Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Zunächst gehe ich davon aus, dass wir uns mit den Fraktionen von CDU und FDP hier im Hause zumindest in einem Punkt einig sind, nämlich dass der Bruch des Ministergesetzes kein Kavaliersdelikt ist, weder für einen Minister noch für einen Ministerpräsidenten.
Sie müssten mir in der Sache eigentlich auch zustimmen, wenn ich feststelle, dass der Ministerpräsident die Öffentlichkeit zunächst unvollständig und auch irreführend über die Zusammenhänge seines Floridafluges informiert hat. Das hat er ja schließlich auch selbst eingeräumt.
Ich könnte mir vorstellen, dass sich auch die Regierungsfraktionen darüber wundern müssten, warum die Staatsanwaltschaft in einem Verstoß gegen das Ministergesetz keinen Verstoß gegen § 331 StGB und das Korruptionsbekämpfungsgesetz hat erkennen können. Wir können leider nicht in Erfahrung bringen, wie die Begründung lautet, weil die Staatsanwaltschaft ihre Begründungen nicht veröffentlichen möchte und auch die Regierung das nicht für opportun hält, wie die Antwort auf unsere Anfrage von gestern Nachmittag zeigt. So bleibt nicht nur diese Frage offen, sondern auch andere. Offen bleibt z. B., ob es Geschäftsbeziehungen zwischen der CDU und Air Berlin oder zwischen der CDU und dem Ferienhausbesitzer gegeben hat. Diese Fragen haben wir gestellt. Aber die Landesregierung hat darauf nicht geantwortet.
Die entscheidende Frage, die sich nach dem ausgesprochen unrühmlichen Verhalten von Herrn Wulff im Zusammenhang mit seinem upgegradeten Weihnachtsurlaub stellt, ist, wie ich glaube, diese: Wie erklärt man eigentlich der Bevölkerung, dass ein Rechtsbruch eines Ministerpräsidenten offenbar etwas anderes ist als ein Rechtsbruch eines Bürgers? - Der Rechtsbruch eines Bürgers hat
Folgen, der Rechtsbruch eines Ministerpräsidenten nicht. Oder vielleicht doch, zumindest eine moralische? - In der NDR-Sendung „Niedersachsen 19.30“ antwortete Herr Wulff am 21. Januar dieses Jahres auf die Frage, ob er glaube, nach seinem Verstoß gegen das Gesetz noch als Vorbild wirken zu können, mit den Worten:
Meine Damen und Herren, wir sind jetzt aber gespannt, ob diese Aussage wieder nur für Ministerpräsidenten gilt oder auch für einfache Bürger.
Wie wird es jetzt mit der Nulltoleranzstrategie bei asylrechtlichen Fragen? - In Niedersachsen verliert man sein Bleiberecht schon, wenn man trotz Residenzpflicht für einen Diskobesuch über die Kreisgrenze fährt.
Gestern berichtete das Fernsehen über einen jungen Mann aus dem Kosovo, der hier aufgewachsen und voll integriert ist, der aber jetzt abgeschoben werden soll, weil er es verpasst hat, vor seinem 18. Geburtstag einen Antrag auf Aufenthaltsberechtigung zu stellen. Ein Formfehler, sagen alle. Aber wird es für ihn auch ausreichen, einen Fehler einzugestehen und zu versprechen, ihn nicht wieder zu begehen, so wie beim Ministerpräsidenten?
Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich, so lautet ein Kernsatz unserer Verfassung, ohne den der Rechtsfrieden in einer Demokratie nicht hergestellt werden kann. Vor diesem Hintergrund ist eine Missbilligung des Rechtsbruchs das Mindeste, was ein Parlament heute tun müsste. Sie selber haben es ja in der Glogowski-Affäre formuliert:
Herr Wulff, darin sind wir mit Ihnen ausdrücklich einig. Die Tatsache, dass Sie keine Konsequenzen ziehen wollten, wird für Sie Konsequenzen haben. Die Konsequenz ist der schwere Makel, mit dem
(Kreszentia Flauger [LINKE]: Das stellvertretende Untersuchungsaus- schussmitglied! - Unruhe - Glocke des Präsidenten)
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die SPD-Fraktion hat den heute zu beratenden Vorgang bereits mit einer Dringlichen Anfrage im Januar-Plenum und anschließend mit einer nachgereichten schriftlichen Anfrage aufgegriffen. Die SPD-Fraktion hat auf alle gestellten Fragen umfassend Antwort erhalten.
