Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Frau König und Herr Hoppenbrock, eines kann ich feststellen: Diese Landesregierung hatte zumindest siebeneinhalb Jahre Wetterglück. Man stelle sich vor, Sie hätten jedes Jahr einen Winter wie diesen gehabt. Wer allerdings die Landesliegenschaften so behandelt wie Sie, der kann eigentlich nicht mehr von Glück sprechen, sondern da ist es eigentlich eher eine Sache der Prioritäten. Diese Prioritäten gelten auch für die Sanierung der L 171 in der Ortsdurchfahrt Visselhövede. Wer nicht regelmäßig repariert und saniert, zahlt am Ende doppelt und dreifach, verehrte Kolleginnen und Kollegen.
Das sind die Befunde und Resultate der Jury aus Visselhövede. Das Foto habe ich in erster Linie für Sie mitgebracht, Herr Minister Bode. Dazu kommt noch ein zweites Bild, damit Sie auch morgen noch
wissen, Herr Minister, wer Ihnen das überreicht hat. Ich habe mich hier einmal höchstpersönlich in einem Landesschlagloch versenkt.
(Der Abgeordnete zeigt ein weiteres Foto - Heiterkeit - Wilhelm Heidemann [CDU]: Sie sind in dem Schlagloch ja kaum noch zu erkennen!)
Meine Damen und Herren, zumindest in den vorderen Reihen haben Sie sicherlich erkennen können: Wer in einer Umgebung mit solch tiefen Schlaglöchern wohnt, der wird täglich mehrmals seinen Küchenschrank aufsuchen müssen, um die Gläser auseinanderzurücken. Das ist auch in Visselhövede so.
Vor dem Hintergrund der großen Resonanz unseres Wettbewerbs „Schlechteste Landesstraße“ in der Öffentlichkeit hat die Landesregierung reagieren müssen und auch in Visselhövede gehandelt; wohlgemerkt: gehandelt. - Solche Erfolge, dass sehr zeitnah gehandelt wird, kann man als Opposition ja nicht sehr häufig verbuchen. Herr Minister, aber das Urteil selbst Ihrer Fachleute aus der Straßenbaubehörde über die L 171 ist klar und deutlich. Hier ist eine grundlegende Sanierung des Untergrundes nötig und nicht nur die Erneuerung der Deckschicht.
Visselhövede will seine Innenstadtsanierung im Bereich Nordost fortsetzen und dort ein Gesundheitszentrum errichten. Das macht nur Sinn, wenn im Vorgriff der städtebaulichen Pläne eine gründliche Sanierung und leichte Verschwenkung der L 171 und gleichzeitig der B 440, die dort in gleicher Trasse liegen, in der städtischen Durchfahrt Visselhövede erfolgen. Auf den positiven Bescheid der Landesregierung wartet die Stadt bis heute.
Sehr geehrter Herr Minister Bode, Bild 2 - ich zeige es noch einmal - können Sie ab sofort in Ihrem Dienstzimmer aufhängen, damit Sie wenigstens den nächstmöglichen Termin einer grundlegenden Sanierung nicht versäumen.
(Lebhafter Beifall bei der SPD - Der Abgeordnete überreicht die Bilder Mi- nister Bode - Wilhelm Heidemann [CDU]: Sie hätten die Bilder wenigs- tens rahmen können!)
Meine Damen und Herren, soweit für mich erkennbar, ist der letzte Redner zu diesem Tagesordnungspunkt Herr Minister Bode.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der heutige Tag hat doch noch etwas Besonderes gebracht. Für mich ist es schon etwas Besonderes und das erste Mal, dass ich erlebe, dass sich ein Mitglied der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen offen und aktiv für Straßenbau einsetzt. Das ist doch sensationell!
- Nein, rot! Denn die SPD hat mit ihrem Antrag ausgelöst, dass sich Herr Hagenah zum Straßenbau bekannt hat. Man muss ja anerkennen, dass Ihr Antrag etwas bewegt hat.
