2. Warum beteiligt sich das Land Niedersachsen in 2010 nicht am Bundesprogramm „Kleinere Städte und Gemeinden“ und zwingt die Antragsteller somit, den eigentlichen Landesanteil mit zu übernehmen?
Die städtebauliche Erneuerung der Städte und Gemeinden hat für das Land Niedersachsen eine hohe Bedeutung. Seit 1971 wurden hierfür im Rahmen des Bund-Länder-Programms zur Städtebauförderung sowie städtebaulicher Sonderprogramme der Strukturhilfe Landes- und Bundesmittel in Höhe von über 1,2 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt.
In den Jahren 2008 und 2009 übertraf die Höhe der zur Verfügung gestellten Städtebauförderungsmittel aufgrund der vom Land gegenfinanzierten Konjunkturprogramme I und II deutlich das Niveau der Vorjahre. 2008 standen insgesamt rund 49,9 Millionen Euro zur Verfügung, 2009 sogar rund 69,3 Millionen Euro. Ein weiterer Grund dafür war die Einführung der neuen Programme „Aktive Stadt- und Ortsteilzentren“ und „Städtebaulicher Denkmalschutz“ in den Jahren 2008 bzw. 2009. Seit 2008 wurde zudem das Programm „Stadtumbau West“ mit Landesmitteln gegenfinanziert. 2009 konnten im Rahmen des Aufstockungsprogramms „Initiative Niedersachsen“ erhebliche Landesmittel zur Stabilisierung und Belebung der Bauwirtschaft auch für die Städtebauförderung zur Verfügung gestellt werden.
Das jetzt veröffentlichte Städtebauförderungsprogramm 2010 liegt mit einem Fördervolumen von über 42 Millionen Euro zwar unter dem Niveau der beiden Vorjahre, übersteigt aber deutlich das Niveau von 2006 (rund 35,3 Millionen Euro) und 2007 (rund 33,4 Millionen Euro).
Für die herkömmliche Städtebauförderung (Nor- malprogramm) werden die Bundesfinanzhilfen aufgrund der Föderalismusreform kontinuierlich reduziert. Hier muss es den Kommunen ermöglicht werden, ihre im Programm befindlichen Maßnahmen so weit fortzuführen, bis die Sanierungsziele im Wesentlichen erreicht sind.
Die für das Normalprogramm zur Verfügung stehenden Bundesmittel einschließlich der Mittel, die gemäß Verwaltungsvereinbarung des Bundes und der Länder aus den anderen Programmbereichen des Städtebauförderungsprogramms umgeschich
tet werden können, werden in voller Höhe mit Landesmitteln gegenfinanziert. Dadurch und durch den Einsatz von Rückflussmitteln aus bereits erfolgreich abgeschlossenen Maßnahmen ist es möglich, für das Normalprogramm rund 16,3 Millionen Euro zur Verfügung zu stellen und 19 Maßnahmen auszufördern.
In den Programmen „Soziale Stadt“, „Stadtumbau West“, „Aktive Stadt- und Ortsteilzentren“ und „Städtebaulicher Denkmalschutz“ werden die Bundesmittel jeweils zur Hälfte mit Landesmitteln gegenfinanziert. Die Bundesmittel können in diesen Programmen in Höhe der Landesmittel in Anspruch genommen werden. Für das Programm „Soziale Stadt“ stehen daher rund 8,8 Millionen Euro zur Verfügung, für den „Stadtumbau West“ rund 9,4 Millionen Euro, für „Aktive Stadt- und Ortsteilzentren“ rund 4,7 Millionen Euro und für das Programm „Städtebaulicher Denkmalschutz“ rund 3,1 Millionen Euro.
Auf diese Weise ist es möglich, den Kommunen auch 2010 Städtebauförderungsmittel zur Verfügung zu stellen, mit denen sie ihre Maßnahmen fortführen können.
Der von den Kommunen angemeldete Bedarf aus den 2008 neu eingeführten Programmen konnte in 2008 und 2009 in voller Höhe berücksichtigt werden. Eine Reihe von Kommunen hat allerdings die bewilligten Fördermittel noch nicht vollständig in Anspruch genommen, weil die Umsetzung der Maßnahmen noch nicht entsprechend fortgeschritten ist. Die Mittel stehen in den kommenden Jahren als Kassenreste zur Verfügung.
