Zur Einbringung hat sich Herr Kollege Hillmer von der CDU-Fraktion zu Wort gemeldet. Herr Hillmer, Sie haben das Wort.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Wattenmeer der Nordsee ist eines der wichtigsten Feuchtgebiete dieser Erde. Kein anderes Gebiet kann eine größere zusammenhängende Fläche von Schlick und Sandwatt aufweisen. Das Wattenmeer bietet einmalige Lebensräume für eine außergewöhnliche biologische Vielfalt und ist in seiner ökologischen Bedeutung unumstritten.
Meine Damen und Herren, wir sind davon überzeugt, dass der Schutz der Umwelt und der natürlichen Lebensgrundlagen am nachhaltigsten gelingen kann, wenn sich die Naturschutzziele mit den Interessen der dort lebenden Menschen verbinden lassen. Gerade im Tourismus gelingt diese Zielverbindung an vielen Orten sehr gut, wie wir z. B. im Naturpark Harz beobachten können. Wer Gäste einlädt und mit seiner reichhaltigen Natur wirbt, der hat auch ein starkes Interesse daran, diese natürlichen Grundlagen seines gastgeberischen Erfolges zu erhalten.
Meine Damen und Herren, man kann dazu eine andere Meinung haben. Wir jedenfalls wollen die Menschen beim Naturschutz mitnehmen. Wir möchten die Natur schützen und sie gleichzeitig erlebbar machen. Das heißt auf keinen Fall, dass beim Schutz des Wattenmeeres Konzessionen zugunsten des Tourismus gemacht werden sollen. Im Gegenteil: Der Naturschutzgedanke kann insgesamt gewinnen, wenn es gelingt, ihn in das Erlebnis Urlaub einzubinden. Millionen Menschen besuchen jährlich unsere Nordseeküste und die Inseln. Sie haben den Reiz dieser Landschaft schon ohne UNESCO erkannt. Für sie ist der Seeurlaub wahrscheinlich ein ganz eigenständiges Erlebnis.
Uns geht es in dem vorliegenden Antrag darum, neue, zusätzliche Gästepotenziale anzusprechen, die vielleicht auch außerhalb der klassischen Badesaison mit einer ganz anderen Motivation unsere Küste besuchen. Das Prädikat Welterbe ist ein international bekannter Markenname und verleiht dem Wattenmeer eine herausragende Position im naturnahen Tourismus. Die Naturphänomene dieser Welt, wie der Grand Canyon in den Vereinigten Staaten oder das Great Barrier Reef in Australien, locken Jahr für Jahr Millionen Besucher an. In dieser Weltliga spielt spätestens jetzt auch das
Nordseewattenmeer. Dieser Vergleich mag zunächst vermessen klingen. Aber vielleicht hilft der Fremdblick bei der Schärfung des Eigenblicks für das einzigartige Naturschauspiel, das sich zweimal täglich hinter unseren Deichen abspielt. Vielleicht ist z. B. für einen US-Bürger aus Arizona der Grand Canyon auch nur ein großes Loch, um das er immer einen großen Umweg machen muss. Vielleicht würde ihn ein Meer, das zweimal am Tag verschwindet, faszinieren, wenn er es denn kennen würde.
Was müssen wir also tun, um diese Gäste anzusprechen? - Zunächst einmal ist die Vermarktung zu intensivieren, nicht nur in Niedersachsen oder Deutschland, sondern weltweit. Das ist eine klassische Aufgabe der Deutschen Zentrale für Tourismus. Idealerweise muss diese Vermarktung gemeinsam mit den Nachbarländern Niederlande und Dänemark geschehen. Natürlich brauchen wir auch eine Koordinierung der touristischen Vermarktung des Wattenmeeres mit SchleswigHolstein und Hamburg.
Auf niedersächsischer Ebene ist die Koordination der Aktivitäten und Planungen der regionalen Tourismusorganisationen wie Nordsee GmbH und Ostfriesland Tourismus GmbH vonnöten. Ich habe keine Sorge, dass dies geschehen wird, insbesondere unter Koordination der TourismusMarketing Niedersachsen. Diese Koordination ist nötig, weil wir die Gäste führen müssen. Wir können sie nicht in dieses große Gebiet einladen und sie dann sich selbst überlassen. Wir brauchen gezielte Informationsmöglichkeiten und an wenigen geeigneten Stellen Zugänge zum Wattenmeer, an denen diese Faszination - natürlich im Einklang mit den Schutzzielen - erlebbar wird.
Darüber würden wir gerne mit Ihnen im Ausschuss diskutieren. Ich beantrage für die Ausschussberatung die Federführung des Wirtschaftsausschusses und die Mitberatung des Umweltausschusses.
