solch einem Prozess dringend mitnehmen.
Aber nehmen wir an, es wäre möglich: Wäre dann ein Entwicklungsplan in Ihrem Sinne sinnvoll? - Das Sammeln, Bewahren, Forschen, Vermitteln ist eine zutiefst menschliche Anlage, die wie die künstlerische Veranlagung bei dem einen mehr, bei dem anderen weniger ausgeprägt ist. Das entzieht sich einer Steuerung durch eine zentrale Autorität, mag sie auch demokratisch gewählt sein. Würden Sie bei der Kunst eine Kunstentwicklungsplanung fordern?