Es ist beabsichtigt, innerhalb des Rahmens, den die Haushaltsentwicklung in Bund und Land vorgibt, die Städtebauförderung auf hohem Niveau fortzuführen.
Zu 2: Das Bundesprogramm „Kleinere Städte und Gemeinden“ wurde in diesem Jahr erstmals aufgelegt. Die Ziele dieses Programms und das Programmvolumen wurden in der Verwaltungsvereinbarung Städtebauförderung 2010 festgelegt, die der Bund in rechtsverbindlicher Form Ende April 2010 an die Länder übersandt hat. Auf Niedersachsen entfallen danach Bundesmittel in Höhe von rund 1,6 Millionen Euro.
Im Haushaltsplan 2010 konnten für dieses Programm keine Landesmittel zur Gegenfinanzierung veranschlagt werden, da dieses neue Programm zum Zeitpunkt der Haushaltsaufstellung und -verabschiedung noch nicht aufgelegt war. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass Fördermittel hier nur zu einem geringen Anteil kurzfristig konjunkturwirksam eingesetzt werden können, da die Aufnahme in das Programm zunächst umfangreiche Planungen und interkommunale Abstimmungen erfordert, bevor es zu Investitionen kommen kann.
Interessierten Kommunen soll jedoch die Möglichkeit gegeben werden, die Bundesfinanzhilfen unter der Voraussetzung in Anspruch zu nehmen, dass sie den Landesanteil ersetzen und einen kommunalen Eigenanteil in Höhe von zwei Dritteln leisten. Die Ausschreibung für das Programmjahr 2010 wird in Kürze erfolgen.
Zu 3: Entscheidungen zur finanziellen Ausgestaltung einzelner Förderprogramme in den Planungsjahren bleiben den Beschlüssen der Landesregierung in der Kabinettsklausur am 1. und 2. August 2010 vorbehalten.
des Ministeriums für Ernährung, Landwirtschaft, Verbraucherschutz und Landesentwicklung auf die Frage 30 der Abg. Petra Emmerich-Kopatsch (SPD)
„Deutschland ist Jodmangelgebiet. Zur Vermeidung daraus resultierender Erkrankungen wie der Struma (Kropfbildung durch eine Vergröße- rung der Schilddrüse) wird die Verwendung von jodiertem Speisesalz im Haushalt, in der Gastronomie, bei der Gemeinschaftsverpflegung und Lebensmittelherstellung empfohlen. Viele Hersteller von Lebensmitteln, Einrichtungen der Gemeinschaftsverpflegung und die Gastronomie sind inzwischen dieser Empfehlung gefolgt und verwenden in größerem Umfang Jodsalz bei der Zubereitung von Speisen und Herstellung von Lebensmitteln“ (Nutzen und Risiken der Jodprophylaxe in Deutschland, Bundesinsti- tut für Risikobewertung, 2004).
Da auch Viehfutter mit Jod angereichert wird, können tierische Produkte wie Fleisch, Milch, Eier etc. bereits als Rohstoffe einen höheren Jodgehalt aufweisen.
Es kann also davon ausgegangen werden, dass der Verbraucher Jod in Form von jodiertem Speisesalz, Brot und Wurst oder Käse, die
mit jodiertem Speisesalz hergestellt wurden, zu sich nimmt und dass die bei der Herstellung verwendeten Rohstoffe bereits ebenfalls einen nicht exakt feststellbar höheren Anteil von Jod enthalten haben. Dies führt zu einer für den Verbraucher nicht nachvollziehbaren Summierung der Jodaufnahme mit der Nahrung.
