Protocol of the Session on March 16, 2010

Trotzdem haben die Länder drei Rechtswissenschaftler beauftragt, den ZDF-Staatsvertrag gutachterlich zu bewerten. Die Gutachten werden morgen der Öffentlichkeit präsentiert. Zwei der drei Gutachter kommen zu dem Ergebnis, der ZDFStaatsvertrag sei verfassungsgemäß, so Professor Ricker. Für Professor Degenhart ist die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers noch gewahrt. Lediglich Professor Hain kommt zu dem Ergebnis, es seien substanzielle Änderungen des ZDFStaatsvertrages erforderlich. Ich nenne ein Beispiel aus dessen Gutachten: Problematisch sei, wenn dem Staat zurechenbare Vertreter Vorsitzende eines Gremiums sind und ihre Stimme bei Stimmengleichheit besonderes Gewicht bekommt. Er verweist auf Herrn Beck, der Vorsitzender des Verwaltungsrates ist und dem bei Stimmengleichheit doppeltes Stimmgewicht zukommt. Möglicherweise müssen wir im Hinblick auf die Position von Herrn Beck den ZDF-Staatsvertrag zukünftig ändern.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Herzlichen Dank. - Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Ich schließe die Beratung.

Wir kommen zur Abstimmung, und zwar zunächst zur Einzelberatung von Tagesordnungspunkt 5, dem Gesetzentwurf der Landesregierung. Ich rufe auf:

Artikel 1 einschließlich des Staatsvertrages. - Unverändert.

Artikel 2. - Unverändert.

Gesetzesüberschrift. - Unverändert.

Wir kommen zur Schlussabstimmung.

Wer dem Gesetzentwurf seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich, sich vom Platz zu erheben. - Wer stimmt dagegen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist das Gesetz so beschlossen.

Wir kommen nun zur Abstimmung zu Tagesordnungspunkt 6, dem Antrag der Fraktion der SPD. Wer der Beschlussempfehlung des Ausschusses zustimmen und damit den Antrag der Fraktion der SPD, der Ihnen in der Drs. 16/2178 vorliegt, ablehnen will, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist der Antrag der Fraktion der SPD abgelehnt.

Ich rufe nun Tagesordnungspunkt 7 auf. Dazu hat man mir eben gesagt, dass über ihn ohne Aussprache sofort abgestimmt werden soll.

Ich rufe also Tagesordnungspunkt 7 auf:

Einzige (abschließende) Beratung: Entwurf eines Gesetzes zum Vertrag über die Errichtung des IT-Planungsrats und über die Grundlagen der Zusammenarbeit beim Einsatz der Informationstechnologie in den Verwaltungen von Bund und Ländern - Vertrag zur Ausführung von Artikel 91 c GG - Gesetzentwurf der Landesregierung - Drs. 16/2150 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Inneres, Sport und Integration - Drs. 16/2303 - Schriftlicher Bericht - Drs. 16/2332

Die Beschlussempfehlung lautet auf unveränderte Annahme.

Eine mündliche Berichterstattung ist nicht vorgesehen. Es soll auch keine allgemeine Aussprache geben. - Ich sehe und höre keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen.

Ich komme insofern gleich zur Abstimmung, und zwar zur Einzelberatung. Ich rufe auf:

Artikel 1 einschließlich des Vertrages. - Unverändert.

Artikel 2. - Unverändert.

Gesetzesüberschrift. - Unverändert.

Wir kommen zur Schlussabstimmung. Wer dem Gesetzentwurf seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich, sich vom Platz zu erheben. - Gibt es Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Wenn ich richtig gesehen habe, ist das Gesetz einstimmig so beschlossen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 8 auf:

Zweite Beratung: Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Niedersächsischen Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung - Gesetzentwurf der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 16/1646 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Inneres, Sport und Integration - Drs. 16/2304 - Schriftlicher Bericht - Drs. 16/2333 - Änderungsantrag der Fraktion der SPD - Drs. 16/2319 - Änderungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 16/2334

Die Beschlussempfehlung des Ausschusses lautet auf Ablehnung.

Beide Änderungsanträge zielen darauf, den § 12 Abs. 6, dessen Streichung mit dem Gesetzentwurf beabsichtigt wird, eine andere, voneinander abweichende Fassung zu geben.

Eine mündliche Berichterstattung ist nicht vorgesehen.

Ich eröffne die allgemeine Aussprache. Für die SPD-Fraktion hat sich Herr Kollege Bachmann zu Wort gemeldet. Bitte schön, Sie haben das Wort.

(Klaus-Peter Bachmann [SPD]: Das ist ein Gesetzentwurf der Grünen!)

- Entschuldigung! Das finde ich fair, Herr Bachmann. Sie hatten Ihre Wortmeldung als Erster abgegeben. - Herr Kollege Briese von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen als der antragstellenden Fraktion hat das Wort.

(Klaus-Peter Bachmann [SPD]: Das ist nur fair!)

- Ja, absolut fair!

