Der Koalitionsvertrag von CDU und FDP vom 25. Februar 2008 gilt unverändert auch für die kommenden Jahre. Das bedeutet Kontinuität des Bewährten. Heute möchte ich den Landtag dar
über informieren, wo wir in den nächsten Jahren politische Schwerpunkte setzen wollen, wo wir eingeschlagene Wege überprüfen wollen und wo diese Landesregierung neue Akzente setzen möchte. Wir machen Politik in Niedersachsen, und das in besonderen, vor allen Dingen nicht einfachen Zeiten. Schwierige Herausforderungen stehen an. Schwierige Entscheidungen stehen bevor. Wir brauchen Mut zur Verantwortung. Wir haben diesen Mut zur Verantwortung!
Niedersachsen ist mit seinen über 7,9 Millionen Einwohnern ein im Herzen Europas gelegenes, wirtschaftlich starkes und weltoffenes Bundesland. Menschen aus 193 Nationen sind bei uns zwischen Ems und Elbe zu Hause. Dieses Land soll Heimat sein für alle die, die hier geboren worden sind, und all jene, die im Laufe ihres Lebens zu uns gekommen sind, um hier rechtmäßig dauerhaft zu leben und zu arbeiten. Meine Damen und Herren, Fremdenfeindlichkeit, Rassismus und Intoleranz dürfen und werden bei uns in Niedersachsen keinen Platz haben!
Wir bekennen uns zur christlich-jüdischen Tradition unserer Gesellschaft und sind gleichzeitig offen für Menschen anderen Glaubens. Wir alle wollen friedlich miteinander leben in einem gegenseitigen Geiste von Respekt und Toleranz.
Diesem Geist zuwider war der Übergriff auf eine jüdische Tanzgruppe in Hannover vor zwei Wochen. Es ist richtig, dass Innenminister Schünemann und Oberbürgermeister Weil bereits in der vergangenen Woche schnell und entschlossen reagiert haben. So hat der Innenminister unverzüglich das Gespräch mit Vertretern der jüdischen Gemeinden und der liberalen jüdischen Gemeinde gesucht. Meine Damen und Herren, damit eines vollkommen klar ist: Diesen antisemitischen Vorfall verurteilen wir alle gemeinsam auf das Allerschärfste!
besseren Werbung für den Standort Niedersachsen hat das Land alle Akteure der Außenwirtschaftsförderung in der Gesellschaft „Niedersachsen Global“ gebündelt. Unser Land Niedersachsen verfügt mittlerweile über ein Netz von Repräsentanzen in Afrika, in Amerika, in Asien und in Europa. Wir werden unser Engagement in Asien und insbesondere in der Golf-Region Schritt für Schritt weiter ausbauen und für unsere Universitäten und Schulen sowie für unsere niedersächsischen Unternehmen mit Delegationsreisen neue Möglichkeiten schaffen. Auch deshalb werde ich schon in drei Tagen zu einer noch von meinem Amtsvorgänger geplanten Reise nach China aufbrechen. Weitere Reisen des Ministerpräsidenten nach Indien in diesem Jahr und eventuell nach Japan im nächsten Jahr sind geplant.
Meine Damen und Herren! Die sicherheitspolitischen Herausforderungen haben sich in den letzten Jahren und Jahrzehnten gewandelt. Alte Bedrohungsszenarien sind entfallen. Neue sind hinzugekommen.
Dass wir hier heute hier in Frieden und Freiheit tagen können, ist auch das Verdienst unserer Soldaten der Bundeswehr, die in vielen Teilen der Welt einen wichtigen, einen gefährlichen Dienst leisten. Ich danke allen Bundeswehrsoldaten und ebenso den zivilen Aufbauhelfern für ihren Einsatz in Afghanistan und anderen Krisengebieten der Welt. Diese Niedersächsische Landesregierung wird auch künftig ein zuverlässiger und loyaler Partner unserer Bundeswehr und ihrer Soldaten sein. Das gilt zu allererst für den Niedersächsischen Ministerpräsidenten!
