Protocol of the Session on January 20, 2010

Meine Damen und Herren, ich rufe Tagesordnungspunkt 12 auf:

Einzige (abschließende) Beratung: Gewalt gegen Polizeibeamte konsequent entgegentreten! - Antrag der Fraktionen der CDU und der FDP - Drs. 16/1342 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Inneres, Sport und Integration - Drs. 16/2002 - Änderungsantrag der Fraktion der SPD - Drs. 16/2106

Die Beschlussempfehlung lautet auf unveränderte Annahme.

Der Änderungsantrag der Fraktion der SPD zielt auf eine Annahme in geänderter Fassung ab.

Eine Berichterstattung ist nicht vorgesehen.

Ich eröffne die Beratung. Zunächst hat sich der Kollege Ahlers von der CDU-Fraktion zu Wort gemeldet. Bitte!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! „Gewalt gegen Polizeibeamte konsequent entgegentreten“ - so lautet die Überschrift unseres Antrages. Verehrte Kolleginnen und Kollegen, für alle gewählten Parlamentarier dürfte es keine Frage sein: Gewalt gegen Polizeibeamte ist in keiner Weise hinnehmbar.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Zustimmung von Johanne Modder [SPD])

Dieser Antrag wurde im Juni letzten Jahres von den Regierungsfraktionen so formuliert, weil der Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte in der landesweiten polizeilichen Kriminalstatistik im Jahre 2008 einen neuen Höchststand erreicht hatte. Die Anzahl der Fälle von Widerstand gegen Voll

streckungsbeamte ist seit dem Jahr 2001 aber auch bundesweit um mehr als 32 % gestiegen.

Gerade weil Polizei Ländersache ist, fühlen sich die Landesregierung und die sie tragenden Parteien aufgrund dieser negativen Entwicklung verpflichtet, tätig zu werden.

Aber während wir, meine Damen und Herren, das bei den Beratungen im Innenausschuss so sahen, wollten die Oppositionsparteien uns eher bremsen und noch abwarten.

(Sigrid Leuschner [SPD]: Quatsch! Wir hatten auch gute Gründe!)

Die Zahlen des Innenministeriums wurden angezweifelt, und es wurde sogar von einem ShowAntrag gesprochen. Deshalb möchte ich heute betonen: Gut, dass es die Polizeigewerkschaften gibt, denn sie bestätigten unser Vorgehen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Sowohl der Bund Deutscher Kriminalbeamter als auch die Polizeigewerkschaft im Deutschen Beamtenbund unterstützten den Antrag mit eigenen Anregungen. Die Gewerkschaft der Polizei - ich zitiere aus der Stellungnahme vom 21. Oktober 2009 - „begrüßt das Vorhaben von CDU und FDP ausdrücklich, sich endlich mit dieser Thematik auseinanderzusetzen.“ Weiter schreibt die GdP: „Die Daten und Fakten, die im Entschließungsantrag genannt und aufgezählt werden, beschreiben exakt die Entwicklung in diesem Deliktbereich.“

Meine Damen und Herren, die Hemmschwelle, Gewalt gegen Polizeibeamte einzusetzen, ist kontinuierlich gesunken. Ich zeige Ihnen hier einen Bericht aus der Tageszeitung Die Welt vom 17. Dezember 2009 mit Bildern und mit der Überschrift „Zahl linker Gewalttaten in Hamburg steigt auf Rekordniveau“.

(Der Redner hält eine Zeitung hoch.)

Diese Bilder sind schon erschreckend, weil hier der Staat und seine Einrichtungen regelrecht angegriffen werden.

Herr Kollege, das ist ein Rednerpult, kein Zeigepult.

Meine Damen und Herren, was im letzten Monat in Hamburg passierte, was sich regelmäßig in Berlin ereignet und was auch in Niedersachsen vor

kommt, ist Widerstand gegen den Staat und seine Einrichtungen. Das werden wir niemals tolerieren und hinnehmen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Angriffe auf Polizeibeamte ereignen sich aber nicht nur bei Großdemonstrationen. Die statistischen Zahlen haben eines deutlich gemacht: Das Gros der Angriffe erfolgt bei Einsatzlagen im täglichen Dienst.

(Dr. Manfred Sohn [LINKE]: Hört, hört!)

Bereits einfache Streifenfahrten, Verkehrskontrollen oder Einsätze bei Ruhestörungen können heute Anlass für Gewalttätigkeiten gegen Polizeibeamte sein. Zunehmende Gewalt ist auch bei den sogenannten Hooligans und Ultra-Bewegungen festzustellen. Deutlich zugenommen hat in den letzten Jahren auch das Gewaltpotenzial von Links- und Rechtsextremisten.