Hinsichtlich der Kritik an dieser flächendeckenden Jodierung der Nahrung stellt das BfR fest: „Der Verbraucher hat folglich durchaus die Möglichkeit, auf Lebensmittel und eine Ernährung ohne jodiertes Speisesalz auszuweichen, wenn er der Jodprophylaxe kritisch gegenübersteht. Allerdings muss er gezielt nachfragen.“ In der zitierten Studie wird auch eingeräumt: „Der Verbraucher kann nicht exakt ermitteln, welchen Jodgehalt seine Speisen haben.“
1. In welchem Umfang gibt es Erkenntnisse, dass der umfassende direkte oder indirekte Zusatz von Jod zu einer Zunahme von Erkrankungen oder Komplikationen bei Menschen geführt hat, die aus gesundheitlichen Gründen Jod meiden müssen?
2. Welche Möglichkeiten haben solche Menschen, mit Jod angereicherte Lebensmittel zu meiden, und wird die Einführung einer Kennzeichnung „Ohne Jodzusatz“ unterstützt?
3. Ist der flächendeckende Zusatz von Jod vertretbar, wenn dem Einzelnen dadurch die Möglichkeit einer bewussten Entscheidung für oder gegen die Einnahme eines hochwirksamen Stoffes praktisch unmöglich gemacht wird, und ist die Schädigung einer - wenn auch vielleicht prozentual kleinen - Gruppe von Menschen als Folge dieser Maßnahmen verantwortbar?
Deutschland gilt, auch wenn sich die Situation in den letzten Jahren verbessert hat, nach wie vor als Jodmangelgebiet. Aus diesem Grund ist nach den lebensmittelrechtlichen Vorschriften die Jodierung von Speisesalz zugelassen. Nach diesen Vorschriften darf Jod ausschließlich in Form von Kalium- und Natriumjodat zugesetzt werden, wobei der Zusatz auf maximal 25 µg Jod pro Gramm Speisesalz beschränkt ist. Außerdem dürfen Jodverbindungen auch Nahrungsergänzungsmitteln zugesetzt werden. Der direkte Zusatz dieser Verbindungen zu anderen Lebensmitteln des allgemeinen Verzehrs ist in Deutschland derzeit nicht gestattet.
Zu 1: In der nach wie vor aktuellen Stellungnahme aus dem Jahr 2004 kommt das Bundesinstitut für Risikobewertung zu dem Schluss, dass aufgrund der festgelegten Jodhöchstmengen sowohl bei der Herstellung von jodiertem Speisesalz als auch bei
der Jodergänzung von Futtermitteln ein Überschreiten der als sicher erachteten Gesamttageszufuhr von 500 µg Jod durch die alimentäre Jodzufuhr mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen werden kann. Es bestehe kein erhöhtes Risiko, dass durch die Verwendung von Jodsalz oder durch den Verzehr von jodhaltigen tierischen Lebensmitteln infolge der Jodergänzung von Futtermitteln eine bestehende Schilddrüsenerkrankung verschlimmert oder Folgeerkrankungen ausgelöst würden. Diese Auffassung zur Jodprophylaxe wird auch von anderen nationalen und internationalen Institutionen geteilt.
Zu 2: Bei vorverpackten Lebensmitteln muss die Verwendung von jodiertem Speisesalz im Verzeichnis der Zutaten angegeben werden. Im Falle der Verwendung von zusammengesetzten Zutaten sind diese aufzuschlüsseln und die Zutaten, so auch „Speisesalz, jodiert“, grundsätzlich einzeln anzugeben. Bei unverpackt oder in Gaststätten abgegebenen Lebensmitteln besteht keine Kennzeichnungspflicht, jedoch soll hier die Information über eine Jodsalzverwendung nach Gesprächen des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz mit der Wirtschaft auf Nachfrage zur Verfügung stehen. Somit wird den Verbrauchern eine selbstbestimmte Kaufentscheidung ermöglicht.
Die Angabe „Ohne Jodzusatz“ stellt eine nährwertbezogene Angabe im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 dar, die nicht im Anhang der Verordnung aufgeführt ist. Dieser Claim muss erst durch die Kommission zugelassen werden. Im Falle einer Zulassung des Claims sollte er, soweit zutreffend, ergänzt werden durch: „Enthält von Natur aus Jod“.
des Ministeriums für Soziales, Frauen, Familie, Gesundheit und Integration auf die Frage 31 der Abg. Renate Geuter (SPD)
Verdrängung und Ersetzung von Stammbelegschaften nicht nur im „Fall Schlecker“ sondern auch in der Behindertenarbeit der freien Wohlfahrtspflege - Zwingen nicht ausreichende Leistungen der Eingliederungshilfe zu Leiharbeit und Outsourcing in der Behindertenarbeit?