Unser Land Niedersachsen ist eine selbstbewusste Region in Europa. Wir bekennen uns zur Europäischen Union, wir bekennen uns zum europäischen Integrationsprozess. Niedersachsen bringt sich aktiv ein in die europapolitische Willensbildung: im Bundesrat, in der Europaministerkonferenz, im Ausschuss der Regionen und über unsere Landesvertretung in Brüssel. Die Landesregierung wird sich weiterhin aktiv an europäischen Debatten und Diskussionen beteiligen.
Von besonderer Bedeutung ist für uns in Niedersachsen die Strukturförderung der EU ab 2014. Mit 2,7 Milliarden Euro, die Niedersachsen in der laufenden Programmperiode 2007 bis 2013 aus den
EU-Strukturfonds erhält, können wir in der kommenden Förderperiode nicht mehr rechnen. Um den Mittelrückgang abzufedern, machen wir uns daher in Brüssel für eine flächendeckende Förderung im Bereich „Regionale Wettbewerbsfähigkeit und Beschäftigung“ stark. Außerdem ist eine Übergangsförderung für das Gebiet des ehemaligen Regierungsbezirks Lüneburg notwendig. Eines ist mir dabei ganz wichtig: Wir wollen als Land weiterhin selbst über die Verwendung der europäischen Fördermittel entscheiden. Wir sind näher dran, wir können es am besten für die Menschen entscheiden.
Niedersachsen hat eine gemeinsame Grenze mit dem Königreich der Niederlande sowie den Bundesländern Nordrhein-Westfalen, Hessen, Thüringen, Sachsen-Anhalt, Brandenburg, MecklenburgVorpommern, Schleswig-Holstein, Hamburg und Bremen.
Wir wollen die guten und vertrauensvollen Beziehungen zu den Niederlanden weiterentwickeln. Bereits heute gibt es viele Projekte für die niedersächsisch-niederländische Partnerschaft. Beispielhaft nenne ich die Euregio Gronau, die EmsDollart-Region, das grenzüberschreitende Gewerbegebiet Coevorden-Emlichheim oder die vielfältige Zusammenarbeit im Hochschulbereich. Auf dieser Grundlage wollen wir unsere Partnerschaft weiter ausbauen. Wir setzen uns insbesondere dafür ein, dass die Förderung der niedersächsischniederländischen Zusammenarbeit durch die Europäische Kommission im Rahmen des Programms INTERREG über das Jahr 2014 hinaus fortgesetzt werden kann.
Meine Damen und Herren, wir haben mit den britischen Streitkräften gute Nachbarn und Freunde innerhalb unseres Landes. Ich habe kürzlich mit Major General Adrian Bradshaw, dem Kommandeur der 1. Britischen Panzerdivision in Herford, darüber gesprochen. Wir sind uns einig: Die britischen Streitkräfte in Deutschland und speziell bei uns in Niedersachsen an den Standorten in Bergen-Hohne, Celle, Fallingbostel und Hameln sind wichtige Partner und Freunde. Wir möchten dazu beitragen, dass sie sich noch möglichst lange bei uns in Niedersachsen heimisch fühlen!
Im Jahr 2014 jährt sich der Aufstieg des hannoverschen Kurfürsten zum König von England zum 300. Mal. Dies ist eine einmalige Gelegenheit, im Rahmen einer für 2014 geplanten Landesausstellung Niedersachsen und Teile seiner Geschichte im deutschen und europäischen Kontext zu präsentieren. Museen und zahlreiche Fachhistoriker arbeiten gemeinsam an diesem Projekt. Die Ausstellung soll im Sommer 2014 als Kooperation zwischen dem Niedersächsischen Landesmuseum Hannover und dem Historischen Museum Hannover im neuen Schloss Herrenhausen mit Außenstellen an anderen Standorten gezeigt werden.
Meine Damen und Herren, unsere gute Zusammenarbeit mit unseren benachbarten Ländern möchten wir fortsetzen. Insbesondere im norddeutschen Verbund mit den anderen Küstenländern Hamburg, Bremen, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern gibt es viele Gemeinsamkeiten. Vor allem die Zukunftsthemen Energie, Life Sciences, Meeres-, Klima- und Mobilitätsforschung möchte ich weiter vorantreiben. Die Konferenz Norddeutschland ist hierfür das richtige und entscheidend erfolgreiche Gremium. Hier werde ich mich mit Überzeugung einbringen; denn gemeinsam sind wir im Norden stark. Gemeinsam und abgestimmt müssen wir die großen Zukunftschancen der Küste nutzen und ausbauen.