Meine Damen und Herren, weil wir alle für das Wohl und die körperliche Unversehrtheit unserer Polizisten verantwortlich sind, wollen wir mit diesem begründeten Entschließungsantrag und den aufgezählten verschiedenen Maßnahmen der gestiegenen Gewalt konsequent entgegentreten. Wir wollen, dass u. a. geprüft wird, inwieweit der vorhandene rechtliche Rahmen ausreichend ist, um verschiedene Fälle von Gewalt strafrechtlich verfolgen zu können. Wir wollen, dass Polizeibeamte durch eine weitere und verbesserte persönliche Ausstattung und Fortbildung geschützt werden. Wir wollen auch künftig sicherstellen, dass von Gewalt betroffene Polizeibeamte in angemessenem Umfang Fürsorgeleistungen erhalten, und wir unterstützen insbesondere das Vorgehen der Landesregierung, gemeinsam mit dem Kriminologischen Forschungsinstitut Niedersachsen und dem Landeskriminalamt zu untersuchen, wie sich die Gewalt gegenüber den Polizeibeamten während der Dienstausübung quantitativ und qualitativ entwickelt hat. Hierbei, meine Damen und Herren, betone ich, dass unser Dank ausdrücklich unserem Innenminister Uwe Schünemann gilt, weil er dieses Projekt in der Innenministerkonferenz vorgestellt und vorangebracht hat.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Helau! bei der SPD)

Meine Damen und Herren von den Oppositionsparteien, nehmen Sie endlich zur Kenntnis: Die Stellungnahmen der Fachleute der Polizei - so, wie wir sie bei den Beratungen im Innenausschuss gehört

haben - und die schriftlichen Stellungnahmen der Polizeigewerkschaften sind ein Appell an uns alle.

(Zurufe von der SPD: Jawoll! Wir sind dafür verantwortlich, dass wir uns endlich mit dieser Thematik befassen und handeln. „End- lich“ heißt „jetzt“ und erlaubt keine weiteren Ver- schiebungen. Die Regierungsfraktionen (Sigrid Leuschner [SPD]: Das sind Koalitionsfraktionen!)

liegen mit diesem Antrag goldrichtig.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Der Änderungsantrag der SPD-Fraktion trägt das Datum von gestern. Er kommt unserem Antrag sehr entgegen, und darüber freuen wir uns.

Ich rufe deshalb zum Schluss alle Fraktionen auf: Stimmen Sie unserem Antrag zu! Treten wir gemeinsam und konsequent auf, um die Gewalt gegen Polizeibeamte einzudämmen! Das sind wir unseren Polizisten schuldig.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Zurufe von der SPD und von der LIN- KEN: Und auch unseren Polizistin- nen!)

Meine Damen und Herren, ich rufe nun Frau Zimmermann von der Fraktion DIE LINKE auf.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Um es vorwegzunehmen: DIE LINKE lehnt Gewalt als Mittel zur Lösung von Konflikten jeder Art grundsätzlich ab. Das schließt Gewalt gegen Alte, Frauen, Kinder, Menschen mit Behinderungen oder Flüchtlinge ebenso wie Gewalt gegen Demonstranten und eben auch gegen Polizeibeamte ausdrücklich mit ein.

(Beifall bei der LINKEN - Wilhelm Heidemann [CDU]: Sehr gut!)

Ob allerdings eine verkürzende Debatte wie die, die hier im Landtag und im Ausschuss auf Grundlage des lediglich plakativen Antrags von CDU und FDP geführt wurde, letztlich dem Problem gerecht werden kann, wage ich sehr zu bezweifeln.

(Beifall bei der LINKEN)

Eine differenzierte Betrachtung der Auswertung der polizeilichen Kriminalstatistik und verschiede

ner Studien ist nicht erfolgt. Das trifft auch auf eine konkrete Analyse polizeilicher Einsatzlagen und der damit verbundenen Entscheidungen über Einsatzmaßnahmen zu. Erwähnt seien hier beispielhaft Fußballspiele, aber auch Demonstrationen.

Und natürlich dürfen die gesellschaftlichen Hintergründe nicht ausgeblendet werden; denn die gesellschaftlichen Hintergründe, die es zu betrachten gilt, wenn wir über die entsprechenden Gewalterscheinungen diskutieren, bleiben in dem vorliegenden Antrag gänzlich unerwähnt. Das hat Gründe. Es ist die herrschende Politik, welche von Sozialabbau und Ungerechtigkeit geprägt ist,

(Beifall bei der LINKEN - David McAl- lister [CDU]: Papperlapapp!)

die die Verantwortung dafür trägt, dass Polizistinnen und Polizisten als letztes Glied der Kette zu unfreiwilligen Blitzableitern gemacht werden.

(Beifall bei der LINKEN - David McAl- lister [CDU]: Das ist ja abstrus! Des- halb werde ich doch nicht Polizisten verprügeln! Diese Kolleginnen und Kollegen müssen ihre Haut und Knochen für diese verfehlte Politik hinhalten. (Beifall bei der LINKEN)

Wenn ich die Nr. 3 des Antrages lese, in der es heißt, dass der Landtag die Landesregierung bittet, auch künftig sicherzustellen, dass von Gewalt betroffene Beamte in angemessenem Umfang Fürsorgeleistungen erhalten sollen, dann kann ich mich gerade im Blick auf die vorgenommenen Einschränkungen bei der freiwilligen Heilfürsorge nur wundern.

(Beifall bei der LINKEN)

Das betrifft auch andere Punkte in dem Antrag. Wenn es konkret wird, nämlich bei den Haushaltsverhandlungen, kommt von Ihnen dazu nichts. Deshalb wiederhole ich hier die Punkte, die notwendig sind, um die Polizeiarbeit in unserem Land zu stärken: Niedersachsen braucht ein Stellenhebungsprogramm, welches den Namen verdient. Wir brauchen ein Personalkonzept, welches auf die demografische Entwicklung in unserem Land reagiert und dafür Sorge trägt, dass wir kluge Köpfe für den Polizeiberuf gewinnen. Erinnert sei in diesem Zusammenhang zudem an den Haushaltsantrag meiner Fraktion aus dem letzten Jahr, in dem wir uns für die Stellenanhebung und für die Erhöhung der Erschwerniszulage um 5 Euro pro