Dabei hat mir „strebsam“ ganz besonders gut gefallen. Natürlich trifft dies auf einen großen Teil zu. Auch junge Menschen, die Alkohol konsumieren, können nette Leute sein. Es ist ja auch nicht so, dass jeder Erwachsene, der Alkohol trinkt, ein unanständiger oder fauler Mensch wäre.
Entscheidend sind nach der Analyse der Istsituation die Schlussfolgerungen, also welche Ursachen dieses Trinken hat und welche Schlüsse wir daraus ziehen. Die Ursachen sind sicherlich vielfältig: Probleme mit dem Elternhaus, Schwierigkeiten in der Schule verbunden mit einem gestiegenen Leistungsdruck - den Sie mit Ihrer Schulpolitik noch massiv verstärkt haben -, das leichtere Herankommen auch an hochprozentigen Alkohol, das Gefühl, beim Mittrinken sozusagen dabei zu sein bzw. dazuzugehören und auch die öffentliche Werbung für Alkoholika, um nur einige Faktoren zu nennen.
Unsere Schlussfolgerung ist, dass alle staatlichen Ebenen, aber auch die Gesellschaft an sich, gefordert sind. Dabei spielt die Prävention eine ganz entscheidende Rolle. In unserem Antrag sind daher nicht nur, aber vor allem Forderungen enthalten, die den Zugang zu Alkohol erschweren sollen. Ganz entscheidend ist die Vernetzung aller Akteure, die sich auf diesem Feld bewegen. Elternarbeit spielt dabei eine überragende Rolle; denn das Erleben daheim darf nicht diametral von dem abweichen, was in Schule oder Vereinen gepredigt wird. Eltern müssen einbezogen werden; denn schließlich haben sie einen Erziehungsauftrag.
Allerdings sind sie in fortgeschrittenem Stadium allein kaum in der Lage, diese Problematik zu bewältigen. Unterstützung gerade in der Schule ist vonnöten. Der Ausbau der Schulsozialarbeit und die flächendeckende Versorgung mit Schulpsychologen wären hier eine absolut sinnvolle und zielführende Hilfe.
Die Unterstützung der Kommunen bei der Vernetzung, bei der Durchführung von Testkäufen und bei der Untersagung von sogenannten Flatratepartys ist aus unserer Sicht eine Landesaufgabe. Es gibt diesbezüglich Angebote gerade der Landesstelle Jugendschutz, die eine sehr gute Arbeit leistet, was einmal hervorgehoben werden muss. Die sich weiterentwickelnden alarmierenden Zahlen erfordern aber noch größere Anstrengungen. Wir halten eine Mindestbußgeldgrenze für geboten. Diese muss empfindlich sein. 1 500 Euro sind für den Betroffenen sicherlich empfindlich und daher unser Vorschlag.
Die Zahlen bei den Testkäufen, Herr Minister, haben sich von 55 % auf 41 % verbessert, liegen aber - darin sind wir uns sicherlich einig - immer noch viel zu hoch.
Ansetzen müssen wir bei der Beschränkung der Hörfunk- und Fernsehwerbung. Sowohl der Deutsche Drogen- und Suchtrat als auch diverse Kassen - letztens erst die DAK - sehen hier einen entscheidenden Hebel. Nach einer Studie der DAK tranken Jugendliche, die häufig Werbespots für alkoholische Getränke sahen, doppelt so oft exzessiv Alkohol wie Gleichaltrige, die weniger mit Alkoholwerbung in Berührung kamen.
Nationale und internationale Wissenschaftler - so im Drogen- und Suchtbericht der Bundesregierung vom Mai 2009 niedergeschrieben - kritisieren die deutsche Variante der Selbstkontrolle bei der Alkoholwerbung. Sie geschieht über den deutschen Werberat - also ohne staatliche Aufsicht - und ist eindeutig unzureichend.
Beim HaLT-Projekt, zu dem schon einiges gesagt worden ist, stehen wir aufgrund der Rahmenvereinbarungen mit den Kassen besser als andere Bundesländer da, befinden uns bezüglich der geforderten flächendeckenden Ausweitung aber noch am Anfang. Hier geht deutlich mehr.
