Geehrte Kolleginnen und Kollegen, sie wissen, dass der SPD-Fraktion die kulturelle Teilhabe sehr am Herzen liegt. Wir müssen die Museen mehr nutzen, um bildungsferne Schichten anzusprechen. Es gibt - auch das macht die Beantwortung der Großen Anfrage deutlich - sicherlich viele Anstrengungen und Projekte in den Museen in Niedersachsen in diesem Bereich. Das ist fantastisch und auch lobenswert. Die Museumspädagogik ist zu einem festen Bestandteil in den Landesmuseen und vielen weiteren Museen geworden. Sie verdient aber weitere politische Unterstützung. Wir haben im Fachausschuss intensiv darüber diskutiert, sind aber nicht wirklich weitergekommen. Wir müssen auch hier weitere Akzente setzen.
Die Antwort auf die Große Anfrage macht deutlich, dass der von der SPD geforderte freie Eintritt für Kinder und Jugendliche in den Landesmuseen und darüber hinaus in Niedersachsen schon jetzt möglich wäre. Wenn Sie die Antwort auf die Große Anfrage lesen, werden Sie feststellen, dass es in fast allen Landesmuseen und fast allen weiteren Museen bereits Elemente des freien Eintritts für Kinder und Jugendliche gibt.
Führen Sie sich des Weiteren einmal vor Augen, welchen Anteil am Gesamthaushalt der Landesmuseen die Eintrittserlöse haben. Der Anteil beträgt zwischen 4 und 6 %. Sie können sich ausmalen, welchen Anteil dann die Eintrittserlöse haben, die auf Kinder und Jugendliche entfallen. Sie erkennen daraus, dass es mit einem vertretbaren finanziellen Mehraufwand verbunden wäre, die Landesmuseen in Niedersachsen für Kinder und Jugendliche ab sofort eintrittsfrei zu stellen. Das wäre eine tolle Botschaft an die Familien: Kommt her. Wir wollen euch alle in den Museen haben. -
Als Baustelle im Bereich der Museen und damit auch dieser Landesregierung kann man nach dem Studium der Beantwortung der Großen Anfrage auch die Bewältigung des demografischen Wandels und die Einbeziehung von Menschen mit Migrationshintergrund bezeichnen. Die Landesregierung kommt zwar zu dem Ergebnis, dass die Ansprache von Migranten eine Herausforderung sei. Man erfährt aber nichts darüber, wie sie diese Herausforderung bewältigen will. Man verweist sogar auf Erkenntnisse aus den Niederlanden, die besagen, dass spezielle Programme für Migrantinnen und Migranten keine nachhaltige Wirkung gezeigt hätten.
Was bedeutet das eigentlich für uns? Nur 10 % der befragten Museen haben spezielle Angebote für Bürgerinnen und Bürger mit Migrationshintergrund. Wir sind uns sicherlich einig, dass das zu wenig sind. Immerhin hat sich auch Niedersachsen im Rahmen des Nationalen Integrationsplans, den Bund, Länder und Kommunen mit Wirtschafts- und Migrantenverbänden schon Ende 2007 beschlossen haben, verpflichtet, dass Integration ein Grundsatz bei der Kulturförderung werden soll. Es werden also interkulturelle Programme gebraucht, die nicht den Blick der Gesellschaft auf Migranten darstellen, sondern diese mit ihrer eigenen Kultur und zugleich als Teil der deutschen Kultur in den Museen zeigen. Wir brauchen eine Kultur der Anerkennung für den Lebensalltag der Migrantinnen und Migranten. Wir müssen die Museen in die Lage versetzen, entsprechende Programme und Netzwerke aufzubauen.
In dieser Hinsicht fehlt es an kulturpolitischer Unterstützung, Frau Ministerin Wanka. Mit mehr Angeboten der Museen für ausländische Mitbürgerinnen und Mitbürger steigen auch die Anforderungen an die Vermittlung. Für die Museen bedeutet dies wiederum einen höheren Bedarf an Museumspädagogen.