Ich möchte zunächst zu der Aufforderung kommen, die Landesstraßen zu sanieren, die Herr Hagenah ausgesprochen hat. Er hat die Forderung gestellt, dass wir als Landesregierung die uns von der Bundesregierung bzw. vom Bundestag für den Bau von Bundesfernstraßen zur Verfügung gestellten Gelder dazu verwenden sollen, Landesstraßen zu sanieren. Ich bin kein Jurist. Ich weiß nicht, ob das Aufforderung zum Verfassungsbruch, Aufforderung zum Diebstahl oder einfach nur die Aufforderung ist, Mittel zweckentfremdet zu verwenden. Das Ergebnis ist aber relativ eindeutig, Herr Hagenah. Wenn wir die Gelder aus dem Bundesfernstraßenbau nehmen und sie für Landesstraßen verwenden, dann wir der Bund das Geld im folgenden Jahr zurückfordern.
Nein, ich möchte jetzt am Stück vortragen. - Das heißt, das Geld, das wir dann im Landeshaushalt für die Landesstraßen haben, überweisen wir direkt an Herrn Schäuble, und die Situation ist noch
(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Björn Thümler [CDU]: Untauglich! - Christian Grascha [FDP]: Unsinnig!)
Meine sehr geehrten Damen und Herren, es ist wohl unstreitig, dass die Landesstraßen in keinem guten Zustand sind und deutlicher Verbesserungsbedarf besteht, und zwar schon seit Jahrzehnten. Seit 2003 mussten wir aber in der Tat die Abwägung zwischen dem finanziell Möglichen und dem Wünschenswerten auch im Bereich des Landesstraßenbaus bzw. der Landesstraßensanierung vornehmen. Das sind keine einfachen Entscheidungen. Niemand macht es sich da leicht. Jeder einzelne Landtagsabgeordnete macht es sich bei der Entscheidung über die Aufstellung des Haushaltsplanes nicht leicht bei der Frage: Wie viel kann ich dem Landesstraßenbau geben, und wie viel Nettoneuverschuldung löst das für kommende Generationen aus?
Wir sind aber seit 2008 wieder auf einem guten Wege. Im Jahr 2010, also dieses Jahr, haben wir 73,5 Millionen Euro für die Landesstraßen zur Verfügung. Wir sind nicht am Ziel, aber auf einem guten Weg. Der Winter hat uns natürlich kalt erwischt. Das ist gesagt worden. 6 Millionen Euro zusätzlich für den Winterdienst, ungefähr 13 Millionen Euro zur laufenden Beseitigung der Winterschäden - das ist kein Pappenstiel, das kann man nicht so einfach wegstecken.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir haben 8 000 km Landesstraßen. Die Frage, die sich immer stellt, ist: Wie gut oder wie schlecht ist ihr Zustand? - Durch die Erhebung mit Stand 2005 können wir jetzt sagen, wie der Stand war und wie er sich verändert hat.
Die vorhergehende Erhebung hatte den Stand 2000. Im Jahre 2000 wiesen 17 % der Landesstraßen starke und 28 % mittlere Schäden auf. 2005 gab es 17 % mit starken bzw. 27 % mit mittleren Schäden. Das heißt, in diesen fünf Jahren hat es sich nicht nennenswert verschlechtert. 56 % der Landesstraßen haben gar keine oder nur vereinzelte Schäden. Das darf man in der Diskussion auch nicht außen vor lassen. Das waren ja gerade die Jahre, in denen die Mittel so stark reduziert worden sind. Jetzt müssen wir alle miteinander anpacken, damit wir den baulichen Zustand verändern.
Lassen Sie mich zum Schluss noch auf eines eingehen, das hier immer wieder kritisiert bzw. negativ gewertet wird. In der Tat müssen wir bei Straßenschäden - besonders nach einem so harten Winter - zunächst mit Temporegulierungen arbeiten, damit es nicht zu Verkehrsgefährdungen kommt, weil wir ja gerade auch in Frostzeiten die Straßen nicht reparieren können. Ich habe gestern bei der Behörde den momentanen Stand noch einmal abfragen lassen. Derzeit haben wir wegen Straßenschäden nur noch auf ca. 3 % der Landesstraßen eine Regulierung auf Tempo 70, auf 3 % eine Regulierung auf Tempo 50 und auf 1,5 % der Landesstraßen auf Tempo 30. Das heißt, bei ungefähr 7,5 % der Landesstraßen müssen wir noch arbeiten und sind mit der Reaktion auf die Winterschäden noch nicht so weit, weil dafür natürlich auch Vorarbeiten, Ausschreibungen usw. erforderlich sind.