Dieses Thema dient eigentlich nicht zur parteipolitischen Profilierung. Sinnvoll wäre sicherlich ein
gemeinsamer Antrag aller Fraktionen gewesen. Dies aber ließ sich leider nicht realisieren, obwohl ich mit Herrn Focke in guten Gesprächen war. Der Grund dafür, dass wir keinen gemeinsamen Antrag formulieren konnten, liegt in erster Linie an einigen Punkten, bei denen wir nicht übereingekommen sind. Ihre Ansicht, die Werbung durch den lapidaren Verweis auf einen Satz im Rundfunkstaatsvertrag einzuschränken, halten wir für absolut unzureichend.
Hier und bei den meisten anderen Punkten sind Ihre Formulierungen eher weichgespült und wenig konkret. „Darauf hinwirken“, „vorantreiben“, „weiterentwickeln“, „überprüfen“, „fortsetzen“ - das sind Ihre Begrifflichkeiten.
Für die konkreten Forderungen einer Bundesratsinitiative nach einer bestimmten Mindestbußgeldgrenze, nach einer Ausweisung von Stellen für Schulpsychologen oder nach konkreten Werbeeinschränkungen waren Sie leider nicht zu gewinnen. Daher werden wir der Beschlussempfehlung des Ausschusses nicht zustimmen.
Am besten hat uns bei Ihnen noch die Einleitung gefallen, Herr Focke. Diese haben Sie schließlich zu einem großen Teil aus unserem Antrag übernommen und dann mit etwas Lobhudelei für die Regierung gespickt. Das mag aus Ihrer Sicht nachvollziehbar sein, hat uns aber eher weniger gefallen. Es ist aus unserer Sicht auch unzutreffend.
Der Antrag der Grünen wurde uns erst gestern vorgelegt - leider; wir hätten ihn gerne noch im Ausschuss diskutiert. Darin sind aber Punkte enthalten, die wir so nicht mittragen können. Deshalb werden wir uns Ihrem Antrag auch nicht anschließen.
Daher bitten wir um Zustimmung. Um in der momentan so beliebten Fußball-Analogie zu bleiben, die vor der WM ja immer wieder verwendet wird: Wir setzen voll auf Angriff, während die Fraktionen von CDU und FDP eher einen gepflegten Rückpass auf ihre Torfrau spielen. Die CDU hat den
Zu dem Beitrag von Herrn Klein hat sich Herr Riese zu einer Kurzintervention gemeldet. Bitte sehr, Sie haben 1:30 Minuten.
Herzlichen Dank, Herr Präsident. - Meine Damen und Herren! Es geht einfach um Sachaufklärung. Herr Klein hat hier gerade die Mindestbußgeldgrenze von 1 500 Euro verteidigt, die ja auch im Antrag der Grünen enthalten ist. Wie ist die Rechtslage? - Die Rechtslage ist, dass es beim Land Empfehlungen über die Anwendbarkeit der Bußgelder gibt. Die Empfehlung sieht einen Richtwert von 1 500 Euro vor. Es gibt aber den sogenannten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit im Verwaltungshandeln. Nehmen wir einmal den Fall, dass ein 40 Jahre lang unbescholtener Kioskbesitzer einmal dabei erwischt wird, wie er jemandem, der 17 Jahre und 360 Tage alt ist, ein kleines Fläschchen Schnaps verkauft. Dann soll er gleich 1 500 Euro bezahlen? Das wäre nicht verhältnismäßig. Da reichen einmal das Drohen mit dem Zeigefinger und eine Buße von 100 Euro - oder was auch immer. Dann weiß er das auch.
Herr Präsident! Herr Riese, erst einmal zur Klarstellung: Dieser Richtwert ist keine verbindliche Untergrenze. Die wollen wir aber mit unserem Antrag erreichen, nämlich auf 1 500 Euro gehen, damit die Besitzer oder diejenigen, die dort arbeiten, bewusst darauf achten, dass kein Alkohol an Jugendliche ausgegeben wird, was einfach nicht gesetzeskonform ist. Das ist unser Ansatz.
- Nein. Herr Minister Schünemann hat ja auch schon einmal eine Zahl in den Raum geworfen, die er für sinnvoll erachtet. Diese Zahl lag nicht wesentlich darunter. Daher liegen wir zumindest auf einer Wellenlänge - im Gegensatz zu Ihnen.