Gleiches gilt für die länderübergreifende Zusammenarbeit in der Metropolregion „Hamburg“ und in der Metropolregion „Bremen-Oldenburg im Nordwesten“. Auch hier wird erfolgreiche norddeutsche Zusammenarbeit praktiziert.
Ein deutsches Sprichwort sagt: Liebe deinen Nachbarn, aber reiße den Zaun nicht ein. - Dieses beschreibt gut unsere niedersächsische Haltung im Umgang mit den benachbarten Ländern im Norden.
Meine Damen und Herren, das Grundgesetz hat eine klare Entscheidung für den Bundesstaat getroffen. Die Bundesstaatlichkeit unterliegt der Ewigkeitsgarantie des Artikels 79 Abs. 3 des Grundgesetzes und kann auch mit einer noch so großen politischen Mehrheit nicht verändert werden. Diese Grundsatzentscheidung für den Bundesstaat ist auch eine Antwort auf unsere traurige Historie. Immer dann, wenn Deutschland zentralistisch organisiert war, hat unser Land keinen guten Lauf genommen. Deshalb ist der Bundesstaat an und für sich ein Wert, und deshalb ist die Werteentscheidung des Artikels 79 Abs. 3, dass wir ein fundamentales Staatsprinzip mit dem Föderalis
Meine Damen und Herren, der Föderalismus hat unbestritten auch Nachteile. Er ist mühsam, er ist anstrengend, er verzögert manchmal politische Entscheidungen. Auf der anderen Seite ist der Föderalismus ein schützenswertes Gut. Denn Bundesstaatlichkeit bedeutet Wettbewerb. Bundesstaatlichkeit bedeutet Dezentralisierung der politischen Willensbildung und somit eine Stärkung der Demokratie vor Ort. Dass Deutschland viele Städte und Regionen mit gewachsenen kulturellen Traditionen hat, dass dieses Land sehr vielfältig ist und nicht wie andere zentralistisch auf eine Stadt zugeschnitten ist, das ist ein hohes Gut, von dem wir auch gerade in Niedersachsen sehr profitieren.
Meine Damen und Herren, ich bekenne mich zur engen Zusammenarbeit im norddeutschen Raum. Wer weiß, was die Zukunft uns noch bringen wird. Aber wichtiger erscheint mir eines: Abstrakte Debatten um eine Neugliederung der Länder sind für mich weniger wichtig als konkrete Schritte in der aktuellen Politik. - Wir wollen auch weiterhin unsere Zusammenarbeit auf der kommunalen und Landesebene - insbesondere mit Hamburg, Bremen und Bremerhaven - fortsetzen, indem wir in der täglichen Praxis für die Menschen die Landesgrenze überwinden. Ich bin mir ganz sicher: Konkrete Verbesserungen für die Lebensrealität der Menschen sind sinnvoller als abstrakte und theoretische Debatten ohne praktischen Bezug.
Die deutsche Politik steht vor großen Herausforderungen: Klimawandel, Bekämpfung des internationalen Terrorismus, die Haushaltskonsolidierung, die Schaffung zukunftsfester sozialer Sicherungssysteme, Investitionen in Bildung und Forschung und die Gestaltung des demografischen Wandels.
Die Landesregierung wird im Bundesrat konstruktiv an guten und zukunftsweisenden Lösungen mitarbeiten. Mit der Bundesregierung von Kanzlerin Dr. Angela Merkel verbindet diese Landesregierung eine gemeinsame politische Überzeugung und ein gemeinsames politisches Wertesystem. Deshalb werden wir unsere guten Kontakte zum Bundeskanzleramt und zu den Berliner Ministerien nutzen. Wir setzen dabei auch und ganz beson
ders auf unsere Niedersachsen in der Bundesregierung, auf Dr. Ursula von der Leyen und Dr. Philipp Rösler.