Herzlichen Dank, Herr Kollege Hillmer. - Nun hat sich Frau Somfleth für die SPD-Fraktion zu Wort gemeldet. Bitte schön, Sie haben das Wort.
Es verdient, als Weltnaturerbe in die UNESCOListe aufgenommen zu werden.“ Das stand schon Anfang dieses Jahrtausends auf einem wunderschönen Poster vom niedersächsischen Wattenmeer, mit dem der damalige Umweltminister Wolfgang Jüttner in der Region für dieses Verfahren „Aufnahme in das Weltnaturerbe“ Werbung gemacht hatte. Das war nicht ganz einfach, und es hat ja auch einige Jahre gedauert, bis wir letztendlich im vorigen Jahr im Juni die Anerkennung durch die UNESCO in Cuxhaven feiern konnten. So schön, so gut.
Danach folgte aber ein Jahr Sendepause. Ich kann nicht verstehen, dass jetzt, knapp ein Jahr nach Anerkennung als Weltnaturerbe, dieser Antrag kommt. Die Forderung des Kollegen Hillmer, der Antrag solle federführend im Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr behandelt werden, war ja auch etwas bezeichnend. Auch mein erster Eindruck war: Dieser Antrag ist stark tourismuslastig.
Wie der Ältestenrat schon entschieden hatte, sollte sich federführend jedoch der Umweltausschuss mit diesem Antrag beschäftigen. Ich denke, das ist auch nötig.
Ich will in keiner Weise die Verdienste von Hubertus Hebbelmann schmälern, der im Umweltministerium schon seit vielen Jahren auf diesem Feld arbeitet und mit unermüdlichem Einsatz immer wieder darauf hingewiesen hat, wie viel wir noch tun müssen, um diesem Prädikat „Weltnaturerbe“ gerecht zu werden und es nicht vielleicht nach sechs Jahren, wie es in Dresden leider passiert ist, wieder aberkannt zu bekommen. Deswegen ist es wichtig, dass wir uns im Umweltausschuss dieses Antrages annehmen.
Es ist richtig - dieses Ziel teile ich ohne Wenn und Aber -, dass eine naturverträgliche und länderübergreifend einheitliche touristische Entwicklung des gesamten Wattenmeeres nötig ist. Das war aber auch schon eine Vorgabe bei der Anerkennung. Deswegen frage ich mich: Hat die Landesregierung, haben die zuständigen Ministerien im vergangenen Jahr geschlafen? Mussten sie jetzt erst durch die Regierungsfraktionen aufgefordert werden, in die Strümpfe zu kommen? Dann hätten wir Zeit verschenkt; denn die Kommunen oben an der Nordsee sind schon viel weiter. Vor Kurzem hat z. B. der Verband „Die Nordsee“ Ein
zelheiten einer Weltnaturerbekampagne vorgestellt. Ich denke, die Landesregierung und das zuständige Ministerium hätten in dieser Zeit auch schon handeln können. Sie hätten nicht erst auf Ihre Aufforderung warten müssen, um aktiv zu werden.
Es ist nicht nur im Bereich Tourismus, sondern auch im Bereich Umweltschutz noch eine ganze Menge zu tun. Deswegen fordere ich für unsere Fraktion, dass dieser Antrag federführend im Umweltausschuss diskutiert wird, wie im Ältestenrat besprochen. Wie wir in Hamburg und Umgebung sagen: Wir werden durch die Beratung im Umweltausschuss noch eine Menge Butter bei die Fische tun müssen, um das, was wir mit diesem Antrag für das „Weltnaturerbe Niedersächsisches Wattenmeer“ erreichen wollen, auch zu schaffen.
Herzlichen Dank, Frau Kollegin Somfleth. Das bedeutet ja, dass wir am Ende der Tagesordnung diesbezüglich noch eine strittige Abstimmung haben werden.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wat(t) für ein Bluffantrag! Aber statt strahlender Außenwirkung bescheinigen Sie Ihrem Umweltminister damit Inkompetenz und Untätigkeit.
Alle übervorsichtigen Bitten an die Landesregierung, sich einzusetzen, müssten Alltagsgeschäft des Ministers sein. Er sollte fortlaufend Schutzgebiete entwickeln, sich mit den Nachbarn abstimmen und die Fortbildung an der Motorsäge mal hintanstellen.
Dafür müssen Sie, meine Damen und Herren von CDU und FDP, Herrn Sander erst aus seinem dösenden Halbschlaf wecken. Oberpeinlich!
