Protocol of the Session on February 18, 2010

Anlage 2

Antwort

des Finanzministeriums auf die Frage 3 der Abg. Renate Geuter, Johanne Modder, Heinrich Aller, Markus Brinkmann, Dieter Möhrmann, Andrea Schröder-Ehlers, Wiard Siebels, Detlef Tanke, Klaus-Peter Bachmann, Karl-Heinz Hausmann,

JĂŒrgen Krogmann, Sigrid Leuschner, Jutta RĂŒbke und Ulrich Watermann (SPD)

EinfĂŒhrung der Doppik im Landeshaushalt und Wirkungen auf den kommunalen Finanzausgleich

Bis Ende des Jahres 2010 mĂŒssen alle kommunalen Haushalte auf doppische BuchfĂŒhrung umgestellt worden sein. WĂ€hrend die Kommunen trotz extrem angespannter Haushaltslage erhebliche Personal- und Sachkosten fĂŒr die termingerechte EinfĂŒhrung der Doppik aufbringen mĂŒssen, hat das Land Niedersachsen selbst bisher nicht erkennen lassen, wann und mit welchem personellen und sĂ€chlichen Kostenaufwand die neue BuchfĂŒhrung eingefĂŒhrt werden soll. Schon jetzt steht fest, dass fĂŒr einen lĂ€ngeren Zeitraum die Kommunen ihre Haushalte ab 2011 nach der Doppik aufstellen und bearbeiten mĂŒssen, wĂ€hrend das Land auf unbestimmte Zeit weiter mit der kameralen BuchfĂŒhrung arbeitet. Dadurch kann die Doppik im Zusammenwirken zwischen Land und Kommunen ihre angestrebte Reformwirkung nicht voll entfalten. Im Gegenteil: Reibungsverluste und mangelnde Transparenz sind nach Aussagen SachverstĂ€ndiger die Folge. Dies wiege umso schwerer, weil die Bewertung einer aufgabengerechten Finanzausstattung der Kommunen durch die Verweigerung der DoppikeinfĂŒhrung beim Land zusĂ€tzlich behindert werde.

Bei der Berechnung der Verteilungssymmetrie will die Landesregierung die Auswirkungen der Doppik (z. B. Abschreibungen) bei den Kommunen unbeachtet lassen. Dies fĂŒhrt zu einer Benachteiligung der kommunalen Ebene.

Im Koalitionsvertrag von CDU und FDP ist folgende Formulierung enthalten: „Die EinfĂŒhrung der Doppik ist ein wichtiges Steuerungsinstrument. Sie sollte in dieser Legislaturperiode auf den Weg gebracht werden.“

Niedersachsen wĂ€re kein Vorreiter bei der EinfĂŒhlung der doppischen HaushaltsfĂŒhrung; das Land Hessen hat dies bereits verwirklicht.

Wir fragen die Landesregierung:

1. Aus welchem Grund ist die Doppik fĂŒr den Landeshaushalt bisher noch nicht eingefĂŒhrt worden?

2. Welche Erkenntnisse ĂŒber die praktischen Auswirkungen der Doppik im hessischen Landeshaushalt wird die Landesregierung mit konkreten Kosten- und Zeitvorstellungen fĂŒr die niedersĂ€chsischen Haushaltsplanungen umsetzen?

3. Ignoriert die Landesregierung die Auswirkungen der Doppik in den kommunalen Haushalten bei der Berechnung der Verteilungssymmetrie, und welche finanzielle Auswirkung hĂ€tte eine entsprechende BerĂŒcksichtigung?

Die Fragen der Abgeordneten beantworte ich im Namen der Landesregierung wie folgt:

Zu 1: Die Landesregierung verfolgt die EinfĂŒhrung von Steuerungsinstrumenten der Doppik weiter. Niedersachsen hat sich bereits frĂŒhzeitig an der Erarbeitung einheitlicher bund-lĂ€nder-ĂŒbergreifender Standards fĂŒr eine staatliche Doppik beteiligt. Dieser Prozess ist - nachdem die grundlegende Novelle des HaushaltsgrundsĂ€tzegesetzes zum 1. Januar 2010 von Niedersachsen konstruktiv begleitet wurde - in diesem Jahr fortzufĂŒhren. LĂ€nder, die diesen Prozess bereits frĂŒher vorangetrieben haben, mĂŒssen nun notwendige Anpassungen vornehmen und sind mit den damit verbundenen Kosten konfrontiert.

