Protocol of the Session on March 17, 2010

Es ist doch aber die Frage, wie zu verfahren ist, wenn der Betreiber nachweist - da will ich mich gar nicht herausreden -, dass er eine andere Sicherheitsphilosophie entwickelt hat und auch Dinge beachtet. Diese Erfahrung - auch das ist ganz wichtig, Herr Meyer - haben wir bei den Kernkraftwerken in unserem Land gemacht. Ich habe natürlich sofort gefragt, ob auch bei unseren Kernkraftwerken so etwas wie in Krümmel eintreten könnte. Das ist verneint worden.

Vielleicht noch eines - das müssen Sie klar und deutlich trennen -: E.ON ist kein Mitbetreiber. Betreiber ist einzig und allein Vattenfall. Herr Kollege Wenzel, da würde ich auch einmal korrekt sein.

Herr Minister, entschuldigen Sie! Es gibt noch einen Wunsch nach Zulassung einer Zwischenfrage.

Frau Schröder-Ehlers, bitte!

Herr Sander, Sie haben angesprochen, dass Vattenfall im Moment investiert, neue Konzepte umsetzt und das Management ausgetauscht hat. Ist Ihnen auch bekannt, dass Vattenfall davon ausgeht, dass das die Basis für die Verlängerung der Laufzeit des Kernkraftwerkes Krümmel um 30 bis 40 Jahre sei, die Vattenfall anstrebt?

Frau Kollegin, wovon Vattenfall ausgeht, ist nur eine Seite. Entscheidend ist, ob die Aufsichtsbehörde, das Justizministerium des Landes Schleswig-Holstein, und das Bundesumweltministerium davon überzeugt sind, dass Vattenfall, wenn dieses Unternehmen weiter der Betreiber sein soll, ein zuverlässiger Betreiber ist und diese Pannen in Zukunft nicht mehr passieren. Das ist für mich entscheidend und nicht, ob es dazu eine Laufzeitverlängerung gibt.

(Zustimmung bei der FDP und bei der CDU)

Meine Damen und Herren, wenn ich das richtig verfolgt habe, dann gibt es die Bereitschaft, diesen Antrag an den Fachausschuss zurückzuüberweisen. Dann würde natürlich auch der Antrag auf namentliche Abstimmung zurückgezogen. Wenn dem so ist, werden wir jetzt nach § 31 Abs. 2 unserer Geschäftsordnung so beschließen. Wer das so beschließen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Das ist so beschlossen. Der Antrag ist erneut im Umweltausschuss zu behandeln.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 17 auf:

Einzige (abschließende) Beratung: Kein Vertrauensbruch in der Solarförderung - Antrag der Fraktion der SPD - Drs. 16/2185 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Umwelt und Klimaschutz - Drs. 16/2273

Die Beschlussempfehlung lautet auf Ablehnung.

Eine Berichterstattung ist nicht vorgesehen.

Wenn sich jetzt alle Redner etwas kürzer fassen, dann könnten wir einiges an Zeit aufholen.

Die erste Wortmeldung zu diesem Tagesordnungspunkt kommt von Herrn Meyer von der SPDFraktion.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Ich finde, das war wieder einmal ein Paradebeispiel für politische Dialektik. Was Herr Minister Sander eben noch einmal bestätigt hat, hatte er im Februar gesagt. Jetzt, einen Monat später, hat er die Hintertür gefunden und sagt: Wenn die jetzt alles neu machen, dann ist das alles genehmigungsfähig. - Ich finde das, was da gesagt wird, schon bemerkenswert.

Das jetzige Thema ist zwar die Solarförderung. Aber es hängt inhaltlich mit dem vorigen Thema direkt zusammen. Ich will deutlich machen, warum wir es auf die Tagesordnung gebracht haben. Wir Sozialdemokraten verfolgen seit Jahren das Ziel, mehr erneuerbare Energien nutzen zu können, um von den gefährlichen Atomkraftwerken und den belastenden Kohlekraftwerken möglichst schnell wegzukommen. Ein Bestandteil dieser Strategie ist

die verstärkte Nutzung von Solarenergie. Wir müssen doch alles tun, was den Anteil der Sonnenenergie erhöht, und alles unterlassen, was den Anteil dieser Energieform verringert.

Rot-grüne und auch rot-schwarze Bundesregierungen haben in den letzten zwölf Jahren erfolgreich gearbeitet und Projekte vorangetrieben. Wir haben dafür gesorgt, dass deutsche Technologie in diesem Bereich an der Weltspitze ist und mittlerweile über 60 000 Arbeitsplätze in dieser Branche entstanden sind. Die Unternehmen in dieser Branche machen insgesamt einen Umsatz von ca. 9 Milliarden Euro.

Was macht jetzt die schwarz-gelbe Koalition in Berlin?

Erstens verkünden Sie - als eine der ersten Maßnahmen im Bereich Energie - die Verlängerung der Laufzeit von Atomkraftwerken.

Zweitens beginnen Sie wieder mit der Erkundung von Gorleben. Herr Mappus aus Baden-Württemberg hat auch schon klargemacht, wohin die Reise gehen soll. Er hat nämlich gesagt, dass es für ihn gar keine Alternative zu Gorleben gibt. Er will gar nicht woanders untersuchen lassen. Schon gar nicht will er im eigenen Land untersuchen lassen. - Ich denke, das, was sich dahinter verbirgt, sollte allen Angst machen.

Drittens wollten Sie eigentlich die Küste mit Kohlekraftwerken vollpflastern. Da ist Ihnen aber inzwischen die Industrie dazwischengekommen, die natürlich sagt: Wenn wir die Laufzeitverlängerung kriegen, dann brauchen wir die Kohlekraftwerke gar nicht mehr.