Meine Damen und Herren, es ist das Recht einer Fraktion, einen Entschließungsantrag zu stellen, der zum Inhalt hat, das Verhalten eines Regierungsmitglieds zu missbilligen. Wenn ein solches Ansinnen aber eine ernsthafte politisch-moralische Legitimation haben soll, dann macht ein solcher Antrag nur Sinn, wenn ein Regierungsmitglied einen Rechts- oder Regelverstoß objektiv begangen hat und sich im Nachgang dazu uneinsichtig zeigt. Meine sehr geehrte Damen und Herren, davon kann nun wahrlich nicht die Rede sein!
Der Ministerpräsident hat einen Fehler eingeräumt, den Vorteil beglichen und die Öffentlichkeit um Entschuldigung gebeten. Er hat alles offengelegt.
Nichts ist streitig, auch nicht die Bewertung als Verstoß gegen das Ministergesetz. Deshalb, meine Damen und Herren, ist dieser Antrag der SPDLandtagsfraktion überflüssig.
(Lebhafter Beifall bei der CDU und bei der FDP - Kreszentia Flauger [LINKE]: Dann kann ich morgen auch einmal eine Bank überfallen und mich dann entschuldigen!)
Erstens. Der Ministerpräsident hat die Annahme des Upgrades von Economy auf Business anlässlich seines Weihnachtsurlaubes in Florida als Fehler eingeräumt. Das hat der Ministerpräsident auch deshalb getan, weil er der Überzeugung ist, dass er jeden auch noch so vagen Verdacht der Annahme eines Vorteils oder gar der Beeinflussbarkeit seiner Amtsführung vermeiden muss. Er hat deshalb in der Sitzung des Landtages am 21. Januar 2010 bestätigt, dass sein Verhalten aus seiner Sicht einen objektiven Verstoß gegen das Ministergesetz darstellt.
Zweitens. Schon vorher hatte der Ministerpräsident den Vorteil durch eine Zahlung eines entsprechenden Geldbetrags an die Fluggesellschaft ausgeglichen.
Drittens. Der Ministerpräsident hat mit seiner in der Landtagsdebatte geäußerten Einschätzung auch recht behalten, wonach sein Verhalten keine strafrechtlichen Folgen nach sich ziehen wird. Die Staatsanwaltschaft in Hannover hat jeden Anlass verneint, Ermittlungen aufzunehmen.
Viertens. Die Staatskanzlei hat schließlich auch die schriftliche Anfrage der SPD-Fraktion, Herr Jüttner, vom 27. Januar 2010 schnell und umfassend und zur Zufriedenheit der SPD-Fraktion beantwortet.
ge zur Floridareise von Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) erhalten. ‚Die Staatskanzlei hat innerhalb von zwei Tagen die Antworten zusammengetragen. Das verdient Respekt’, sagte SPD-Fraktionschef Wolfgang Jüttner am Freitag in Hannover.“
Meine Damen und Herren, nicht nur die schnelle Beantwortung verdient Respekt. Ich finde, der Ministerpräsident ist vorbildlich mit der Aufarbeitung dieses Themas umgegangen!
Herr Fraktionsvorsitzender, Kollege Jüttner, es stellt sich auch die Frage: Wen oder was sollen wir hier und heute eigentlich missbilligen?
Sollen wir missbilligen, dass der Ministerpräsident einen Fehler eingeräumt und als solchen erkannt hat? Sollen wir missbilligen, dass er den Vorteil beglichen hat? Oder sollen wir missbilligen, dass er die Öffentlichkeit um Entschuldigung gebeten hat? - Ihre ganze Argumentation ist komplett absurd, meine sehr geehrten Damen und Herren!
Mit Ihrem Antrag verhält es sich ähnlich wie mit Ihren suboptimalen Pressekonferenzen. Wie stand es doch im internen Strategiepapier der SPDLandtagsfraktion, das Sie zur Freude aller extern im Internet bekannt gemacht haben? - Ich zitiere: