Protocol of the Session on July 1, 2010

- Ich habe „Umweltterroristen“ gesagt, Herr Nacke. Damit meine ich z. B. Unternehmen wie British Petroleum, die überhaupt keine Hemmungen haben, den Golf in dieser Art und Weise zu versauen, und vorher keine Vorsorge getroffen haben. Das ist für mich ein Beispiel für Umweltterrorismus.

(Lebhafter Beifall bei den GRÜNEN - Jens Nacke [CDU]: Mäßigen Sie sich in Ihrer Wortwahl!)

Meine Damen und Herren, die Alternative zum sanften Weg, die Alternative zur Balance von Ökologie und Ökonomie ist gesellschaftliche Spaltung. Die Chance des sanften Weges ist auch eine wirtschaftspolitische und eine arbeitsmarktpolitische Chance. Sie, Herr McAllister, geben hier vor, einen Mittelweg zu gehen. Das ist aber meines Erachtens höchst unglaubwürdig, wenn Sie weiterhin mit einem Minister wie Herrn Sander antreten. Deshalb wird diese Politik Arbeitsplätze kosten, die entstehen könnten. Sie wird auch Arbeitsplätze kosten, die heute schon bestehen, wie das elende Gezerre um das Marktanreizprogramm und die überzogene Kürzung bei der Solarförderung zeigt.

Meine Damen und Herren, seit der Steuerschätzung im November 2009 kennen wir die Größenordnung des Handlungsbedarfs im Haushalt 2011. Erst kurz zuvor musste der Finanzminister einräumen, dass die Finanzkrise auch den niedersächsischen Landeshaushalt nicht ungeschoren lässt. Seit November 2009 ist ein dreiviertel Jahr vergangen. Heute kann uns die Regierung noch immer nicht sagen, wie sie die klaffende Lücke zwischen Einnahmen und Ausgaben schließen will.

(Ursula Körtner [CDU]: Doch!)

Wir haben Ihnen eine ganze Reihe von Vorschlägen auf den Tisch gelegt. Einige sagen, da sind harte Vorschläge dabei. Da haben sie recht. Das ist richtig. Sie werden sagen, Herr McAllister, die Vorschläge reichen nicht aus. Da haben Sie auch recht.

Auch uns ist die Neuverschuldung noch zu hoch. Wir arbeiten weiter. Aber wir wollen mit Ihnen in die Diskussion kommen. Wir wollen klären, was gemeinsam machbar ist. Wir wissen, dass einige Vorschläge Zeit für die Umsetzung benötigen. Deshalb ist es so wichtig, dass jetzt eine Verständigung über die richtigen Schritte erfolgt. Können Sie sich eine Einnahmeverbesserung vorstellen? Welche Aufgaben halten Sie beim Land für verzichtbar? Wie kann der Bildungsbereich gestärkt werden? Welche Initiativen im Bundesrat tragen Sie mit? Wie können wir Personalkosten sparen und gleichzeitig Beamte und Angestellte, die wir brauchen - und wir brauchen insbesondere dort auch sehr qualifizierte Personen -, halten?

Bei Ihnen bleibt all das heute im Ungefähren. Es gibt keine klaren und deutlichen Aussagen zu der Frage, wie die Haushaltssanierung dieses Landes aussehen soll. Meine Damen und Herren, im Moment ist zu fürchten, dass Sie das Konkursmodell Merkel/Westerwelle auf das Land übertragen wol

len: spät und ohne ernsthafte Debatte hier im Haus, Luftbuchungen und kurzatmige Sparmaßnahmen wie Frühpensionierungen, die von Herrn Schünemann vorbereitet werden. Zu befürchten ist auch die gleiche soziale Schieflage wie im Bund, weil Ihr Partner, Herr McAllister, sich mit seinem Steuer-Mantra verrannt hat.

Meine Damen und Herren, ich will ein paar Beispiele nennen: Wir wollen die Flurbereinigung im Land beenden und die dafür zuständigen Abteilungen auflösen.

(Reinhold Hilbers [CDU]: Schwerer Fehler!)

- Gerne, gehört! - Wir wollen Alternativvorschläge. Wir wollen auch in der Landwirtschaft eine nachhaltige Entwicklung einleiten. Sie gehen in eine Sackgasse, wenn Sie die Bauern immer stärker zu Lohnmästern großer Konzerne machen.

Wir wollen eine Landeskrankenkasse für Beamte schaffen, die auch Geringverdiener unter den Beamten von hohen Beihilfelasten befreit. Überzogene Abrechnungen bei Arztkosten wollen wir begrenzen.

Wir wollen dem Bund einen Tausch anbieten: Bundessteuerverwaltung gegen Verkehrswegeplanung. Der Bund soll die Steuerverwaltung übernehmen, um die Möglichkeiten der Steuerhinterziehung im Umsatzsteuerbereich einschränken zu können. Auch die versteckte Steuernichterhebung, die zu einem merkwürdigen Wettbewerb zwischen den Bundesländern geführt hat, wollen wir endlich unterbinden.

(Beifall bei den GRÜNEN und Zu- stimmung bei der SPD)

Dafür wollen wir im Gegenzug Doppelarbeit bei der Straßenbauverwaltung abbauen. Der Bund soll den Ländern die Mittel für Unterhalt und Neubau von Verkehrswegen übertragen. Die Bundesverkehrsverwaltungsbehörden können dann aufgelöst werden. Die Länder könnten künftig in eigener Verantwortung über den Etat über Straßenbaugelder entscheiden und könnten sie auch für die Schiene oder für den ÖPNV einsetzen.