Der Schimmelreiter der Regierung, Deichoberst Sander, legt seine ganze Schaffenskraft auf höhere Deiche. Wat(t) davor liegt, lässt er unterbelichtet. Eher Ebbe herrscht deshalb bei Ausstattung und Arbeitsbedingungen der Naturschutzpraktiker, die die Alltagsarbeit machen, damit sich Minister in Sonntagsreden Federn an den Hut stecken. Dementsprechend fehlt in Ihrer Auflistung versäumter Hausaufgaben der allerwichtigste Satz: Die Landesregierung wird die notwendigen Mittel bereitstellen.
In den Zielen des Nationalparks steht alles, was Sie jetzt erbitten. Das sind aber Handlungsaufträge. Kaum zu glauben, dass Sie nach 25 Jahren Bestehen die neue Zielgruppe von Naturtouristen entdecken! Chapeau! Nur an einer Stelle bringt Ihr Wattantrag Wahrheit, allerdings eine bittere, indem Sie nämlich zugeben, dass es einen fortlaufenden Verlust an biologischer Vielfalt gibt. Auch die Forderung nach einer Reduzierung diffuser Einträge ist richtig, passt aber so gar nicht zu Ihren massiven Salzkavernen-Ausspülungen und zur Genehmigung von Emsschlickaufbringungen auf geschütztes Deichvorland.
Meine Damen und Herren von den eher passiv regierenden Fraktionen, ziehen Sie diese Luftnummer am besten heute noch zurück, statten Sie die Nationalparkhäuser angemessen mit Mitteln aus, anstatt zu kürzen, und erklären Sie Ihrem Minister - das muss ja nicht öffentlich passieren - sein Alltagsgeschäft.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Tatsache, dass das Wattenmeer, unser Wattenmeer-Nationalpark, zum Weltnaturerbe erklärt wurde, ist aus grüner Sicht ein großartiger Erfolg für den Naturschutz. Glückwunsch!
Niedersachsen hat mit dieser Auszeichnung der internationalen Staatengemeinschaft auch eine Verpflichtung übernommen, die uns vor große Herausforderungen stellt. Naturschutz und Meerespolitik müssen in Niedersachsen neu aufgestellt werden. Diese Herausforderung nehmen wir an.
Ich setze mich mit Ihrem Antrag ernsthaft auseinander; denn Sie fordern manche Punkte auch zu Recht. Es ist eben schon angesprochen worden, dass man z. B. einen nachhaltigen naturverträglichen Tourismus entwickeln muss. Da passt vieles, was die Landesregierung bisher betreibt, nicht zusammen. Ich denke an den Ausbau von Salzkavernen, an Ihren Umgang mit dem Wattenmeer und an Salzeinleitungen und diffuse Einträge etwa aus der Landwirtschaft.
(Ulf Thiele [CDU]: Wer will denn über Jahrzehnte über eine Pipeline Salz einleiten? Das tun Sie, Herr Meyer!)
Wir sagen ganz klar: Das Weltnaturerbe darf kein Industrie- und Freizeitpark werden. Wir wollen hier keinen schädlichen Massentourismus. Auch die UNESCO fordert ein nachhaltiges Tourismuskonzept, und da müssen CDU/FDP handeln. Das heißt, wir brauchen mehr Ranger, mehr Besucherinformation und Besucherlenkung. Wir müssen uns auch fragen, ob weitere Golfplätze, wie sie der Umweltminister z. B. auf den Inseln vorgeschlagen hat, mit diesen Zielen vereinbar sind oder ob das Kitesurfen in sensiblen Gebieten wirklich damit vereinbar ist. Deshalb muss man unseres Erachtens durchaus über ein abgestimmtes Tourismus- und Naturschutzkonzept nachdenken.
Ihre Wortwahl im Antrag, die Ankündigung einer Novelle des Nationalparkgesetzes Wattenmeer, bedeutet ja eine Überprüfung und Anpassung an den Status des Weltnaturerbes. Da finden Sie unsere Unterstützung. Das Weltnaturerbe muss dabei eine Berücksichtigung finden.
Noch spannender finde ich aber den Punkt 7 - er wurde vom Kollegen Herzog eben angesprochen -, in dem Sie sagen, die Landesregierung solle sich für eine Reduzierung diffuser Einträge einsetzen und dem Verlust der biologischen Vielfalt entgegenwirken. Ich kann mich daran erinnern, dass ein Verlust biologischer Vielfalt sonst immer abgestritten wurde. Herr Sander hat immer gesagt, hier in Niedersachsen ist alles in Butter. Jetzt wird endlich zugegeben, dass wir da einen schweren Verlust biologischer Vielfalt haben, und da müssen Sie