Bei der Ansprache der älteren Mitbürger ist die Lage ähnlich. Es gibt zwar Programme für Senioren, doch nur wenige Museen haben ein Konzept für den Umgang mit dem demografischen Wandel. Generationsübergreifende Angebote sind ebenfalls ausbaufähig. Ebenso muss der Frage der Barrierefreiheit in Museen von den Beteiligten und der
Lassen Sie mich noch ein paar Sätze zum Geld sagen. Natürlich bedarf die Entwicklung von Perspektiven für Museumsarbeit auch einer ordentlichen finanziellen Unterfütterung. Um Museumsarbeit effizient und erfolgreich leisten zu können, muss es eine dauerhafte institutionelle und finanzielle Basis geben. Hier steht die öffentliche Hand für das kulturelle Erbe in einer besonderen Pflicht.
Die Ausgaben für unsere Museen in Höhe von rund 25 Millionen Euro machen einen Anteil von nur 0,1 % am Gesamtvolumen des niedersächsischen Haushalts aus. Im Kulturetat sind die Museen nach den Theatern zwar der zweitgrößte Posten, doch dieser Bereich - darüber sind wir uns sicherlich einig - ist unterfinanziert. Das beweist auch der Blick in die Kulturstatistik der Länder. Im letzten Kulturfinanzbericht von 2008 steht Niedersachsen bei den öffentlichen Ausgaben für Museen, Sammlungen und Ausstellungen vor Brandenburg auf dem zweitletzten Platz. Nur Brandenburg gibt noch weniger Geld für den genannten Bereich aus.
Land und Kommunen geben in Niedersachsen zusammen 8,80 Euro pro Bürger aus. Ich richte jetzt nicht den Blick auf Bremen und Hamburg, die sehr viel mehr Geld ausgeben. Ein Vergleich mit Bremen oder Hamburg wäre nicht fair. Wir können uns aber sicherlich mit Nordrhein-Westfalen oder Baden-Württemberg vergleichen. Dort gibt man zwischen 13,70 und 13,90 Euro pro Bürger für die Museen aus. Das ist ein deutliches Zeichen, dass wir in dem angesprochenen Bereich noch etwas tun müssen.
Lassen Sie mich abschließend folgendes Fazit ziehen. Die Landesmuseen und die weiteren Museen in Niedersachsen sind gut aufgestellt. Sie bedürfen aber weiterer Unterstützung. Die Landesregierung drückt sich davor, einen zukunftsfähigen und transparenten Entwicklungsplan für die Landesmuseen und die weiteren Museen aufzustellen. Dabei müssen Profilierung, konzeptionelle Erneuerung, aber auch finanzielle Absicherung Priorität haben.
Die Landesregierung versäumt bisher die Chance, in den Museen entscheidende Impulse zur kulturellen Teilhabe zu setzen. Kinder und Jugendliche müssen das Museum mehr als Erlebnis- und Ler
nort kennenlernen. Die Landesregierung muss sich um das Thema demografischer Wandel und die Einbindung der Migrantinnen und Migranten mehr kümmern. Bei diesen beiden Gruppen müssen erhebliche Anstrengungen unternommen werden.
Last, but not least braucht es vonseiten der Landesregierung eine mutige Prioritätensetzung, was die finanzielle Ausstattung der Landesmuseen und der Museumspolitik insgesamt angeht.
Geehrte Kolleginnen und Kollegen, die Große Anfrage ist für die SPD-Fraktion nur der Anfang einer Debatte über und mit den Museen. Die Antworten zeigen eindeutig, dass es Handlungsbedarf gibt. Nun geht es darum, mit diesen Antworten politisch vernünftig weiterzuberaten. Ich fordere alle Politiker in den Fraktionen im Landtag auf - insbesondere die Kulturpolitiker -, sich ernsthaft mit diesen Daten zu beschäftigen. Ich freue mich auf die weiteren Debatten im zuständigen Fachausschuss. Wir jedenfalls werden dafür sorgen, dass wir diese Ergebnisse weiterdiskutieren.