Meine Damen und Herren, darin bestünde auch eine realistische Chance, die Schieneninfrastruktur im Hinterland der Häfen rechtzeitig auszubauen und zu ertüchtigen. Sie müssten allerdings Ihre Autobahnträume, die Sie hier heute wieder vorgetragen haben, wohl beerdigen.

Meine Damen und Herren, Herr McAllister, bei der Elbvertiefung sind wir gespannt, ob Sie Wort halten. Sie haben mit der Fackel auf dem Deich gestanden, aber jetzt scheint das Feuer erloschen. Sie sind seltsam still geworden bei diesem Thema. Dabei gibt es nach wie vor zwingende Gründe für die Ablehnung einer weiteren Elbvertiefung.

(Beifall bei den GRÜNEN und Zu- stimmung von Olaf Lies [SPD])

Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen auch von den Mehrheitsfraktionen, wenn Ihnen unsere Vorschläge nicht gefallen, dann machen Sie bessere, aber machen Sie welche! Und machen Sie welche, die über den Tag hinausreichen. Jetzt müssen strukturpolitische Weichen gestellt werden, die nicht nur für tausend Tage konzipiert sind. Wenn Sie Fundamente für ein Haus setzen wollen, dann dürfen Sie auch nicht davon ausgehen, dass es nach zweieinhalb Jahren wieder abgerissen wird. Deshalb kann ich Ihnen nur raten, bei längerfristigen Vorhaben das Gespräch mit der Opposition zu suchen und auch die Vorschläge der Opposition aufzugreifen. In zentralen Fragen ist Konsens eine Conditio sine qua non.

(Karl-Heinrich Langspecht [CDU]: Jetzt wird es juristisch!)

Wer das nicht begreift, wird am Ende nichts Bleibendes gestalten. Aber wer es begreift und wem es gelänge, der könnte auch dafür sorgen, dass unsere Demokratie wieder an Vertrauen gewinnt und dass handelnde Personen wieder mehr an Glaubwürdigkeit gewinnen.

Der Funke, der von der Kandidatur von Herrn Gauck ausging, hat eine wachsende Kluft zwischen Regierungen und Regierten offenbart. Er hat aber auch gezeigt, wie stark unsere Demokratie gestalten kann, wenn sie die Bürgerinnen und Bürger zur Teilhabe ermächtigt. Das gilt es in mehr Teilhabe auf allen Ebenen umzusetzen.

Eins sage ich Ihnen ganz deutlich: Die Zeit für parteitaktische Spielchen zugunsten der FDP ist vorbei.

(Jens Nacke [CDU]: Rheinland-Pfalz, sage ich dazu nur!)

Bei der letzten Umfrage kam das Häuflein von Herrn Dürr noch auf 4 %.

(Christian Dürr [FDP]: Wir gewinnen lieber die Wahlen als die Umfragen!)

Sie regieren mit einer Splitterpartei, Herr McAllister.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD - Zurufe von der CDU)

Wenn Sie, wenn die CDU ihrem Anspruch als Volkspartei gerecht werden will, dann müssen alle Vorschläge zum Haushalt glaubwürdig und gerecht durchfinanziert werden. Herr McAllister, wir müssen Ihre Regierungserklärung an dem Notwendigen messen. Deshalb haben wir sie für zu leicht befunden. Wenn Sie nicht weiter springen, dann wird Ihre Regierung tatsächlich 2013 abgewählt.

(Beifall bei den GRÜNEN und Zu- stimmung bei der SPD)

Lassen Sie sich zum Schluss noch ein Zitat von einem Veteranen der Parlamentsarbeit in Niedersachsen mit auf den Weg geben.

(Oh! bei der CDU - Karl-Heinrich Langspecht [CDU]: Dinosaurier!)

Das Zitat ist von Herrn Christian Wulff,

(Heiterkeit bei den GRÜNEN)

und es lautet wie folgt:

„Es ist sicherlich ein Ritual, dass man sagt, die Regierungserklärung war zu schwach. Aber diese Feststellung, dass es eine schwache Regierungserklärung war, war angesichts der Dynamik der Probleme im Lande, die gelöst werden müssen, niemals zuvor so richtig wie gestern.“

Und heute - füge ich hinzu.

(Karl-Heinrich Langspecht [CDU]: Und morgen!)

Zitat Christian Wulff, Oktober 1998.

Ich danke Ihnen.

(Starker Beifall bei den GRÜNEN und Beifall bei der SPD)

Danke schön. - Für die FDP-Fraktion: Herr Kollege Dürr, bitte!

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Wir haben gestern im Deutschen Bundestag Christian Wulff, einen Niedersachsen, zum zehnten Bundespräsidenten

der Bundesrepublik Deutschland gewählt. Dieses Land kann stolz darauf sein, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Wir haben heute den Abgeordneten David McAllister zum zehnten Ministerpräsidenten des Landes Niedersachsen gewählt. Lieber David, ich will das ganz persönlich sagen.

(Zuruf von der SPD: Hey, hey!)

Wir haben mit dir in der Regierung - ich seit - - -

Wie war das mit dem Duzen, Herr Kollege Dürr? - Wir hatten das in der letzten Sitzung besprochen.

Entschuldigung, Frau Präsidentin. - Sehr geehrter Herr Ministerpräsident!