Mit Blick auf den erheblichen Aufwand, der mit der EinfĂŒhrung und dem Betrieb eines komplexen Rechnungswesens auf Landesebene verbunden ist, hĂ€lt die Landesregierung daher an ihrer sorgfĂ€ltigen, streng auf Wirtschaftlichkeit ausgerichteten Vorgehensweise fest. Sie wird insbesondere weiter darauf hinwirken, unnötigen Aufwand fĂŒr Umstellungen und Anpassungen zu vermeiden bzw. zu minimieren.

Weitere AktivitĂ€ten zur Konsolidierung und Weiterentwicklung der im Land bereits implementierten Instrumente einer leistungsorientierten Steuerung (LoHN) werden aus technischen und konzeptionellen GrĂŒnden erst nach Abschluss der aktuell laufenden Umstellung der Haushaltswirtschaftssoftware auf die Version „infor LN“ - und damit frĂŒhestens in der zweiten JahreshĂ€lfte 2010 - zu entscheiden sein.

Zu 2: Bei der Konzeptionsentwicklung zur EinfĂŒhrung von Steuerungsinstrumenten der Doppik und ihrer Verankerung in der Haushaltswirtschaft sind auch die Erfahrungen anderer LĂ€nder einzubeziehen. Neben den Erkenntnissen ĂŒber die praktischen Auswirkungen der Doppik im hessischen Landeshaushalt werden dabei Erfahrungen aus weiteren LĂ€ndern, wie insbesondere Hamburg und Nordrhein-Westfalen, zu berĂŒcksichtigen sein, die ebenfalls bereits eine staatliche Doppik eingefĂŒhrt haben bzw. auf dieses Ziel hinarbeiten. Daneben gilt es auch die weitere Entwicklung beim Bund zu berĂŒcksichtigen, der sich fĂŒr den Aufbau einer erweiterten Kameralistik entschieden hat. Der Bund strebt insbesondere eine vollstĂ€ndige Vermögensrechnung an, was auch fĂŒr Niedersachsen eine Option darstellen könnte.

Die deutlichen Unterschiede in Herangehensweise und Gestaltung innerhalb der LĂ€nder, aber auch zwischen den LĂ€ndern und dem Bund lassen erkennen, dass wegen der KomplexitĂ€t des EinfĂŒh

rungsprozesses und der softwaretechnischen Rahmenbedingungen ein Transfer fremder Konzepte nicht einfach ist.

Zu 3: Das Neue Kommunale Rechnungswesen (kommunale Doppik) besteht aus drei Komponenten: einer Vermögensrechnung (Bilanz), der Ergebnisrechnung sowie der Finanzrechnung. Die RechnungsgrĂ¶ĂŸen der Ergebnisrechnung sind Aufwendungen und ErtrĂ€ge. In der Ergebnisrechnung werden damit auch die Abschreibungen ausgewiesen. Die Finanzrechnung arbeitet weiterhin mit Einnahmen und Ausgaben und nutzt damit die gleichen RechnungsgrĂ¶ĂŸen wie der Landeshaushalt. FĂŒr die Berechnung der Verteilungssymmetrie werden vom Land wie auch von den Kommunen die gleichen RechnungsgrĂ¶ĂŸen (Einnahmen und Ausgaben) herangezogen. Insoweit ist mit der EinfĂŒhrung der kommunalen Doppik keine Benachteiligung der Kommunen verbunden, da sich die BerechnungsmodalitĂ€ten gegenĂŒber der Vergangenheit nicht verĂ€ndert haben.

