Protocol of the Session on February 19, 2010

Wir hätten durchaus auch sagen können, wir lehnen den Antrag ab, aber das wollten wir Ihnen eigentlich nicht antun.

(Hans-Dieter Haase [SPD]: Davor ha- ben Sie sich gescheut!)

Insofern haben wir uns auf „erledigt“ geeinigt, und ich glaube, das ist auch der richtige Ansatz.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Herr Tonne möchte antworten. Bitte schön, Herr Tonne!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Adasch, Herr Kollege Zielke, wenn Sie

nicht zuhören, dann kann ich Ihnen nicht helfen. Ich habe gerade ganz deutlich gesagt, dass wir nach der Gesetzesänderung die Hinweise der Verbraucherzentrale in Niedersachsen erhalten haben, dass es nach wie vor Handlungsbedarf gibt. Darauf habe ich hingewiesen.

(Beifall bei der SPD, bei den GRÜ- NEN und bei der LINKEN - Hans- Dieter Haase [SPD]: So ist das!)

Der zweite Punkt, Herr Kollege Adasch: Es ist ein Antrag, den wir im Niedersächsischen Landtag beraten. Es geht hier nicht um eine Bundesinitiative. Der Landtag wird kaum beschließen können, was der Bundestag zu machen hat. Der Antrag ist im Niedersächsischen Landtag eingereicht worden, und wir diskutieren hier über die Frage, wie wir uns dazu positionieren. Darum geht es.

(Thomas Adasch [CDU]: Aber Sie ha- ben es in Berlin doch mit beschlos- sen!)

Ein letzter Hinweis: Ich habe Ihnen gesagt, dass es auf Bundesebene völlig unterschiedliche Positionierungen gab.

Ich möchte Sie darauf hinweisen, dass Ihre Kollegin Klöckner sich sehr für eine schriftliche Bestätigung eingesetzt hat und dafür in die Bütt gegangen ist. Ich glaube, diese Kollegin schicken Sie irgendwo ins Rennen um das Amt der Ministerpräsidentin; von daher ist sie auch keine völlig Unbekannte. Insofern darf man sich mit der Forderung auseinandersetzen und in Verbindung mit dem, was uns die Verbraucherzentrale ins Stammbuch schreibt, schon darauf hinweisen, dass es Änderungsbedarf gibt.

(Beifall bei der SPD, bei den GRÜ- NEN und bei der LINKEN - Thomas Adasch [CDU]: Wir haben nur gute Leute, Herr Tonne!)

Jetzt hat Herr Minister Busemann das Wort. Bitte sehr!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bin etwas befremdet, wie man sich bei dieser Thematik so hochschrauben kann, nachdem man im letzten Sommer oder Herbst doch eigentlich gemeinsam einen Erfolg auf Bundesebene erreicht hat. Nun ist es bei Gesetzen häufig so, dass für den einen zu wenig und für den anderen zu viel er

reicht wurde. Aber entscheidend ist, dass wir gesetzliche Verbesserungen bekommen haben.

Nun weiß ich nicht, über welche Informationen jeder in seinem privaten Bereich verfügt. Nach meiner Wahrnehmung sind die unerbetenen werbenden Telefonanrufe, die Pseudo-Marktbefragungen, die Mitteillungen über Gewinnspiele und alles, was es sonst in diesem Bereich noch gibt, zumindest weniger geworden.

(Hans-Dieter Haase [SPD]: Nein! Es hat noch zugenommen!)

Ich glaube nicht, dass das auf null zurückgegangen ist, und wir sind auch darüber einig, dass der Missbrauch nicht unterbunden ist.

Es hat eine Gesetzesinitiative auch aus Niedersachsen gegeben, und wir haben eine bundesgesetzliche Regelung bekommen mit einem Evaluierungsauftrag. Es ist deshalb nach drei Jahren zu prüfen, wie sich die Situation entwickelt hat und ob vielleicht noch nachgebessert werden muss.