(Christian Dürr [FDP]: Da haben wir Herrn Gabriel an unserer Seite! Soll ich dazu aus dem Bundestagswahl- programm zitieren?)

All das sind Maßnahmen, die - selbst wenn es nicht Ihr Ziel sein sollte - im Ergebnis dazu beitragen würden, dass die regenerativen Energien geschwächt werden. Das ist doch wohl klar erkennbar.

Im vergangenen Jahr ist - das sagen auch viele der beteiligten Firmen - von den Unternehmen und von den Verbrauchern sehr viel Geld in die Solartechnik investiert worden. Diese Entwicklung müssen wir doch verstärken und dürfen sie nicht bremsen. Sie tun gerade das, was alle Beteiligten als das Schlimmste ansehen, das Politik tun kann: Sie

verspielen das Vertrauen in politische Entscheidungen.

Ich zitiere stellvertretend für viele Firmen aus einem Schreiben der Firma Inutec aus Schladen. Der Kollege Oesterhelweg wird sie vielleicht sogar kennen. Diese Firma hat 43 Mitarbeiter. In dem Schreiben des Inhabers heißt es wörtlich:

„Gegenwärtig schauen meine Mitarbeiter und ich jedoch mit großer Sorge in die Zukunft. Der Grund dafür sind die Pläne der CDU/CSU und FDP, die Einspeisevergütung außerplanmäßig zusätzlich ab dem 1. April“

- dieses Datum stand damals noch im Raum -

„noch einmal um 15 % zu kürzen!“

Weiter heißt es:

„Wir - alle Mitarbeiter mit Familien und Kindern, Kunden, Politikern und Interessenvertretern - demonstrieren gegen umweltfeindliche Hau-Ruck-Politik!“

Das, glaube ich, ist an dieser Stelle das Allerentscheidendste: dass Politik - in diesem Fall in Berlin - die Chance verspielt, Vertrauen aufzubauen und die Investoren in diesem Bereich zu erhalten.

(Zustimmung von Detlef Tanke [SPD])

Obwohl schon in der alten Förderkulisse eine degressive Entwicklung der Förderung angelegt war - das weiß jeder, der sich damit beschäftigt -, hauen Sie noch einmal 15 oder 16 % drauf. Dass das nun erst ab dem 1. Juli passieren soll, ändert nichts an dem grundsätzlichen Problem. Es gibt auch keinen Grund dafür, so zu verfahren. Nicht einmal die Verbraucherverbände haben das gefordert.

Das Fraunhofer-Institut - Herr Kollege Hocker, vielleicht befassen Sie sich einmal damit - hat dazu einen überlegenswerten Vorschlag gemacht, den man in die Debatte einbeziehen kann. Es hat nämlich gesagt: Wir könnten eine Orientierung an der realen Kostenentwicklung vorsehen. - Das kann man überlegen; das kann man in die Debatte einbeziehen.

(Dr. Gero Clemens Hocker [FDP]: Das machen wir ja!)

Aber eine pauschale Nummer, wie sie jetzt gefahren wird, ist schlichtweg falsch.

(Dr. Gero Clemens Hocker [FDP]: Es müsste noch mehr sein!)

Wir fordern deshalb - insofern reden wir im Niedersächsischen Landtag darüber - Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von CDU und FDP, auf, es Mecklenburg-Vorpommern gleichzutun, das über den Bundesrat eine Änderung dieses unsinnigen Gesetzes erreichen will. Wir wollen nicht, dass verstärkt asiatische Anbieter auf diesen durchaus umkämpften Markt kommen, die unsere Investoren und unsere Industriebetriebe am Ende an die Wand fahren, weil sie ihre Produkte aufgrund ihrer Strukturen günstiger anbieten können. Unsere Betriebe, die hochinnovativ und hochleistungsfähig sind, würden darunter leiden. Das ist allen klar, die sich in dieser Branche betätigen.

Herr Minister Sander, letzte Woche hat es einen Parteitag der FDP gegeben. Danach, was ich gelesen habe, habe ich ihn als eine Art Eigenlobparteitag eingeordnet. Es gibt ja sonst im Moment nicht mehr ganz so viele, die die FDP loben. Ich habe nicht herausgefunden, wie Herr Rösler Sie nun genannt hat. Die eine Zeitung hat gesagt, er habe Sie als den besten deutschen Umweltminister bezeichnet.

(Zustimmung von Minister Hans- Heinrich Sander)

Die andere Zeitung hat geschrieben, er habe Sie den weltbesten Umweltminister genannt.

(Zustimmung bei der FDP - Minister Hans-Heinrich Sander: Auch das!)

- Stimmt beides? - Kollege Bode, wissen Sie, was mir dazu einfiel? - Unter den Blinden ist der Einäugige König. Wenn man es nötig hat, sich wechselseitig so hochzujubeln, dann scheint man doch wirklich Probleme zu haben.

(Minister Hans-Heinrich Sander: Wenn es doch so ist!)

Herr Minister Sander, ich möchte Sie an dieser Stelle darum bitten, den Versuch zu unternehmen, auch niedersächsische Interessen ernst zu nehmen. Es geht hier auch um niedersächsische Unternehmen. Es reicht eben nicht, sonntags irgendwelche Reden über kleine und mittelständische Betriebe zu halten, wenn man aber im Laufe der Woche Entscheidungen trifft, die genau diesen Betrieben das Leben schwer machen.

(Glocke des Präsidenten)

Es wundert mich, dass die FDP an einer solchen Stelle mitmacht.

(Christian Meyer [GRÜNE]: Wo ist ei- gentlich Frau König?)