Anlage 3

Antwort

des Ministeriums fĂŒr ErnĂ€hrung, Landwirtschaft, Verbraucherschutz und Landesentwicklung auf die Frage 4 des Abg. Jan-Christoph Oetjen (FDP)

Aufhebung der Impfpflicht gegen die Blauzungenkrankheit

Die Blauzungenkrankheit (BTV), Serotyp 8, wurde erstmals in Deutschland im August 2006 festgestellt. Nachdem sie sich in den Jahren 2006 und 2007 stark ausgebreitet hatte, wurde im Jahr 2008 die Impfpflicht eingefĂŒhrt. Zwischen Mai und Dezember 2008 ging die Zahl der NeuausbrĂŒche, im VerhĂ€ltnis zum Vorjahreszeitraum, um fast 85 % zurĂŒck. Seit Mai 2009 sind lediglich neun FĂ€lle festgestellt worden.

Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 18. Dezember 2009 das Ende der Impfpflicht beschlossen. Das Bundesforschungsinstitut fĂŒr Tiergesundheit, das Bundeslandwirtschaftsministerium und Vertreter aller Fraktionen im Deutschen Bundestag haben vor einer Abkehr von der Impfpflicht gewarnt und kritisieren das große Risiko fĂŒr die Tiergesundheit und die potenziellen negativen ökonomischen Folgen durch die Abkehr von der Impfpflicht.

Ich frage die Landesregierung:

1. Wie schĂ€tzt die Landesregierung das Risiko des Wiederauftretens von BTV-8 fĂŒr 2010 in Niedersachsen nach Abkehr von der Impfpflicht ein?

2. Wie beurteilt die Landesregierung, auch im europÀischen Kontext, die Möglichkeit der Ausrottung der Krankheit BTV-8 durch eine verpflichtende und durch eine empfohlene Impfung?

3. Mit welchen wirtschaftlichen Verlusten wÀre durchschnittlich bei einem erneuten Ausbruch von BTV in Niedersachsen zu rechnen?

Aufgrund der hohen Zahl der BTV-8-KrankheitsfĂ€lle im Jahr 2007 und des Fehlens eines zugelassenen Impfstoffes musste der Staat gemeinsam mit den Tierhaltern Maßnahmen ergreifen, um eine massenhafte Ausbreitung dieser Viruskrankheit zu verhindern. Durch die Pflichtimpfung in den Jahren 2008 und 2009 konnte die Blauzungenkrankheit weitgehend zurĂŒckgedrĂ€ngt werden. Das nunmehr erreichte Niveau und die zwischenzeitlich auf dem Markt befindlichen Impfstoffe erlauben es, die Impfung gegen die Erkrankung primĂ€r in die Eigenverantwortung der Tierhalter zu geben. Der Impfstoff ist gut vertrĂ€glich und sehr gut geeignet, krankheitsbedingte und damit wirtschaftliche SchĂ€den zu verhindern, sodass jeder Tierhalter die Möglichkeit hat, seine Tiere wirksam vor der Erkrankung zu schĂŒtzen.

In Niedersachsen wird der Impfstoff auch im Rahmen der freiwilligen Impfung im Jahr 2010 von der Tierseuchenkasse und dem Land bezahlt, sodass die Tierhalter wie in 2009 bei den Schutzmaßnahmen unterstĂŒtzt werden.

Dieses vorausgeschickt, beantworte ich die Kleine Anfrage namens der Landesregierung wie folgt:

Zu 1: Die BTV-8 ist noch nicht erloschen. Daher ist auch in 2010 mit dem Auftreten dieser Seuche zu rechnen, von einem erhöhten Risiko durch Abkehr von der Impfpflicht wird aber nicht ausgegangen. Der RĂŒckgang der BTV-8 ist nicht zwingend von der obligatorischen Impfung abhĂ€ngig; so erfolgte in den Niederlanden von Beginn an die Impfung nur auf freiwilliger Basis, der RĂŒckgang von BTV-8 AusbrĂŒchen in 2009, verlief dennoch Ă€hnlich.

Eine abschließende EinschĂ€tzung des Risikos fĂŒr Niedersachsen ist nicht möglich, da dieses in starker AbhĂ€ngigkeit von dem Impfverhalten der Tierhalter, dem Wildtierreservoir, aber auch der AktivitĂ€t des Vektors steht. Es bleibt abzuwarten, inwieweit der Verlauf des Winters mit den anhaltend niedrigen Temperaturen einen positiven Effekt auf den Seuchenverlauf haben wird.