Ziel der Eingliederungshilfe ist es insbesondere, Menschen mit Behinderung die Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen und sie zu einem weitgehend selbstständigen Leben zu befähigen. Zu den Einrichtungen bzw. Leistungsangeboten der Behindertenhilfe gehören neben Wohn- und Betreuungsangeboten für Menschen mit Behinderungen auch Leistungen, die behinderten Menschen eine angemessene Aus- und Fortbildung und Teilhabe am Arbeitsleben ermöglichen.
Die Eingliederungshilfe ist eine Leistung der Sozialhilfe, die im Sozialgesetzbuch (SGB) XII geregelt ist. Zwischen dem Land Niedersachsen und Vertretern der freien Wohlfahrtsverbände ist - in Kenntnis der Entscheidung des Verwaltungsgerichtes Hannover von 2006 - vereinbart worden, dass die in den als Landesrahmenvereinbarung bezeichneten Verträgen von 2002 getroffenen Leistungs- und Vergütungsvereinbarungen - grundsätzlich weiterhin Gültigkeit entfalten sollen.
Konkret sind auch von den Leistungsanbietern der Behindertenhilfe in den letzten Jahren im Rahmen der Eingliederungshilfe mehr Markt, mehr Wettbewerb und mehr Angebotsalternativen zu günstigeren finanziellen Rahmenbedingungen gefordert worden. Das hat dazu geführt, dass auch kirchliche Einrichtungen wie der Caritas-Verein Altenoythe (und andere Ein- richtungen der freien Wohlfahrtspflege) offiziell darauf hinweisen, sie seien nicht mehr in der Lage, mit dem Entgeltanteil, der für Personal in den Wohnheimen und im Bereich der beruflichen Bildung für Menschen mit Behinderung zur Verfügung steht, alle Mitarbeiter nach den geltenden Tarifverträgen zu bezahlen. Neu gegründete konzerneigene Leiharbeitsfirmen und Servicegesellschaften stellen seit einigen Jahren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit deutlich niedrigerer Bezahlung und zum großen Teil mit befristeten Verträgen ein. Beim CaritasVerein Altenoythe ist inzwischen ein Drittel der Beschäftigten über diese nicht an den kirchlichen Tarif gebundene Tochtergesellschaft eingestellt worden.
Das hat nicht nur zu erhöhter Fluktuation bei den Beschäftigten geführt, sondern auch dazu, dass die bei der eigenen Leiharbeitsfirma beschäftigten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Arbeitsplätze bei der Muttergesellschaft einklagen. Für den Fall, dass diesen Klagen stattgegeben wird (weil diese Konstruktion der Arbeit- nehmerüberlassung als rechtswidrig angesehen wird), müssen die betroffenen Träger der Behindertenhilfe mit erheblichen finanziellen Nachforderungen rechnen.
Der Bundesrat hat am 26. März 2010 mit den Stimmen Niedersachsens eine Entschließung gegen die Verdrängung und Ersetzung von Stammbelegschaften durch die Beschäftigung von Leiharbeitnehmerinnen und Leiharbeitnehmern gefasst.
1. Hält die Landesregierung diese beschriebene Form der konzerneigenen Arbeitnehmerüberlassung unter Umgehung bestehender Tarifverträge für ein rechtmäßiges und geeignetes Instrumentarium für mehr Markt, mehr Wirtschaftlichkeit und mehr Wettbewerb im Bereich der Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderungen?
2. In wie vielen Einrichtungen der Behindertenhilfe wird zurzeit diese Form des Outsourcings praktiziert, und in welchem Umfang erwartet die Landesregierung im Falle des Einfrierens bzw. Absenkens der Haushaltsansätze im Bereich der Eingliederungshilfe einen Anstieg der Zahl dieser Fälle?