(Beifall bei der SPD - Klaus-Peter Bachmann [SPD]: Sehr richtig! Auch im Interesse unserer Polizeibeamten!)
Nun hat Frau Ministerin Özkan das Wort. Bitte sehr! - Meine Damen und Herren, Sie bitte ich um ein wenig Aufmerksamkeit.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben gerade einige Zahlen gehört. Ich möchte gerne noch ein paar hinzufügen, damit wir uns auch tatsächlich über die Ernsthaftigkeit der Lage bewusst sind. Jeder Deutsche konsumiert im Schnitt 10 Liter reinen Alkohol im Jahr. Bei etwa 1,3 Millionen Menschen in Deutschland, die alkoholabhängig sind, ist das schon eine Dimension, mit der wir in Europa Spitzenreiter sind. Das ist leider so. Niedersachsen macht da auch keine Ausnahme. Wir haben ungefähr 150 000 therapiebedürftige Alkoholabhängige.
Was uns zunehmend Sorge bereitet - das ist das, worüber wir heute sprechen -, sind die Alkoholexzesse oder Trinkexzesse der Jugendlichen. Wir gehen in dieser Diskussion nicht von Jugendlichen aus, die mal trinken oder auch nicht, sondern von Jugendlichen - deswegen ist es auch sehr ernst -, die wirklich exzessiv trinken und dann auf die Notfallstationen kommen.
In Niedersachsen haben wir in den vergangenen Jahren gemeinsam mit den Kommunen, Rentenversicherungsträgern, Krankenkassen, Verbänden und der Freien Wohlfahrtspflege sowie vielen Selbsthilfeorganisationen ein flächendeckendes Netz von Suchthilfeeinrichtungen aufgebaut. Das ist eine Präventionsarbeit, die sich schon sehen lassen kann, weil wir auf unterschiedlichen Suchtpräventionen aufsetzen.
Zum einen ist das die Präventionsarbeit in der Schule. In diesem Zusammenhang muss ich ergänzen: Es gibt die Zusammenarbeit mit den Organisationen, mit der Landesstelle für Suchtfragen und mit der Landesstelle Jugendschutz, um schon in der Schule frühzeitig aufzuklären und sie mit einzubinden.
Wir haben das hier schon genannte Frühinterventionsprogramm HaLT - „Hart am Limit“ -, das es mittlerweile in zwölf niedersächsischen Regionen gibt. Wir haben die Anstoßfinanzierung geleistet und können feststellen, dass wir damit eine ambulante Suchthilfeversorgung haben, die sich jetzt flächendeckend ausgebreitet hat.
Niedersachsen ist das erste Bundesland - das ist eben auch angesprochen worden -, das es geschafft hat, bei den gesetzlichen Krankenversicherungen die Kostenübernahme durchzubekommen.
Entscheidend ist, dass die Jugendlichen, die zum ersten Mal auffällig werden, nämlich mit einem Exzesstrinkverhalten in die Klinik kommen, auch direkt angesprochen werden, dass wir zielgerichtet die Jugendlichen ansprechen, um die es geht, und dass die Suchtprävention dort richtig ansetzt. Wir haben hier in Niedersachsen jährlich über 7 Millionen Euro für die Suchtprävention und Suchthilfe ausgegeben und stellen fest, dass wir in der Tat auch noch mehr machen müssen. Wir müssen aber auch ganz gezielt gucken, wie wir die Zielgruppe erreichen können.
Trotz aller Präventionsmaßnahmen in den vergangenen Jahren stellen wir aber fest, dass es noch Handlungsbedarf gibt. Wir stellen auch fest, dass es nicht an einem Gesetzgebungsdefizit liegt. Wir stellen fest, dass die vorhandenen Jugendschutzbestimmungen nicht eingehalten werden. Deswegen begrüße ich es auch, dass wir Testkäufe durchführen; denn dadurch kann man Druck auf diejenigen ausüben, die verbotswidrig Alkohol an Minderjährige verkaufen.
Auch diese Personengruppe muss sich dessen bewusst sein, dass sie eine Vorbildfunktion hat und maßgeblich daran beteiligt sein kann, dass es zu Alkoholexzessen kommt.