Genau. Vielen Dank, Frau Präsidentin. Ich bedanke mich bei dem Kollegen Bachmann und bei Ihnen, dass ich als Erster in dieser Debatte sprechen darf.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ein ganz wesentliches Ziel unseres Antrages haben wir erreicht: Die anlasslosen und rechtswidrigen Kontrollen vor Moscheen in Niedersachsen sind eingestellt worden.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Das, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist eine gute Nachricht für alle rechtstreuen gläubigen Muslime, und es ist ein guter Tag für die Grundrechte in Niedersachsen, die es in diesem Lande unter dieser Landesregierung oder unter diesem Innenminister wahrlich nicht immer ganz leicht haben.

Die Fachanhörung, meine sehr verehrten Damen und Herren, hat es überdeutlich an den Tag gebracht: Der Innenminister hat wieder einmal - wieder einmal! - gegen die Grundrechte in Niedersachsen verstoßen. Sie sind in dieser Frage,

(Ursula Helmhold [GRÜNE]: Ein Wie- derholungstäter!)

Herr Schünemann, das muss man so sagen, mittlerweile eine Art Überzeugungstäter geworden.

(Ursula Helmhold [GRÜNE]: Ein In- tensivtäter!)

Sie haben in dieser Debatte über die anlasslosen Kontrollen im Umfeld von Moscheen gleich mehrfach die Unwahrheit gesagt. Ich will Ihnen das darstellen. Sie haben hier in öffentlichen Debatten immer wieder gesagt: Muslimische Gläubige oder auch Sprecher von entsprechenden Verbänden seien mit diesen Kontrollen einverstanden gewesen. Darauf haben Sie sich immer berufen. Es ist in der Fachanhörung ganz eindeutig herausgearbeitet worden, Herr Schünemann, dass die Muslime mit diesen Kontrollen überhaupt nicht einverstanden waren, sondern dass sie sich durch diese Kontrollen diskriminiert und diskreditiert fühlen. Es gab keine Fürsprecher. Das haben Sie in diesem Landtag stets geleugnet, und deshalb haben Sie hier die Unwahrheit behauptet, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei den GRÜNEN - Zustim- mung bei der SPD)

Sie haben mit diesen Kontrollen und mit diesen Halbwahrheiten, die Sie im Parlament von sich gegeben haben, der modernen Integrationspolitik in Niedersachsen einen schweren Schaden zugefügt.

Zweitens, meine sehr verehrten Damen und Herren, ein weiterer Punkt, in dem Sie hier die Unwahrheit behauptet haben: Sie haben in diesen Debatten nämlich immer wieder gesagt, nicht nur die Norm selbst sei rechtskonform, sondern auch die Anwendungspraxis sei vollkommen in Ordnung. Da kann ich Ihnen nur sagen und auf das entsprechende Protokoll der Fachanhörung verweisen: Falsch, vollkommen falsch, was Sie hier im Landtag behauptet haben! Die Rechtspraxis der anlasslosen Kontrollen im Umfeld von Moscheen ist ein klarer Verstoß gegen Artikel 4 des Grundgesetzes gewesen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei den GRÜNEN - Zustim- mung bei der SPD und bei der LIN- KEN)

Das Interessante an der Fachanhörung war, Herr Schünemann, dass nicht einmal Ihre eigene Fraktion einen einzigen Verfassungsrechtler benennen konnte, der Ihre Anwendungspraxis irgendwie rechtfertigen konnte. Vielmehr haben alle Verfassungsjuristen - ich betone: alle! -, die wir da hatten, gesagt: Nein, auch nach unserer Auffassung ist das, was in Niedersachsen passiert, nicht durch Artikel 4 des Grundgesetzes gedeckt. - Einen einzigen haben Sie gehabt, der gesagt hat, die Norm selbst sei vielleicht rechtlich in Ordnung, die Anwendungspraxis aber, die Kontrollen im Umfeld von Moscheen, sei definitiv rechtswidrig gewesen, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Professor Waechter, ein sehr renommierter Verfassungsrechtler der Universität Hannover, hat es dann auf den Punkt gebracht: Sie haben das Polizeigesetz für Ihre eigenen Interessen instrumentalisiert; denn die entsprechenden Norm in § 12 Abs. 6 Nds. SOG war niemals dafür gedacht, dass im Umfeld von Moscheen Kontrollen stattfinden, sondern sie war gegen Schleuserkriminalität gerichtet. Ich komme im Einzelnen noch darauf.

Herausgekommen, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist in dieser ganzen Debatte jedenfalls eines: Sie, Herr Schünemann, haben ein Problem mit dem Rechtsstaatsprinzip. Das ist bei der Debatte um die präventive Telefonüberwachung deutlich geworden. Das ist jetzt bei den anlasslosen

Kontrollen im Umfeld von Moscheen deutlich geworden. Das wird uns auch morgen noch einmal in der Debatte um die Instrumentalisierung des Verfassungsschutzes für politische Zwecke deutlich werden. Es ist mittlerweile äußerst fragwürdig, wie Sie mit den Grundrechten im Lande Niedersachsen umgehen.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der LINKEN - Zustimmung bei der SPD)

Ich kann nur eines sagen: Eines müssen Sie endlich einmal lernen, Herr Schünemann. Im demokratischen Rechtsstaat sind eben nicht alle Mittel im Kampf gegen das vermeintlich Böse erlaubt. Auch Sie müssen endlich einmal verstehen, dass das Recht und die Gesetze auch für eine Regierung, auch für den Staat gelten. Ein Innenminister kann sich nicht einfach darüber hinwegsetzen.