Das sehe ich ganz anders. - Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! An dieser Stelle zuerst ein Dank an die SPD-Fraktion. Diese Große Anfrage ist wirklich eine mit sehr viel Engagement erarbeitete Aufgabenstellung. Sie deckt den gesamten Bereich wirklich gut ab.
Wenn ich Ihre Ankündigung höre, dass das der Beginn einer intensiveren Debatte über Museen und die Museumslandschaft in Niedersachsen sein soll, dann bin ich gern dabei; denn die Museen haben in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen und tun das auch weiterhin. Gerade in einer globalisierten Welt sind der Regionalbezug, das Wissen um die eigenen Wurzeln, die Kenntnis authentischer Artefakte außerordentlich wichtig. Die Aufgaben der Museen sind gewachsen. Das betrifft den Bildungsauftrag, den Freizeitauftrag, den Schutz des kulturellen Erbes. Ich denke, dass
in der Antwort auf diese Große Anfrage - den Dank für die Beantwortung gebe ich gern an diejenigen weiter, die sie beantwortet haben - entgegen dem, was Sie hier eben gesagt haben, strategische Entwicklungslinien der letzten Jahre deutlich sichtbar sind, die auch aufzeigen, wo in der Zukunft noch Dinge zu tun sind.
Ich darf an dieser Stelle meinen Vorgänger Lutz Stratmann - ich sehe ihn gerade nicht - ausdrücklich loben; denn ich glaube, die Strukturen, die in den letzten Jahren im Museumsbereich entstanden sind, sind zukunftsfähig. Ich will exemplarisch kurz vier Dinge nennen. Dann gehe ich sehr gerne auf Ihre Anregungen ein bezüglich einer Enquetekommission, der Frage, was man anders machen sollte, was Aufgaben der Zukunft sind und wo wir in Niedersachsen besonders anfassen müssen.
Erstens. Die Landesmuseen - in Niedersachsen gibt es 665 Museen und sechs Landesmuseen - machen nur einen kleinen Anteil an der Museumslandschaft aus. Aber es sind sehr wichtige und bedeutende Museen. Diese Landesmuseen hatten eigentlich eine Struktur, die nicht mehr zeitgemäß war. Es gab keinerlei Leistungsanreize. Wenn wirtschaftlich gehandelt wurde, hatte man nichts davon. Deswegen glaube ich, dass es zukunftsweisend war, diese Landesmuseen in Betriebe nach § 17 a LHO, d. h. in budgetierte Betriebe, umzuwandeln. Man hat dort jetzt ein Budget und kann Mittel übertragen. Das ist gerade im Museumsbereich außerordentlich wichtig. Ausstellungen konzipiert man nicht innerhalb eines Jahres, sondern überjährig. Man hat eine größere Eigenverantwortung.
Wenn Sie sagen, das alles zeigt nur Untätigkeit der Landesregierung, die will, dass die das alles selber machen, dann sind wir an dieser Stelle auseinander. Ich bin immer der Meinung - nicht nur bei den Hochschulen, sondern auch bei den Museen -: Die Kompetenz liegt vor Ort, bei den Wissenschaftlern und Ausstellungsmachern und nicht bei den Referenten im Ministerium. Deswegen brauchen wir solche Strukturen.
Also, ich fand es nicht ganz passend, die Frage zu stellen: Wie waren denn die Ankaufsetats der Landesmuseen in den letzten sechs Jahren? - Sie wissen es besser als ich, aber ich habe es schnell gelernt: Die Ankaufsetats der Landesmuseen haben Sie in der Regierungszeit der SPD abgeschafft.
Nicht ganz passend fand ich auch Ihre Forderung: Überall freier Eintritt! - Die Landesmuseen haben in Ihrer Regierungszeit die Eintritte einführen müssen und die Gelder nicht einmal selber verwenden dürfen. Sie selber waren noch nicht dabei, aber wir reden ja über Museen und lange Traditionslinien.