Ich habe wirklich die herzliche Bitte, und zumindest die Seite mit Regierungserfahrung wird das bestätigen: Wenn ein Landes- oder Bundesgesetz beschlossen worden ist, sollte man nicht drei Tage später kommen und sagen: Von zehn Punkten habe ich acht durchgesetzt, aber der neunte liegt mir so am Herzen, dass wir noch einmal ins Rennen gehen müssen. - Damit machen wir uns auch ein bisschen lächerlich.

(Wolfgang Jüttner [SPD]: Das müssen Sie Herrn Sander sagen!)

Ich mache Ihnen folgenden Vorschlag: Wir warten die drei Jahre ab. Herr Jüttner, Sie reden zwischendurch einmal mit Frau Zypries - die hat ja jetzt mehr Zeit - und lassen sich erklären, warum auf Bundesebene nicht mehr zu erreichen war. Kollege Limburg, Sie reden bitte mit dem Justizsenator von Hamburg, einem Parteikollegen von den Grünen, der dann ja initiativ werden kann. Wenn der dann im nächsten Monat beim Bundesrat antritt, wäre ich schon fast wieder dabei.

(Zuruf von Helge Limburg [GRÜNE])

Soll doch jeder in seinem Lager ausloten, was möglich ist.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Hans-Dieter Haase [SPD]: Das krie- gen wir hin, wenn Sie dabei sind!)

- Warten wir doch einfach einmal ab.

Wir mögen ja unterschiedliche Wahrnehmungen darüber haben, ob diese unerwünschten Telefonwerbungen zugenommen haben oder nicht, aber wir sind uns sicher einig, dass ein Stück weit Handlungsbedarf immer besteht. Einverstanden.

Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage von Herrn Limburg?

Nein. Ich komme auch noch zu dem Punkt, bei dem wir wirklich auseinander liegen, damit das nicht verborgen bleibt.

Ich will Sie nur darauf hinweisen, dass es ja auch die Bundesnetzagentur gibt. Sie können sowohl über den Verbraucherschutz als auch auf der Internetseite der Bundesnetzagentur Missbrauchsfälle kundig machen. Die ersten Bußgeldverfahren wurden mittlerweile schon veranlasst und sind teilweise bereits abgewickelt worden. Die erste halbe Million an Strafgeldern wurde schon verhängt, und wahrscheinlich werden es noch einige Strafgelder mehr werden.

Ich will auf den Kernpunkt des Entschließungsantrages in seiner aktuellen Form gleichwohl noch einmal eingehen; denn da liegen wir wirklich auseinander. Das Petitum geht dahin, dass jeder Verbraucher eigenständiger Anspruchsberechtigter im Sinne von § 8 Abs. 3 UWG sein soll. Davon kann ich Ihnen nur abraten. Kollege Zielke hat die frühere Rechtslage bereits angesprochen. Es gab schon einmal - das UWG ist ja schon ein bisschen älter - einen Klageanspruch für jeden, der sich geschädigt sah, und das hat zu Prozess- und Abmahnverfahren in großer Masse geführt.

Wir waren alle miteinander der Meinung, dass das zu mehr Missbrauch als Rechtsschutz geführt hat. Das musste unterbunden werden. Deswegen hat man den Kreis der Anspruchsberechtigten vor Jahren auf solche Verbände beschränkt, denen eine erhebliche Anzahl von Unternehmen angehören muss, die ähnliche Waren oder Dienstleistungen auf demselben Markt vertreiben. Auslöser war damals dieses ganze Geschäft rund um die Abmahnungen.

Wir haben mit dieser Rechtslage schlechte Erfahrungen gemacht, und wenn man schlechte Erfahrungen gemacht hat, soll man nicht zur alten Rechtslage zurückkommen. Überspitzt gesagt: Auch jeder nicht voll ausgelastete Anwalt ist ein Verbraucher. Eine Gesetzgebung, die massenhaft

Abmahnungen durch Abmahnvereine auslöst, kann nicht unser Ziel als Gesetzgeber sein. Ich als Justizminister kann eine entsprechende Gesetzesänderung jedenfalls nicht anraten.