Zu 2: Bei der Beurteilung der Möglichkeit einer Eradikation des Erregers sind folgende Besonderheiten zu berĂŒcksichtigen.

1. Die Übertragung des Erregers auf die WiederkĂ€uer erfolgt durch bestimmte StechmĂŒcken (Gnitzen). Damit steht die Eradikation der Krankheit in einem engen Zusammenhang mit der AktivitĂ€t dieser Vektoren, die durchaus auch im Winter im Stall oder z. B. im Misthaufen ĂŒberleben können. Erst bei einer vektorfreien Zeit von mehr als 90 Tagen kann davon ausgegangen werden, dass die Infektionskette abreißt. Es ist anzunehmen, dass die extrem niedrigen und auch anhaltenden Temperaturen dieses Winters zu einer erheblichen Elimination des Vektors beitragen werden.

2. Der Erreger ist in der Wildtierpopulation vorhanden, die damit eine stĂ€ndige Infektionsgefahr fĂŒr die Haustierpopulation darstellt.

3. Von entscheidender Bedeutung ist auch das Vorgehen gegen den gleichen Erregertyp in anderen EU-Mitgliedsstaaten. In den angrenzenden Niederlanden wird die Impfung bereits von Beginn der BekĂ€mpfung an ausschließlich auf freiwilliger Basis durchgefĂŒhrt.

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass auch mit einer verpflichtenden Impfung die Eradikation des Erregers nicht garantiert werden kann. Zumindest mĂŒsste aber im europĂ€ischen Kontext innerhalb eines Seuchengebietes ein gleichartiges Vorgehen vorgeschrieben werden.

Zu 3: Hierzu liegen keine verlÀsslichen Daten vor.

Nach Mitteilung der Tierseuchenkasse Niedersachsen wurden fĂŒr Rinder in 2007 545 257,69 Euro, in 2008 708 408,02 Euro und in 2009 keine EntschĂ€digung fĂŒr Tierverluste im Zusammenhang mit BT bezahlt; die Höhe der HĂ€rtebeihilfen fĂŒr Tierverluste belief sich in 2007 auf 932,81 Euro, in 2008 auf 196 045, 41 Euro und in 2009 auf 36 985,12 Euro.

Bei Schafen waren in 2007 31 658,22 Euro, in 2008 5 038,94 Euro und in 2009 keine EntschĂ€digungen fĂŒr Tierverluste zu zahlen; die Höhe der HĂ€rtebeihilfen belief sich in 2007 auf 1 313,29 Euro, in 2008 auf 12 105,94 Euro und in 2009 auf 600,01 Euro.

Bei Ziegen fielen lediglich in 2008 83,32 Euro an EntschĂ€digungen fĂŒr Tierverluste und 25,00 Euro an HĂ€rtebeihilfen fĂŒr Tierverluste an.

Im Rahmen der „Qualitativen Risikobewertung zur Aufhebung der Impfpflicht gegen die Blauzungenkrankheit, Serotyp 8, im Jahr 2010“ wurde vom Friedrich-Löffler-Institut (FLI) versucht, die wirt

schaftlichen SchĂ€den, die durch die Blauzungenkrankheit in 2006 und 2007 in Deutschland entstanden sind, abzuschĂ€tzen. Dies erwies sich als sehr schwierig, da die wirtschaftlichen Verluste sowohl stark von der individuellen betriebswirtschaftlichen Situation der betroffenen landwirtschaftlichen Betriebe abhĂ€ngen als auch von der allgemeinen wirtschaftlichen Situation, wie z. B. der Höhe der Milcherlöse zum Zeitpunkt des Seuchengeschehens. Auch die Haltungsform (Milch- vieh-, Mutterkuhhaltung, Rindermast) hat einen entscheidenden Einfluss, ĂŒber die im Einzelnen keine Daten fĂŒr Deutschland zur VerfĂŒgung stehen.

So wurden pro klinisch erkrankter Milchkuh Kosten von durchschnittlich 197 Euro (zwischen 137 und 257 Euro) angenommen.

Die folgende Übersicht gibt die Angaben in Euro fĂŒr Rinder aus der Risikobewertung wieder:

2006 2007

Kosten fĂŒr klinisch erkrankte MilchkĂŒhe