Zweitens. Ganz wichtig ist, dass mit dieser Neustrukturierung der Landesmuseen - andere Betriebsformen oder Zusammenführung - erstmals vor Ort in den Landesmuseen Expertengespräche und eine wirklich enge Abstimmung zwischen der Kommune, externen Experten und Museumsfachleuten initiiert wurden, sodass dort perspektivisch Pläne, Cluster und Handlungskonzepte zu der Frage, was man anders machen will, entstanden sind. Die müssen jetzt Schritt für Schritt umgesetzt werden. Das betrifft auch den Punkt, dass man jetzt mit Dauerleihgaben anders verfährt und die Dinge, wenn man sie nicht selber ausstellen kann, sehr viel stärker in kleinere Museen gibt. All das sind Ergebnisse dieser Expertengespräche. Aber bei der Umsetzung der Handlungskonzepte ist man erst am Anfang.
Drittens. Ganz wichtig ist das Qualitätssiegel. Das wurde von Ihnen genannt. Die Enquetekommission des Bundestages hat ein dickes Papier vorgelegt, das etwas darunter litt, dass jeder darin stehen wollte. Es ist also sehr heterogen. Darin finden Sie klasse Empfehlungen. Sie finden aber auch Dinge, die ich ablehne, und die wahrscheinlich auch Sie ablehnen.
Was die Enquetekommission des Bundes dort über Qualitätssiegel sagt, ist sehr kritisch. Ich bin ein Verfechter davon, und ich glaube, dass die Registrierung abgesehen von dem ungeschickten Namen ein sehr gutes Instrument ist, um Wettbewerb unter den Museen zu fördern. Ich habe das vor Ort erlebt.
Man sollte mit einem solchen Instrument auch nicht inflationär umgehen. Zu einer gesunden Entwicklung gehört eine genaue Charakterisierung der Museen. Das kostet Zeit.
Viertens. Die bauliche Stärkung der Museen in den letzten Jahren. Niedersachsen hat einen bestimmten Anteil aus dem EFRE-Topf für Kulturinvestitionen ausgewiesen. Das haben nicht alle Länder getan. Das ist zunächst ein Pluspunkt. Von diesen Kulturinvestitionen gehen rund zwei Drittel - geplant bis 2013 - in die Museumslandschaft.
Dazu kommt das Konjunkturpaket II. Ich kenne Länder, die haben keinen Euro davon für Kultur verwendet, sondern ausschließlich für Investitionen in Bildung und anderes. Aus dem Konjunkturpaket ist Beträchtliches in den Museumsbereich geflossen. Ich nenne nur ein paar Museen, denen Geld zugefließt: Deutsches Marinemuseum in Wilhelmshaven, Schifffahrtsmuseum Elsfleth, Dom und Dom-Museum Hildesheim, das Felix-Nussbaum-Haus in Osnabrück, das Museum Hameln, das Freilichtmuseum Hösseringen und andere. Das heißt, man hat strategisch entschieden, dieses Geld in den Kulturbereich und in diese Museen zu geben.
Kulturstatistik ist ein Bereich, über den ich mich immer aufrege, weil es in Deutschland keine ordentliche Kulturstatistik gibt.
Wenn Sie sagen, entsprechend der Kulturstatistik gibt nur Brandenburg noch weniger Geld aus als Niedersachsen - ein schöner Zufall -, dann muss ich Ihnen sagen, dass diese ganzen baulichen Investitionen darin überhaupt nicht enthalten sind. Ich weiß, wie verquer das ist, muss aber sagen, dass ich in Brandenburg immer darunter gelitten habe, dort in einem Land zu sein, das sich in den ersten zehn Jahren massiv verschuldet hat und deswegen z. B. im Kulturbereich und gerade im Museumsbereich viel schlechter dastand als Sachsen. Das ist so. Das muss man zugestehen.