Unter dem Strich möchte ich noch einmal darauf abheben: Wir haben gemeinsam ein Gesetz auf den Weg gebracht und sollten nun die Situation noch weitere zweieinhalb Jahre - ein halbes Jahr ist seit Inkrafttreten ja schon vergangen - beobachten. Wenn dann Handlungsbedarf erkennbar ist, ist Niedersachsen gerne dabei. Aber ständig in Gesetzgebungsverfahren herumzupulen und nachzulegen, bringt, glaube ich, nichts. Das hat auch nichts mit Verlässlichkeit von Gesetzgebung zu tun.

Mir selbst - das sage ich abschließend - fallen spontan allein 20 Gesetze auf Bundesebene aus den letzten zwei Jahren ein, bei denen ich es gerne anders gehabt hätte und wieder antreten muss, z. B. der sogenannte Deal im Strafprozess. Das ist ein elementarer Eingriff in die Strafprozessordnung. Das ist auch richtig und wichtig, aber ich hätte dabei gerne eine ganz andere Präzision gehabt. Nun ist die Regelung beschlossen, und man muss sie wirken lassen. Man sollte nicht ständig wieder in die Systeme eingreifen, sondern nach ein paar Jahren prüfen, ob man damit leben kann oder ob nachgebessert werden muss.

In diesem Sinne: Eine gemeinsame Evaluation ist angesagt. Aber, Herr Tonne, schrauben Sie doch das ganze Thema nicht so hoch. Ich glaube, das ist nicht gerechtfertigt.

Danke.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Hans-Dieter Haase [SPD]: Wir kom- men wieder!)

Herr Kollege Limburg hat um zusätzliche Redezeit gebeten. Ich gewähre ihm eine Minute. Bitte sehr!

Vielen Dank, Herr Präsident. Das wird ausreichen.

Herr Justizminister, ich möchte zwei Anmerkungen machen. Zum einen haben Sie Dr. Till Steffen angesprochen, den sehr geschätzten Justizsenator aus Hamburg. Ich werde mit ihm reden, das ist überhaupt keine Frage, das ist nicht das Problem. Aber ich bin hier im Niedersächsischen Landtag. Und hier stellen wir Forderungen an Sie, hier fordern wir Sie zum Handeln auf. Das sind die vorge

schriebenen Wege, und dementsprechend müssen Sie sich verhalten. Sie können nicht einfach ablenken und auf andere Bundesländer verweisen.

Der wichtigere Punkt ist aber: Ich glaube nicht, dass Herr Dr. Till Steffen das Problem ist, sondern das Problem ist, dass die GAL in Hamburg leider noch nicht alleine regiert, sondern dass da noch ein schwarzer Koalitionspartner als Bremser am Bein hängt

(Ursula Helmhold [GRÜNE]: Gut, dass du das noch mal sagst!)

und dass Bundesratsinitiativen nicht von Herrn Till Steffen alleine gestartet werden können.

Zum anderen: Bei der eigenen Anspruchsberechtigung des Verbrauchers fahren Sie dieselbe Argumentationslinie wie bei zahlreichen anderen Gesetzen auch, bei denen es darum geht, dem einzelnen Menschen mehr Rechte zu verleihen: Sie haben immer Angst, dass die Menschen ihre Rechte tatsächlich wahrnehmen. Das haben Sie schon beim Informationsfreiheitsgesetz immer wieder angebracht. In keinem Fall - weder auf Landes- noch auf Bundesebene - hat sich aber die Befürchtung einer Klageflut bestätigt. Insofern glaube ich, dass das auch hier nicht der Fall wäre.

Vielen Dank.

(Zustimmung bei den GRÜNEN und bei der LINKEN)

Es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit sind wir am Ende der Beratung dieses Tagesordnungspunktes.