Gleichwohl gilt im Bundesrat: Erst Niedersachsen, dann die Parteien. - Wir werden stets das Wohl unseres Landes zur Grundlage unserer politischen Entscheidungen machen.
Wir nehmen die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse und das Neuverschuldungsverbot, das spätestens ab dem 1. Januar 2020 gilt, sehr ernst. Die neue Landesregierung hält daran fest, die Nettoneuverschuldung auf null herunterzuführen. Deshalb werden wir den Konsolidierungskurs der letzten sieben Jahre unseres erfolgreichen Finanzministers Hartmut Möllring konsequent fortsetzen, weil wir das der Zukunft unseres Landes, unserer Kinder und Enkelkinder schuldig sind.
Meine Damen und Herren, die jüngste Haushaltsklausur des Bundeskabinetts war in dieser Hinsicht konstruktiv und zielorientiert. Die Bundesregierung hat mit ihren Beschlüssen das Ziel bekräftigt, 80 Milliarden Euro bis 2014 einzusparen. Spätestens im Jahr 2013 soll die Bundesrepublik die Defizitgrenze des Europäischen Stabilitäts- und Wachstumspakts wieder einhalten. Das ist notwendig und konsequent.
Deutschlands angekündigter Sparkurs wird zum weltweiten Vorbild. Ab 2011 wollen die mächtigsten Industriestaaten ihre Haushalte sanieren und die Defizite senken. Bis 2013 beabsichtigen die großen Industrieländer ihre Haushaltsdefizite zu halbieren. In sechs Jahren soll es - so haben es die Verantwortlichen in Toronto vereinbart - überhaupt keine neuen Schulden mehr geben. Ich sage Ihnen eines: So sehr man im Detail über die Beschlüsse von Toronto streiten kann - eines haben alle Industrieländer der Welt erkannt: Wer auf Pump wachsen will, stürzt über kurz oder lang ab. Stabiles Wachstum und sichere Arbeitsplätze brauchen vor allen Dingen solide Staatsfinanzen!
Wir in Niedersachsen können uns der finanzpolitischen Realität nicht entziehen. Wir haben einen Handlungsbedarf für den Landeshaushalt 2011 von rund 1,3 Milliarden Euro; das wissen Sie. Das ist für einen Landeshaushalt mit einem Umfang von rund 25 Milliarden Euro eine gewaltige, unvorstellbare Herausforderung.
Die Landesregierung wird sich am 1. und 2. August in Hannover zu einer Klausurtagung treffen, den Haushalt 2011 intensiv beraten und dem Landtag rechtzeitig einen umsichtig abgestimmten Entwurf vorlegen. Die Landesregierung wird dabei klare Prioritäten setzen müssen und verdeutlichen, warum bestimmte Bereiche nicht mehr im gleichen Umfang wie bisher Finanzmittel des Landes erhalten können. Meine Damen und Herren, alle Aufgaben und damit alle Ausgaben des Landes müssen nochmals auf den Prüfstand.
Die große Belastung des Landeshaushalts sind die öffentlichen Personalkosten. Wir wissen, dass wir die Haushaltsprobleme ohne weiteren Personalabbau im Landesdienst nicht werden lösen können. Wir werden daher auch, Herr Präsident Höptner, die letzte Denkschrift des Landesrechnungshofes sorgfältig auswerten. Die Forderung nach Streichung von sage und schreibe 26 000 Stellen werden wir uns dabei aber nicht zueigen machen. Aber es müssen alle Möglichkeiten ausgelotet werden, um künftige Personalkosten so gering wie möglich zu halten.
Ich richte mich ausdrücklich an alle Abgeordneten des Parlaments. Sie wissen, die Klausurtagung war ursprünglich für den Juni vorgesehen. Wegen der aktuellen Ereignisse haben wir entschieden, diese Klausurtagung am 1. und 2. August durchzuführen. Ich versichere Ihnen aber, es bleibt ausreichend Zeit, dass es beim vereinbarten Terminplan bleibt: erste Lesung des Haushalts im SeptemberPlenum, zweite Lesung im Dezember-Plenum. Wir werden ausreichend Zeit haben, alle Details des Landeshaushalts hier im Hause und darüber hinaus zu erörtern.