Hierbei handelt es sich um vier Straßen. Die L 21, Ortsdurchfahrt Holte, die L 113, Ortsdurchfahrt Großenwörden, und die L 111, Ortsdurchfahrt Freiburg, werden in diesem Jahr erneuert. Das hat die Behörde heute noch einmal bestätigt. Wir werden dann wieder Tempo 50 haben, weil sie ja in geschlossenen Ortschaften liegen.
- Jetzt gilt dort Tempo 10. Das wird wieder erhöht. - Die L 548 ist die letzte Straße, auf der - in der Ortsdurchfahrt Dassel - ebenfalls noch Tempo 10 gilt. Diese Straße wird in diesem Jahr ausgebaut werden, und zwar in der Grundsanierung. Dann wird es auch dort wieder Tempo 50 geben. Das heißt, da wo wir können und wo es dringend erforderlich ist, gehen wir ran.
Es gibt jetzt von den drei Oppositionsfraktionen Wünsche nach zusätzlicher Redezeit. Zunächst erteile ich Herrn Hagenah vom Bündnis 90/Die Grünen das Wort für 90 Sekunden.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Minister Bode, Infrastrukturunterhalt ist ein Gebot der Nachhaltigkeit. Deswegen stellen wir uns ihm nicht in den Weg, sondern fordern ihn im Gegenteil ein. Selbstverständlich muss vorhandene Infrastruktur, die sinnvoll genutzt wird, auch unterhalten werden. Sonst wird es nämlich teuer. Das sage ich Ihnen als Architekt: Wenn man etwas nicht erhält, wird es immer teurer, es später zu reparieren.
Wenn Sie es als so schwierig ansehen, kurzfristig eine Einigung mit dem Bund über eine ausreichende Ausstattung mit dem nötigen Geld zum Unterhalt der Landesstraßeninfrastruktur hinzubekommen, dann sollten Sie den eigenen Gestaltungsspielraum in Millionenhöhe nutzen. Sie setzen nämlich in den Haushalten über 20 Millionen Euro als Planungsmittel für den Neubau einer Autobahn A 22 an der Küste ein, der absolut unnötig ist, weil dort kein Verkehrsstrom tatsächlich fließt. Die vorhandenen Straßen reichen aus, und die Wasserstraße direkt daneben ist der Gütertransportweg der Zukunft. Dort haben Sie sofort Gestaltungsmöglichkeiten. Dutzende von zusätzlichen Mitarbeitern, die diese Planung durchführen sollen und die die Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr in eine völlige Schieflage bringen, weil sie Ihre Einsparvorgaben nicht einhalten kann, müssen nicht eingestellt werden bzw. können abgebaut werden. Das gibt Millionenspielräume, um zusätzlich in Landesstraßen zu investieren. Sie müssen gar nicht sofort die Verfassung ändern oder das im nächsten Jahr zusammen mit Herrn Möllring hinbekommen, aber Sie müssen dieses Ziel gemeinsam formulieren. Denn eine andere Möglichkeit, die Infrastruktur vernünftig zu erhalten, haben Sie nicht; das Geld wird auch zukünftig nicht da sein.
Ebenfalls für anderthalb Minuten erteile ich Frau Weisser-Roelle von der Fraktion DIE LINKE das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Minister Bode, wenn ich Sie richtig verstanden habe, haben Sie u. a. fehlendes Geld und leere Kassen zum Anlass genommen, zu sa
gen: Wir können die notwendigen Instandsetzungsmaßnahmen nicht so schnell vorantreiben, wie wir gerne möchten.